Das Team der Inselwelten heißt euch herzlich Willkommen und steht euch bei allen Problemen mit Rat und Tat zur Seite. Bei den Piratenoberhäuptern findet ihr eine helfende Hand für eure Fragen.
Die Zahl in Klammern gibt an, wie viele Tage der Charakter bereits an der Reihe ist (ab 7 Tagen). Ist die Zahl hellgrau unterlegt, ist das Mitglied aktuell abgemeldet. Aktuell: 10.11.
Shanaya Árashi ist 17 Jahre alt und wurde unter den Sternen der ersten Welt auf der Insel Yvenes geboren. Dieser mutige Pirat reist als Navigator durch die Meere der Inselwelten und plünderte mit der Crew bereits auf 170 Streifzügen in 155 Tavernen.
Habseligkeiten
Einen Degen, einen Dolch und eine Tasche voller Geheimnisse
Körperliche Verfassung
Endlich Mal wieder vollkommen uneingeschränkt!
Einige Momente verlor Shanaya sich in ihren Gedanken, sah nicht einmal wirklich den Boden. Luciens Stimme holte sie nicht zurück aus dieser kleinen Trance. Nicht sofort zumindest. Zwischen all den Dingen, die ihr durch den Kopf gingen, hielt sich auch die Frage, was der Dunkelhaarige wohl noch wissen wollen würde. Es gab wohl in diesem Moment Nichts, was sie ihm nicht erzählt hätte, so schwer es ihr auch fiel.
Als seine Stimme dann schließlich eine weitere Frage formte, hob die junge Frau langsam den Kopf. Tja. Wieso hatte sie ihn nicht getötet? Das war eine gute Frage. Innerlich sank sie unter dem Blick ihres Captains ein wenig zusammen, konnte ihn nach wie vor nicht deuten, wandte den Blick jedoch erst ab, als er eine weitere stellte. Sie wich seinem Blick aus, wuschte sich noch einmal über die feuchten Augen. Das waren Fragen, auf die die Antwort absolut nicht schwer war. Trotzdem zögerte sie einen Moment, schloss dann die blauen Augen.
„Ich habe es versucht. Unzählige Male. Etwa ein Jahr bevor ich auf die Sphinx gekommen bin, war ich freiwillig einige Monate auf seinem Schiff. Zum einen um zu sehen, ob das Leben als Piratin das Richtige für mich ist. Kein anderes Schiff hätte mich aufgenommen und...“ Sie lachte leise, ein freudloses, müdes Lachen. „Ich wusste, dass ich durch Bláyron einen Schutz haben würde, der mir auf anderen Schiffen fehlen würde. Er hätte nicht zugelassen, dass irgendjemand mir etwas antut, bevor er mit mir fertig ist. Ich kann nicht zählen, wie oft ich in dieser Zeit versucht habe, ihn zu töten. Es hat nie geklappt... vielleicht weil ich zu unkontrolliert war, vielleicht weil er jeden Moment genau damit gerechnet hat. Er hat es mich jedes Mal spüren lassen. So oft, wie ich versucht habe, ihn zu töten, wäre ich selbst beinahe gestorben.“
Mit einem tiefen Atemzug versuchte Shanaya erneut sich zu beruhigen, ihre Stimme zitterte unter diesen Erinnerungen.
„Als ich zurück auf Yvenes war hat sich daran Nichts geändert, außer, dass er da noch Mardoc an seiner Seite hatte. Es macht viel mehr Spaß, jemand Schwächeren zu zweit fast umzubringen. Ich könnte noch so stark sein, allein gegen die Beiden...“
Nur kurz legten sich die blauen Augen auf Lucien, während sie diesen Satz offen ließ. Das war eine Tatsache. War seine zweite Frage damit auch beantwortet? Sie wusste es nicht. Ihr Blick glitt zurück auf den Boden.
„Ich wäre ihm gewachsen, aber... er ist der einzige Mensch, bei dem ich jegliche Kontrolle verliere. Bisher habe ich noch keinen Weg heraus gefunden.“
Lucien Dravean ist 21 Jahre alt und wurde unter den Sternen der ersten Welt auf der Insel Kelekuna geboren. Dieser mutige Pirat reist als Captain durch die Meere der Inselwelten und plünderte mit der Crew bereits auf 90 Streifzügen in 60 Tavernen.
Von undefinierbaren Ruhe derart beherrscht, registrierte Lucien kaum, wie sehr er die Schwarzhaarige tatsächlich verunsicherte. Wie schwer sie es im Moment hatte, hinter seine Gedanken zu kommen – und zu wissen, dass er nach wie vor an ihrer Seite war, wenn es um den Kampf gegen ihre Vergangenheit ging. Wie wenig es ihm ausmachte, mit hineingezogen zu werden. Schließlich war er doch schon längst involviert. Seit dem Moment, in dem sie die Carta unterschrieben hatte, mindestens. Vor allem aber, seit er begonnen hatte, sie zu mögen. Genug, damit ihr Wohlergehen ihm nicht mehr egal war.
Doch nichts davon zeigte der Dunkelhaarige gerade besonders offensichtlich. Im Gegenteil. Mit Shanayas Erklärung wanderte seine Augenbraue ein Stück weit die Stirn hinauf. Ein Hauch zweifelnder Unglauben in seinem Blick.
„Du bist... freiwillig auf sein Schiff gegangen?!“
Er verstand die Logik hinter ihrer Überlegung durchaus. Eine Frau auf einem Piratenschiff – auf irgendeinem, das nicht zufällig die Sphinx war – galt wahrscheinlich als nichts anderes denn als Freiwild. Als Spielzeug für Männer, die oft eine lange, sehr lange Zeit auf See verbrachten und entsprechende... Bedürfnisse hatten. Und trotzdem klang die Entscheidung, die sie deshalb für sich getroffen hatte, geradezu wahnwitzig. Vielleicht weil sie es in vollem Bewusstsein dessen getan hatte, was sie dort erwartete.
Lucien stieß leise, fast resignierend die Luft aus, fuhr sich mit der Hand kurz übers Gesicht. Doch ein zaghaftes Klopfen an der Tür rettete die Schwarzhaarige vor einer Antwort oder einer weiteren seiner Fragen. Der junge Mann warf einen Blick zum Eingang, zögerte nur kurz. Stand dann schließlich auf und griff im vorbei gehen nach dem Schlüssel auf dem Tisch.
Als er die Tür schließlich gerade weit genug öffnete, um zu sehen, wer da stand, entdeckte er ein Mädchen von vielleicht 9 Jahren. So, wie sie aussah, vermutlich die Tochter des Wirts oder sein Mündel. In der Hand trug sie ein hölzernes Tablett mit einem Laib Brot, einem großen Stück Käse und ein wenig Gemüse. Kohlrabi, Karotten und kleine Tomaten in einer Schale.
Die Kleine wirkte derart eingeschüchtert, dass sie nichts anderes Zustande brachte, als seine Stiefel anzustarren und dabei ein paar unverständliche Worte zu stammeln. Allerdings hatte Lucien dafür nur wenig Geduld. Er zog die Tür weiter auf, nahm dem Mädchen das Tablett ab und schloss sie mit einem Fußtritt vor ihrer Nase, bevor er erneut den Schlüssel im Schloss drehte.
Doch die kleine Unterbrechung reichte, um die skrupellose Kälte in seinem Inneren zumindest aufzubrechen. Als er sich umwandte, die tiefgrünen Augen auf Shanaya zur Ruhe kamen, reagierte er wieder mit sichtbarer Sanftheit auf ihre Anspannung. Er ging mit dem Tablett zum Tisch hinüber, legte den Schlüssel zurück auf seinen Platz und griff stattdessen nach der Flasche, bevor er sich der jungen Frau auf dem Bett zuwandte.
„Wirklich, manchmal bekomme ich den Eindruck, du bist ein bisschen lebensmüde.“ Ein Hauch sanften Spotts lag in seiner Stimme. Er stellte das Tablett neben ihr aufs Kissen, bevor er sich selbst auf ihre andere Seite setzte. Den Oberkörper ihr zugewandt, ein Bein fest auf dem Boden, das andere in einem nicht ganz vollendeten Schneidersitz auf der Matratze angewinkelt. Er hob die Hand, strich flüchtig über ihre tränenfeuchte Wange.
Shanaya Árashi ist 17 Jahre alt und wurde unter den Sternen der ersten Welt auf der Insel Yvenes geboren. Dieser mutige Pirat reist als Navigator durch die Meere der Inselwelten und plünderte mit der Crew bereits auf 170 Streifzügen in 155 Tavernen.
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Körperliche Verfassung
Endlich Mal wieder vollkommen uneingeschränkt!
Shanaya wäre unter der Frage des Dunkelhaarigen beinahe zusammen gezuckt. Gerade hatte sie sich jedoch noch zusammen gerissen, wandte nur den hellen Blick wieder vom Boden nach oben zu dem Mann, der noch immer auf dem Stuhl saß. Es war vermutlich schwer zu verstehen, wieso genau sie zu Bláyron auf das Schiff gegangen war. Aber für sie war es damals die beste und vielleicht einzige Möglichkeit gewesen, all das zu testen, zu lernen, bevor sie sich selbst ein Schiff suchte, dessen Crew sie sich anschließen konnte. Und so hatte sie für einige Monate ihrem Elternhaus entfliehen können. All das hätte sie vielleicht erneut in ihre Antwort gelegt, die sie gerade mit einem leichten Nicken einleiten wollte, als ein leises Klopfen dafür sorgte, dass sie nun doch zusammen zuckte. Viel zu zaghaft für jemanden, der ihnen hätte folgen können. Ein weiterer, kurzer Ruck ging durch ihren Körper, als wolle sie aufstehen, um die Tür zu öffnen. Lucien jedoch war schneller, hatte sich bereits erhoben und machte sich mit dem Schlüssel auf den Weg. Die blauen Augen Shanayas huschten kurz an ihm vorbei, erkannten ein junges Mädchen. Locker schüttelte die Schwarzhaarige den Kopf hin und her, vertrieb den Gedanken, dass irgendjemand ihnen einen Spion hinterher geschickt hatte.
