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Schön ist das Leben voll Nehmen und Geben
Crewmitglied der Sphinx
für 60 Gold gesucht
dabei seit Nov 2015
#1
Schön ist das Leben voll Nehmen und Geben
bespielt von    Liam Casey   Lucien Dravean   Shanaya Árashi
01.07.1822
Schön ist das Leben voll Nehmen und Geben

Früher Abend des 01. Juli 1822
Liam Casey, Lucien Draveant & Shanaya Árashi

Shanaya streckte in einer lockeren Bewegung die Arme in die Luft, atmete dabei tief durch und ließ den Blick dann für einen Moment zu dem Friedhof wandern, der sich neben ihnen erstreckte. Irgendwo am Hafen hatte sie Liam aufgegriffen, der sich ihr bei ihrer Reise ohne bestimmtes Ziel angeschlossen hatte. Gemeinsam waren sie am Hafen entlang geschlendert – und nun hatten sie doch ein gemeinsames Ziel. Auf dem Weg zur Taverne hatte die Schwarzhaarige ihre Bluse angehoben, sie vor der Brust verknotet, um den leichten Wind wenigstens etwas zu nutzen, ihre Haut ein wenig abzukühlen. „Ich hätte doch noch eine Runde schwimmen gehen sollen.“ Noch einmal, geschadet hätte es sicher nicht. Amüsiert wandte die Schwarzhaarige den Blick zu Liam herum, strich sich mit dem Arm über die Stirn. „Irgendwann gewöhne ich mich bestimmt an diese Wärme.“

„Wir können auch gerne zurück, um deinen Wunsch zu erfüllen. Mit ausreichend Proviant aus der Taverne, versteht sich.“ Gut gelaunt zuckte er mit der Schulter und klang alles andere als abgeneigt. Ob sie nun die gesellige Atmosphäre der Taverne vorzogen oder nach einem ruhigen Plätzchen am Meer Ausschau hielten, an dem sie Schwimmen konnten, war ihm relativ egal. „Dann mach lieber schnell, bevor wir zurück in den Osten segeln, um das Geheimnis unserer Schatzkarte zu lüften.“

„Als ob du mich da weg bekommst, wenn ich mir erstmal ein… viele Gänge Menü besorgt habe. Dann würde ich eh untergehen im Meer.“ Ein leises, theatralisches Seufzen folgte. Nach dem Training mit Soula war ihr jetzt an erster Stelle danach, ihre Energie aufzutanken – und da klang etwas Gutes zu Essen noch verlockender. „Je nachdem, wo die Reise noch hingeht, muss ich mich an viele unterschiedliche Witterungen gewöhnen. Yvenes ist da ziemlich… einseitig.“ Sie lächelte. Immerhin galt das nicht nur dem Wetter auf ihrer Heimatinsel.

Liam lächelte. „Du weißt doch, wie es heißt: ‚Nach dem Essen sollst du ruhen oder tausend Schritte tun‘: Ich bezweifle, dass du in der Taverne sitzen bleiben willst, wenn all das Gesindel dort auftaucht. Und ein bisschen Musik bekomme ich auch noch hin. Du musst dir nur einen anderen zum Tanzen suchen.“ Der Gedanke an ein gutes Essen vorher, trieb aber auch ihn voran. „Nicht, dass das noch in Stress ausartet, hm? Allerdings schon sehr vermessen, dass du Yvenes eintönig nennst, während der Rest der ersten Welt nicht einmal weiß, was Herbst ist.“ Liam bedachte sie mit einem neckenden Blick zur Seite. „Dabei bist du dort definitiv länger aufgewachsen als ich.“

„Siehst du. Da klingt ruhen und weiter essen doch nach einer wunderbaren Idee! Bewegung habe ich sonst genug!“ Ein vielsagender Blick in die Richtung ihres Freundes, dann ein Zwinkern. „Und so viel ich weiß, stehst du mir da in nichts nach.“ Was ihre Heimat anging ließ die junge Frau leise brummen, den Kopf von einer zur anderen Seite neigen. „Na gut, vielleicht bin ich auch einfach etwas voreingenommen. Hast mich erwischt.“ Es war immerhin kein Geheimnis, dass sie kein besonders großer Freund ihrer Heimat war. „Aber da sind wir schon. Auf zu vielen dummen Blicken von Betrunkenen, weil sie nackte Haut sehen.“ Trotzdem amüsiert patete Shanaya zwei Mal auf ihren Bauch, richtete den blauen Blick dann zu Liam, während sie auf den Eingang der Taverne zuging.

Die Kneipe im Südwesten der Stadt, in die er heute eingekehrt war, hatte nicht ganz den Charme eines Claude Riegans - genau genommen ganz und gar nicht - doch angesichts dessen, was gestern Nacht passiert war, tat Lucien wahrscheinlich gut daran, der Spielerhöhle auf der anderen Seite der Stadt die nächsten Tage keinen weiteren Besuch abzustatten, wenn er seine und Ceallaghs Pläne nicht sabotieren wollte. Er ließ den Abend heute also in dieser Spelunke ausklingen und hatte die ersten ein oder zwei Krüge Portwein bereits bei einer Runde Würfelspiel geleert, zu dem er jetzt mit dem dritten Krug in der Hand auf dem Rückweg war.
Einem ausgesprochen charmant lächelnden Schankmädchen mit einer halben Drehung ausweichend schob er sich zwischen zwei eng stehenden Tischen hindurch. Doch da sein Blick für einen flüchtigen Moment eher ihrer ansehnlichen Rückenpartie folgte, als auf das zu achten, was vor ihm lag, bemerkte der junge Captain auch die beiden Gestalten zu spät, die das Wirtshaus soeben betraten und damit unvermittelt seinen Weg kreuzten. Gerade rechtzeitig bremste er ab, um einen Zusammenstoß zu vermeiden, gab dafür aber ein eher verblüfftes „wups“ von sich, als ein großer Schluck Portwein ob des plötzlichen Stops aus seinem Krug hüpfte und der Piratin auf Bluse und Bauch schwappte. „Mist… oh…“ Und erst damit spiegelte sich Erkennen auf seinen Zügen, die mit einem Blick auf die Schwarzhaarige zunächst weicher wurden, bevor er zwischen ihr und Liam hin und her sah. „Na, ihr zwei? Hier, um den Tag ausklingen zu lassen?“, fragte er an beide gewandt und angesichts des bereits in seinen Adern zirkulierenden Alkohols recht gut gelaunt.


