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Eine Win / Win Situation?
Scortias Bartholomew
Crewmitglied der Sphinx
für Gold gesucht
dabei seit Keine Angabe
#1
Eine Win / Win Situation?
bespielt von    Gast
05.09.1821
Eine Win / Win Situation?
05. September 1821 / Mittags
Scortias Bartholomew & Cornelis Feuerbart




"Bleib stehen!“ rief Bernward Shoremind, ein verpickelter Siebzehnjähriger mit rotem Haar.

Er rannte einem zwölfjährigen, brünetten Jungen nach, der sich seinen Weg, so schnell wie ihn seine Beine trugen, über dem Marktplatz bahnte. Scortias Bartholomew. Der Junge hörte die Worte, die Bernward ihm nachrief, würde aber um nichts in der Welt darauf hören. Er rannte in seinen nassen Klamotten zwischen den Verkaufsständen entlang, wobei er am Ölstand eines der kleineren Fässer mit der Hand hinter sich vom Tisch zog. Die Leute auf dem Markt sahen zu dem Geschehen, aber keiner griff in diese Situation ein. Das Fass zerbrach beim Aufschlag auf dem Boden, worauf hin sich das Öl auf den Steinen ausbreitete. Bernward konnte nicht mehr bremsen und rutschte schließlich auf dem Öl aus. Hart knallte der Rothaarige auf den Boden und blieb dort stöhnend und leicht benommen liegen. Scortias stoppte als er mitbekommen hatte, dass sein Verfolger gestürzt war und ging zu dem verpickelten Jungen zurück. Dem Ölhändler gab er das Goldstück, das er so oder so für das Fass zahlen sollte. Zwar hatte er den Auftrag bekommen, das Fass in die Taverne zu bringen, aber das hier war gerade ein Notfall gewesen. Der Zwölfjährige stellte sich über Bernward, holte aus, ballte die Faust und ließ seine Knöchel mit voller Wucht auf die Nase des Älteren sausen. Es entstand bei dem Aufprall ein etwas lauteres Knacken, aber es war nicht Scortias‘ Hand gewesen, die dieses Geräusch verursacht hatte. Das Gesicht von Bernward war mit Blut gesprenkelt und die Nase stand in einem ungewöhnlich, schiefen Winkel ab. Der Jüngere empfand eine Genugtuung, nachdem was Bernward ihm über die Jahre alles angetan hatte. Wenn er nicht gerade erst auf seine Handgelenke gepinkelt hätte, um sich von den Ketten zu befreien - ... Bernward hatte echt Glück, ansonsten - hätte er die Ladung jetzt ins Gesicht bekommen. Scortias stand immer noch über den Rothaarigen, der sich die Nase hielt und sah auf ihn hinab.

"Ehrlich, Du hast nie besser ausgesehen." meinte der Zwölfjährige grinsend.

Doch noch bevor Scortias sich weiter über diesen ... privaten Sieg freuen konnte, hob er erschrocken den Kopf an. Seine Augen auf den heraneilenden Mann gerichtet, der ihn zuvor auf das Schiff gelockt und die Ketten um die Handgelenke gelegt hatte. Der Junge drehte sich um, beachtete nicht die Leute auf dem Markt, die das alles mit angesehen hatten und drängelte sich durch sie hindurch. Er lief so schnell ihn seine Beine trugen, immer mal wieder nach Hinten zu seinem neuen Verfolger blickend, bis er unsanft gebremst wurde. Scortias prallte nach hinten und landete auf seinem Hintern. Der Junge war gegen etwas, oder jemand gelaufen. Der Aufprall war zwar nicht hart gewesen, aber unerwartet. Der Junge sah nach oben und erkannte einen recht großen Mann mit dunkelblondem Haar und rotem Bart. Sein Verfolger hingegen kam nun näher und hatte Scortias schließlich eingeholt. Am Kragen hob er den Jungen auf die Beine und hielt ihn im eisernen Griff fest.

„Ich hatte schon Angst, dass Du mir entkommst und mich um die Belohnung bringen wirst.“ meinte der Mann mit den fettigen, bis zur Schulter reichenden Haaren.

„Lass mich, los. Hilfe … ich werde entführt.“ rief Scortias und schlug auf die Hand ein, die ihn festhielt.

