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Eine Win / Win Situation?
Scortias Bartholomew
Crewmitglied der Sphinx
für Gold gesucht
dabei seit Keine Angabe
#21
Feuerbart hatte also die Mannschaft der Doncella leben gelassen. Naja, oder eher Captain Marquez, der zu dieser Zeit ja noch das Kommando hatte. Irgendwie beruhigte das Scortias, denn er selber hielt nichts davon, Menschen grundlos zu töten, wenn diese sich bereits ergeben hatten. Nun, generell war er kein Fan vom töten und er hatte es grausam gefunden, als die Männer der schwarzen Witwe fast die ganze Crew der Blue Mary umgebracht hatten. Ob er nach einer gewissen Zeit auch abstumpfte, umso länger er auf einem Piratenschiff war? Kämpfe und Tote würden sich ja nicht vermeiden lassen. Der Junge verstand aber, dass Cornelis mit der Onyx verschwinden musste und dafür Zeit benötigte. Die Crew der Doncella in einem Hafen abzusetzen, wäre ja einem Selbstmord gleich gekommen.

Scortias konnte sich kaum was schöneres Vorstellen, als ein Schiff über das Meer zu lenken, oder es zu befehligen. Das musste total abgefahren sein. Und deswegen fragte er, ob er das Schiff auch mal steuern dürfe. Er sah dem Rotbart nach und folgte ihm, als der zu dem Steuerrad lief. Zuerst dachte Scortias, dass er nun erklärt bekam, wie man das anstellte, doch öffnete der Mann nur einen Messingdeckel und offenbarte einen recht kompliziert aussehenden Kompass. Die Augen von Scortias blickten auf die Gerätschaft. Er konnte im ersten Moment damit nicht sonderlich viel anfangen. Er dürfe das Schiff also mal steuern, wenn er wüsste, wie dieser Kompass funktionierte? Auf der einen Seite freute sich Scortias, aber auf der anderen Seite hieße das auch, dass es noch etwas dauern würde, bis es soweit war. Schließlich würde er nicht die ganze Zeit beim Rudergänger hocken können, um ihm über die Schulter zu schauen. Seine Verpflichtungen galten als erstes den Bedürfnissen des Captains, dann die des Smutje, dann denen des Steuermann und Quartiermeisters. Zu guter Letzt musste er das Schiff in Schuss halten. Wie viel Zeit er dann noch haben würde, um beim Rudergänger herumzulungern blieb, zumindest am Anfang der Reise, eher fraglich.

“Danke Sir.“ freute sich der Zwölfjährige dennoch, denn die Aussicht stand soweit fest, dass es irgendwann mal soweit sein würde.

Nachdem Scortias den Kompass genau betrachtet hatte, schloss Captain van der Meer die Messingabdeckung wieder und begab sich auf das Deck, an der Ladeluke vorbei, zu einer Öffnung die in den Bauch des Schiffes führte. Natürlich lief Scortias ihm nach und späte dabei in das große Loch, der Ladeluke, im Schiff, in das die Fracht und der Proviant geladen wurden. Dort ging es ziemlich weit nach unten und man sollte wirklich aufpassen, nicht versehentlich hinein zu fallen. Da würde man sich den Hals brechen. An der kleinen Öffnung angekommen, folgte Scortias dem Captain die nächste schmale Treppe hinab. Unten angekommen sah der Junge sich um. Er konnte zwei Türen sehen, die ihm auch sofort erklärt wurden. Quartiermeister Murray und Steuermann Diaz hatten ihre eigenen Zimmer also hier. Der Schiffsjunge nickte.

“Also, wenn ihr mich nicht braucht und auch der Smutje nicht, dann gehe ich, sollten Mister Diaz und Mister Murray nicht an Deck sein, hier runter und frage sie, ob ich was für tun kann?“ fragte der Zwölfjährige nach, nur um sicher zu gehen, dass er das richtig verstanden hatte.

Hier unten war es viel dunkler, denn nur durch die kleine Luke fiel etwas Licht in den Gang. An den Seitenwänden waren Öllampen aufgehängt, die wohl dann ab dem Abend brannten, wenn es hier bestimmt stockfinster war. Es roch hier unten auch etwas modrig, nach nassem Holz, wie Scortias empfand. Ein Ort, von dem der Junge jetzt schon wusste, dass er nur ungern hier runter gehen wollte.
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Cornelis Feuerbart
Crewmitglied der Sphinx
für Gold gesucht
dabei seit Keine Angabe
#22
Cornelis wandte sich zu Scortias um.

"Das hast du offensichtlich falsch verstanden. Vielleicht habe ich es auch nicht deutlich genug ausgedrückt. Der Steuermann und der Quartiermeister werden sich direkt an dich wenden, wenn sie eine Aufgabe für dich haben. Dann wirst du auch die Arbeit beim Smutje einstellen und diese Aufträge zuerst ausführen. Wenn du zu diesem Zeitpunkt bei mir beschäftigt bist, werden die beiden das mit mir abklären. Und solltest du keine Arbeit beim Smutje mehr haben, wirst du wieder zu mir kommen und von mir eine Aufgabe bekommen. Ich wollte dir damit eigentlich nur deutlich sagen, daß dir nicht jeder Seemann auf dem Schiff weisungsbefugt ist. Deine allererste und wichtigste Pflicht ist es, mein Schiffsjunge zu sein."

Er wandte sich nun um und ihr Blick an der gegenüberliegenden Wand fiel auf etliche Kisten und Fässer, wobei diese von einigen Seeleuten gerade ergänzt wurden.

"Wie du dir sicher unschwer denken wirst können, werden hier die meisten Vorräte für die Kombüse gelagert. Wenn wir länger auf See sind, werde manche Vorräte auch in den Frachtraum im zweiten Unterdeck verbracht, welche dann nach einer Zeit nach hier oben gebracht werden müssen, um diese aufzufüllen."