Liam gluckste und fing den Blick der Dunkelhaarigen auf, während sie an ihm vorbei in die Taverne schritt, „… Wenn nötig, auch das.“, versicherte er und folgte Shanaya hinein. Etwas irritiert blieb er stehen, als die Jüngere sich umwandte, statt einen Tisch anzusteuern. Irgendwas an ihrem Blick gefiel ihm nicht, aber recht einschätzen konnte er es nicht. „Hm?“, fragte er, musterte sie kurz und ließ dann den Blick über die Tische schweifen. Seine Hand streifte kurz ihre Hüfte, als er sich mit einem Lächeln an ihr vorbeischob und die Führung übernahm. „Wie gnädig von dir.“ Liam wusste nicht, ob Shanaya die Berührung so verstand, wie er sie gemeint hatte – aber er war da, wenn etwas nicht stimmte. Liam hatte bereits einen Tisch ausgemacht und steuerte zielstrebig darauf zu, als eine Gestalt von der Seite in sie hineinlief. Geistesgegenwärtig machte er schnell einen Schritt zur Seite, um dem flüssigen Glück auszuweichen, das der Gar-Nicht-So-Fremde auf dem Boden und auf Shanayas Bluse verteilte. Liam musterte Luc etwas überrascht, aber nicht unglücklich, dann schweifte sein Blick zu der Schwarzhaarigen. „Ja, sozusagen. Du bist uns aber scheinbar zuvorgekommen, hm?“, stellte er grinsend fest. Ganz so standhaft wirkte Luc nicht mehr.

Shanaya hatte auf die Antwort des Mannes nur vielsagend gegrinst. Das war etwas, was sie auf jeden Fall im Hinterkopf behalten würde, wer wusste schon, wofür das gut war. Sein leises Nachfragen überging sie, hätte sie doch sowieso keine Antwort gehabt. Und so ließ die Schwarzhaarige sich in die Richtung eines Tisches führen, warf Liam nur einen 'So bin ich nunmal' Blick zu und wollte sich dann selbst zu dem anvisierten Tisch begeben, als eine Silhouette beinah über sie stolperte, nur ein 'wups' von sich gab, das in einer viel zu bekannten Stimmlage gesprochen wurde. Und abruppt war Shanaya klar, woher dieses Gefühl zuvor gekommen war. Sie hatte wohl mehr gesehen, als sie wirklich wahr genommen  hatte. Der Schwall Alkohol, der sich im nächsten Moment über sie ergoss, ließ die junge Frau zuerst verwirrt blinzeln, ein Blick galt Liam, ehe sie aus vollem Herzen auflachte. Prüfend ließ sie den Blick an ihrer Bluse herab gleiten, warf ihrem Captain dann einen tadelnden Blick zu. "Das leckst du gleich schön auf, hm?" Ein weiteres,  vielsagenden Lächeln galt dem Dunkelhaarigen, während Liam auf seine Frage antwortete. "Für dieses Malheur haben wir es uns verdient, dass du uns einen ausgibst. Also... zumindest mir." Ein entschuldigendes, zuckersüßes Lächeln galt erst Liam und wanderte dann zu Lucien.

Shanayas Antwort fiel weder überraschend noch sonderlich anständig aus. Jedenfalls nicht in seiner Vorstellung. Prompt blitzte sanfter Schalk in den grünen Augen auf und seine Mundwinkel verzogen sich zu einem halb amüsiert, halb herausfordernden Schmunzeln, während sein Blick für einen Moment über die weinroten Spuren auf ihrem entblößten Bauch huschte. „Nicht, dass mir der Gedanke nicht kurz selbst gekommen wäre, aber dann würde sich Liam sicher ausgeschlossen fühlen.“ Er hob den Krug an die Lippen, nahm einen kurzen Zug, bevor ihn das Schicksal durch irgendein ähnlich ärgerliches Malheur um noch mehr davon bringen konnte, und sah dann zu dem erwähnten Lockenkopf hinüber. Auf seinen Zügen nach wie vor ein gut gelauntes Schmunzeln. „Ich dachte mir, ich versüße mir den Abend mit ein bisschen Würfeln, aber ich muss gestehen, die Gesellschaft verspricht gerade deutlich besser zu werden.“ Er sah bei diesen Worten über Liams Schulter hinweg zu dem Tisch, an dem er bis vor Kurzem gesessen hatte und an dem einer seiner beiden Spielpartner soeben ein Messer zückte, um es seinem Gegenüber drohend ans Kinn zu halten. „Und ich glaube, die vermissen mich nicht“, schloss der Dunkelhaarige. „Wenn ihr nichts dagegen habt, schließe ich mich euch an? Und begleiche meine Schuld bei unserer holden Navigatorin…“