Die Kraft des Jungen reichte aber nicht aus, um sich aus dem Griff zu befreien und den Angreifer somit los zu werden. Der Mann lächelte und schleifte den Jungen nun hinter sich her. Der Blick des Zwölfjährigen ruhte schließlich auf den dunkelblonden Mann mit dem roten Bart, gegen den er gelaufen war. Er konnte nur hoffen, dass sich ihm nun jemand annehmen würde, bevor er zurück auf dem Schiff war. Schon alleine der Gedanke daran, wohin der Mann ihn bringen wollte, verursachte dem Jungen wilde Schmerzen im Bauch. Dazu kam, dass er Bernward gerade die Nase gebrochen hatte. Der siebzehnjährige würde sich auf der Fahrt nach Axo sicher an ihm rächen. Bernward war nicht gerade für seine gnädige, milde Art bekannt. Jetzt hatte Scortias sowas von verloren. Würde Sir Louis am Ende doch noch siegreich sein?
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Cornelis Feuerbart
Crewmitglied der Sphinx
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dabei seit Keine Angabe
#2
Sie mußten Proviant und vor allem Trinkwasser ergänzen. Deshalb entschied Cornelis Feuerbart, Kapitän des Piratenschiffes Onyx, den nahe gelegenen Hafen von Kitar anzulaufen. Die See war ruhig, der Wind stand gut und so erreichten sie schon bald die Insel. Das schwarze schnittige Schiff erregte die Aufmerksamkeit vieler Passanten am Hafen, als es von einem Lotsenboot begleitet seinen Anlegeplatz ansteuerte. Schließlich wurden alle Segel gerefft und die Onyx ging vor Anker. Cornelis wollte nicht zum Landungssteg, damit man das Schiff nicht so einfach betreten konnte. Bevor er jedoch den Befehl gab, die Landungsboote zu Wasser zu lassen, teilte er die Brücken- und die Deckswache für die nächsten Stunden ein. Jeder Mann der Besatzung wußte, daß Feuerbart ihm den Kopf abreißen würde bei einem Wachvergehen, deshalb hörten alle aufmerksam zu. Dann entließ er die Männer zum Landgang. Er selbst stand noch einige Zeit mit Díaz und Murray zusammen und besprach das weitere Vorgehen. Murray als Quartiermeister machte sich anschließend mit dem Smutje und einigen der Männer auf den Weg, um Vorräte und Wasser zu ergänzen. Auch Díaz ließ sich mit demselben Boot wie Murray übersetzen. Als das letzte Boot seinen Weg zum Ufer antrat, sprang auch Cornelis hinein. Er stand wie immer wie ein Fels in der Brandung am Bug des Kahns und verließ ihn an Land als erster.

Sein Weg führte ihn durch den Ort zum Marktplatz, wo er langsam an den Ständen vorbeischlenderte und sich allerlei Waren ansah, die hier feilgeboten wurden. Dem Tumult am Ölstand schenkte er keine Aufmerksamkeit nahm er doch an, daß sich einer oder mehrere seiner Männer dort mit einigen Passanten vergnügten. Erst als er von hinten angerempelt wurde, drehte er sich mit den Worten

"Paß doch auf, du Rotzgör!"

um. In der Annahme, ein Kind hätte beim Spielen nicht aufgepaßt, hatte er diese Rüge gebrummt, doch nun sah er die Furcht in den Augen des brünetten, vielleicht zehn- oder elfjährigen Jungen, der vor ihm auf den Boden saß. Dann richtete sich sein Blick auf den Mann, der den Knaben mit unsanftem Griff am Kragen packte, und sein Blick verdüsterte sich augenblicklich. Es war unverkennbar, was dieser war - ungepflegt, schmutzig und mit grausamen Augen. Sklavenhändler! Er hatte schon einmal mit solchen Leuten zu tun gehabt und das war eine jener düsteren Erinnerungen seiner Vergangenheit. Er ging mit entschlossenen Schritten hinter dem Mann her, der den Jungen hinter sich herschleppte. Sein Blick zeigte kalten Hass und seine linke Hand lag auf dem Griff seines Degens. Mit der rechten zog er eine der beiden Pistolen aus seinem Waffengurt, legte an und drückte ab. Die Kugel drang in den Hinterkopf des Mannes ein und nahm diesem das Leben. Die Besucher des Marktes waren zu allen Seiten auseinandergespritzt. Ein heilloses Durcheinander entstand. Cornelis ging zu dem Getöteten, seine Hand umschloß wie ein Schraubstock das Handgelenk des Jungen und er zog ihn etwas unsanft auf die Beine.

"Weg hier!",

war das Einzige was er sagte, bevor er den Knaben hinter sich her vom Ort des Geschehens wegzog.

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Scortias Bartholomew
Crewmitglied der Sphinx
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#3
Für die Marktbesucher war es nicht ungewöhnlich, dass durch ihren Reihen jemand davon lief. Meistens waren es Taschendiebe, vor allem dann, wenn die Flüchtige noch Kinder waren. Dennoch gab es nur selten Menschen, die sich in solchen Angelegenheiten einmischten, denn die Gefahr, dass entweder der Verfolgte, oder auch der Verfolger eine Waffe zog, war einfach zu groß. Die Einkaufenden hielten Scortias also weder dabei auf, Bernward die Nase zu brechen, noch bei seiner Flucht vor dem Kopfgeldjäger und Sklavenhändler. Der Junge schlängelte sich durch die Leute, drehte sich immer wieder um, da er wissen wollte, wo sich sein Verfolger aufhielt. Und dann passierte das unvermeidliche. Er krachte im vollen Lauf gegen einen Mann. Es war fast wie eine Wand gewesen, nur nicht ganz so hart, aber genau so unnachgiebig. Der Aufprall ließ Scortias zurück wanken und schließlich auf den Boden stürzen. Natürlich schien der Mann nicht besonders begeistert davon zu sein, dass man ihn angerempelt hatte und blaffte den Zwölfjährigen an. Für eine Entschuldigung hatte Scortias aber gerade keine Zeit. Bevor er sich aufrappeln konnte, spürte er auch schon den harten Griff an seinem Kragen und wie er auf die Beine gezogen wurde. Stolpernd wurde er von dem Mann mit den fettigen Haaren mitgezogen. Seine letzte Chance war es, die Hilfe von den Leuten zu bekommen, die das alles mit ansahen, auch wenn die Chance auf Hilfe gering war. Das wusste der Junge. Wer würde sein Leben schon riskieren, um einen fremden Jungen aus der Klemme zu helfen?