Er ging bugwärts, öffnete eine Tür in einer Querwand und trat ein. Der hochgewachsene Kapitän mußte dabei den Kopf leicht einziehen, denn ein Segelschiff dieser Größe war nicht gerade für einen Zweimetermann ausgelegt. Sie standen nun in der Messe, die Scortias auf dem Weg zur Kombüse bereits einmal durchquert hatte. Die Tische waren an der Decke aufgehangen, so daß bei Seegang das Geschirr nicht jedesmal herunterrutschte. Die Bänke waren fest mit dem Schiffsboden verbunden, so daß auch diese nicht durch die Gegend rutschen konnten.

"Hier in der Messe wird gegessen, zumindest bei schlechtem Wetter. Wenn es draußen schön ist, essen viele der Männer auch auf dem Oberdeck. Du wunderst dich vielleicht, daß es nur so wenige Tische sind, doch bietet die Onyx nicht mehr Platz dafür. Außerdem segeln wir immer in zwei Schichten und innerhalb einer Schicht wird dann in zwei Schichten gegessen, zumindest wenn das Wetter es nötig macht, daß die Messe benutzt werden muß."

Er schritt durch den Mittelgang voran und steuerte eine weitere Tür an - die Kombüsentür, wie Scortias bereits wußte.



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Scortias Bartholomew
Crewmitglied der Sphinx
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#23
Zusammen mit dem Captain stand Scortias nun in dem dunklen Gang, der nur durch das kleine Loch der Luke etwas Tageslicht abbekam. Wer hinter den zwei Türen unter der Treppe und auf der anderen Seite des Abstiegs wohnten, wurde dem Schiffsjungen bereits mitgeteilt. Soweit hatte er das auch verstanden, allerdings schien er mit der Aufgabenverteilung noch etwas im Unklaren zu sein, weswegen Captain van der Meer es dem Zwölfjährigen ausführlicher erklärte. Scortias war froh, dass Der Captain so viel Geduld mit ihm hatte und alles sehr freundschaftlich und ruhig erklärte. Aber am Ende profitierte der Mann davon ja auch selber. Es würde alles sehr viel länger dauern, wenn Scortias sich auf dem Schiff noch zurecht finden müsse, wenn er einen Befehl erhielt. Nach der genauen Erklärung, die er gerade bekam, wusste er dann sofort Bescheid, wo er hin zu gehen hatte und alles würde sehr viel schneller gehen.

“Aye Captain.“ antwortete der Junge, nachdem ihm genau gesagt wurde, wie seine Aufgaben und seine Arbeit auf dem Schiff auszusehen hatten.

Gegenüber der Türen des Ganges war ein Teil der Fracht fest gezurrt. Der Captain erklärte dem Jungen, dass einiges des Proviants, welches noch eine Etage tiefer gelagert wurde, nach und nach hier aufgestockt werden sollte. Gehörte das also auch zu seinen Aufgaben. Einige der Kisten und Säcke sahen wirklich verdammt schwer aus und waren größer als Scortias selber. Mit Muskeln konnte der Junge nicht sonderlich prahlen, da würde er wohl alles mehr oder weniger in kleineren Portionen hoch holen müssen. Die neugierigen Augen von Scortias sahen erst zu der Fracht und nach der Erklärung zu dem Rotbart auf. Der Vorpubertierende nickte verstehend und folgte dem Captain dann in die Messe. Diesen Raum kannte er bereits, denn hier war er zuvor durchgelaufen, als er zum Smutje in die Küche musste, um die Gläser zu säubern. Im Gegensatz zu dem Captain brauchte Scortias seinen Kopf nicht einziehen, ohne sich eine Beule an dem tiefen Türrahmen zu holen. Generell konnte er noch einige Zentimeter wachsen, bevor es für ihn eng auf dem Schiff werden würde.

"Ihr könnt Euch auf mich verlassen Captain Sir. Das bekomme ich hin." grinste der Junge zuversichtlich.

Als Scortias zuvor durch die Messe gelaufen war, hatte er sich nicht viel Zeit genommen den Raum zu begutachten. Schließlich wollte er den Captain ja nicht warten lassen. Dafür konnte er sich jetzt genauer umsehen. War schon irgendwie komisch, die Tische an den Ketten zu sehen. Sie schaukelten nur ganz sanft hin und her, was wahrscheinlich daran lag, da sich die Männer auf dem Schiff und auch die Fracht bewegten.

“Aber ich decke den Tisch immer hier unten? Und die Männer ... nehmen die sich die Teller mit nach oben? Oder soll ich das alles an Decke verteilen?“ fragte der Schiffsjunge.

War ja doch viel schwieriger als gedacht, diese Aufgabe als Schiffsjunge zu erfüllen. Aber wenn es sich einmal eingespielt hat, sollte er das hin bekommen. Scortias war alles, nur nicht dumm, oder faul. Schließlich folgte er Cornelis Feuerbart in die Richtung in der die Kombüse lag. Auch hier war der Junge bereits und hatte auch den Koch, „Rog“, kennen gelernt. Ein stämmiger, großer Mann mit dickem Bauch. Er hatte auf Scortias einen netten, wenn auch etwas rüden und lauten Eindruck gemacht. Aber er schien ein guter Mann zu sein. Der Zwölfjährige mochte ihn soweit. Nach dem Kapitän schritt auch der neue Schiffsjunge in die Kombüse. Ein leichtes Lächeln hatte sich auf seine Lippen gelegt, als er Rog sah.
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Cornelis Feuerbart
Crewmitglied der Sphinx
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#24
Als Scortias ihn in der Messe nach dem Decken des Tisches fragte, sah der Käpt´n zu ihm hinab.

"Das ist von der Situation abhängig. Ich werde dir jeweils mitteilen, wie du es machen sollst. Normalerweise wirst du dich um das Essen des Steuermanns, des Quartiermeisters und um meines kümmern." Er schmunzelte. "Und um deines natürlich."

Als sie schließlich die Tür der Kombüse, die ganz im Bug des Schiffes lag, durchschritten hatten, wandte sich Feuerbart zuerst mit rauer Seemannsherzlichkeit an den Smutje.

"Na, Rog, bist wohl froh, jetzt wieder einen Gehilfen zu bekommen, was? Ich nehme an, daß ihr euch schon kennen gelernt habt?!"