Liam öffnete den Mund, schloss ihn aber unverrichteter Dinge wieder, weil er sich nicht sicher war, ob er sich an dieser Diskussion wirklich beteiligen wollte. Auf Lucs Vermutung hin wog er lediglich nichtssagend den Kopf zur Seite. Er hätte sich sicherlich auch anders zu beschäftigen gewusst, war sich nur nicht sicher, ob ihnen solche Aktionen an einem Ort wie diesem eher Ärger oder Geld einbrachten. Würfelspiele waren es also, die ihren Captain hierhergeführt hatten. „Und ich hoffe, du trinkst auf deine Siege und nicht auf deine Niederlagen.“, hakte mit einem Lächeln nach und folgte Lucs Blick kurz über seine Schulter hin zu einem Tisch mit Kerlen, die man mögen musste, wenn man mit ihnen Zeit verbrachte. Scheinbar jedenfalls erkor sie der junge Captain als doch deutlich bessere Gesellschaft aus – jedenfalls bezweifelte Liam, dass seine Entscheidung nur auf der Forderung Shanayas beruhte, die eine Entschädigung verlangte. „Ja, schätze, deine Freunde haben gerade Besseres zu tun.“ Außerdem würde vermutlich niemand merken, dass Luc weg war, wenn sie genauso angetrunken waren wie er. „Verräterin.“, zischte er Shanaya indes schmunzelnd entgegen, nachdem sie sein Freigetränk so bereitwillig aufgegeben hatte, während er Luc zum nächsten freien Tisch folgte. „Konntest du Trevor inzwischen verspielen?“ Liam lächelte. Dass Luc kein sonderlicher Fan ihres kleinen Glückspilz war, war ein offenes Geheimnis. Trotzdem zweifelte er ehrlich daran, dass er so weit gehen würde.

Luciens Antwort entlockte Shanaya ein weiteres Lachen – was hatte sie anderes erwartet? So galt dem Dunkelhaarigen ein vielsagendes Grinsen, ehe sich die blauen Augen zu Liam herum wandte, der dazu… lieber gar nichts sagte. Womöglich die beste Wahl. Auch ihm galt ein amüsierter Blick, bevor sie die Augen noch einmal suchend schweifen ließ. Das war inzwischen zu einer Gewohnheit geworden. Nur, um sicher zu gehen. Während Lucien verriet, was genau er hier tat, seiner Laune nach zu urteilen ging Shanaya davon aus, dass das Würfelglück ihm hold war, blickte sie sich um Schankraum um, hatte so auch kurz die beiden Männer im Blick, mit denen Lucien sich wohl bisher beschäftigt hatte. Gegen die Gesellschaft ihres Captains hatten sie vermutlich beide nichts – zumindest zweifelte Shanaya daran. Der einzige Knackpunkt war das Gespräch, dass sie kurz zuvor mit Liam geführt hatte. Über eben genau diesen Captain.
Schließlich setzte sich die junge Frau in Bewegung, warf Lucien einen zufriedenen Blick zu – immerhin wollte er das Schlamassel wieder gut machen, das war ja auch das Mindeste! Liams kleiner Vorwurf ließ sie dann eine theatralische Miene aufsetzen, mit der sie den Lockenkopf bedachte. „Ich kann dir gern meine Bluse geben, damit du die Last trägst, rum zulaufen, als hättest du irgendjemanden umgebracht.“ Sie hielt diese Miene nur einen Moment aufrecht, grinste dann wieder über Liams Idee, Trevor bei einem Würfelspiel los zu werden. Mehr sagte sie dazu erst einmal nicht, ließ sich dann nur auf einen der Stühle an einem freien Tisch sinken. Kaum saß sie, fuhr sie mit einer Fingerspitze kurz über ihre Zunge, um dann den klebrigen Alkohol von ihrer Haut zu reiben. „Kannst du das Essen hier empfehlen? Ich verhungere.“ Ein kurzer Blick galt Lucien, ehe sie sich wieder ihrem Bauch zu wandte, die letzten Spuren des Alkohols zu entfernen.


Liam enthielt sich jeden Kommentars zu dem kurzen Geplänkel und Lucien selbst widmete dem Ganzen ebenfalls keine weiteren Gedanken. Diese Art der Neckerei zwischen ihm und der jungen Navigatorin war inzwischen so selbstverständlich, dass es ihn viel eher ins Grübeln brachte, wenn sie ausblieben.
Er schenkte dem Lockenkopf auf dessen anschließende Frage also nur ein verschmitztes Schmunzeln und zuckte flüchtig mit den Schultern. „Auf beides. Wäre doch eine Schande, sich einen Anlass entgehen zu lassen.“ Wie um seine Worte zu unterstreichen, genehmigte sich der Dunkelhaarige noch einen Schluck, und während sie zu dritt einen der freien Tische ansteuerten, beobachtete er mit amüsiertem Blick über den Gefäßrand hinweg den Austausch seiner beiden Gefährten. Als sie ihre Plätze erreichten, machte Lucien zunächst keine Anstalten, sich zu setzen, sondern stabilisierte lediglich mit einer Hand auf der Tischplatte seinen leicht unsicheren Stand. „Verdammt, Liam. Wo bist du vor einer halben Stunde gewesen?“, erwiderte er halb enttäuscht, halb belustigt. „Aber ich wette, er hätte seinen Weg zu uns zurück gefunden, noch ehe die Nacht rum ist. Nur, um mich zu nerven.“ Trotz seiner nach wie vor guten Laune klang er bei dieser Prognose knurriger als sonst. Doch auch das verflog, als er seinen Krug auf dem Tisch abstellte und die Augen wieder auf die Schwarzhaarige richtete. „Oh, nein. Definitiv nicht. Und es gibt auch nur Brot und gebratenes Fleisch. Aber es macht satt. Wünscht Eure Hoheit Portwein oder Rum dazu?“ Mit Belustigung in den Augen ließ er den Blick noch einen Moment auf ihr ruhen, bevor er zu Liam hinüber sah und ihm stumm die gleiche Frage stellte. Nur etwas weniger spöttisch vielleicht.