Der Junge schrak zusammen als ein Knall, direkt hinter ihm, die Menge auf dem Markt zum Schweigen brachte. Dann wurde er auch schon zu Boden gerissen. In seinen Ohren hallte der Knall noch nach, doch der Griff an seinem Kragen hatte sich nun gelöst. Erschrocken blickte Scortias zu dem Mann, neben ihm am Boden und sah auf den blutüberströmten Hinterkopf. Dort klaffte eine Wunde, ein fingergroßes Loch, aus dem die rote Flüssigkeit trat. Sein Herz raste wild und hämmerte gegen die Innenseite seines Brustkorbes. Wer hatte das getan? Er drehte den Kopf, um nach dem Schützen zu suchen, doch da spürte er auch schon einen Griff an seinem Arm und wie er mit einem Ruck auf die Beine gezogen wurde. Scortias sah auf und erkannte den dunkelblonden Mann mit dem roten Bart, der ihn nun mit sich zog. Die Menschenmenge war auseinender geströmt, so dass sie ohne Hindernisse ihren Weg fortsetzen konnten. Worte hatte der Junge gerade keine. Zu tief saß der Schock, von dem, was gerade passiert war. Er hatte nur mitbekommen, wie der Mann meinte, dass sie hier weg sollten. Der Zwölfjährige sah zurück und konnte einen letzten Blick auf den Toten werfen, bevor die Sicht von den Menschen verdeckt wurde, die hinter ihnen wieder zusammen drängten. Im Augenwinkel sah der Junge noch, wie Bernward sich die Nase haltend, davon rannte und in der Menge verschwand.

Der Griff um seinem Handgelenk war fest, aber Scortias kam es gerade nicht in den Sinn, sich zu fragen, was der Mann wohl von ihm wollte. Viel zu sehr beschäftigte es ihn gerade, was da vor wenigen Augenblicken passiert war. Erst, als sie den Markt hinter sich gelassen hatten, versuchte der Zwölfjährige den Blickkontakt zu dem Mann mit dem roten Bart aufzunehmen.

„Was … was wollt Ihr von mir? Wo bringt Ihr mich hin?“ fragte er schließlich mit unsicherer Stimme.

Ob der Mann auch die Belohnung kassieren wollte und dem anderen die Beute einfach nur streitig gemacht hatte? Auf der anderen Seite sah der Großgewachsene nicht gerade danach aus, als hätte er 2500 Achter nötig. Irgendwie war es so, dass Scortias Bewunderung für den Mann empfand, der ihn gerade ‚gerettet‘ hatte. Er wirkte stark und musste Eier haben, jemanden einfach auf den Markt zu erschießen. Aber das bedeutete auch, dass er skrupellos sein konnte. Ohne sich zu wehren, ließ der Junge sich mitziehen. Was sollte er auch anderes machen. Nach der Aktion gerade, würde es so oder so niemand wagen, sich dem Rotbart in den Weg zu stellen. So langsam tat der Griff an seinem Handgelenk weh.
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Cornelis Feuerbart
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#4
Mit kühlem Kopf nutzte Cornelis die Aufregung auf dem Markt, um möglichst unbemerkt vom Ort des Geschehens wegzukommen. Zwar war er mit seinen fast zwei Metern und dem roten Bart nicht gerade eine Gestalt, die wenig auffiel, doch hatte er die Erfahrung gemacht, daß eine schockierende Situation, gerade wenn sie plötzlich eintrat, das Erinnerungsvermögen der meisten Menschen trübte. Er eilte wie die unbeteiligten Passanten vom Markt weg in Richtung Hafen und schleppte Scortias dabei hinter sich her. Als sie den Markt verlassen hatten, bog er in eine ruhige Nebengasse ab. Da löste sich plötzlich der Griff um das Handgelenk des Jungen. Cornelis sah eine Weile sichernd in die Richtung, in der sie in die Gasse gekommen waren. Doch es schien so, als wäre ihnen niemand gefolgt, jedenfalls betrat keiner das Sträßchen nach ihnen.

"Menschenhändler - sowas verdient nichts anderes als den Tod", knurrte er.

In seiner Stimme lag noch immer der kalte Hass, der zuvor bereits in seinen Augen erkennbar war. Er griff in die Patronentasche an seinem Gürtel und begann mit geübten Händen die Pistole neu zu laden. Erst als er damit fertig war und die Waffe wieder im Halfter steckte, sah er den Jungen an.

"Wäre nicht gut gewesen, wenn man dich bei dem Toten aufgefunden hätte, meinst du nicht auch? Weder von den Sklavenhändlern noch von den Wachen. Wo wohnst du, Junge? Wo sind deine Eltern?"

Noch immer hielt Cornelis die beiden Eingänge der Gasse im Auge, doch Angst schien er nicht zu haben. Auch auf die ärmlichen Häuser selbst achtete er, doch rührte sich darin nichts. Vermutlich hatten die Anwohner sich nach dem Schuß und dem Tumult am Markt in ihren Wohnungen verbarrikadiert.