Dann wandte er sich wieder zu seinem neuen Schiffsjungen um. "Hier in der Kombüse bekommst du das Essen. Ich hatte dir ja schon gesagt, um welche du dich kümmern wirst, meistens jedenfalls. Die Männer holen ihr Essen hier selbst ab."

Und wieder zum Koch: "Bereite für nachher mal zwei Portionen vor. Kaltverpflegung tuts auch, wenn du jetzt noch nichts auf dem Herd hast."

Dann wandte sich Feuerbart wieder um, verließ die Kombüse und durchquerte die Messe. Er trat erneut in den Bereich mit der schmalen Treppe, den beiden Kajüten und den Vorräten, durchquerte diesen auf dem Mittelgang und öffnete eine Tür in einer weiteren Querwand, die auch die hintere Wand in der Kajüte des Steuermanns war. Wieder mußte er den Kopf einziehen, was bei ihm jedoch schon zu einer routinierten selbstverständlichen Bewegung geworden war, wie man erkennen konnte. Hinter der Tür erwartete sie der größte Raum im ersten Unterdeck, in dessen Mitte erneut die offene Ladeluke wie ein schwarzes Loch gähnte. Auf beiden Seiten standen hinter verschlossenen Geschützpforten zwölf Zwölfpfünder-Kanonen, fest an massiven eisernen Ösen an den Bordwänden verzurrt. Er blieb wieder stehen und erklärte weiter.

"Wie du unschwer erkennen kannst befinden wir uns nun auf dem Kanonendeck. Die Onyx nennt vierundzwanzig Zwölfpfünder ihr eigen, dazu noch zwei Achtpfünder im Heck, zu denen wir gleich noch kommen werden. Hier ist auch gleichzeitig der Schlafraum der Besatzung, was du dir bei den vielen Hängematten sicher schon gedacht hast."



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Scortias Bartholomew
Crewmitglied der Sphinx
für Gold gesucht
dabei seit Keine Angabe
#25
Einige Dielen knarrten unter dem Gewicht des Captains, wenn er vor Scortias her schritt. Eigentlich mochte er das Geräusch des Holzes, wenn es ächzte. Vorausgesetzt, dass es einem nicht im Schlaf störte. Es erinnerte immer daran, wo man sich befand und wo war es schöner und freier, als auf einem Schiff. Nun gut, Scortias war zuvor noch nie ein Schiffsjunge, aber hatte er immer davon geträumt mal auf einem Schiff anzuheuern. Die Geschichten, die er in den Tavernen gehört hatte, ließen darauf schließen, dass die Seefahrt einfach toll sein musste. Voller Abenteuer und wilder Erlebnisse. Zudem war er schon immer von den großen Kähnen begeistert gewesen, wenn sie in Aelinos auf der Insel Axo am Hafen angelegt hatten. Ihre Mäste ragten weit in den Himmel geschmückt mit den Seilen, die die Segel hielten. Spinnennetzähnlich ragten die Wanten zum Krähennest hinauf und ermöglichten somit den Aufstieg in den Ausguck. Die Erfahrung, die Scortias mit einem Schiff gemacht hatte, war bisher alles andere als positiv gewesen. Als blinder Passagier hatte er auf der Blue Mary eine Strafe abzusitzen und schließlich wurde er von den Piraten aus dem Krähennest ins Wasser geschmissen. Dennoch hatte er Glück im Unglück, da nicht auch er sein Leben lassen musste, so wie die meisten Männer der Blue Mary. Aber das alles hielt den Jungen nicht davon ab, die Schiffe zu mögen, die weich und sanft ans Ufer heran glitten und unter sich fast lautlos das Wasser teilten. Es war ein Anblick, von dem der Junge nie genug bekommen konnte.

Scortias war sehr froh darüber, dass ihm die Entscheidung abgenommen wurde, wo schließlich gegessen wurde. Er war sicher, dass es da immer Diskussionen gegeben hätte. Aber in dem Fall würde also Captain Feuerbart bestimmen, wo gegessen wurde. Zudem bräuchte er sich auch nur um das Essen vom Captain, Mister Diaz und Mister Murray kümmern. Naja und zu guter Letzt um sein eigenes. Als er das Schmunzeln des Rotbartes sah, grinste der Junge zu dem Man hinauf und nickte verstehend.

“Aye Sir“

Zusammen betraten sie die Kombüse in der immer noch Rog, der Smutje am werkeln war. Captain van der Meer wandte sich an sein Besatzungsmitglied, der daraufhin seine Arbeit einstellte und sich zu den beiden Eindringlingen umdrehte.

“AYE SIR! HAB DIE KLEINE RATTE SCHON KENNEN GELERNT!“
meinte Rog in seiner bekannten, lauten Tonart und sah dann zwinkernd zu dem Jungen.
“ALLERDINGS, ICH HOFFE DER KNIRBS TAUGT MEHR ALS DER LETZTE SCHIFFSJUNGE!“
kam es von dem Smutje, der nun durchdringend in die Augen von Scortias blickte.
“Den letzten Schiffsjungen habe ich im Gemüseeintopf verarbeitet, weil der nur faul, wie eine Erbse, in der Hängematte gelegen hat.“
sagte Rog mit ernster Miene, konnte diese aber nicht lange aufrecht halten und lachte schließlich bellend los.
„ABER ICH WERD AUS DER HALBEN PORTION HIER SCHON EIN KERNIGEN MANN MACHEN, SIR.“

Im ersten Moment huschten die Augen von Scortias etwas nervös zum Captain und wieder zurück zum Smutje. Doch das Lachen des Mannes entspannte den Jungen wieder. Er mochte den Koch immer mehr. Auch wenn er laut und eine rüde Umgangsform hatte, spürte der Zwölfjährige, dass der stämmige Mann ein sehr gutes Herz besaß. Der Waisenjunge war noch nie sonderlich sanft angepackt worden und kannte diese raue Art der Erwachsenen. Da musste man sich schon in jungen Jahren ein recht dickes Fell anschaffen. Weicheier hatten in dieser Zeit keine Chance und dennoch war es erfreulich, wenn es Menschen gab, so wie Captain Feuerbart. Menschen, die Führungsqualitäten hatten, ohne dabei immer eine harte Linie zu fahren. Wieder nickte der junge Bartholomew dem Captain verstehend zu, bevor sich Cornelis wieder an den Koch wendete.