Gesunde Einstellung, wie er fand. Liam schmunzelte und nickte überzeugt. Wenn ihm dabei allerdings entfiel, was er wirklich verspielen wollte, sollte Lucien diese Vorgehensweise noch einmal überdenken. Ob sie tatsächlich nur um Gold gespielt hatten? Liam mischte sich zu ungerne in Angelegenheiten anderer ein, als dass er gefragt hätte. Vielleicht dachte ihr Captain ja nächstes Mal daran, Arbeitskraft aufs Spiel zu setzen. Er jedenfalls hoffte es nicht für Trevor. Denn der junge Scovell wäre mit Sicherheit der erste Kandidat. „Dann hättest du ihn noch mal verspielen können.“, erinnerte er Lucien mit einem kurzen Zucken der Schulter. Kam er da tatsächlich nicht drauf? So ließ sich mit Sicherheit gut unehrenhaft Geld machen. Shanayas Seitenhieb begegnete er mit einem kurzen Auflachen, rümpfte dann allerdings unbegeistert die Nase. „Wir können’s gerne probieren, aber ich fürchte, deine Bluse passt mir nicht.“ Die Schultern zu breit, die Oberarme etwas breiter, die Chance war wirklich gering. Ansonsten hätte Liam kein großes Problem damit gehabt – weder mit der Bluse noch mit dem Portwein. „Rum.“ Liams Antwort war just in dem Moment gekommen, in dem Luc den Blick von Shanaya gelöst hatte. ‚Eure Hoheit‘ gefiel ihm an diesem Abend – in erster Linie, weil es bedeutete, dass er Rum gebracht bekam. Auch, wenn Shanaya gemeint gewesen war.

Während Shanaya die letzten Reste des Portweines von ihrer Haut schrubbte, lauschte sie dem Gespräch der beiden Männer über Trevor. Sie war da ganz auf Luciens Seite – und ihn bei irgendeinem Spiel zu verspielen klang ziemlich verlockend. Als Liam ihr antwortete, hob sie den blauen Blick, grinste ihm amüsiert entgegen. „Musst ein bisschen abnehmen, hm? Bist schon ein bisschen speckig geworden...“ Dass es andere, viel offensichtlichere Gründe gab, wieso ihre Kleidung Liam viel zu klein sein würde ließ sie Mal außer Acht, ließ die Augen dabei prüfend an Liam hinab wandern. Die Schwarzhaarige grinste dabei gut gelaunt vor sich hin, richtete ihre Aufmerksamkeit dann mit einem Seufzen zu ihrem Captain herum. Es machte satt… na immerhin. Sie hatte irgendwie nichts anderes erwartet. Luciens weitere Worte entlockten ihr dann aber wieder ein Lachen und Shanaya reckte das Kinn ein wenig nach oben. Da hatte er ja nochmal Glück gehabt. ‚Hoheit‘ ließ sie ihm noch durchgehen. „Das, was der Pöbel mir empfehlen würde.“ Liam war da genauer, aber diese Vorlage hatte sie nutzen müssen, was auch in dem Ausdruck ihrer blauen Augen lag.

Lucien tippte sich mit dem Zeigefinger flüchtig gegen die Stirn und verzog bedauernd die Mundwinkel. Eine Geste, die eindeutig sagte, dass er darauf auch hätte selbst kommen können - es dummerweise aber nicht war. Vielleicht doch zu viel Alkohol. Oder ein kleiner Funke Loyalität und Ehrgefühl gegenüber seiner Crew, die ihm unlautere Maßnahmen gegen Trevor tief im Inneren seines Herzens verboten. Schade. „Das nächste Mal“, beteuerte er, wenn auch in dem Wissen, dass er es wohl doch nie tun würde. Dann kehrte sein gut gelauntes Schmunzeln auch schon zurück. Er warf Shanaya einen kurzen, amüsierten Blick zu - ihre Reaktion über seine überzogene Anrede zur Kenntnis nehmend - klopfte dann beiläufig mit den Fingerknöcheln auf die Tischplatte und wandte sich halb ab, um alle drei mit den kulinarischen Köstlichkeiten zu versorgen, die die edle Küche hier im Angebot hatte. Seinen Weinkrug ließ er getrost bei den beiden stehen. „Macht‘s euch gemütlich und ich sehe mal, was ich schönes für uns organisieren kann.“

Mit einem gespielten Schmollen trommelte sich Liam auf die nicht vorhandene Wampe, musterte sie von oben, ehe er wieder zu Shanaya aufsah, die damit beschäftigt war, ihre Bluse zu säubern. „Findest du?“, hakte er noch einmal nach. „Dann muss ich die Fresstouren mit dir wohl ausfallen lassen.“ Wie wahr Lucien den inneren Wunsch tatsächlich machen würde, Trevor an irgendein Gesindel zu verkaufen, würde die Zukunft zeigen. Jetzt erstmal erhob er sich, um ihnen etwas zu trinken zu bringen, auch wenn Liam vermutete, dass sie nicht ganz so voll hier ankommen würden, wie sie bestellt wurden – einen gebrachten Rum verschmähte man dennoch nicht, selbst wenn es bloß noch ein Schluck war. „Alles okay bei dir?“, wandte er sich dann leise an Shanaya, als sich ihr Captain sich entfernt hatte. Es war nüchtern ausgesprochen und zeugte davon, dass ihm ein ‚ja‘ oder ‚nein‘ vollkommen gereicht hätte. Er wusste um die komplizierte Situation, würde sich aber nicht einmischen. Einen Weg finden, schnell wieder mit ihr zu verschwinden war das Höchste der Gefühle – aber er bezweifelte, dass die Dunkelhaarige das wollte. Jetzt, wo sie bereits in Luciens Umlaufbahn gestrandet war.