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Scortias Bartholomew
Crewmitglied der Sphinx
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#5
Scortias bekam keine Antwort von dem Mann, der ihm auf der einen Seite zwar gerade das Leben gerettet hatte - oder zumindest seinen unschuldigen Hintern -, aber auf der anderen Seite recht bedrohlich wirkte, so fest wie er das Handgelenk des Zwölfjährigen umfasste und ihn mit sich schliff. Die mit Steinen gepflasterte Straße, auf der sie sich befanden, führte vom Marktplatz weg zum Hafen. Doch nachdem sie den Markt hinter sich gelassen hatten, bogen sie in eine kleine, abgelegene Nebengasse. Die Häuser hier wurden von den sozial schwächer gestellten Menschen bewohnt und von Ratten infiltriert. Hier roch es recht unangenehm und es war dreckiger, als es in den anderen Straßen üblich war. Der stramme Griff um das Handgelenk von Scortias löste sich jedoch, als sie aus der Sicht jeglicher, neugieriger Augen waren. Immer noch mit starkem Herzklopfen sah der Junge zu dem Mann auf, der knurrend jedem Menschenhändler den Tot wünschte. Die Art, wie der Rotbart seine Worte wählte, verursachte bei dem Jüngeren eine Gänsehaut. Scortias war alles andere als ein Weichei und hatte schon viel erlebt. Er hatte auch schon Kämpfe gesehen und Männer, die ihr Leben bei diesen Kämpfen ließen. Zuletzt, als er auf der Blue Mary im Krähennest angebunden war, um seine Strafe des ‚Blinden Passagiers‘ abzusitzen. Aber generell war er dabei immer weit genug weg von dem Geschehen gewesen. Dieses Mal war die Kugel direkt über seinem Kopf hinweg geflogen und er war mitten drin.

Scortias beobachtete still, wie der dunkelblonde Großgewachsene seine Pistole neu lud. Zuerst kam ihm in den Sinn, das nun er an der Reihe sein würde, aber sofort wiedersprach sein logischer Verstand. Wieso hätte er ihn sonst gerettet. Und wieso sollte der Mann nur ihn umbringen, denn es gab hunderte von anderen Zeugen. Das würde keinen Sinn ergeben. Mit erleichtertem Blick sah er zu, wie die Pistole wieder in die dafür vorgesehene Halterung wanderte. Der Rotbart sah nun zu ihm hinunter und beantwortete, auch wenn etwas verzögert, die Frage, die ihm der Zwölfjährige zuvor gestellt hatte. Verstehend nickte Scortias. Er hatte nicht wirklich viele gute Erfahrungen mit Uniformierten gemacht und ging diesen Leuten generell lieber aus dem Weg. Vor allem auch, da er auf der Insel Axo oft gestohlen hatte, um sein Überleben zu sichern und sie ihn deswegen nicht selten verfolgt hatten. Scortias biss sich auf die Unterlippe, als er nach seinem Wohnort und den Eltern gefragt wurde und wandte seinen Blick von dem Mann ab. Er sah auf den Boden und wägte einen Moment ab, ob es gefahrlos für die Huntsmans sein würde, diese Information preis zu geben.

“Ich … ich habe bis gerade noch in der Taverne gearbeitet und gewohnt, aber … das geht jetzt nicht mehr.“ sagte der Junge mit enttäuschter Stimme.

Jetzt, nachdem er hier entdeckt worden ist, war es nur eine Frage der Zeit, bis der nächste Kopfgeldjäger hier auftauchen würde, um ihn wieder nach Aelinos zu bringen. Er musste hier weg und durfte die Huntsman nicht in Gefahr bringen. Der Junge hob schließlich den Kopf wieder an und sah dem Mann in die Augen.

“Hab keine Eltern mehr.“ hielt er diese leise Antwort knapp.

Scortias wurde nur ungern an seine Eltern erinnert. Erst jetzt fiel ihm ein, dass es tatsächlich noch eine Situation gab, die schlimmer war, als das, was er soeben auf dem Markt erlebt hatte. Die ganze Zeit über hatte er versucht es zu verdrängen und nicht dran zu denken. Aber jetzt schoben sich diese Erinnerungen wieder in sein Gedächtnis. Die Klinge des Dolches, die den Hals seiner Mutter durchschnitt und das Schwert, das durch den Brustkorb seines Vaters trat. Aber diese Gedanken mussten nun wieder zurück in die dunkelste Ecke seines Hirns verschwinden und am besten für immer dort bleiben.

Scortias musste hier weg. Er musste Kitar verlassen, da führte nun kein Weg mehr dran vorbei. Seine Augen, immer noch auf den Mann gerichtet, musterten diesen nun genauer. Er hatte ein Schwert und er hatte diese Pistole. Zudem war er mit ihm Richtung Hafen gelaufen. Ob er ein Seemann war? Vielleicht sogar ein hochranginger Seemann?

“Ihr arbeitet auf einem Schiff, oder Sir?“ fragte der Zwölfjährige neugierig, doch immer noch leicht eingeschüchtert und mit etwas Furcht in der Stimme.
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Cornelis Feuerbart
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#6
Cornelis betrachtete den Jungen von oben bis unten. Er schien für sein Alter kräftig und Arbeit gewohnt zu sein. Als dieser davon sprach, daß er nun nicht mehr zu den Wirtsleuten zurückkehren könne, machte sich eine Ahnung in Cornelis breit, die er dann auch zur Sprache brachte.

"Du wirst wohl gesucht, wie? Deshalb willst du deinen Gastgebern keine Schwierigkeiten machen, indem du zu diesen zurückgehst. Ich verrate dir was: Ich werde auch gesucht und für mehr Gold als du."