Stattdessen richtete sie ihre Aufmerksamkeit auf das Fenster. Viel zu klein für einen Menschen, viel zu dreckig, um richtig hindurch sehen zu können. Ohne dass die junge Frau es bewusst wahrnham, zupften ihre Finger an dem Stoff ihrer Hose herum, als wolle sie sich damit ein wenig beruhigen. Zumindest war sie einige Augenblicke vollkommen in Gedanken versunken, starrte so gebannt zum Fenster, dass nicht einmal das leise Knallen der Tür sie zurück riss. Auch als Lucien sich wieder bewegte, zum Tisch hinüber ging, schien sie im ersten Moment nicht zu reagieren. Erst die Stimme ihres Captains riss sie aus den Gedanken, ließ sie aufmerken und ihn einen Moment verwirrt anblicken. Es brauchte einen Herzschlag, bis sie den Sinn seiner Worte zusammen gesetzt hatte.
„Was mich nicht umgebracht hat, hat mich stärker gemacht.“
Ein leises, noch immer freudloses Auflachen folgte, womit sie beobachtete, wie Lucien zu ihr hinüber kam. Zuerst dachte sie, er würde das Essen bei ihr abstellen und dann zurück zu seinem Stuhl gehen. In ihrem Inneren stritt sich jeder Gedanke, jedes Empfinden darum, was ihr lieber gewesen wäre. Als er sich schließlich neben sie auf das Bett sinken ließ, wäre sie beinahe aufgesprungen, vor ihm geflüchtet. Sie hatte noch immer die Option die Straße durch das Fenster zu beobachten. Stattdessen, nicht ganz sicher, was sie nun tun sollte, blieb sie einfach sitzen, drehte den Kopf zu dem Dunkelhaarigen herum, der ihm nächsten Moment sachte über ihre Wange strich. Noch immer war sie verwirrt, müde und durcheinander. Und trotz allem hob sie die eigene Hand, legte sie sanft über die des Mannes und strich mit dem Daumen über seine Haut. Ihre blauen Augen legten sich jetzt direkt auf seine.
„So oft, bis ich entweder tot bin oder er bekommen hat, was er will...“
Lucien Dravean ist 21 Jahre alt und wurde unter den Sternen der ersten Welt auf der Insel Kelekuna geboren. Dieser mutige Pirat reist als Captain durch die Meere der Inselwelten und plünderte mit der Crew bereits auf 90 Streifzügen in 60 Tavernen.
ergänzte Lucien sanft neckend und als sie die Hand hob, um sie über die seine zu legen, lächelte er flüchtig. Sie wirkte müde, erschöpft und wahrscheinlich sollte er es auf sich beruhen lassen, doch umso mehr sie ihm erzählte, umso mehr Fragen drängten in seinen Verstand. Seine erste und drängendste war, wie er ihr würde helfen können. Wenn sie gegen ihren Bruder bestehen wollte – das zumindest kristallisierte sich ziemlich schnell heraus – musste sie es irgendwie schaffen, die Kontrolle nicht zu verlieren. Denn, genau wie heute, würde nicht immer jemand da sein, der sie würde retten können.
Er wusste das. Wusste, dass er nicht immer in der Nähe sein konnte und doch entlockten ihre Worte ihm das gleiche Versprechen, dass er ihr schon einmal gegeben hatte.
„Weder das eine noch das andere werde ich zulassen. Weißt du noch, Shanaya? Du bist jetzt nicht mehr allein.“
Sanft strich er ihr mit dem Daumen über die Wange, wischte die Tränen unter ihren Augen fort und nickte dann flüchtig in Richtung des Tabletts, das auf ihrer anderen Seite stand.
„Und jetzt sieh zu, dass du erst einmal was in den Magen bekommst. Das beruhigt. Meine Fragen können bis später warten.“
Shanaya Árashi ist 17 Jahre alt und wurde unter den Sternen der ersten Welt auf der Insel Yvenes geboren. Dieser mutige Pirat reist als Navigator durch die Meere der Inselwelten und plünderte mit der Crew bereits auf 170 Streifzügen in 155 Tavernen.
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Endlich Mal wieder vollkommen uneingeschränkt!
Luciens Erwiderung entlockte der jungen Frau ein leises Seufzen. Erwidern konnte sie jedoch Nichts, immerhin... lag ein wenig Wahrheit in seinen Worten. Aber ohne diese Erfahrung wäre sie jetzt vielleicht jetzt nicht hier, nicht auf der Sphinx. Und wenn sie ehrlich zu sich selbst war, wollte sie nicht darüber nachdenken, wohin ihr Weg sie geführt hatte. Ihre Augen ruhten einfach weiter auf denen des Dunkelhaarigen, ließ sich davon ablenken, bis seine Worte ihr ein brennendes Gefühl durch den Körper jagten. Sie erinnerte sich daran, aber... das hier war etwas anderes. Eine andere Situation. Die sanfte Berührung an ihrer Wange beruhigte das aufgewühlte Gefühl, konnte es jedoch nicht ganz verbannen. Und als wolle sie sich vor einer Antwort drücken, nickte sie nur auf die nächsten Worte des Mannes hin, drehte sich zu dem Teller und griff nach irgendetwas essbarem, es fühlte sich wie Kohlrabi und und warf eines der Stücken in lockerem Bogen zu Lucien, das eigene noch immer in der Hand haltend. Beinahe etwas abwesend blickte sie auf ihre Hände, ehe sie tief durchatmete und den Blick wieder zu Lucien hob.
„Das... ist anders. Er ist nicht Mardoc, der nur die töten will, die mit ihm persönlich zu tun hatten. Bláyron würde jeden töten, mit dem er mich nur einmal gesehen hat. Ihm wäre jedes Mittel recht, meinen Willen zu brechen.“
Eine kurze Pause, ein Atemzug, ehe sie weiter sprach.
„Ich will nicht, dass irgendjemand stirbt, weil er bei mir war. Nicht Talin, nicht Greo, nicht...du.“
Dieser Gedanke jagte eine Angst durch ihren Körper, die ihre Stimme erneut zittern ließ.
„Diesen Kampf muss ich alleine bestehen...“
Auch wenn ihrer Stimme anzuhören war, dass sie genau das nicht wollte. Viel mehr hatte sie das Gefühl, dass ihr gar keine andere Chance blieb.
Shanaya Árashi ist 17 Jahre alt und wurde unter den Sternen der ersten Welt auf der Insel Yvenes geboren. Dieser mutige Pirat reist als Navigator durch die Meere der Inselwelten und plünderte mit der Crew bereits auf 170 Streifzügen in 155 Tavernen.
Habseligkeiten
Einen Degen, einen Dolch und eine Tasche voller Geheimnisse
Körperliche Verfassung
Endlich Mal wieder vollkommen uneingeschränkt!
Schon bevor sie auf seine Aufforderung hin nickte und sich dem Essen zuwandte, wusste Lucien, dass sie ihm nicht glaubte. Vielleicht lag es in dem Ausdruck in ihren Augen oder in der Tatsache, dass sie das Tablett hinter sich als willkommene Ausrede nutzte, um nichts zu erwidern. Wie auch immer: Er ahnte es. Und als Shanaya ihm ein Stück Kohlrabi zugeworfen hatte – er musste nur ein kleines bisschen weiter greifen, um ihn zu fangen, damit er nicht auf seinem Knie landete und zu Boden purzelte – bestätigte sie seine Vermutung nur noch. Er hielt den Kohlrabi fest, machte keine Anstalten, hinein zu beißen. Die tiefgrünen Augen richteten sich auf das Gesicht der jungen Frau ihm gegenüber und ein sachtes Lächeln huschte über seine Lippen. „Musst du nicht.“, erwiderte er kurzerhand. „Ich bin zäher, als du ahnst und nicht so leicht umzubringen, das kannst du mir glauben.“ Er hatte eine Lungenentzündung überlebt, Mangelernährung und Seuche im Gefängnis, den Bauchschuss vor ein paar Tagen. Und auch sein Herz hatte ihn noch nicht umgebracht, auch wenn sie davon natürlich nichts wusste. „Was ist das mit deinem Bruder eigentlich… dass er so schnell aufgibt, wenn du dich nur ein bisschen wehrst…?“
Shanaya drehte das Stück Gemüse in ihrer Hand etwas hin und her, eine Bewegung, mit der sie ihre aufgewühlten Gedanken etwas beruhigen wollte. Auch ihr Gegenüber schien noch nicht im Sinn zu haben, etwas zu essen, was die junge Frau ein wenig nervös machte. Was lagen ihm noch für Fragen auf der Zunge? Was ging ihm durch den Kopf, was auf Antworten wartete? Als er auf ihre Worte reagierte, blickte sie ihn ein wenig von unten her an, ihr Lächeln hatte einen müden Ausdruck. Sie wusste Nichts darauf zu erwidern. Vielleicht, weil sie sich dann im Kreis gedreht hätten, ohne zu einer Lösung zu kommen. So einfach war sie nicht von diesem Gedanken abzubringen. Nicht, wenn der Einsatz so hoch war. Seine Frage war leichter zu beantworten, also holte sie noch einmal Luft. „Er denkt sich, dass er genug Zeit hat, das sich Nichts ändern wird. Also lässt er sich bei allem Zeit, versucht mich lieber mit kleinen Besuchen in den Wahnsinn zu treiben, als das alles schnell durch zu ziehen.“ Sie schluckte trocken. „Das ist seine Art von Folter.“
Lucien sah durchaus, wenn seine Worte auf Granit stießen. Der sanfte Blick, mit dem er sie daraufhin bedachte, verriet, dass er wusste, was in ihr vorging. Ausnahmsweise jedoch verhielt er sich umsichtig genug, um nicht weiter darin herum zu stochern. Worte waren so eine Sache. Sie brachten oft nichts. Deshalb maß er Menschen auch grundsätzlich nur an ihren Taten. Das und nichts anderes würde Shanaya vielleicht irgendwann von dem Glauben abbringen, gegen die schlimmsten Dinge in ihrer Welt ganz und gar allein kämpfen zu müssen. Wortlos biss er in sein Kohlrabistück, beobachtete dabei, wie sie Luft holte und sich seiner zweiten Frage widmete. Die ihm ein Runzeln der zuvor aufmerksam geglätteten Stirn entlockte. Er kaute, schluckte, und neigte im Anschluss den Kopf leicht. „Was genau glaubt er, ändert sich nicht? Dass du allein da stehst?“
Shanaya erwiderte den Blick des Dunkelhaarigen und war froh darüber, dass er diese Sache ruhen ließ. Zumindest für den Moment. Sie war ihm unendlich dankbar, ob nun für seine Hilfe bei Mardoc oder an diesem Tag. Aber das änderte Nichts daran, dass sie ihn gewiss nicht für ihren Bruder auf einem Silbertablett präsentieren wollte. Stumm beobachtete sie also wie Lucien sich etwas zu Essen gönnte, sich dann mit skeptischer Miene und einer weiteren Frage an sie richtete. Die junge Frau schüttelte leicht den Kopf. „Dass ich nicht viel gegen ihn ausrichten kann außer ein paar kleiner Schrammen.“ Sie arbeitete daran, aber mit jeder Begegnung mit dem Blonden hing auch ihre Freiheit an einem dünnen Faden. Und weder die noch ihr Leben wollte sie einfach so verspielen.