Shanaya grinste Liam amüsiert an, wog den Kopf dabei leicht von einer zur anderen Seite, antwortete dann mit einem leisen Lachen in der Stimme. „Das ist okay. Ich schaffe das auch allein.“ Eine Augenbraue der jungen Frau zuckte amüsiert in die Höhe, musterte den Lockenkopf noch einen Moment, ehe sie sich mit einem Lächeln und einem sachten Nicken wieder Lucien zu wandte, der sich nun aufmachte, um seine Schuld zu begleichen. Wieso konnte das nicht immer so funktionieren? Dafür lief sie nun mit Blutspritzern auf der Bluse herum. Störte sie nicht groß – und dass das in Wirklichkeit Portwein und kein Blut war musste auch niemand wissen. Liams Frage ließ sie dann im ersten Moment etwas verwirrt blinzeln. Wieso fragte er… oh. Ja. In den blauen Augen blitze Verstehen auf, als sie sich Luciens Krug zuwandte, sich daraus zwei Schlücke genehmigte und ihn dann wieder ganz brav zurück stellte. „Könnte fast nicht besser sein. Wenn da nicht dieser Hunger wäre...“ Und das war nicht einmal gelogen, beides nicht. Es ging ihr gut, außer der Hunger, der bei ihr aber nun einmal eigentlich auch irgendwie ein Dauerzustand war. Die Frage ihres Gegenübers ließ ihre Gedanken jedoch automatisch zu ihrem Gespräch zurück wandern. Zu Worten, die wahrer wohl nicht hätten sein können – und sie trotzdem verwirrten, verunsicherten. „Immerhin bin ich doch in bester Gesellschaft.“ Wieder galt dem Lockenkopf ein ehrliches Lächeln.

Er ließ die beiden samt seines angebrochenen Weinkrugs am Tisch zurück und bahnte sich wie schon Augenblicke zuvor in Schlangenlinien einen Weg zur Theke zurück. Der Gang einerseits dem herumstehenden Mobiliar geschuldet, andererseits unzweifelhaft dem steigenden Alkoholpegel in seinem Blut. Beides tangierte ihn in diesem Fall wenig, wörtlich wie im übertragenen Sinne. Ohne den Unmut eines anderen Gastes zu erregen, erreichte er die Theke und bestellte nach einem gebrummten „Warst du nicht eben schon mal hier, Junge? Na, mir soll’s egal sein.“ drei Krüge Rum und gebratenes Fleisch mit Brot. Gold und Alkohol wechselten die Besitzer und zumindest mit dem ersten Teil des verlangten Proviants machte Lucien sich auf den Rückweg. Und vielleicht weil ihm die leise Unsicherheit in seinem Gang einen gewissen Geländevorteil verlieh, schaffte er den hindernisreichen Weg zum Tisch ohne mehr als einen Schluck aus den drei Krügen einzubüßen. Mit einem leisen Klonk stellte er je eins der Trinkgefäße vor Liam und Shanaya ab und behielt das dritte selbst. Dann zog er den letzten freien Stuhl so zu sich heran, dass er sich rittlings mit der Lehne zum Tisch gerichtet darauf fallen lassen konnte. „So, meine Freunde. Es fließt der Wein, es fließt das Bier, hoch die Krüge trinken wir!“, prostete er den beiden mit einer leisen Melodie im Unterton gut gelaunt zu und sah Shanaya daraufhin mit einem halb amüsierten, halb ehrlich entschuldigenden Lächeln an. „Das mit der Bluse tut mir übrigens Leid. Ich hoffe, du akzeptierst meine aufrichtige Entschuldigung!“
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#2
So schnell war er also ersetzt, nein, schlimmer noch: links liegen gelassen. Auch Liam schob eine Augenbraue nach oben. Auf seinen Zügen war ein eindeutiges ‚Na, wenn das so ist.‘ zu lesen, doch sein Schmunzeln verriet, dass Shanayas Entscheidung an der richtigen Stelle angekommen war. Bei seiner nächsten Frage schrumpfte sein Schmunzeln zu einem einfachen Lächeln, bei dem seine Mundwinkel kurz zuckten, kaum dass die Dunkelhaarige ihre Antwort formuliert hatte. Gut. Wenn das so war – Die Tatsache, dass sie das Thema offensichtlich mied, ließ zwar auf etwas anderes schließen, aber er war nicht hier, um irgendetwas in ihr Verhalten zu interpretieren. Sie war erwachsen. Und wenn sie sagte, dass alles gut war, dann war eben alles gut. Lucien kehrte zurück und servierte ihnen drei weitere Krüge, die mit einem dumpfen Geräusch ihren Weg auf ihren Tisch fanden. Liam nahm einen davon entgegen, hob ihn für die Runde dankend auf den Trinkspruch ihres Captains an und nahm einen Schluck seines Rums, in den er kurz darauf amüsiert prustete. „Du glaubst wirklich, sie gibt sich so leicht zufrieden? Der Alkohol lässt dich naiv werden, Captain.“, neckte er mit einem Seitenblick zu Shanaya.

Liam sagte nicht mehr, ließ seine Mimik für ihn sprechen. So musste Shanaya dem Lockenkopf auch nicht mehr antworten, auf ihren Zügen ruhte nur noch immer ein vielsagendes Lächeln. Und dann hatte sie auch schon einen Krug vor der Nase stehen, den ihr Captain mit einem kleinen Trinkspruch anpries. Der Alkohol schien ihm ziemlich gute Laune zu bereiten. Die Schwarzhaarige prostete Lucien zu, hob bei seinen Worten und dem entschuldigendem Lächeln leicht eine Augenbraue. Bevor sie aber etwas sagen konnte, öffnete Liam den Mund und entlockte der jungen Frau damit ein herzhaftes Lachen. „Du kennst mich einfach zu gut, Liam.“ Für die Dramatik nahm Shanaya einen Schluck aus ihrem Krug. Ihr waren die Flecken auf der Bluse vollkommen egal, trotzdem wurde ihr Lächeln wieder ein wenig hämischer. Kurz bedachte sie damit noch Liam, ehe sie sich dem Captain zu wandte. „Ich komme bei Zeiten darauf zurück, wie du das wieder gut machen kannst.“ Sie hatte schon ein paar Ideen, die sie natürlich noch nicht verkündete. „Vielleicht kann ich dir dann verzeihen.“ Sie lächelte, gespielt gepeinigt.