“WIRD GEMACHT SIR! KANN DIE RATTE GLEICH ABHOLEN!“
“Ich heiße Scortias, Mister Rog Sir.“ protestierte der Junge leise gegen den tierischen Kosenamen.
“DAS IST EIN TOLLER NAME JUNGELCHEN UND WENN DU GLÜCK HAST, DANN MERK‘ ICH MIR DEN IRGENDWANN. UND ICH BIN ROG, WEDER MISTER, NOCH SIR. VERSTANDEN?“
sagte der Smutje belustigt.


“Okay Mister Rog Sir. Vielleicht merke ich mir das ja … auch irgendwann.” antwortete der neue Schiffsjunge leicht grinsend.


Rog sah den Jungen an und bellte wieder lachend los. Dann zeigte er mit dem Finger auf ihn und nickte.
“ICH MAG DICH KLEINER. KOMM GLEICH VORBEI UND HOL‘ DAS ESSEN FÜR DEN CAPTAIN AB, OKAY?“

Scortias nickte dem Smutje grinsend zu und drehte sich wieder zum Captain. Zusammen ging es wieder zurück in die Messe, durch sie hindurch und in den Gang auf dem die Zimmer von Mister Murray und Mister Diaz lagen. An einer Querwand befand sich eine weitere Tür, die Cornelis öffnete und mit eingezogenem Kopf durchschritt. Scortias folgte dem großen Mann wortlos. In dem Raum angekommen ließ der Junge seinen Blick schweifen. Die Augen des Zwölfjährigen weiteten sich, als er die Geschütze sah. Noch standen sie friedlich vor den Stückpforten und warteten auf ihren Einsatz. Wie gerne würde Scortias mal eine davon abfeuern. Das war wirklich beeindruckend. Aber auch die Hängematten waren ihm aufgefallen, die hier angebracht wurden. Wie erwartet, bestätigte Captain van der Meer, dass die Besatzung hier auch schlief.

“WOOOAH, das ist ja irre.“ kam es voller Emotion aus dem Mund des Jungen, der auf eine der Kanonen zu lief, in die Hocke ging und seine Hand auf das kalte Gusseisen legte.

Die Hand des Jungen streichelte sanft über das Rohr, während seine Augen die Zwölfpfünder genau betrachteten. So nah war er einem Geschütz noch nie gekommen. Er sah die Zündvorrichtung, das Seil, mit dem die Kanone aus den Stückpforten gezogen wurde, und die Räder, auf denen sich das Geschütz bewegen ließ. Er war von diesem Anblick wirklich begeistert.

“Sind die sehr laut, wenn die abgefeuert werden?“ fragte er schließlich und drehte seinen Kopf zum Captain. “Sir?“ setzte er schnell noch hinzu, hatte er die Höflichkeit doch im Eifer vergessen.
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Cornelis Feuerbart
Crewmitglied der Sphinx
für Gold gesucht
dabei seit Keine Angabe
#26
Käpt´n Feuerbart beobachtete mit einem zufriedenen Schmunzeln das kleine Wortgefecht zwischen dem Smutje und dem neuen Schiffsjungen. Um diese beiden brauchte er sich anscheinend nicht zu sorgen denn es machte ganz den Eindruck, daß sie miteinander auskommen würden. Als sie schließlich die Kombüse verlassen, zum Kanonendeck gegangen und es betreten hatten, war der Junge voller Begeisterung zu einer der Zwölfpfünder gerannt und hatte sich daneben niedergehockt. Cornelis mußte lachen. Außer den Hängematten machten auch Kisten als Stauraum und andere Utensilien deutlich, daß es sich hier um den Wohnraum der Besatzung handelte. "Ja, die Kanonen sind sehr laut wenn sie schießen, vor allem hier unten." Er ging weiter bis zur offenen Ladeluke und warf einen Blick hinunter. "Dort unten ist schließlich noch der Laderaum, wie du dir sicher schon gedacht hast. Unter dem Boden des Laderaums ist noch der Ballastraum, der mit Steinen gefüllt ist." Als Scortias ihn fragend ansah, schmunzelte er. "Ohne den Ballast würde sich die Onyx wie auch jedes andere Schiff einfach auf die Seite legen wie ein Stück Holz, das man ins Wasser wirft. Und noch was Junge: Gewöhn dir das `Sir´ ab. Wir sind hier auf einem Piratenschiff und nicht bei der Marine."

Scortias sah begeistert zu den Geschützen und wand sich erst wieder um, als Cornelis ihm erzählte, dass die Kanonen ordentlich krach machten, wenn sie abgefeuert wurden. Klar würde Scortias so ein Knall gerne mal hören, aber wenn diese Kanone zum Einsatz kam, hieße das auch, dass sie in einem Gefecht sein würden. Das wiederum ließ in den Jungen ein mulmiges Gefühl aufkommen. In einem Gefecht bestand ja immer die Gefahr, dass man verletzt oder sogar getötet wurde. Dem Zwölfjährigen war klar, dass es sich wohl eher nicht vermeiden ließ in einen Kampf zu geraten, schließlich lebten Piraten von den Kämpfen und dem Erbeuteten. Es war also unumgänglich, dass er die Kanonen irgendwann zu hören bekam.
Der Captain lief aber dann auch schon weiter, worauf hin Scortias sich erhob und ihm folgte. An der Ladeluke blieben sie stehen und sahen in den Bauch des Schiffes hinab. Aufmerksam hörte der Schiffsjunge zu, was der Captain ihm berichtete und beibrachte. Etwas irritiert sah er den Rotbart dann doch an, als er erfuhr, dass das Schiff Steine geladen hatte. Der Blick verriet dem Erwachsenen wohl, dass sich dem Jungen diese Fracht nicht erschloss, weswegen eine Erklärung folgte. „Ach so? Dann ziehen die Stein den Rumpf also nach unten und hält es in Position?“ schlussfolgerte Scortias schließlich. Er war nicht gerade gebildet, denn im Waisenhaus hatten sie nur selten Unterricht bekommen, aber Scortias war ein Junge, der sehr logisch denken konnte. Deswegen verstand er auch sofort, welche Aufgabe die Steine hatten. Im nächsten Moment sah er etwas verlegen aus, da Captain Feuerbart ihm die höfliche und respektzollende Anrede untersagte. „Aye S… Captain.“ kam es schließlich leise und nickend. „Im Waisenhaus musste ich das immer sagen. Es gab sogar Strafen wenn man das mal vergessen hat.“ erklärte der Schiffsjunge, vielleicht auch, um sich damit zu rechtfertigen und zu entschuldigen. „Und was ist das da?“ fragte Scortias, streckte seinen Arm aus und zeigte mit dem Finger auf zwei Kugeln, die mit einer Kette verbunden waren und an der Bordwand hingen. Es sah aus, wie zwei Kanonenkugeln, die mit einer Kette verbunden waren, aber wieso? Gerade in dem Moment bereute Scortias, dass er sein Hemd und die Jacke ausgezogen hatte, denn hier unten im Schiff war es deutlich kühler, als noch an Deck. Die Sonne war noch nicht kräftig genug, um auch den Innenraum aufzuwärmen.