Seine Züge wandelten sich von skeptisch in verstehend, als sie ihren Satz näher ausführte. Er nickte flüchtig, hing für einen Moment jedoch seinen eigenen Gedanken nach, die er nicht laut aussprach. In die tiefgrünen Augen kehrte die kühle Ernsthaftigkeit zurück, die ihn vor ein paar Minuten noch so beherrscht hatte, doch die aufkeimende Abscheu gegen ihren Bruder half Shanaya selbst nicht weiter, wenn er bei der nächsten Begegnung nicht zufällig neben ihr stand. Er stieß also widerstrebend die Luft aus, drängte das Verlangen danach zurück, Bláyron Árashi für das, was er seiner Schwester antat, den Bauch aufzuschneiden und schüttelte nur leicht den Kopf. „Du solltest ihn erschießen, bevor er dir das nächste Mal auch nur zehn Schritt zu nah kommen kann.“ Seine Stimme glich in diesem Moment mehr einem frustrierten Brummen als einem tatsächlichen Vorschlag.
Shanaya drehte weiter den Kohlrabi in ihrer Hand hin und her, ohne hinzusehen. Ein flaues Gefühl in ihrem Magen sorgte für einen geringen Appetit, wo sie sich sonst den Teller längst auf den Schoß gestellt hatte. Lucien schwieg, Shanaya tat es ihm gleich. Sie wusste in diesem stillen Moment Nichts zu sagen, harrte nur auf, ob eine weitere Folge folgen würde. Was dann kam war jedoch keine Frage, seine Worte ließen sie innerlich jedoch auflachen. Ein zynischer Gedanke schlich sich durch ihren Kopf, es sollte besser niemand im näheren Umkreis stehen. „Ohne eine Pistole? Und mit erstaunlich schlechten Wurffähigkeiten?“ Ein sachtes Lächeln legte sich auf ihre Lippen, auch wenn es ein wenig schräg wirkte. Den Blick hielt sie auf seine grünen Augen gerichtet.
Fast im gleichen Moment, in dem Shanaya antwortet, fiel dem Dunkelhaarigen etwas ein. Er hob den Blick, begegnete dem ihren und ein geradezu verschmitztes Lächeln huschte über seine Mundwinkel. „Stimmt.“, stellte er fest, als wolle er bestätigen, dass dieses Unterfangen aussichtslos sein würde. Dabei ging es im um etwas ganz anderes. Er lehnte sich zur Seite, stellte dabei die noch verschlossene Flasche auf den Boden neben dem Bett und griff sich, noch während er sich wieder aufrichtete, in den Rücken. Genauer an seinen Gürtel, an dem eben das befestigt war, weswegen er sich überhaupt erst auf die Suche nach ihr gemacht hatte. Der Zustand, in dem er Shanaya vorfand, hatte es ihn nur völlig vergessen lassen. Er zog eine Pistole hervor, beinahe gänzlich schwarz. Nur der Eisenlauf und das schlichte florale Muster über dem Abzug waren silbern. „Ich schulde dir noch eine.“, erklärte er sich, drehte die Waffe mit leichtem Schwung so, dass sie auf seiner flachen Hand ruhte und reichte sie der jungen Frau.
Shanaya wog den Kopf ein wenig zur Seite, als Lucien ihren Worten zustimmte. Auf welchen Teil er einging war ihr nicht ganz ergründlich, immerhin konnte er beides meinen. Es hatte noch niemand aus dieser Crew mit einer Pistole in der Hand gesehen, aus einem guten Grund. Dann lehnte der Dunkelhaarige sich zur Seite, stellte die Flasche ab und seine Hand verschwand kurzzeitig hinter seinem Rücken. Die Schwarzhaarige blinzelte, als sie wieder zum Vorschein kam und etwas in der Hand hielt, womit sie nicht gerechnet hatte. Eine schwarze Pistole. Zuerst wusste sie nicht, wie sie darauf reagieren sollte. Wollte er... Seine Worte brachten Licht in diese kurze Verwirrung, woraufhin sie leise auflachte und sich Nichts von dem Zwiespalt anmerken ließ, der in diesem Augenblick in ihr aufkeimte. Er hatte etwas vergessen, was sie aus ihren Gedanken verbannt hatte. Zumindest diese Überraschung zeichnete sich auf ihrem Gesicht ab. Sie griff nach der Waffe, betrachtete sie von allen Seiten, ehe sie blauen Augen wieder auf seine legten, ein warmer Ausdruck lag darin. „Du hast es nicht vergessen.“
Shanayas Verblüffung ließ das Lächeln auf seinen Lippen zu einem Ausdruck tiefster, fast ein bisschen jungenhafter Zufriedenheit werden. Ihr die Pistole zu schenken, war eigentlich nicht als besondere Überraschung gedacht. Doch angesichts dessen, was hinter ihr lag, erschien ihm die Gelegenheit passender, als er gedacht hätte. Zumindest wirkte sie… glücklicher, als gerade eben noch. In die tiefgrünen Augen schlich sich geradezu zärtliche Belustigung. „Natürlich nicht. Ich musste nur erst mal eine finden, die zu dir passt. Die hier hab ich nach unserem Treffen vorhin bei einem Pfandleiher gekauft… Eigentlich war sie als Scherz gedacht.“ Er hob eine Hand, fuhr sich in einer erstaunlich verlegenen Geste mit gespreizten Fingern durch die dunklen Haare. „Aber jetzt beruhigt es mich eher, dass du sie zu deinem Schutz bei dir hast.“ Er ließ den Arm sinken, richtete den Blick wieder direkt auf ihre hellblauen Augen. „Übrigens sollst du sie nicht werfen. Sondern damit schießen.“
Shanaya hatte das Stück Kohlrabi auf ihre Hose fallen lassen, um die Waffe mit beiden Händen zu halten, während ihre Augen jeden Zentimeter genau betrachteten. Sie gefiel ihr, auch wenn sie... so schnell vermutlich nicht benutzt werden würde. Erst als Lucien wieder sprach, hob die junge Frau den Blick, musterte ihn, während ihr Ausdruck noch ein wenig sanfter wurde. Dankbarkeit lag auf ihrem Gesicht. Nun hob er die Hand, strich sich durch die Haare und Shanaya blinzelte einen Moment lang. Bis er weiter sprach und ihr Lächeln damit ein wenig breiter werden ließ. Ihr Herz klopfte einige Takte schneller, sandte Wärme durch ihren Körper. Sie wollte etwas erwidern, warf ihm dann aber nur einen vorwurfsvollen Blick zu. „Damit bezweckt man wohl mehr, vielen Dank für diesen Hinweis.“ Die kleinen Schatten schlichen sich langsam aus ihrem Blick, verjagt von dem sanften Klopfen in ihrer Brust.