Ob Liams Prusten und Shanayas Antwort setzte Lucien eine gespielt bedauernde Miene auf und seufzte ein bisschen zu dramatisch, als das es glaubhaft gewesen wäre. „Ich dachte, ich versuche einfach mal mein Glück…“ Doch er hatte kaum zu Ende gesprochen, da warf er der Schwarzhaarigen bereits einen amüsierten Seitenblick zu. Nicht schwer zu erraten, worauf sie anspielte. Und selbst wenn sie nicht darauf anspielte, er tat es ganz bestimmt. „Und ich harre der Dinge, die da kommen mögen, meine kleine Sirene.“ Wann immer sie wollte und ihm der Sinn danach stand. In den grünen Augen blitzte es provokant auf, dann jedoch wandte er sich seinem Rum zu und genehmigte sich einen Schluck von dem deutlich kräftigeren Alkohol. Auch wenn der Portwein bereits ganze Arbeit geleistet hatte und ihn morgen mit willkommenen Kopfschmerzen wecken würde, der Rum würde noch auf ganz andere Art und Weise sein Werk verrichten. Vielleicht - wenn er Glück hatte - mit einem Abend rauer Gewalt und einer anschließenden Erinnerungslücke. Auch wenn das eher ein Ausgang war, den ihm Skadis Gesellschaft versprach.
„Also,“ wechselte er gelassen das Thema und sah von einem zum anderen. „Was habt ihr den Tag über getrieben, bevor es euch hier her verschlagen hat?“


Die Blicke seiner beiden Kameraden waren zu eindeutig, als dass Liam sich nicht seinen Teil dazu gedacht hätte. Mit einem wohligen Schmunzeln auf den Lippen hob er seinen Krug an und spähte über seinen Rand hinweg zu den beiden Piraten, auch wenn sein Blick immer etwas länger auf der kleinen Elster hängen blieb als auf ihrem Captain. Dann seufzte er unergründlich und leise, während seine Gedanken für einen kurzen Moment abschweiften. Ein weiterer Schluck Rum brachte ihn zurück in die Taverne, gerade in dem Moment, als Lucien sich damit zufriedengab, seine Schulden nicht direkt in der Taverne begleichen zu wollen. Der Lockenkopf ließ seinen Krug zurück auf den Tisch sinken. „Ach, das Übliche. Ich habe mich mit ein paar Musikern aus Ritu getroffen.“, erzählte er beiläufig. „Auf den Weg zurück zur Sphinx bin ich Shanaya über den Weg gelaufen und das hat uns hierher geführt.“

Er harrte der Dinge, die da kamen. Shanaya lachte auf diese Antwort hin amüsiert und wog dann den Kopf zu beiden Seiten, als wäre sie sich seiner Worte nicht so sicher. Ob er mit einer Qualle in seinen Stiefeln rechnete? Oder irgendetwas anderes schleimiges? Ihr Grinsen wurde unter diesem Gedanken noch ein wenig breiter. Und vermutlich würde es doch auf das übliche, selbe Spiel hinaus laufen. Kurz huschten die blauen Augen zu dem seufzenden Liam, der sich dazu enthielt und erst wieder auf Luciens Frage etwas sagte. Sie grinste, musterte den Lockenkopf dann mit prüfender Miene. „Das klingt, als würde ich dich dazu verführen, dich zu betrinken.“ Mit amüsiertem Unterton stieß sie den Mann mit dem Ellenbogen an, grübelte dann einen kurzen Moment über den Tag. „Ich hatte heute… alles. Ein dramatisches Gespräch über meine liebenswerte Familie, Kampftraining mit anschließendem Vergraulen meiner Kampfpartnerin durch nackte Haut, Ausbau meiner Fähigkeiten, am Pier sitzen und über… die Welten und alles mögliche nachdenken…“ Mit den letzten Worten entfloh ein leises Seufzen ihrer Kehle, mit dem sie Liam einen Blick zuwarf, ehe sich die blauen Augen wieder zu Lucien herum wandten, ein Lächeln auf den Lippen. „Und du wartest hier auf so hohe Gesellschaft wie uns und dass noch irgendetwas spannendes passiert?“

Lucien musste Shanaya zustimmen: Es klang wirklich danach, als hätte sie den Lockenkopf dazu verleitet, sich zu betrinken. „Ich wette, so schwer zu überzeugen warst du nicht“, wandte er sich mit freundschaftlichem Schalk an Liam. Nicht, dass der sich regelmäßig hemmungslos volllaufen ließ. Aber grundsätzlich konnte man sich mit dem jungen Künstler ganz vortrefflich betrinken. Und wenn die leichten Themen abgespeist und der Alkoholpegel im Blut angemessen hoch waren, ließ es sich mit ihm auch angenehm philosophieren. Über die Welt und ihren Sinn oder Unsinn. Jedenfalls so weit der 21-Jährige zu etwas derart Tiefgründigem fähig war. Was eher selten geschah. Er deutete mit seinem Rumkrug lose auf Shanaya und ergänzte seine Gedanken laut: „Dein Tag klingt, als müsste ich danach auch erst mal in eine Kneipe.“ War er ja auch. Und damit genehmigte er sich einen weiteren Schluck. Warum auch langsam trinken? „Naja, ich bin mir sicher, hier wäre früher oder später auch ganz von allein noch was Spannendes passiert. Quasi auch ohne eure Gesellschaft. Aber ich bin wie gesagt nicht abgeneigt. Sonst hätte ich mir vielleicht noch ne Kugel gefangen, weil einer von denen denkt, ich bescheiß‘ ihn.“ Er nickte in Richtung seiner alten Tischgenossen und fuhr fast ein bisschen beleidigt fort: „Nur, weil ich vielleicht ein bisschen mehr Glück im Spiel habe.“ beiläufig warf er einen Blick über die Schulter und hielt Ausschau nach ihrem Essen.