Cornelis war etwas irritiert über die Nachfrage des Jungen, denn er war durchaus der Meinung, daß er den Sinn des Ballastes ausreichend erklärt hatte. Deshalb kommentierte er diese Frage nur mit einem Kopfnicken und einem knappen "Genau." Als er dann auf die förmliche Anrede und auf das Waisenhaus zu sprechen kam, war er schon wieder nachsichtiger, was an seinen Worten deutlich wurde. "Ich glaube dir gern, daß die Aufseher im Waisenhaus das von euch verlangt haben. Doch kannst du dir sicher vorstellen, daß die Männer auf die Marine, die oft genug Jagd auf uns macht, nicht allzu gut zu sprechen sind. Deshalb gibt es hier keine Gepflogenheiten, die allzu sehr an diese erinnern.
Und da gehört nun mal das Sir auch zu. Selbst die Anrede Mister oder Herr nutzen wir eigentlich nie, höchstens zu Tarnungszwecken beim Landgang." Er ging zu einer der Kanonen hinüber und setzte sich auf diese darauf um Scortias Zeit zu geben, sich diese nochmals ansehen zu können. Auf den erstaunten Blick des Schiffsjungen schmunzelte er. "Meinst du vielleicht, die Kanonen stehen geladen hier herum?"
Als Scortias mit ausgestrecktem Arm auf etwas zeigte und danach fragte, folgte der Käpt´n mit dem Blick dessen Finger. "Das ist eine Kettenkugel, von denen ich dir beim Angriff auf die Doncella, der jetzigen Onyx, erzählt habe. Sie werden in die Takelage der Schiffe geschossen, um Masten und Segel zu zerstören und so dem Schiff seine Geschwindigkeit zu nehmen. Prinzipiell könnte man sie auch für Truppenansammlungen verwenden, da sie mit ihrer rotierenden Bewegung große Lücken reißen würden. Das ist auf See allerdings ungebräuchlich, da durch den Seegang die Höhe, auf der das Geschoß auftrifft, etwas variabel ist."

Natürlich hatte Scortias den Sinn der Steine im Bauch des Schiffes aufgrund der Erklärung verstanden, doch er hatte seine logische Sicht auf die Dinge zum Ausdruck gebracht, vielleicht auch mehr, um sich selber das Ganze noch einmal klar zu machen. Der Captain bestätigte ihn und kam schließlich auf den Umgangston von Piraten zu sprechen. Der Schiffsjunge war davon ausgegangen, dass man auch unter Piraten eine gewisse Respektbekundung an den Vorgesetzten übermittelte, indem man Höflichkeiten benutze. Gut, genau mit diesen Worten dachte Scortias nicht, da war er altersbedingt einfacher gestrickt. Aber er hatte damit gerechnet, dass der Captain, oder der Quartiermeister eine gewisse ‚Ansprache‘ wünschten. „Okay, ich werde es mir merken. Das bedeutet also, dass ich jeden mit seinem Namen anspreche. Und Dich mit Captain.“ Er spürte in dem Moment sofort, dass er lockerer wurde. Er musste also nicht so sein, wie damals im Waisenhaus. Er konnte mehr er selber sein. Mehr Kind sein.
Die Augen des Jungen verfolgten Cornelis, der sich auf eine der Kanonen nieder ließ. Er selber folgte dem Mann und stellte sich vor ihm. Dann schüttelte er den Kopf und sah wieder zu dem Geschütz. „Nein Captain.“ antwortete er auf die Frage. „Ist doch bestimmt gefährlich, wenn die Kanonen geladen sind.“
Ihm fielen die Eisenkugeln auf, die in der Mitte eine Kette trugen. Deswegen fragte er, wozu sie da waren. Captain Feuerbart hatte ihm ja bereits von der Doncella berichtet und wie die Übernahme abgelaufen ist, aber der Zwölfjährige hatte sich solche Kettenkugeln anders vorgestellt. „Ach das sind die?“ meinte er schließlich verstehend. Er hatte noch sehr viel zu lernen. Natürlich hatte sich Scortias für Piratengeschichten, aber auch den Erlebnissen der Marine interessiert und den Erzählungen gerne zugehört. Aber ihm fehlten eindeutig gewisse Fachbegriffe und Vorgehensweisen aus der Schifffahrt. Er war froh, dass Van der Meer sich die Zeit für ihn nahm. „Wie weit können die Kanonen denn schießen?“ fragte er schließlich und zeigte mit der Hand auf das Geschütz, auf das sich der Captain nieder gelassen hatte. Der Schiffsjunge spürte eine gewisse Nervosität in sich aufkommen. Er konnte es kaum erwarten, dass es endlich raus auf die See ging. Er wollte auch Abenteuer erleben, so wie es in den Geschichten passierte, von denen er immer gehört hatte.