Wahrscheinlich war das in einem Moment wie diesem alles andere als angebracht, doch bei ihren Worten musste Lucien sich energisch ein Lachen verkneifen. Sanfter Schalk trat in seine Augen, als er ihren vorwurfsvollen Blick erwiderte. „Ich dachte, eine kleine Erinnerung kann ja nicht schaden.“ Amüsiert sah er sie noch einen Moment an und schob sich dann das Stück Kohlrabi zur Gänze in den Mund. Kauend schüttelte er den Kopf. Flüchtiges Gealber hin oder her. Er vergaß darüber hinaus nicht, was eigentlich der Grund war, weshalb sie nun in einer schäbigen Kaschemme saßen und er sie am liebsten schwer bewaffnet sah. Als er den Bissen schließlich hinunter schluckte, waren seine Gedanken wieder zu Bláyron zurückgekehrt. Und zu dem, was Shanaya ihm über ihren Bruder erzählt hatte. „Was meinst du? Weiß er inzwischen von der Sphinx? Dein Bruder, mein ich.“
Shanaya wog den Kopf mit einem Schnauben leicht zur Seite, überlegte einen Moment, die Pistole einfach nach dem Dunkelhaarigen zu werfen. Aber da das Verlangen nach Nähe in diesem Moment viel deutlicher als zuvor zu spüren war, riss sie sich schon zusammen, um auf ihrem Platz sitzen zu bleiben. Zumindest einige schnelle Herzschläge, bis sie die Waffe doch etwas fester umklammerte, sie zur Seite legen wollte, um sich Lucien doch zu nähern. Bis die nächsten Worte über seine Lippen kamen und dieses aufflammende Verlangen unterdrückten. Nicht ganz, aber so, dass sie sich wieder, mehr oder weniger, entspannte und als Antwort mit den Schultern zuckte. „Ich weiß es nicht. Vielleicht hatte Mardoc bei sich, den er irgendwo plaziert hat, um mich zu beobachten.“ Ihr blick traf den des Dunkelhaarigen, ehe sie die Beine vom Bett schob, sich zu der Flasche beugte, nach ihr griff und mit der selben Bewegung aufstand. In einer Hand die Waffe, in der anderen die Flasche wandte sie Lucien den Rücken zu, betrachtete kurz die Wunde auf ihrer Hand. Das Blut war längst geronnen, trotzdem nutzte sie sie nun als Vorwand um aufzustehen. Sie trat an den Tisch, legte die Pistole neben ihre Tasche, kramte darin nach einem Tuch, ehe sie die Flasche öffnete und sich dann wieder zu ihrem Captain herum wandte, sich rücklings gegen den Tisch lehnte und das Tuch mit etwas Alkohol tränkte. Schließlich stellte sie die Flasche auf den Tisch und begann vorsichtig das getrocknete Blut um die Wunde herum weg zu wischen. „Es würde mich jedenfalls nicht wundern, wenn sie genau wissen, wo ich mich aufhalte...“
Lucien reagierte wenig überrascht, als die Schwarzhaarige sich erhob. Was für einen Augenblick in ihr vorgegangen war, hatte er nicht bemerkt, auch nicht ihre Anstalten, sich vorzubeugen, die seine Worte daraufhin je unterbunden hatten. Sein Blick begegnete erst in dem Moment dem ihren, als sie bereits mit den Schultern zuckte und schließlich vom Bett rutschte. Aufmerksam beobachtete er die junge Frau, blieb jedoch selbst auf dem Bett sitzen und drehte sich lediglich ganz und gar ihr zu. Nur sein Bein blieb angewinkelt auf der Matratze liegen. „Hm.“, erwiderte er schlicht. Einerseits zustimmend, andererseits nachdenklich. „Jetzt auf jeden Fall. Aber sie können schlecht wissen, wohin wir als nächstes unterwegs sind – solange dein Bruder nicht zufällig einen Spion auf der Sphinx hat.“ Mit einer deutlichen Spur Verärgerung fügte er an: „Oder Trevor es versehentlich ausplappert.“ Wieder hob er den Blick, richtete ihn auf Shanaya. „Woher sollte dein Bruder also erfahren, auf welcher Insel du als nächstes auftauchst?“
Shanaya ließ den Blick einen Moment zu Lucien wandern, ehe sich die blauen Augen wieder auf ihre Hand richteten, nach übrigen Blutflecken suchte, die sie weg wischte. Luciens Überlegung ließ die junge Frau leise seufzen. „Auch das traue ich ihm zu.“ Im Kopf ging sie die Crewmitglieder durch, jeden einzelnen, bis sie ihre Überlegung mit einem leisen Seufzen beendete. Die Verärgerung in der Stimme ihres Captains ließ sie beinahe leise auflachen, sie unterdrückte es aber und erwiderte ruhig seinen Blick. „Ich hoffe es...“ Sicher war sie sich dennoch nicht. Bláyron würde nicht aufgeben, dessen war sie sich sicher. Noch einmal wischte sie über ihre Hand, ehe sie den Lappen hinter sich auf den Tisch sinken ließ und den Blick unschlüssig wieder auf die grünen Augen des Mannes richtete.
Lucien nickte leicht, als sie ihrem Bruder solch einen Plan ohne lange zu zögern zusprach. Möglich war es. Lucien kannte keinen aus der Crew wirklich, ihre Geschichten interessierten ihn nicht. Zumindest hatten sie ihn bisher nie sonderlich interessiert. Jetzt schien er das zum ersten Mal wirklich zu hinterfragen und kam zu dem Schluss, dass er nur für zwei Menschen auf der Sphinx die Hand ins Feuer legen würde. Jeder andere konnte gut und gerne ein Spion sein. „Wir werden es merken, wenn dein Bruder in jedem Hafen, den wir ansteuern, schon auf dich lauert. Du musst mir davon erzählen, solltest du ihm wieder begegnen, hörst du?“ Er sah die junge Frau direkt an und sein Blick ließ unmissverständlich klar werden, wie ernst ihm das war. Einen Verräter in der Mannschaft duldete er nicht. Doch fast sofort wurden seine Züge wieder sanfter. „Wir brechen in zwei Tagen wieder auf. Sind wir erst einmal auf See, kommt er eine Weile nicht mehr an dich ran.“
Shanaya wusste mit ihren Händen im ersten Moment Nichts anzufangen, legte sie also nur an die Kante des Tisches, während ihr Blick wie schon so oft, zum Fenster glitt. Es wurde nicht sauberer und draußen war es auch nicht heller. Erst mit Luciens Worten wandte die junge Frau sich ihm wieder zu, konnte das sanfte Lächeln auf seine Worte hin nicht unterdrücken. Sie nickte dennoch mit einem ruhigen Ernst auf den Zügen. Es wäre ihr lieber, wenn sie das umgehen konnte, aber... Lucien hatte ihre Reaktion gesehen, er würde das nächste Mal einfach seine Schlüsse ziehen können. Und wieder war da diese kleine Glut des Verlangens, das mehr und mehr in ihr loderte. Auch auf seine nächsten Worte hin erwiderte sie Nichts, blickte ihn nur aus blauen Augen an und seufzte schließlich mit einem tiefen Atemzug auf. Noch zwei Herzschläge vergingen, ehe sie sich vom Tisch abstieß und mit ruhigen Schritten wieder in Richtung Bett bewegte. Sie verdankte dem Dunkelhaarigen so viel, auch wenn er an diesem Abend so viel aus ihr heraus gelockt hatte. Sie ließ sich jedoch nicht einfach wieder aufs Bett sinken, sie trat vor ihn, begab sich mit ruhigen Bewegungen auf seinen Schoß, sodas sie ihm zugewandt saß, ein Bein jeweils links und rechts von ihm. Lange blieb sie nicht so, rutscht so nah es ging an seinen Körper heran, lehnte sich gegen ihn und legte sanft die Arme um seinen Körper, dabei die Augen schließend. Noch immer drang kein Laut über ihre Lippen, nur ihr Herz schlug wieder schneller, sodass sie sich irgendwie darauf konzentrierte, es zu beruhigen. Ohne Erfolg.
Lucien war dankbar, dass Shanaya nickte, ohne ihm zu widersprechen. Zwar zweifelte er nicht, dass er ihr so, wie er sie vorgefunden hatte, in Zukunft würde ansehen können, wenn sie ihrem Bruder begegnet war. Aber es war ihm doch deutlich lieber, wenn sie damit von selbst zu ihm kam. Schon, weil sie dann vielleicht irgendwann begriff, dass sie nicht allein kämpfte. Doch dass die Schwarzhaarige schließlich überhaupt nichts mehr sagte, irritierte den jungen Captain nach ein paar Herzschlägen sichtlich. Sie sah ihn an, hielt seinen Blick für einen Moment fest, bevor sie sich wieder vom Tisch abstieß und zurück zum Bett kam. Allerdings nicht, um sich wieder auf ihren Platz neben ihm zu setzen, wie er zuerst angenommen hatte. Stattdessen hielt sie unmittelbar vor ihm inne, sodass er zu ihr aufsehen musste, und erst, als sie die Hände auf seine Schultern legte, begriff er, was sie vor hatte. Eher instinktiv ließ er das Bein vom Bett rutschen und dann kniete sie auch schon über ihm, schmiegte sich an seinen Körper, bevor er hätte protestieren können. Und ehrlich gesagt war das auch das letzte, was ihm dazu in den Sinn kam. Leise stieß er die Luft aus, schluckte damit die Fragen, die Gedanken an ihren Bruder, legte beide Arme um ihren schlanken Körper und zog sie ein wenig näher zu sich. Er konnte auch später noch fragen. Den Blick zu ihr erhoben schlich sich ein sanft amüsiertes Lächeln auf seine Lippen. „Gern geschehen.“, meinte er leise – als hätte sie gerade irgendetwas gesagt.
Es war so ein wirres Durcheinander in Shanayas Kopf, dass sie nicht unbedingt wahrnahm, wo sie genau war, bis Lucien die Arme um sie legte, sie näher zu sich zog. Sie spürte jeden Herzschlag, in jeder Faser ihres Körpers. Sie war froh darüber, dass in diesem Moment keine weitere Frage seine Lippen verließ. Sie wollte Abstand davon, nicht weiter an diese Visage denken, die ihr schon in so vielen Träumen erschienen war. Ein weiterer Grund, wieso sie sich nun so an den Dunkelhaarigen schmiegte. Sie hatte darauf gesetzt, dass er damit verstummte, zumindest was dieses Thema anging. Es hatte geholfen und Shanaya öffnete die blauen Augen, als Lucien Worte aussprach, die sie leise auflachen ließen. Ein weiterer Grund, wieso sie ihm so nahe gekommen war... Jetzt zog sie eine Hand zurück, strich sachte über seinen Nacken, bis ihre Finger durch seine Haare glitten. „Ich... schulde dir jetzt erst Recht ein viel ausgiebigeres Danke.“ Ihre Stimme wurde leise, beinahe lockend, womit ihr Lächeln noch ein wenig sanfter wurde, wärmer. „Ohne irgendwelche Grenzen.“
Ihr leises Lachen ging ihm förmlich unter die Haut. Ja, in aller gebotenen Dreistigkeit ging er kurzerhand davon aus, dass sie ihm so nahe kam, um sich zu bedanken, doch in ihrem Lachen lag ein Unterton, der über Dankbarkeit weit hinaus ging. Und sie war ihm mehr als nur nahe. Als ihre Hand über seinen Nacken strich, zuckte er vor der Berührung nicht zurück. Stattdessen rann ihm ein Schauer über den Körper, weckte einen Herzschlag später düsteres Verlangen in ihm. Die Augen, die er für einen Sekundenbruchteil nur geschlossen hatte, schlug er jetzt wieder auf, begegnete wieder ihrem Blick, wissend, wie nah ihre Lippen für einen Kuss waren. Doch seine Hände blieben lediglich an ihrer Taille ruhen und statt sie einfach zu küssen, zögerte er, forschte in ihren Augen nach einer Form von Sicherheit. „Bist du dir da ganz sicher? Gerade jetzt?“ Gerade nachdem sie beinahe vergewaltigt worden war?