Er zwinkerte kurz und ein heiteres Lächeln erhellte seine Züge. Als der Junge weitersprach und mit knappen Worten erklärte, daß er keine Eltern mehr habe, machte sich eine Spur Mitleid in Cornelis breit, die er jedoch nicht nach außen trug. Er wußte, wie sehr er selbst das Mitleid anderer haßte, wenn ihm etwas zugestoßen war, und wollte diese Demütigung keinem anderen antun. Deshalb sagte er auch nichts zu dem Thema. Trotzdem, als Waise hatte man für gewöhnlich kein leichtes Leben auf den Inseln, wie er wußte.
Als der Knabe ihn ausführlich musterte und ihn anschließend fragte, ob er auf einem Schiff arbeite, machte sich ein belustigtes Schmunzeln auf seinem Gesicht bemerkbar.

"Das könnte man so sagen, ja. Wenn du Interesse daran hast, komm erst mal mit zum Hafen, da können wir dann alles Weitere klären."

Er wartete gar nicht erst eine Antwort ab, sondern setzte sich mit ruhigen Schritten wieder in Bewegung in Richtung Hafen. Sollte der Junge in Erwägung ziehen mit aufs Schiff zu kommen, würde er ihn schon begleiten, und tatsächlich beeilte sich Scortias mit ihm zu gehen.

Der Hafen war bald erreicht und eindrucksvoll lagen die Schiffe vor ihnen. Noch bevor Cornelis zu einer Erklärung ansetzen konnte, erreichte ein gerufenes "KAPITÄN" ihre Ohren. Er hielt ein und wandte sich um, da sahen sie einen Mann mit langen Schritten auf sie zueilen.

"Heyho Finn, was gibts?", fragte Cornelis, als dieser sie fast erreicht hatte.

Er sah zu dem Jungen und sprach erklärend:

"Das ist Finn Murray, mein Quartiermeister. Ihn solltest du dir gut merken. Du kannst bei mir auf der Onyx anheuern, wenn du willst." Er deutete auf das schnittige schwarze Schiff mit den beiden dünnen weißen Linien, das draußen im Hafenbecken vor Anker lag. "Doch dann mußt du dir im Klaren darüber sein, daß du unter der schwarzen Flagge fahren wirst. Dennoch, mir fehlt momentan sowieso ein Schiffsjunge."

Nun ließ er Scortias mit dessen Gedanken alleine und wandte sich seinem Quartiermeister zu, um sich über dessen Anliegen und den Fortschritt der neu zu ergänzenden Vorräte zu erkundigen.

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Scortias Bartholomew
Crewmitglied der Sphinx
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#7
Etwas verlegen sah Scortias den Mann an, als dieser vermutete, dass der Junge gesucht wurde. Seine Augen huschten auffällig und ertappt in seinen Höhlen umher. Doch bei seinen nächsten Worten blieben sie still auf dem Gesicht des Erwachsenen ruhen. Er wurde also auch gesucht? Und für mehr als 2500 Achter? Aber woher wusste er eigentlich, wie viel sein Kopf - oder auch andere Körperteile - für Sir Louis wert waren?

“Ja Sir. Auf Axo gibt es einen Mann der mich … in seine Dienste stellen will.“ fing Scortias an zu erklären.
“Er hat 2500 Achter auf mich ausgesetzt. Zumindest hat das der Mann gesagt, den Ihr in den Kopf geschossen habt.“

Das war zumindest noch am Anfang der Plan von Sir Louis gewesen, bevor Scortias ihm das eine ums andere Mal entkommen war und ihm auch mal männliche Schmerzen zugefügt hatte. Es war fraglich, ob Sir Louis ihn immer noch für sich arbeiten lassen wollte, oder ihn im Keller folterte und zu seinem eigenen Vergnügen nutzen würde, sobald er Scortias in die Finger bekam. Der magere Geschäftsmann war einer der Sorte, die nicht verlieren konnten. Sir Louis würde niemals aufgeben, bis er den Zwölfjährigen endlich geschnappt hatte. Und genau deswegen musste der Junge jetzt auch von Kitar verschwinden.
Das Zwinkern und Lächeln des dunkelblonden Mannes warf von jetzt auf gleich ein ganz anderes Licht auf ihn. Zuvor noch Hass erfüllt und beängstigend, wirkte er nun freundlich und kumpelhaft. Schon fast mit einem dankenden Blick richtete Scortias seinen Kopf zu dem Rotbart auf, da dieser nicht weiter auf den Tod seiner Eltern einging. Es war vergangen und nicht mehr rückgängig zu machen. Also wieso sollte man sich darüber unterhalten und die schmerzlichen Erinnerungen zurück holen. Monate hatte der Junge mit dem Verlust zu kämpfen und bis heute ereilen ihn nachts Alpträumen, in denen er es nie schafft, seine Eltern vor den Räubern zu retten. Immer wieder muss er in diesen Träumen mit ansehen, wie seine Eltern umgebracht werden.
Es gelang dem Jungen die Erinnerung wieder in die dunkle Ecke seines Hinterkopfes zu verbannen. Die offensichtlichen Merkmale, dass sein Retter ein Seemann war, wollte er allerdings noch mündlich bestätigt bekommen, weswegen er nachfragte. Und tatsächlich. Der Rotbart war ein Seemann und bot dem Jungen sogar an, mit zum Hafen zu kommen. Lächelnd sah Scortias zu dem Mann auf und nickte freudig.

“Ja … ja klar. Gerne." kam es begeistert von ihm, auch wenn der Großgewachsene sich bereits zum gehen abgewandt hatte.