Cornelis nickte. "Genau, es ist zu gefährlich, sie geladen stehen zu haben. Erst auf den Befehl Fertigmachen zum Gefecht werden sie geladen, die Stückpforten geöffnet und die Kanonen nach vorne gezogen. Sind sie abgeschossen, werden sie wieder eingeholt und neu geladen. Davor müssen sie jedoch feucht ausgewischt werden, nicht daß glühende Pulverreste im Rohr die neue Ladung beim Reinschieben schon entzünden."

Cornelis erklärte weiter, wann und wie man die Geschütze benutzte und auch dass man die Rohre feucht auswischen musste, bevor sie neu geladen werden. Die Vorgehensweise kannte Scortias, allerdings war ihm das auswischen neu, erschloss sich ihm aber als logisch, nachdem er erfahren hatte, wieso man das tat. Der Zwölfjährige ließ seinen Blick über das Seil wandern, mit dem man die Geschütze näher an die Stückpforten heran zog. Die Mündung schaute dann aus der Luke heraus. Nach dem Abschuss zog man sie also wieder hinein, reinigte das Rohr und lud sie neu. Zwischen jedem Schuss würde also schon eine kleine Weile vergehen, bevor der nächste Schuss abgefeuert werden konnte. Sollte es dann zu einem Gefecht kommen, war seine Aufgabe, als Schiffsjunge, die Munition und das Schießpulver zu verteilen. Bestimmt keine leichte Aufgabe, denn die Kugeln, so wie die Fässer waren alles andere als leicht für einen Knirps wie ihm. Mit einem leichten Lächeln nickte Scortias dem Captain zu, um ihm zu signalisieren, dass er verstanden und auch keine weiteren Fragen zu den Kanonen und einem Gefecht hatte. Zumindest in dem Moment nicht mehr.

"Wichtig ist, daß du bei einem Gefecht hier unten nicht im Weg herumstehst. Dann herrscht hier viel Hektik an den Kanonen aber auch bei den Ladeschützen, die das Pulver und die Kugeln aus dem Magazin holen." Dann ging er noch auf den anderen Punkt ein, den Scortias zuvor angesprochen hatte. "Es stimmt soweit, daß du jeden mit Namen anredest. Bei uns ist es eine gewisse Respektsbezeugung, diejenigen, die einen Posten innehaben, mit diesem anzusprechen. Also bei Díaz sagst du Steuermann, bei Murray Quartiermeister und so weiter für Maat und die anderen mit besonderem Posten. Eben so, wie du mich auch mit Käpt´n ansprichst." Dann bestätigte er des Schiffsjungen Nachfrage zu den Kettenkugeln mit einem Nicken.
Anschließend erhob er sich und ging weiter in Richtung Heck. Bald standen sie vor einer weiteren Querwand mit einer Tür, die Cornelis nun mit einem Schlüssel an seinem Schlüsselbund aufschloß. Sie betraten einen Raum, bei dem direkt klar war, um was es sich handelte, nämlich um das Munitionslager, wie die Fässer mit Pulver und die Kisten mit Kugeln deutlich machten.
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Scortias Bartholomew
Crewmitglied der Sphinx
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dabei seit Keine Angabe
#27
Scortias nickte, als ihm der Captain nahe legte, bei einem Gefecht nicht im Weg zu stehen. „Aber ich muss das Pulver verteilen und Kugeln zu den Geschützen bringen, oder?“ fragte er denn von dieser Aufgabe der Schiffsjungen hatte er mal gehört. Klar war es nicht einfach, die Fässer und Kugeln zu tragen, aber es hatte ja auch niemand gesagt, dass das Leben eines Schiffsjungen einfach sein würde. Zudem scheute Scortias die Arbeit nicht und wenn sie noch so schwer war. Gut, dass van der Meer ihm mitteilte, wie er die Leute anzusprechen hatte. Zuvor hatte er Hauptsächlich das Verhalten auf Marineschiffen beobachtet, doch auf Piratenschiffen war es dann doch etwas anders. „Aye Captain.“ bestätigte der Schiffsjunge schließlich. Hoffentlich würde er am Anfang niemanden verwechseln. Das könnte Probleme geben. Rog kannte er ja nun und am Hafen hatte er auch zwei weitere Seemänner kennengelernt. Scortias sollte sich dringend die Namen und deren Posten auf dem Schiff merken.
Scortias sah zu, wie Cornelis aufstand und zum Heck des Schiffes lief. Er folgte dem Mann, bis sie an einer Querwand kamen. Hier gab es eine Abgeschlossene Tür, die nun von dem Kapitän aufgeschlossen wurde. Scortias vermutete zuerst, dass das die Beutekammer war. Da, wo das ganze Gold und Juwelen und Smaragde, Rubine, Silber und andere Wertvolle Dinge aufbewahrt wurden. Aber es war nur das Munitionslager. Zwar war er im ersten Moment enttäuscht, doch beim zweiten Hinsehen, fand er das schon beeindruckend, wie viel Schießpulver es hier gab und wie viele Kugeln hier lagerten. „Wow, damit kann man ja die ganze Flotte der Marine versenken.“ sagte er lächelnd und sah zu dem Mann auf. „Gibt es auf dem Schiff auch eine Schatzkammer? Also, wo die Beute aufbewahrt wird?“ fragte er und hoffte innerlich, dass er gleich einen riesigen Schatz zu sehen bekam.
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Cornelis Feuerbart
Crewmitglied der Sphinx
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dabei seit Keine Angabe
#28
Noch auf dem Weg zum Pulvermagazin beantwortete Cornelis die Frage von Scortias nach dem Pulveraffen.

"Nein, du bist nicht für die Verteilung der Munition zuständig. Das erledigen die Ladekanoniere selbst. Du kennst das wahrscheinlich von den Marineschiffen, doch dort laufen auch mehrere Pulveraffen herum. Diese sind jedoch keine Schiffsjungen, sondern nur als Läufer auf dem Kanonendeck zuständig."