Shanaya suchte in der Nähe des Mannes in diesem Moment so viel. Etwas von dem Schutz, den er ihr zu sagte. Wärme, um die Kälte der Erlebten verdrängen zu können. Und aus eben diesem Grund auch eine Ablenkung, die es ihr leichter mache. Ein wenig Abstand würde es leichter machen, ihm weitere Fragen zu beantworten. Und auch wenn Lucien nichts weiter tat, half ihr schon dieser kleine Moment, von einem Chaos in ihrem Kopf zum nächsten zu wechseln. Die junge Frau versuchte einfach über Nichts weiter nachzudenken, sich einfach dem Moment hin zu geben. Dem Takt zu folgen, den ihr Körper vorgab. Sie erwiderte den Blick des Dunkelhaarigen, ohne dass das Lächeln von ihren Lippen schwand. Ihre Hand wanderte weiter, strich über seine Wange und ruhte schließlich auf seinen Lippen. „Wenn du nicht willst...“ Ihr Blick blieb eindeutig, sie wich jedoch nicht zurück.
Wieder sandte die Berührung ihrer Hand einen Schauer über seinen Körper. Dieses Mal einen deutlich angenehmeren und während der eine beinahe Wut in ihm ausgelöst hatte, die er ohne jeden Skrupel beim Sex mit irgendeiner beliebigen Frau hätte ausleben können, machte ihn der zweite doch wieder sanfter, als erinnere er ihn daran, dass Shanaya noch nicht einmal ihre Unschuld verloren hatte. Auch wenn ihm der Gedanke nicht wirklich bewusst kam. Ohnehin kamen ihm in dem Moment, in dem ihre Finger auf seinen Lippen ruhten, nur noch wenige Gedanken. Statt zu antworten flammte nur ein herausforderndes Glühen in den tiefgrünen Augen auf, mit dem er schlicht die Hand von ihrer Taille hob, sie an ihre Wange legte und sie mit sanften Druck zu sich hinunter in einen Kuss zog.
Shanaya fragte sich keinen Moment lang, ob sie hier einen Fehler beging, ob sie sich nicht doch lieber zurück ziehen sollte. Das Verlangen nach Schutz, nach Nähe, war viel zu deutlich, um solche Gedanken zu zulassen. Seine Nähe, seine Berührung hatten sie schon oft genug von dem um sie herum abgelenkt, also auch sicher in diesem Moment. Sie verlor keinen Gedanken mehr an Bláyron, genoss nur den heißen Schauer, der von seiner Berührung an ihrer Wange ausging, mit der sie sich ohne Widerstand zu ihm ziehen ließ, die Augen schloss und den Kuss erwiderte. Mit einem Mal fiel jegliche Anspannung von ihm ab, während ihre Hand zurück zu seinen Haaren glitt, ihre Finger sanft hindurch gleiten ließ, während ihr zuvor zögerlicher Kuss verlangender wurde. Frei von allem konnte sie sich ganz auf den Mann konzentrieren, auf seine Nähe, die trotz allem ihren ganzen Körper verwirrte.
Irgendwo am Rande seines Bewusstseins war Lucien klar, dass sie ihn wahrscheinlich nur benutzte, um sich abzulenken. Um die Hände eines anderen von ihrem Körper zu vertreiben und dessen Gesicht aus ihrem Geist zu verbannen. Um die Kontrolle darüber zurück zu bekommen, wer sie auf diese Art und Weise berührte. Nicht anders, als er es mit zahllosen anderen Frauen getan hatte und jetzt auch mit ihr tat. Um zu vergessen. Es störte ihn nicht, im Gegenteil. Wenn es das war, was sie wollte, das, was sie brauchte, dann sollte sie es sich einfach nehmen. Ihre Hand in seinem Haar trieb seinen Puls in die Höhe, Hitze sickerte durch seine Adern, als ihr Kuss verlangender wurde und er sich ihr widerspruchslos anpasste. Und da er nicht auf die Idee kam, sie könnte sich wie angestochen von ihm los reißen, ließ er die Hand von ihrer Wange sinken, schob stattdessen beide unter den Saum des viel zu großen Hemdes, den er ungeduldig zusammen raffte und nach oben schob, um es ihr auszuziehen.
Shanaya ignorierte dieses sanfte, warme Gefühl, das sich in ihrem Inneren ausbreitete. Es war ganz einfach die Nähe des Mannes, seine Berührung, der Kuss. All das erfüllte sie mit diesem zarten Gefühl, das sich mit dem aufglühenden Verlangen vermischte, dafür sorgte, dass sie nicht aufhören würde. Sie wollte so viel mehr als diese Ablenkung. Etwas, was sie sich nicht eingestand, vor allem nicht in solch einem Moment, in dem Luciens Hände unter ihre Kleidung glitten, das Hemd anhoben. Das Kribbeln, welches sich langsam in ihr ausbreitete überging sie ebenso, ließ sich dafür das Hemd von ihm ausziehen, sodass ihr Körper nur noch von dem zerrisenem Stoff ihrer Bluse bedeckt wurde. Aber statt darauf zu achten, ließ sie nun selbst die Hände sinken, strich sachte über seine Brust, bis sie es ihm gleich tat, ihn mit sanften Berührungen von dem Stoff befreien wollte.
Shanaya Árashi ist 17 Jahre alt und wurde unter den Sternen der ersten Welt auf der Insel Yvenes geboren. Dieser mutige Pirat reist als Navigator durch die Meere der Inselwelten und plünderte mit der Crew bereits auf 170 Streifzügen in 155 Tavernen.
Habseligkeiten
Einen Degen, einen Dolch und eine Tasche voller Geheimnisse
Körperliche Verfassung
Endlich Mal wieder vollkommen uneingeschränkt!
Widerstandslos ließ Shanaya sich das geliehene Hemd vom Kopf streifen und es sank längst wieder vergessen neben dem Bett zu Boden. Seine Hände kehrten an ihre Taille zurück, streiften flüchtig den Stoff ihrer zerrissenen Bluse, ohne dass die ihm einen Gedanken an vergangene Erlebnisse wachgerufen hätte. Er wurde deshalb auch nicht umsichtiger mit ihr, das ließen ihre Hände ihrerseits nicht zu, die mit unmissverständlichem Ziel über seinen Oberkörper nach unten wanderten. Nur kurz löste Lucien sich von ihr, damit sie ihm sein Hemd vom Kopf streifen konnte, begegnete kurz danach ihrem Blick. Dann legte er die Hände wieder an ihre Taille, um sie zu stützen, als er sich leicht zur Seite drehte und sie schließlich rücklings aufs Bett legte. Er selbst unmittelbar über ihr, zwischen ihren Beinen kniend. Nur für das Tablett am anderen Ende des Bettes war die Bewegung wohl zu viel. Es rutschte vom Kissen und schlug polternd auf dem Boden auf.
Irgendwo, tief in Shanayas Innerem war diese leise Stimme des Zweifelns, die sie von dem abhalten wollte, auf das der Rest ihres Körpers lauerte. Sie ignorierte diesen winzigen Funken, konzentrierte sich stattdessen nur auf die Berührung des Mannes, auf die Hitze, die jede seiner Berührungen durch ihren Körper jagte. Sie ließ sein Hemd zu Boden fallen, erwiderte seinen Blick dann mit einem verlangenden Glühen in den Augen, bis für ein, zwei Herzschläge Überraschung durch sie zuckte. Im nächsten Moment fand sie sich auf dem Rücken wieder, den Blick fest auf den Dunkelhaarigen gerichtet, ein warmes, lockendes Lächeln auf den Lippen. Ihre Finger strichen sanft über seine Brust, versuchte damit die aufkommende Unruhe einfach zu überspielen. Das Geräusch der Schüssel, die auf dem Boden aufkam, war nur ein dumpfes Geräusch am Rande ihrer Wahrnehmung.
Irgendwo am Rande seines Bewusstseins registrierte Lucien, was mit dem Tablett geschehen war. Aber das lockende Lächeln auf Shanayas Lippen bannte seine Aufmerksamkeit dann doch stärker, als der Käse auf dem Boden. Als ihre Hände über seine Brust wanderten, ein zartes Prickeln unter seiner Haut entlang sandten und sein Blut in Bewegung geriet, huschte ein sanftes Lächeln auf seine Lippen. Er begegnete ihrem Blick, hielt ihn einen Moment lang fest, doch von dem Anflug von Unsicherheit in ihrem Inneren bekam der junge Mann nichts mit. Vielleicht erahnte er sie unterbewusst, weil jede Frau sie empfand, wenn sie das erste Mal einen Mann in ihr Bett ließ und Shanaya nicht die erste war, die ihm ihre Unschuld schenkte. Er wusste, dass er sanft sein musste. So ganz anders, als es sonst seine Art war. Aber darüber nachdenken tat er nicht, als er sich zu ihr hinab beugte und sie erneut küsste. Seine Hände strichen über den Stoff ihrer Bluse, fanden schließlich zu der Stelle, an der sie bereits ausgefranst und halb zerteilt worden war. Kurzerhand griff er zu, zerriss ihr Oberteil mit einem kräftigen Ruck gänzlich, sodass es links und rechts ihres Brustkorbs hinab rutschte. Dann löste Lucien sich von ihren Lippen, hauchte ihr einen Kuss auf den Mundwinkel, ihr Kinn und bahnte sich mit dem Mund einen sanften Weg ihren Hals hinab.