War er das je gewesen, wenn es um Alkohol ging? Schwer zu überzeugen? Liam schmunzelte betroffen und nippte an seinem Krug. Das war wohl Antwort genug. Dann ließ er Shanaya erzählen und seinen Blick beiläufig durch den Raum schweifen.„Tust du?“, fragte der Lockenkopf schließlich interessiert an seinen Captain gewandt mit einem unverfänglichen Grinsen. Dann hatten sie ihm wohl wirklich eine Kugel erspart. Eine, die er womöglich sogar verdient hätte, wenn es nach dem betrunkenen Geisteszustand eines Spielpartners ging. Betrunkene Karten- und Würfelspiele waren in solchen Spilunken doch immer irgendwie Tokara-Roulette. Ob er nämlich wirklich so viel Glück im Spiel hatte? Die Zeit verstrich jedenfalls mit beiläufigen Gesprächen und mit jedem Schluck Rum, der seine Kehle hinabfloss, war ihm Shanayas Unwohlsein auch irgendwie unbewusster geworden. Schließlich erhob er sich, um die nächste Runde zu besorgen und wartete brav an der Theke, bis man ihn fragte, was er wollte.
Währenddessen belauschte er mehr unfreiwillig als freiwillig ein leises Gespräch an einem Tisch in der Ecke zwischen Theke und Wand. Vielleicht waren es die Worte ‚geheim‘ und ‚unauffällig‘, die ihn aufhorchen ließen – normal hatte er an sowas nämlich nur wenig Interesse. Sie hatten ein paar Zettel auf dem Tisch liegen. Das Pergament ließ auf Kartenmaterial schließen. Und schließlich fiel das Wort ‚Schatz‘. Abermals wanderte sein Blick unauffällig hinüber, während vor ihm drei Krüge mit Rum und Portwein gefüllt wurden. Die Gruppe brach auf und während sie hastig ihr Zeug zusammenräumten, schien ein kleineres Stück Pergament unbemerkt gen Boden zu segeln. Just in diesem Moment wies man ihn an, zu bezahlen, sodass er die Aufmerksamkeit abwandte und das benötigte Gold auf den Tresen legte. Die Männer waren verschwunden. Und er hatte sie nicht auf ihren Verlust aufmerksam machen können. Dementsprechend war es nun also, der die drei Krüge auf den Tisch stellte und das Pergament aufhob. Vermutlich der Teil einer Karte. Die Ränder waren ausgefranzt und es wirkte, als wäre sie von einem anderen Stück abgetrennt worden. Er steckte sich das Papier zwischen die Lippen und brachte die Getränke zurück an ihren Tisch. Dann ließ er es, nachdem er das flüssige Glück verteilt hatte, das Papier in die Mitte des Tisches sinken. „Das haben drei zwielichtig aussehende Typen gerade am Tresen verloren.“, informierte er seine Freunde.


„Vergiss nicht, wie überzeugend ich sein kann.“ Mit einem selbstsicheren Grinsen richtete Shanaya die Augen kurz auf den Captain, wog den Kopf, ehe sie sich Liam zu wandte, der zu diesem Thema schwieg, aber ein vielsagendes Gesicht machte. Luciens Worte zu seinem Glück im Spiel lockten der jungen Frau ein Lächeln auf die Lippen, eine Erwiderung auf die Lippen, die jedoch nie erklang. Stattdessen nahm sie einen Schluck aus ihrem Krug und lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück. Vielleicht half ihr der Alkohol, diese innere Anspannung zu vergessen. Genau wie das lockere Gespräch zwischen den Dreien. So bemerkte sie nicht, wie schnell die Zeit verging. Aber es half, auch wenn sie davon nichts nach außen hatte dringen lassen, spürte sie, wie sie sich entspannen konnte.
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Shanaya hatte angefangen, von ihrem Training am Morgen erzählt, ohne die Erwähnung von Soula, aber mit einem Lächeln auf den Lippen, als hätte sie ein gut behütetes Geheimnis. Liam entschied sich derweil, die nächste Runde zu besorgen und erhob sich, trat in Richtung Tresen. Dem Lockenkopf hinterher blickend dehnte die Schwarzhaarige leicht ihren Nacken, wog den Kopf von einer auf die andere Seite. „Ich sollte jemanden einstellen, der mich nach jedem Training mit einer Massage verwöhnt.“ Sie spürte nicht jeden Muskel, aber wenn sie an neuen Bewegungen feilte, zog es doch gelegentlich. Und da fiel ihr noch etwas ein. „Übrigens Kampftraining…“ Einen Moment musterte Shanaya ihr Gegenüber, überlegte, ehe sie den letzten Rest aus ihrem Krug trank und sich in der selben Bewegung erhob. Vielleicht war es der Alkohol, der gewisse Verlangen in ihr wachrief, vielleicht auch das Bedürfnis, etwas herunter schlucken zu können, was sie mit innerer Unruhe erfüllte. Auch, wenn sie dafür absolut keinen Grund erkannte. Aber anstatt sich darüber zu viele Gedanken zu machen, trat die Schwarzhaarige um den Tisch herum, kam bei Lucien zum Stehen und ließ sich auf seinen Schoß sinken, einen Arm um seine Schultern gelegt, mit der anderen Hand deutete sie auf die Klinge an seinem Gürtel. Ihr Gesicht so nah an seinem, dass sie einen leisen Flüsterton anschlagen konnte, nachdem sie ihm einen kurzen Kuss auf die Mundwinkel gehaucht hatte. „Du schuldest mir noch ein Training. Oder ich dir. Wie man es nimmt.“ Die junge Frau kicherte leise. „Damit ich dir zeigen kann, wie haushoch überlegen ich dir bin.“ Außer er schummelte – was er meistens tat. „Aber bitte nur in nüchternem Zustand, sonst falle ich nur über dich her, anstatt dich zu verprügeln.“
Viel weiter kam sie nicht, im nächsten Moment standen neue Krüge vor ihnen auf dem Tisch und Shanaya blinzelte kurz verwirrt darüber, dass Liam wieder zurück war. Sie blieb Lucien so nah, musterte aber äußerst neugierig den Zipfel, den Liam auf den Tisch hatte fallen lassen. Sie beugte sich nach vorn, ohne den Arm von Lucien zu lösen und griff mit der freien Hand nach dem Papier, um es sich genauer anzusehen. „Mehr nicht?“ Neugierig drehte sie das Papier hin und her, betrachtete jede Seite und die Linien, die darauf zu erkennen waren. Sie erkannte eine Karte, wenn sie eine in der Hand hielt. Egal, wie groß das Stück war und wie viel Alkohol durch ihr Blut floss. Sie blickte zwischen den beiden Männern hin und her und langsam schlich sich ein vorhersehbares Lächeln auf ihre Lippen. „Wenn sie das hier verloren haben, werden sie es bestimmt sehnsüchtig vermissen. Was meint ihr? Sollten wir sie suchen, um ihnen ihren Verlust zurück zu bringen?“ Ein kleines Abenteuer und sie war dem definitiv nicht abgeneigt. Voller Erwartung ruhte ihr blauer Blick zuerst auf Liam und wandte sich dann wieder zu Lucien herum.