Scortias folgte dem Mann. Es war nicht das erste Mal, dass der Junge am Hafen war. Im Gegenteil. Er trieb sich gerne hier herum und sah den Schiffen beim Anlegen oder Ablegen zu. Diese großen Schiffe hatten etwas Majestätisches und Respekteinflößendes. Allerdings musste er immer wieder den Drang unterdrücken, Neuankömmlinge um ihre Geldbeutel zu erleichtern, die sie so offen an ihrer Kleidung trugen. Aber hier auf Kitar wollte er seine Weste weiß halten und den Huntsman keine Schande machen.

Der Kopf des Jungen war auf das Wasser gerichtet. Neugierig sah er auf die Schiffe und versuchte für sich zu erraten, welches Schiff es war, zu dem der Mann mit dem roten Bart gehörte. Von kleinen Schaluppen bis zu großen Dreimaster hatte hier alles angelegt. Sogar ein großes Kriegsschiff war bei ein paar andren Schiffen, draußen vor Anker gegangen. Irgendjemand rief dann nach einem Kapitän, worauf hin der Zwölfjährige sich umdrehte. Zu seiner großen Überraschung, blieb der Mann vor seinem Retter stehen.

"Kapitän?" fragte Scortias ungewollt und überrascht.

Der Großgewachsene war wirklich der Captain? Scortias klappte der Mund auf, denn damit hatte er nun nicht gerechnet. Seine Augen huschten zwischen den beiden Männern hin und her, als der Captain dem Jungen den Quartiermeister vorstellte.

“Guten Tag Mister Murray, Sir. Ich heiße Scortias Bartholomew.“ begrüßte Scortias, mit ausgestreckter Hand, den Quartiermeister.

Er nickte dem Captain zu, als dieser meinte, dass der Zwölfjährige sich den Mann merken sollte. Dann kam alles so schnell und unerwartet. Er spürte bei der nächsten Aussage des Captains, vor Aufregung ein Kribbeln im Bauch. Er dürfe bei ihm als Schiffsjunge anheuern? Mit leuchtenden Augen sah Scortias auf das Wasser zu dem Schiff, die Onyx, hinüber, auf das der Captain gezeigt hatte. Nun war es das zweite Mal, dass dem Jungen der Mund aufstand. Dieses Schiff war ja … unglaublich schön. Doch wie immer und wie sollte es auch anders sein, gab es da einen Haken an der Sache. Die Männer vor ihm waren Piraten. Seit einem halben Jahr hatte sich Scortias nichts mehr zu Schulden kommen lassen. Es war angenehm gewesen, mal nicht gejagt zu werden. Er wusste auch, was Piraten blühte, wenn sie gefasst wurden und da wurde kein Unterschied zwischen Erwachsenen und Kindern gemacht. Auf sie alle wartete der Hanfkragen. Der Captain und Finn Murray unterhielten sich, während Scortias darüber nachdachte, ob es eine Option für ihn war, auf ein Piratenschiff anzuheuern. Er wollte schon länger ein Schiffsjunge werden. Beinahe hätte das ja auch geklappt, als er auf der Blue Mary war, wäre dieses Schiff nicht von Piraten überfallen worden. Auf Kitar konnte er nicht mehr bleiben. Wieso sollte er das Schicksal nicht annehmen, dass ihm ausgerechnet jetzt so ein Angebot gemacht wurde?

“Captain Sir?“ unterbrach Scortias die beiden Erwachsenen.
“Ich muss noch einmal schnell zur Taverne um meine Sachen zu holen. Dann würde ich gerne ihrer Crew beitreten. … Ihr habt mir noch garnicht euren Namen verraten.“

Lächelnd sah der Zwölfjährige zu den beiden Männern auf. Die Sachen, die er an hatte, die gehörten den Huntsman. Außerdem hatte er seine Kleidung, den Dolch, die Flöte und den Ring noch in seinem Zimmer. Das alles würde er holen wollen, bevor er auf die Onyx konnte. Und außerdem musste er sich von den Huntsman verabschieden. Sie waren in dem letzten halben Jahr so gut zu ihm gewesen. Er hoffte, dass sie es verstehen würden.
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Cornelis Feuerbart
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#8
Natürlich wußte Cornelis nicht, wieviel auf den Kopf des Jungen ausgesetzt war, doch konnte er sich sicher sein, daß sein Kopfgeld als Piratenkapitän deutlich höher war. Cornelis gefiel es, welche Begeisterung für die Vorstellung, als Schiffsjunge anheuern zu können, er in den Augen des Knaben sah. Er überließ ihn seinen Abwägungen und unterhielt sich so lange mit seinem Quartiermeister. Als Scortias sich wieder zu Wort meldete, unterbrachen sie ihre Unterhaltung und wandten ihre Aufmerksamkeit Scortias zu. Dieser fragte Cornelis nach seinem Namen - Finn Murray lachte amüsiert auf.

"Man merkt, daß der Bursche noch so jung ist", sagte Murray zu Cornelis und wandte sich dann an Scortias. "Junge, vor dir steht Kapitän Feuerbart."

Cornelis warf Finn einen strafenden Blick zu, den dieser als sein treuer Freund jedoch breit grinsend und unbesorgt dahinnahm. Dann wandte sich Cornelis selbst an Scortias:

"Cornelis van der Meer ist mein Name. Hör nicht auf den alten Trottel, ist doch klar, daß einem die Mannschaft gerne marzialische Namen gibt. Hört sich einfach besser an, wenn sie erzählen `ich fahre unter Kapitän Feuerbart´."