Für den Moment, in dem Lucien ihrem Blick begegnete, konnte Shanaya das plötzliche Verlangen danach, aufzuspringen unterdrücken. Für den Moment verloren sich ihre Gedanken in dem Grün seiner Augen, erst als er sich zu ihr hinab beugte, glühte dieser kleine Wunsch in ihrem Inneren wieder auf. Ihr Herz und ihre Gedanken rasten, führten einen inneren Kampf, der erst verstummte, als sie die Lippen des Mannes auf ihren spürten. Er versiegelte damit nicht jeden Zweifel, aber für den Moment half es. Sie spürte die Berührung an ihrer Bluse, was ihr für den Hauch einer Sekunde die Bilder des vergangenen Abends durch den Kopf gehen ließ. Sie hielt die Luft an, in dem Moment, in dem Lucien sich von ihren Lippen löste. Ihr Körper zitterte leicht, gehetzt von federleichten Zweifeln, dem kurzen Aufflammen von Angst. Und trotzdem genoss sie die Berührung seiner Lippen an ihrer Haut, das brennende Kribbeln, das sie nach so viel mehr verlangen ließ. Fast vorsichtig hob sie die Hände, strich mit den zitternden Fingern durch seine dunklen Haare, bis sie sich darin festkrallte. Die Augen hielt sie geschlossen, spürte nur dem Weg nach, den seine Lippen zogen.
Nur unterbewusst registrierte Lucien, wie sie die Luft anhielt und nur unterbewusst reagierte er auch darauf. Seine Wahrnehmung richtete sich auf das schneller werdende Schlagen ihres Herzens unter seinen Handflächen, auf das Beben ihrer Muskeln, das Zittern ihrer Hände, die durch sein Haar strichen und sich schließlich darin festkrallten. Er spürte ihre Unsicherheit und ihre Angst als spüre er auch ihre Erinnerungen an die Berührungen ihres Bruders, die so ganz anders waren, als die seinen in diesem Augenblick. Zärtlich, fast beruhigend strich er mit der Linken über ihre Seite, über ihren Bauch nach unten, ohne dabei den Kopf zu heben und sie anzusehen. Stattdessen neigte er ihn nur leicht zur Seite, unterbrach die sachten Küsse auf ihrer Haut. So dicht an ihrem Ohr waren seine Worte leise, gedämpft und unendlich ehrlich gemeint. „Wir können jederzeit aufhören, Shanaya. Du musst es mir nur sagen. Ich werde dir nicht weh tun.“ Seine Hand wanderte zum Bund ihrer Hose, unbeirrt. Doch es reichte nur ein Wort von ihr. Ein leises 'Stopp', ein 'nein' und er hätte sofort aufgehört. Niemals würde er sie zu irgendetwas zwingen und dieses aufrichtigste aller Versprechen lag in jedem Wort, in der Sanftheit seiner Berührungen, in jedem Kuss.
Egal, wie sehr Shanaya dagegen ankämpfte, die Nähe des Mannes ließ jeden ihrer Gedanken und jede Faser ihres Körpers verrückt spielen. Sie kannte dieses Gefühl der Unsicherheit nicht, war genauso verwirrt von dem unnachgiebigem Verlangen ihres Körpers. Alles in ihr sehnte sich nach ihm, seinen Berührungen. Sie spürte die Zweifel in diesem Chaos weniger werden, mit jedem schnellen Herzschlag, der verging. Als seine Stimme dann so endlos warm und sanft erklang, hielt die junge Frau einen Moment die Luft an. Über ihre Antwort musste sie nicht nachdenken, trotzdem hielt sie die Augen noch einen Moment geschlossen, genoss diese endlose Wärme, die durch ihren Körper flutete. Sie entspannte sich deutlich unter seinen Worten, unter der Berührung, der langsam den Weg zu ihrer Hose fand. Erst dann antwortete sie, ihre Stimme nur ein zärtliches, warmes Hauchen, während sie eine Hand weiter durch seine Haare gleiten ließ. „Hör nicht auf.“ Sie versuchte ihre Stimme möglichst sicher klingen zu lassen, aber seine Berührung machte sie viel zu nervös. Bláyron war längst aus ihren Gedanken verschwunden, in diesem Moment gab es für sie nur Lucien, nach dem sich ihr Körper so sehr sehnte.
Nur drei kleine Worte. Drei kleine Worte, die dem Dunkelhaarigen ein sanftes Lächeln entlockten. Sie konnte es nicht sehen, doch seine Antwort darauf ließ er sie spüren. Setzte seine sanften Küsse an ihrem Hals fort, bis seine Lippen ihr Schlüsselbein erreichten, der leichten Wölbung des Knochens unter ihrer Haut folgten. Dann hielt er für einen Moment inne, musste seine Aufmerksamkeit zumindest kurz zusammen nehmen, um ihre Hose zu öffnen. Er richtete sich auf, unterbrach damit zwangsweise die Berührung ihrer Hände in seinem Haar und rutschte ein Stück von ihr zurück. Seine Finger wanderten dabei unter den Bund des Kleidungsstücks, das ihre Beine bedeckte, um es ihr mit sanftem Zug von den Hüften zu streifen. Noch bevor ihre Hose gänzlich vom Bett rutschte, war Lucien bereits wieder über ihr, die Hände links und rechts ihres Kopfes auf die Matratze gestützt. Sein Blick verfing sich in dem hellen Blau ihrer Augen, hielt sich für ein zwei schnelle Herzschläge daran fest. Dann beugte er sich wieder zu ihr hinunter und küsste sie mit dem zärtlichen Versprechen, dass er sie sicher führen würde, wenn sie ihn ließ. Ihm nur genug Vertrauen entgegen brachte.
Sie hatte ihre Worte so gemeint, wie sie gesagt hatte. Sie wollte nicht, dass er aufhörte. Auch die zerrissene Bluse konnte Bláyron in diesem Moment nicht mehr in ihr Gedächtnis rufen. Irgendwo tief in ihrem Unterbewusstsein war die Erinnerung noch frisch, aber Shanaya verdrängte all das, konzentrierte sich nur auf die Nähe des Mannes, auf das Glühen ihres Körpers. Er schaffte es mit jeder weiteren Berührung ihre Sehnsucht, ihr Verlangen nur noch mehr anzufachen. Sie hielt die Augen geschlossen, auch als er sich etwas entfernte, warf ihm nur einen kurzen Blick zu, als er sie von dem Stoff befreit hatte und sich wieder zu ihr beugte. Für einen Moment verlor sie sich in dem Grün seiner Augen, bis er sich zu ihr neigte und sie küsste. Sie schloss die Augen, ließ nun selbst die Hände über seinen Körper gleiten, bis sie seine Hose spürte, unter die ihre Finger glitten. Sie zitterten noch immer leicht, ihr Herz raste, Aber sie zögerte nicht, ging nur dem Sehnen ihres Körpers nach.
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Shanaya wusste nicht, wie viel Schlaf sie in dieser Nacht bekommen hatte – und wie viel Zeit sie anders verbracht hatten. Aber die junge Frau dachte auch nicht viel darüber nach, viel zu sehr konzentrierte sie sich auf den Mann, auf dessen Brust ihr Kopf unter einer ihrer Hände ruhte. Ein warmes Lächeln zierte die Lippen der Schwarzhaarigen, während die Finger ihrer anderen Hand sachte über seine Brust strichen. Sie hatten die letzte Glut noch einmal aufflimmen lassen können, bevor sie ganz erlosch und diesem Gefühl hing Shanaya noch nach, ihr Körper hatte sich längst noch nicht beruhigt. Und so, wie sie in diesem Moment lag, hätte sie vermutlich noch viel mehr Zeit verbringen können. Auch wenn sie nicht sicher war, wie lange sie schon da lag, als sie sich mit sanfter Stimme an den Dunkelhaarigen wandte, die blauen Augen direkt auf seinen ruhen ließ. „Was hältst du von Frühstück?“ Sie lächelte ihm ruhig entgegen, spannte ihren Körper an, um im nächsten Moment aufzustehen.
Eine wohlige Zufriedenheit durchdrang seinen Körper, ebenso wie seinen Verstand. Lucien hatte die Augen geschlossen, genoss die träge Ruhe in seinem Kopf ebenso sehr, wie die schlichte Mattheit in seinen Muskeln. Sein Herz schlug jetzt, nachdem sie den Morgen mit einem weiteren kleinen Stelldichein begonnen hatten, wieder langsam, gleichmäßig, im gleichen Takt seiner Handbewegung, mit der er durch Shanayas tiefschwarzes Haar strich, Strähne um Strähne durch die Finger rinnen ließ. Ihr Gewicht auf ihm gab ihm ein schon vertrautes Gefühl des Trostes, das er ebenso sehr genoss, wie die vergangenen Stunden. Er war am Abend sogar erschöpft genug gewesen, um danach tief und traumlos zu schlafen. Was seiner Stimmung nur dienlich sein konnte. Shanayas vorsichtige Bewegung riss ihn schließlich aus seinem Dahindösen. Der Dunkelhaarige öffnete blinzelnd die Augen, hielt unwillkürlich in seiner Handbewegung inne und begegnete ihrem Blick. Und wie zur Antwort auf ihre Frage gab sein Magen ein vernehmliches Knurren von sich, als hätte er soeben zugehört. „Viel.“, kommentierte er also mit einem sanften Lachen in der Stimme und als die Schwarzhaarige Anstalten machte, aufzustehen, drückte er sich langsam auf die Ellenbogen, blieb aber ansonsten liegen. Das Tablett, das gestern vom Bett gerutscht war, lag inzwischen auf dem kleinen Tisch in der Mitte des Raums. Irgendwann letzte Nacht hatten sie sich davon bedient, aber viel mehr als der Kohlrabi und ein Stückchen Brot fehlten nicht. Kein Wunder, dass er jetzt Hunger hatte.