Lucien hatte die selbstverständlich völlig haltlose Andeutung in Liams Frage mit gespielter Empörung von sich gewiesen, auch wenn es an der Stelle ein einfaches ‚nein‘ genauso getan hätte. Er hatte in dem Falle nämlich tatsächlich nicht geschummelt. Er konnte nur glücklicherweise auch angetrunken noch relativ gut zählen, was man von seinen Gegenspielern nicht behaupten konnte. Doch der Alkohol in seinem Blut ließ ihn redseliger und geselliger werden, sodass ihm ein bisschen Ulken völlig angemessen erschien.
Ähnlich unterhaltsam ging es weiter und der Abend wurde länger. Irgendwie – er konnte sich nicht mehr erinnern, wie genau – waren sie auf Shanayas morgendliche Trainingseinheit zu sprechen gekommen. Die Krüge waren mittlerweile leer – auch der halbe Krug Portwein, mit dem er seine beiden Kumpanen vorhin begrüßt hatte – und Liam bot sich an, die nächste Runde auszugeben. „Guter Mann“, lobte er den Lockenkopf, als der sich auf den Weg machte und richtete den Blick schließlich auf Shanaya. Ein Schmunzeln huschte über seine Lippen und sanfter Schalk blitzte in den tiefgrünen Augen auf. „Gut, dass du gesagt hast, du willst jemanden einstellen. Kurz hatte ich Angst, du fragst mich.“ Seine Stimme war ob des Alkohols in seinem Blut bereits träger geworden und auch seine heitere Laune hatte merklich abgenommen. Nach und nach war er in die grüblerische Phase abgeglitten und Lucien kannte sich gut genug, um zu wissen, was danach kam. Noch ein wenig mehr und der Abend würde wie so viele andere im Nebel versickern. Und mit Shanaya und Liam als Gesellschaft standen die Chancen gering, dass er irgendetwas tat, was er hinterher bereute.
Die Worte der Schwarzhaarigen holten den jungen Captain zurück in die Gegenwart. Gerade noch rechtzeitig, um sich ein Stück in seinem Stuhl zurückzulehnen und ihr ein bisschen Platz zu machen, als sie es sich auf seinem Schoß gemütlich machte. Da der Krug in seiner Hand ohnehin leer war, stellte er ihn auf den Tisch zurück und bemerkte kaum, wie er den rechten Arm in einer geradezu besitzergreifenden Geste um ihre Taille legte. Die Linke landete wie von selbst auf ihrem Oberschenkel, während sanfte Belustigung über seine Züge huschte. „Du bist doch schon völlig aufgeschmissen, wenn ich die falsche Hand zum Kämpfen nehme“, neckte er sie und sah dann an ihr vorbei zu Liam, der sich mit drei Krügen in der Hand wieder zu ihnen gesellte. Was das übereinander Herfallen anging, konnte er seiner Navigatorin allerdings nur zustimmen. Der Alkohol machte ihre Nähe nur umso willkommener und mit so etwas wie Anstand war es bei ihm inzwischen auch nicht mehr weit her. Also kratzte er den letzten Rest Selbstbeherrschung zusammen und konzentrierte sich auf den dritten Piraten im Bunde – und das, was er in die Mitte des Tisches hatte fallen lassen. „Hm…“, machte er – eher unbeeindruckt als abenteuerlustig. Sein Blick begegnete dem Shanayas und ein Schmunzeln legte sich auf seine Lippen. „Und warum sollte ich diese gemütliche Position aufgeben, um ein paar Kerlen mit einer zerrissenen Karte hinterherzujagen? Ich vermute, du hast genug Karten auf dem Schiff gebunkert, um uns durch jeden Winkel der Ersten Welt gleich drei mal zu navigieren.“
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