Er lachte amüsiert und tauschte einen freundschaftlichen Blick mit Finn. Dann streckte er Scortias seine große Pranke hin und als dieser eingeschlagen hatte, sagte er:

"Willkommen an Bord, Scortias Bartholomew, Schiffsjunge von Kapitän Feuerbart auf der Onyx."

Er grinste den Jungen schelmisch an, dann ließ er seinen Blick über den Hafen streifen. Als er gefunden wonach er gesucht hatte, pfiff er laut auf zwei Fingern und rief "SCOTT". Ein weiterer Seemann kam zu ihnen und Cornelis sagte zu diesem:

"Das ist Scortias, mein neuer Schiffsjunge. Bring ihn zu seiner bisherigen Unterkunft, damit er seine Sachen abholen kann. Und paß auf, offensichtlich sind Sklavenhändler oder Kopfgeldjäger hinter ihm her. Bringe ihn danach zur Anlegestelle, damit wir aufs Schiff kommen."

Zu Scortias selbst sagte er: "Ich warte an der Anlegestelle auf dich und fahre dann mit dir zur Onyx. Aber laß dir nicht zu viel Zeit."

Als Scott mit dem Jungen abzog, sah er ihnen noch eine kleine Weile freundlichen Sinnes nach. Scortias erinnerte ihn so sehr an sich selbst, wie er mit seinen 12 Jahren vor Kapitän O`Mahony gestanden und gebibbert hatte, daß seine Bewerbung zum Schiffsjungen angenommen wurde, damit er nicht wieder auf den Hof seines Vaters hätte zurückgehen müssen. `Er ist ähnlich alt wie ich damals´, dachte er noch, bevor er sich wieder Finn zuwandte und mit diesem redend schon einmal zur Anlegestelle hinüberschlenderte.

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Scortias Bartholomew
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dabei seit Keine Angabe
#9
Die Überraschungen schienen ja nicht mehr nachzulassen. Zuerst wurde er von einem Seemann gerettet, der sich als Captain eines Schiffes heraus stellte; dann wurde ihm angeboten als Schiffsjunge auf einem sehr imposanten Schiff anzuheuern und nun erfuhr Scortias, dass der Captain kein geringerer als Feuerbart war? Zuerst dachte er noch, dass es ein Scherz war, doch Murray sah nicht aus, als würde er scherzen.

“Ihr seid Feuerbart? Der echte Captain Feuerbart?“ entfuhr es staunend aus dem jungen Mund.

Natürlich hatte Scortias einige Geschichten, über viele verschiedene Piraten gehört. Da gab es Captain Green, er soll mit nur sechs Leuten segeln und es trotzdem schaffen, Handelsschiffe zu überfallen. Und dann gab es Captain Bridgewood, der total skrupellos war und keine Überlebenden auf den überfallenden Schiffen hinterließ. Captain Feuerbart war einer der listenreichsten, der immer wieder zahllose, neue Manöver erfand, um seine Feinde anzugreifen. Und die Schildkröte war das berühmteste Schiff, von dem Scortias gehört hatte. Es soll sehr groß sein und die Außenwand so hart wie ein Schildkrötenpanzer. Wenn die Ruder eingeholt werden, soll es aussehen, als würde eine Schildkröte die Gliedmaßen in den Panzer ziehen. Die Geschichten waren immer anders und wurden von Mal zu Mal wilder erzählt. Natürlich gab es noch viele weitere Geschichten der Piraten, aber das waren die ersten Dinge, die Scortias im Gedächtnis geblieben waren.

Der Zwölfjährige hörte die Worte des Captains und nahm dann die große Hand entgegen, um diese zu schütteln. Es fühlte sich komisch an, denn die Hand des Jungen war gerade mal halb so groß, wie die des Captains. Mit einem begeisterten Gesichtsausdruck sah er in die Augen des Großgewachsenen.

“Freut mich Captain Feuerbart. … Ich hab schon viel von euren Manövern gehört.“ schwärmte der Junge schon fast.

Scortias nickte, als Feuerbart seinen Namen wiederholte, seine Aufgabe auf der Onyx und schließlich unter welchem Kommando er dort segeln wird. Mit einem breiten Grinsen huschten die Augen zu Finn. Das musste definitiv sein Glückstag sein. Gut, wenn man davon absieht, dass er beinahe entführt worden wäre und sich fast in die Hose gemacht hatte, als dem Entführer in den Kopf geschossen wurde. Allerdings musste Scortias seine Sachen noch holen, bevor es losgehen konnte, was er dem Captain direkt mittelte. Ohne seine Habe würde er niemals fortgehen. Die kleine Panflöte war ein wichtiger Gegenstand, um sich selber zu beruhigen, wenn es mal aufregend wurde, aber auch, um sich bei Langeweile die Zeit zu vertreiben. Und auf seine Sachen konnte er beim besten Willen nicht verzichten. Zumindest so lange nicht, bis er aus ihnen heraus gewachsen ist.

Captain Feuerbart gab einen Pfiff von sich und rief Scott heran. Scortias sah einen Mann angelaufen kommen, der den Auftrag bekam, den Jungen zu begleiten und schließlich dann zum Anleger zu bringen.

“Aye Captain, ich beeile mich.“ bestätigte Scortias lächelnd, dass er nicht trödeln würde.