Die sanfte, entspannende Berührung in ihren Haaren hielt mit ihren Worten inne und auch wenn sie nach dieser Nacht diese Entspannung kaum brauchte, rebellierte etwas in ihr. Sie hätte die Ruhe dieses Momentes gern noch etwas genossen, aber ihr Hunger meldete sich doch langsam zu Wort. Und damit schien sie nicht allein zu sein. Luciens Magen antwortete ihr, bevor der Dunkelhaarige es konnte und mit seiner knappen Antwort ließ die junge Frau die Arme neben seinen Körper sinken, zog sich leicht nach vorn, sodass ihr Gesicht nun nah genug an seinem war. „Dann sehe ich Mal zu, dass du mir nicht verhungerst.“ Sie lächelte ihn schelmisch an, überwand dann die letzte Distanz für einen kurzen, zärtlichen Kuss, ehe sie sich gänzlich erhob. Als sie neben dem Bett stand, streckte Shanaya die Arme in die Luft, streckte einmal ihren ganzen Körper, der sich noch immer aufgewühlt fühlte. Auf eine gute Art und Weise. Sie warf Lucien ein Lächeln zu, ehe sie sich in die Richtung des Tisches wandte, das Tablett anhob und nur einen kurzen Blick zu dem dreckigen Fenster warf. Es war hell draußen, trotzdem konnte man nicht viel durch die Scheibe erkennen. Sie riss sich jedoch schnell auch wieder los, trat mit dem Tablett an das Bett heran und stellte es auf die Matratze, ehe sie sich selbst wieder darauf sinken ließ und sich ein Stück Möhre klaute. „So lässt es sich wirklich leben...“
Einen flüchtigen Kuss gönnte sie ihm noch, dann erhob sich Shanaya gänzlich und stand auf. Die Decke rutschte von ihrer Hüfte, bedeckte nun auch ihn nur noch gerade so bis über die Lenden und er konnte sich ein kleines Grinsen nicht verkneifen, während die tiefgrünen Augen der jungen Frau unverhohlen folgten. Sie streckte sich, präsentierte ihren nackten Körper in all seiner Vollkommenheit und wandte sich erst dann dem Tisch zu. Wie hätte er da anders gekonnt, als sie zu beobachten, den Blick über die Rundung ihrer Taille bis zu ihrem Hintern wandern zu lassen, während sie ihm ihre entzückende Rückseite zuwandte. Er erinnerte sich an das Gefühl ihrer warmen Haut unter seinen Händen, an die zarten Narben, die er mit den Fingerspitzen erspürte und obwohl er wusste, wem sie die zu verdanken hatte, hatte der Gedanke daran, was ihr passiert war, in dieser Nacht – und an diesem Morgen – keinen Platz in seinem Bewusstsein erhalten. Auch jetzt nicht. Er genoss schlicht das Bild, das sich ihm bot und die Empfindungen, die sie in seinem Körper hinterlassen hatte. Als Shanaya sich wieder ihm zuwandte und mitsamt Tablett zum Bett zurück kehrte, ließ Lucien sich wieder zurück ins Kissen sinken. Einen Arm unter dem Kopf angewinkelt und die grünen Augen auf die junge Frau gerichtet, die sich wieder zu ihm setzte. Ein Schmunzeln huschte über seine Lippen. „Man könnte sich daran gewöhnen.“, stimmte er zu, streckte die freie Hand aus und griff nach seinem kleinen Messer, das er irgendwann gestern benutzt hatte, um den Kohlrabi zu schneiden und das seit dem auf dem Tablett lag. Er schnitt – etwas umständlich, weil er die rechte Hand nutzte – zwei Stückchen vom Käse ab, legte das Messer dann weg und griff sich eins davon. „Wobei ich den Verdacht habe, dass wir hiervon nicht großartig satt werden.“
Shanaya spürte den Blick, der auf ihr ruhte und es jagte ihr eine sanfte Hitze durch den Körper. Sie genoss dieses Gefühl in vollen Zügen, ließ sich vielleicht auch deshalb ein wenig Zeit, um zum Bett zurück zu kehren. Der Dunkelhaarige legte sich wieder etwas entspannter hin und Shanaya erwiderte den Blick aus den grünen Augen, unterdrückte den Drang, sich zu ihm zu legen. Stattdessen blieb sie ruhig sitzen, nickte auf seine Worte hin, kaute dabei auf dem Stück Möhre herum. „Trotzdem sollten wir wohl bald aufbrechen...“ Ein leises Seufzen schwang in ihrer Stimme mit, während Lucien etwas vom Käse abschnitt. Sie belächelte ihn dabei, verkniff sich einen Kommentar zu seiner Hand – und die Frage, ob sie dem armen hungernden Mann helfen sollte – und griff sich stattdessen das zweite Stück Käse, das auf die Möhre folgte und in ihrem Mund landete. Sie kaute darauf herum und auf die nächsten Worte des Mannes nickte sie schwermütig, antwortete jedoch mit gut gelaunter Stimme. „Ich denke, auf dem Weg zur Sphinx finden wir irgendeinen Stand, der unseren Hunger stillen kann.“
Er bemerkte ihren Blick durchaus, mit dem sie seinen Versuch, Käse zu schneiden, bedachte. Mit gespieltem Ärger in den grünen Augen starrte er zurück, doch nur Herzschläge später löste Belustigung den Ausdruck ab und er nickte auf ihre Worte hin nur. Wenn sie vor hatten, die Insel am nächsten Morgen zu verlassen, gab es noch genug zur Vorbereitung zu tun. Bis gestern hatte noch einiges an Proviant gefehlt. Er würde sich darum kümmern müssen. Doch für den Augenblick blieb er gedanklich hier in diesem Zimmer, genoss den Anblick der jungen Frau ihm gegenüber und naschte gegen den gröbsten Hunger die letzte Möhre vom Tablett, bevor er sich mit dem orangenen Gemüse in der Hand träge auf den Rücken rollte und gelassen zur Decke starrte. „Mit Sicherheit.“, erwiderte er mit einem Schmunzeln, neigte den Kopf wieder, um sie anzusehen und dann an ihr vorbei zum Fenster zu spähen. „Was meinst du, wie lange ist es schon hell?“
Shanaya erwiderte des Blick des Mannes mit einem nur noch amüsierterem Grinsen. Aber bei dem Anblick, wie er die rechte Hand für das Messer genutzt hatte, kam ihr ein Gedanke, der ihren Blick für einen Moment zu ihrem Waffengürtel wandern ließ. Zu dem Degen und der Pistole, die ruhig da lagen. Erst als der Dunkelhaarige sich wieder bewegte, richtete die junge Frau den Blick zu ihm herum, betrachtete ihn, wie er entspannt auf dem Rücken lag. Und sie kämpfte mit aller Kraft dagegen an, nicht die Hand nach ihm auszustrecken, ihn zu berühren. So stark dieses Verlangen auch war, sie mussten allmählich zurück zur Sphinx. Und vor allem noch etwas Essbares organisieren. „Dieses Mal bin ich damit an der Reihe, dich einzuladen.“ Sie deuette auf das Essen vor ihnen, brach sich ein Stück Brot ab und schob es sich in den Mund, während Luciens Blick zum Fenster glitt. Wie lange es schon hell war? „Ich weiß es nicht, ich glaube, ich war beim Sonnenaufgang mit irgendetwas beschäftigt.“ Sie warf dem Dunkelhaarigen noch einen vielsagenden Blick zu, ehe sie sich mit gemütlichen Bewegungen vom Bett erhob. Irgendeiner musste ja anfangen. Sie verharrte kurz, griff dann nach der Decke, zog sie Lucien weg und grinste ihn schelmisch an. „Ich möchte auch die Aussicht genießen. Und sonst kommen wir hier gar nicht mehr weg.“ Sie zwinkerte ihm zu, ehe sie den hellen Blick über den Boden schweifen ließ und sich schließlich mit einem bedeutungsvollen Grinsen nach unten neigte. Als sie sich wieder aufrichtete lag in ihrer Hand ein Hemd, das sie mit ruhigen Bewegungen über den Kopf zog. Luciens Hemd, das nicht viel kleiner war als das, was er ihr gestern besorgt hatte. Jetzt lag ein amüsierter Ausdruck auf ihren Lippen.