Als sie im Pulvermagazin standen, stellte Feuerbart seinen rechten Fuß auf eines der Pulverfässer und stützte seine Unterarme auf das abgewinkelte Bein. Bei der Frage des Schiffsjungen lachte er laut und dröhnend auf, doch war es kein spöttisches sondern nur ein amüsiertes Lachen.

"Wir haben keine Schätze an Bord. Sicherlich habe ich etwas Geld dabei, um so wie jetzt auch mal Vorräte einkaufen zu können. Unsere Beute, Junge, sind vornehmlich Handelswaren. Unser Stützpunkt ist Tokara auf Asanu, dort verkaufen wir die Beute über Hehler und der Erlös bleibt ebenfalls dort, von einigen Männern unserer Mannschaft verwaltet, die ich genau für diese Aufgabe angeheuert habe. Aber sonderlich große Reichtümer häuft man als Pirat sowieso nicht an. Da sind zum einen die Reparaturen am Schiff, die nach jedem Gefecht durchgeführt werden müssen. Sicher bekommt jeder Mann den vereinbarten Anteil an der Beute, aber die Männer sind verschwenderisch. Sie saufen, huren und spielen gerne und da bleibt nicht viel übrig."

Er nahm das Bein vom Pulverfass und ging vor Scortias durch die Pulverkammer bis zur hinteren Querwand, in der sich wieder eine unverschlossene Tür befand. Er öffnete sie und diese gab den Blick frei auf die zwei Achtpfünder-Heckkanonen, die er zuvor schon erwähnt hatte.

"So, jetzt hast du alles gesehen. Jetzt geh zum Smutje und hole die zwei Portionen zu Essen ab, die ich zuvor in Auftrag gegeben habe. Du findest mich dann auf der Brücke."

Nachdem Scortias davongeeilt war um seinen Auftrag zu erledigen, schloß Cornelis die Tür zwischen Pulvermagazin und Kanonendeck wieder ab und begab sich aufs Oberdeck. Scortias fand ihn schließlich auf dem oberen Treppenabsatz in Fahrtrichtung links an der Brücke sitzend.

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Scortias Bartholomew
Crewmitglied der Sphinx
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dabei seit Keine Angabe
#29
Scorias hatte so viele Dinge über die Aufgaben eines Schiffsjungen gehört, die sich aber nun als unwahr herausstellten. Zumindest waren das keine Aufgaben des Schiffsjungen auf einem Piratenschiff. Auf Marineschiffen war er da wohl etwas näher an den Tätigkeiten dran. Die Übermittlungen, die der Junge mitbekommen hatte, handelten ja auch meistens von der königlichen Marine. Etwas erstaunt hatte der Zwölfjährige zu Cornelis aufgesehen, als er dann erfuhr, dass er weder für die Munition, noch für das Schießpulver verantwortlich war. Welche Aufgabe hatte er denn sonst in einem Gefecht? Aber danach fragte er nicht und wollte es einfach auf sich zukommen lassen, oder bei Gelegenheit vielleicht mal Rog fragen. Wieso er nicht den Kapitän fragte? Der Schiffsjunge wollte nicht, dass der Mann ihn für total dumm hielt, schließlich hatte er ja schon mit so einigen Dingen total daneben gelegen. Er wünschte sich gerade, dass er viel mehr Wissen besäße um Feuerbart etwas beeindrucken zu können, aber leider war dem nicht so.

Van der Meer öffnete die Tür der Querwand und zu Scortias Enttäuschung handelte es sich nicht um eine Schatzkammer, sondern um die Waffenkammer. Hier wurden die Kanonenkugeln und das Schießpulver aufbewahrt. In dem Raum war es trocken, aber dunkel. Der Junge sah zu dem Mann, als dieser ein Bein auf eines der Fässer positionierte und die Arme auf das angewinkelte Bein stützte. Er lachte auf, denn die Frage von Scortias schien ihn zu amüsieren. Der Bartholomew wusste allerdings nicht, was daran nun so witzig war. Er hatte immer gedacht, dass Piraten total reich waren und Viele Reichtümer mit sich führten. Und was sie nicht im Schiff transportieren konnten, auf eine verlassene Insel vergruben. Aber all diese Gerüchte waren wohl auch nur wieder Bettmärchen, die man kleinen Kindern erzählte. Cornelis erzählte dem Jungen, dass ihre Beute mehr aus Handelswaren bestanden. Leise wiederholte Scortias den Namen „Asanu“ und sah dabei mit leerem Blick an die Wand. Die Insel lag weit im Südosten, da wo auch er die meiste Zeit seines Lebens verbracht hatte. Langsam überflog der Junge die Fässer mit den Augen, während Feuerbart im erzählte, dass sich nie besonders viele Reichtümer ansammelten, dass die Mannschaft oft verschwenderisch mit ihrem Anteil umging. Sie tranken, hurten und spielten. Leicht grinsend huschten die braunen Rehaugen wieder zu dem Mann, als er die drei Lieblingsbeschäftigungen der Mannschaft vernahm. Scortias trank eigentlich kein Alkohol. Mit Huren war er nur einmal in Kontakt getreten, die ihn damals geradezu überredet hatten mit ihnen zu kommen. Und spielen tat der Junge genau so wenig. Er hatte keine Ahnung, wofür er seinen Anteil am Ende ausgeben würde, da er recht bescheiden war. Er brauchte nicht viel und stellte keine Ansprüche, bis auf ein trockenes Bett und eine sinnvolle Aufgabe.

Der Schiffsjunge sah Cornelis nach, der die Pullverkammer durchschritt, denn an deren Ende war erneut eine Tür. Er selber machte sich ebenfalls auf dem Weg und folgte dem großen Mann. Als er dann durch die Tür sah, staunte er nicht schlecht, denn am Heck, so wie der Kapitän zuvor schon erwähnt hatte, standen wieder zwei Kanonen, die nach hinten ausgerichtet waren.

“Das haben nicht viele Schiffe, oder?“ fragte er mit großen Augen und einem Lächeln.

Es war deutlich zu sehen, das Scortias von den Kanonen wohl am meisten begeistert war. Vielleicht lag es daran, dass Jungen generell gerne Scheiße in die Luft jagten und Dinge zerstörten. Sein Kopf wandte sich zu Feuerbart hoch, als der Zwölfjährige seine nächste Aufgabe bekam.