Zusammen mit Scott lief Scortias zur Taverne. Den Huntsman, die sich bereits Sorgen machten, da sie von dem Schuss und den Toten am Hafen gehört hatten, erklärte Scortias im Schnelldurchlauf, was passiert war und wieso er sie verlassen musste. Natürlich baten sie den Jungen, sich das alles noch einmal zu überdenken und eine Nacht darüber zu schlafen, aber er musste die Gelegenheit am Schopf packen. So ein Angebot bekam man nicht alle Tage. Schließlich willigten die Wirtsleute ein, gut, sie hatten ja auch keine Chance etwas anderes zutun. Scortias holte seine Sachen aus dem Zimmer. Mit der Panflöte um den Hals; die braune, abgerissene, knielange Hose an den Beinen; die Fellboots, die ihm über die Waden ragte an den Füßen; das weiße, leicht vergilbte, am Kragen eingerissene Hemd am Körper; die braune Jacke mit den Schnallen und Taschen über dem Hemd; einen Dolch im Bund seiner Hose gesteckt und schließlich das Lederarmband mit seinem Nachnamen eingearbeitet am Handgelenk, verließ er sein Zimmer. In der Hose befand sich immer noch der Ring, den er damals der jungen, hübschen Frau von der Blue Mary geklaut hatte. Bis jetzt hatte er ihn nie eintauschen müssen. Mit einer Umarmung hatte sich der Junge von Tante Maria und Henry verabschiedet, bekam noch ein wenig Geld in die Hand gedrückt, bevor es mit Scott dann wieder zum Hafen ging. Etwas wehmütig sah Scortias zum Markt zurück. Viele kannten ihn hier mittlerweile und würden ihn sicher vermissen. Nicht zuletzt die 13 Jährige Tochter der Obsthändlerin, die ein Auge auf ihn geworfen hatte.

Neben Scott, lief Scortias am Steg entlang, bis er wieder bei Captain Feuerbart war, der am Anlegesteg auf ihn wartete. Natürlich konnte sich der Junge auch nicht verkneifen, erneut einen Blick auf die Onyx zu werfen, die etwas weiter draußen vor Anker lag.

“Okay Sir, ich hab alles.“ meinte er schließlich und stieg in das Boot, das sie alle zur Onyx bringen sollte.

Ein richtiger Schiffsjunge war er zuvor noch nicht gewesen, zumal die Schiffsjungen meistens auch älter als er waren. So genau wusste Scortias nicht, was seine Aufgaben sein werden, aber er würde versuchen alles zu erledigen, was man von ihm verlangte und das so gut es nur ging. Bestimmt würde ihm der Captain und Finn Murray dabei helfen sich einzufinden. Als der Junge in dem Boot saß, spürte er wieder diese Aufregung in seinem Bauch. Die Fahrt ins Ungewisse. Der Beginn eines neuen Abenteuers.
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Cornelis Feuerbart
Crewmitglied der Sphinx
für Gold gesucht
dabei seit Keine Angabe
#10
Cornelis hatte geschmunzelt, als er die Überraschung des Jungen sah. Auf die Frage, ob er tatsächlich Kapitän Feuerbart wäre, hatte er nur genickt. Auf die Bemerkung, daß er bereits einiges von seinen Manövern gehört hatte, hatte er gesagt:

"Du wirst ja wohl in Zukunft noch einige davon miterleben können."

Als Scortias mit seinen Sachen zur Anlegestelle zurückgekehrt war, bestieg auch Cornelis das Boot. "Setz dich, Junge", sagte er noch, dann ging er zum Bug nach vorn. Gemäß seiner Angewohnheit blieb er dort stehen und balancierte mit geübtem Seemannsstand jede Welle aus, während die Ruderer sie mit kräftigen Schlägen zur Onyx hinüberbrachten. Dort angekommen, erklomm er als erster die Strickleiter an Bord und wartete dann, bis auch Scortias oben war. Obwohl nur ein gringer Teil der Mannschaft des imposanten Dreimasters an Bord war, war hier doch schon einiges im Gange. Kisten und Fässer wurden über einen Kran an Deck geholt und unter Anleitung des Smutje unter Deck in der Nähe der Kombüse verstaut. Takelage und Segelwerk wurden auf Schäden kontrolliert und bei Bedarf geflickt. Und so wurden alle Arbeiten erledigt, die auf hoher See nicht oder nur schlecht getan werden konnten.

Cornelis wies Scortias an, ihm zu folgen und ging auf den Heckaufbau zu, den er durch eine schmale Tür betrat. Hinter einem kleinen Vorraum, in dem auch eine Hängematte angebracht war, auf die der Kapitän mit den Worten "Dein Schlafplatz" zeigte, öffnete er mit seinem Schlüssel die Tür zur Kapitänskajüte. Es war ein großer Raum für ein Schiff, alle Möbel waren edel aus dunklem Holz gearbeitet und den Mittelpunkt bildete ein großer Tisch, mit dem schön geschnitzten Kapitänsstuhl und zwei einfachen Stühlen auf der anderen Seite. Licht fiel durch die große verglaste Fläche am Heck des Schiffes. Cornelis deutete auf einen der Stühle am Tisch. "Nimm Platz." Dann ging er zu einem der Schränke und holte eine Flasche Rum und zwei Gläser heraus. Er kam ebenfalls zum Tisch, stellte die Gläser ab und schenkte in eines eine kleinere Portion, in eines eine normale Portion Rum ein. Das weniger gefüllte Glas schob er Scortias hin und setzte sich auf den Kapitänsstuhl.

"Dann laß uns auf deinen Einstand auf der Onyx anstoßen, so wie es hier üblich ist."

Er beobachtete nun Scortias. Er war sich recht sicher, daß der Rum bereits die erste Prüfung für den Jungen sein würde.
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