“Aye Captain.“ kam es von ihm begeistert und voller Tatendrang.

Scortias flitzte direkt los, durch die Pullverkammer hindurch, an der Luke vorbei, durch das Kanonendeck, in den Gang auf denen die Zimmer von Quertiermeister Murray und Steuermann Diaz lagen, durch die Messe, bis er schließlich durch den Eingang der Kombüse raste.

“HEY, HIER WIRD NICHT GERANNT!“
maulte Rog auch direkt los, als der Junge so hektisch zum stehen kam.
“Was willst Du? … Ach bestimmt das Essen für den Kapitän, stimmt's?“

Scortias nickte und lächelte.

“Ja, ich soll es jetzt abholen.“ meinte der Zwölfjährige etwas ungeduldig.

“Steht da drüben auf dem Tisch. Nimm es und verschwinde, bevor ich bei deinem Anblick noch Lust auf Froschschenkel bekomme.“
grinste Rog, nachdem er mit seinem Finger auf den Tisch gezeigt hatte.

Scortias machte die zwei Schritte zu dem Tisch und nahm jeweils in einer Hand einen Teller.

“Bis später.“ verabschiedete sich der Schiffsjunge.

“LIEBER NICHT! DU GEHST MIR JETZT SCHON AUF DIE NERVEN, JUNGELCHEN. SAG DEN ROTBART, DASS ER DAS NÄCHSTE MAL EXTRAWÜNSCHE EINE WOCHE VORHER ANMELDEN SOLL!“
antwortete Rog, allerdings nicht ernst gemeint, was den Jungen wieder zum schmunzeln brachte.

Mit den Tellern in den Händen, machte sich Scortias nun auf den Weg zur Brücke. Es war garnicht so einfach, durch die schmalen Gänge und die Treppe hinauf zu kommen, wenn man so beladen war. Daran musste er sich definitiv noch gewöhnen. Ab und an stand ihm sogar ein Seemann im Weg, der mit dem Verladen beschäftigt war, aber zum Glück kam er ohne Umwege und vor allem ohne Unfälle an Deck an. Er sah, dass Feuerbart auf dem Treppenabsatz saß und lief zu ihm. Er nahm die Treppe, die zur Brücke führte und blieb dann kurz vor dem Ende stehen, um die Teller an den Kapitän zu überreichen.

“Captain. Das Essen.“
“Ich soll Ausrichten, dass … Rog total stolz darauf ist, auf der Onyx arbeiten zu dürfen.“ meinte der Junge und grinste breit.

Er mochte den Smutje total gerne. Er hatte eine raue Schale, aber Scortias wusste, wie er damit umzugehen hatte. Und sein Captain war auch ein sehr netter und fähiger Mann. Mit der Onyx hatte Scortias wohl einen echten Glücksgriff gemacht. Hier oben an Deck war es schon wieder viel angenehmer von den Temperaturen her. Der Zwölfjährige konnte die Sonne auf seiner Haut spüren, die ihn sanft erwärmte. Vom Hafen her drangen die üblichen Handelsunterhaltungen zu dem Schiff heran. Seine Augen huschten über das Wasser und sahen das Schiff, das den Kopfgeldjägern von Sir Louis gehörte. Ob Bernward ihn gerade suchte? Aber nachdem, was seinem Freund passiert war, würde er sich das bestimmt nicht trauen. Scortias war sicher, dass Cornelis nicht lange fackeln würde, auch dem Pickelgesicht das Gehirn wegzupusten.

“Hast Du keine Angst, dass … naja, dass die Blauen Dich verhaften? Ich mein, wegen der Sache auf dem Markt.“ fragte Scortias und drehte sich wieder zu Feuerbart um.  
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Cornelis Feuerbart
Crewmitglied der Sphinx
für Gold gesucht
dabei seit Keine Angabe
#30
"Heckgeschütze sind nicht so ungewöhnlich", beantwortete der Käpt´n noch die Frage von Scortias, bevor dieser zur Kombüse eilte.

Cornelis saß, während er wartete, auf dem oberen Treppenabsatz an der Brücke und genoß den milden Sonnenschein. Als er schließlich Scortias nahen sah, diensteifrig die beiden Teller balancierend, schmunzelte er zufrieden. Als der neue Schiffsjunge ihm seine Portion ausgehändigt hatte, sagte er:

"Setz dich ein paar Stufen weiter unten hin. Du bist noch neu an Bord und die Mannschaft würde es dir übel nehmen, wenn du dich direkt zu weit oben positionierst."

In diesem Falle hatte diese Aussage sogar eine doppelte Bedeutung. Eine ganz praktische bezüglich der Treppe und eine grundsätzliche zur Rangordnung in der Mannschaft. Als der Junge Platz genommen hatte, schoß auch schon die nächste Frage aus ihm hervor. Feuerbart hielt für einen Moment bei seiner Mahlzeit inne und sein Blick schweifte in Richtung Hafen.

"Nein, nicht wirklich. Mein Leben ist hier auf See und ein Landgang ist zwar eine nette kurze Abwechslung, aber es macht mir auch nichts aus, die Zeit bis zum Auslaufen morgen auf der Onyx zu verbringen. Und hier auf meinem Schiff bin ich der König." Er grinste Scortias an. "Hier sollen sie erst einmal versuchen, mich runterzuholen. Dabei werden sie ihr blaues Wunder erleben."

Er setzte seine Mahlzeit fort und sein Blick ging dabei nicht zum Land, sondern hinaus auf die offene See. Man konnte förmlich spüren, wie sehr Cornelis´ Herz an diesem Leben hing.
Als sie aufgegessen hatten, gab der Käpt´n Scortias seinen Teller.

"So, und nun geh und hilf dem Smutje, solange er Arbeit für dich hat."

Cornelis erhob sich und ging in seine Kapitänskajüte, um die Seekarten zu studieren und eine Route für die nächste Fahrt auszutüfteln.

[Zeitsprung bis zum Auslaufen am folgenden Tag]
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