Das Geräusch brechenden Brots lenkte seinen Blick zurück auf Shanaya, dicht gefolgt von einem leisen Lachen. Stimmt, als die Sonne gerade erst über den Horizont kletterte, hatten sie sich ablenken lassen. Scheinbar hatte also keiner von ihnen eine Ahnung, wie spät es in etwa war. Trotzdem machte Lucien keine Anstalten, aufzustehen. Er sah der Schwarzhaarigen dabei zu, wie sie sich erneut erhob, stieß dabei ein leises, recht melodramatisches Seufzen aus und verkniff sich, sie wieder ins Bett zu bitten. Sie würde sich wahrscheinlich ohnehin nicht überreden lassen, so rastlos, wie sie... „Hey!!“ Von einer Sekunde zur nächsten wurde es zugig auf seiner Haut und er rollte sich wieder auf die Seite, um reflexartig nach dem letzten Zipfelchen Decke zu greifen, die sie ihm kurzerhand entrissen hatte. Natürlich erwischte er sie nicht, ihm blieb also nichts anderes übrig, als nackt liegen zu bleiben und der Schwarzhaarigen mit einem unwilligen Brummen hinterher zu starren. Doch wirklich sauer war er nicht. Dafür war seine Stimmung zu gut, zu gelassen. Eher war er amüsiert. Er rappelte sich auf einen Ellenbogen hoch, griff mit der Rechten nach dem Brotkanten, den sie zurück gelassen hatte, und beobachtete sie, während er einen genüsslichen Bissen nahm. Als sie schließlich nach seinem Hemd griff und es sich über streifte, konnte er sich ein kleines Grinsen nicht verkneifen. „Und ich? Soll ich jetzt oben ohne zur Sphinx zurück gehen?“
Shanaya machte sich keine Mühe, das Lachen zu unterdrücken, das bei Luciens Protest in ihr aufstieg. Er hatte wohl gedacht, er könne jetzt einfach noch faul herum liegen? Und dann kam sie dazwischen. Aber sie zog die Decke so weit, dass er nicht dran kam, ohne aufzustehen. Er ergab sich also in sein Schicksal, was Shanaya amüsiert den Kopf schütteln ließ. Hatte die Nacht ihn etwa so mitgenommen, dass er gar nicht in die Gänge kam? Sein Brummen ließ ihr Lächeln, mit dem sie ihn bedachte, nur noch einmal breiter werden. Er machte es sich trotzdem bequem, naschte noch etwas von dem Brot und grinste ihr dann entgegen. Seine Worte entlockten ihr nur ein ruhiges Zucken ihrer Schultern. „Wieso nicht? Bei dir fällt es weniger auf als bei mir.“ Sie hob leicht eine Augenbraue, trat dann aber doch wieder an das Bett heran, lehnte sich mit beiden Händen auf die Kante der Matratze und beugte sich mit einem herausfordernden Blick zu Lucien, um ihm direkt in die Augen zu blicken, ein warmes Lächeln auf den Lippen. „Hoch mit dir, sonst lege ich mich nochmal zu dir und wir kommen hier gar nicht mehr weg.“
Sein Hemd stand ihr gut, stellte er beiläufig fest. An dieses Bild hätte er sich tatsächlich gewöhnen können. Noch einmal huschte sein Blick neugierig musternd über ihren Körper, ihre verhüllte Silhouette, die schlanken Beine. Dann sah er zu ihrem Gesicht auf und in den tiefgrünen Augen glomm unverhohlener Schalk. „Stimmt. Auffallen würde ich allerdings trotzdem.“ Weshalb, konnte sie sich jetzt gerne selbst ausdenken. „Außerdem...“, fuhr er fort und seine Stimme wurde unwillkürlich leiser, als sie ihm ein Stück weit entgegen kam, sich auf die Matratze stützte und sich zu ihm hinunter beugte. „Entstehen so doch nur Gerüchte.“ Ihre nächsten Worte überging er einfach, streckte die Hand aus, um sie in ihrem dunklen Haar zu vergraben und Shanaya zu sich zu ziehen. Fast ein wenig rau drückte er die Lippen auf ihre, zog den Kuss für einige Herzschläge in die Länge, bevor er sie schließlich los ließ. „Also schön.“, brummte er belustigt und kämpfte sich mühsam nach oben, um die Beine von der Bettkante zu schwingen.
Shanaya genoss sichtlich den Blick des Mannes, der an ihrem Körper hinab glitt, nur um sich dann wieder zu ihrem Gesicht zu heben. Er ließ ihr Herz einige Takte schneller schlagen, das Verlangen der Nacht war noch längst nicht abgeflaut. „Stell dir vor, es begegnet uns jemand, dem heute Nacht sein liebstes und einziges Hemd gestohlen wurde. Ich falle also so oder so auf. Da könnte ich auch gleich nackt durch die Straßen ziehen.“ Sie schmunzelte bei diesem Gedanken ziemlich amüsiert, zupfte kurz an dem Hemd herum, als wäge sie ab, diesem Gedanken nach zu gehen. „Ich glaube, für irgendwelche Gerüchte ist es längst zu spät.“ Zu viel mehr kam sie nicht, als sie im nächsten Moment zu ihm hin gezogen wurde, den Kuss mit geschlossenen Augen erwiderte. Gerade als sie überlegte, sich einfach wieder zu ihm zu legen, löste sich der Dunkelhaarige von ihr, gab nun endlich ihrem Drängen nach und schob die Beine vom Bett. Shanaya richtete sich wieder auf und ließ es sich dabei jedoch nicht nehmen, mit zärtlichen Fingern sein Bein entlang zu streichen, den blauen Blick dabei direkt auf seine Augen gerichtet. „Geht doch.“ Mit diesen Worten und dem dazu passenden Grinsen wandte sie sich nun ab, um die andere Kleidung zusammen zu suchen.
Shanaya Árashi ist 17 Jahre alt und wurde unter den Sternen der ersten Welt auf der Insel Yvenes geboren. Dieser mutige Pirat reist als Navigator durch die Meere der Inselwelten und plünderte mit der Crew bereits auf 170 Streifzügen in 155 Tavernen.
Habseligkeiten
Einen Degen, einen Dolch und eine Tasche voller Geheimnisse
Körperliche Verfassung
Endlich Mal wieder vollkommen uneingeschränkt!
Stimmt, für Gerüchte war es längst zu spät. Dass er und die Schwarzhaarige miteinander anbandelten, war den meisten Crewmitgliedern inzwischen wahrscheinlich bekannt. Sie hielten damit beide ja auch nicht besonders hinterm Berg – und wozu auch? War ja nicht so, als stünde ihnen demnächst ein Liebesdrama ins Haus. In den grünen Augen blitzte eine ganz bestimmte Art von Hunger auf, als ihre Finger aufreizend über sein Bein strichen und er hob den Blick, begegnete dem Shanayas und hätte ihr für dieses erhabene 'geht doch' beinahe die Zunge rausgestreckt. Erwachsen, wie er manchmal war. Doch er beließ es bei einem gespielt bitterbösen Schweigen, stand schließlich auf und streckte sich seinerseits genüsslich, bevor er sich nach seiner Hose umsah. „Dann begnüge ich mich eben mit dem Hemd von der Wäscheleine. Wenn mir meins schon entwendet wurde.“ Ein kurzer Seitenblick galt der jungen Frau, dann bückte er sich nach seiner Hose, die neben dem Bett lag und schlüpfte hinein, schloss den Bund vorn und schnappte sich zur Stärkung noch mal den Brotkanten, den er beim Aufstehen auf dem Tablett hatte liegen lassen.
Shanaya erwiderte den Blick des Mannes mit fröhlicher Genugtuung auf ihrem Gesicht. Er erwiderte jedoch Nichts und sie nahm sein Schweigen einfach als kleinen Sieg hin. Immerhin machte er sich ja auch daran, aufzustehen. Was wirklich besser so war. Der Anblick seines nackten Körpers brachte sie verdammt nochmal in Versuchung. Aber... der eine Hunger war vielleicht in diesem Moment stärker als der Andere. Und es würde sich sicher noch die ein oder andere Situation bieten, in der sich dieser zweite Hunger stillen ließ. Die junge Frau schmunzelte über ihre eigenen Gedanken, wandte den Blick erst bei Luciens Worten wieder herum. „Du warst es, der gesagt hat, er wünschte sich, ich hätte sein Hemd an.“ Ein Funkeln lag in ihren blauen Augen. „Genau genommen erfülle ich dir also nur deine Wünsche.“ Sie würde es ihm wiedergeben, wenn sie auf der Sphinx waren und sie eine eigene Bluse hatte. Vielleicht. Damit bückte sie sich nach ihrer Hose, zog sie mit ruhigen Bewegungen an und wandte sich dann dem Tisch zu, griff nach der Pistole und betrachtete sie einfach einige Momente schweigend, aber mit einem Lächeln auf den Lippen.
Prompt blitzte in seinen Augen sanfter Schalk auf und ließ ihn lachen. Schön, gut gekontert. Sie hatte Recht, genau das hatte er gestern erst gesagt. „Touché.“ Dann durfte er sich wohl nicht wirklich beschweren. Allerdings meinte er das ja ohnehin nicht wirklich ernst. Im Gegenteil. Genau, wie er gestern schon gesagt hatte, gefiel ihm das Bild von ihr in seinem Hemd ausgesprochen gut. Der Inbegriff dessen, was sie heute Nacht getan hatten. Einen Moment länger ruhte sein amüsierter Blick auf der jungen Frau, dann bückte er sich nach dem Hemd, das sie gestern von der Wäscheleine geklaut hatten. Statt es sich jedoch gleich über zu ziehen, wandte er sich wieder Shanaya zu, die inzwischen am Tisch stand und die Pistole betrachtete, die er ihr geschenkt hatte. Von hinten trat er an sie heran, legte die Arme um ihre Taille und stützte das Kinn auf ihre Schulter. „Dabei dachte ich immer, Sirenen locken einen nur in den Tod, statt einem Wünsche zu erfüllen.“, meinte er amüsiert. Ob ihr die Waffe gefiel, fragte er nicht, auch wenn es ihm kurz auf der Zunge lag. Nicht nötig, sich des Offensichtlichen zu vergewissern.
Mit dem Rücken zu Lucien stehend konnte Shanaya sein Gesicht nicht sehen, sie grinste aber nur selbst über seine Einsicht. Und da sie fand, dass das Hemd besonders bequem war... er hätte es ihr schon ausziehen können, aber das hätte wieder Konsequenzen mit sich gebracht. Und irgendwann mussten sie schließlich wirklich zurück zur Sphinx. Dieser Gedanke wurde jedoch aus ihrem Kopf gerissen, als sie zuerst Schritte hinter sich vernahm und der Dunkelhaarige ihr im nächsten Moment schon wieder näher kam, ihr Herz schneller schlagen ließ. Als er das Kinn auf ihrer Schulter ablegte, neigte sie ganz leicht den Kopf, lehnte ihn gegen seinen, während sie die freie Hand langsam hob, mit den Fingern zärtlich durch seine Haare strich. Ganz automatisch lehnte sie sich auch mit ihrem Körper zurück, lehnte sich gegen ihn. „Hast du etwa immernoch nicht verstanden, dass ich anders bin?“ Sie lächelte ruhig, was deutlich in ihrer Stimme mitschwang.
Seine Lippen verzogen sich zu einem sanften Lächeln, schon als sie den Kopf leicht neigte und sich schließlich gegen ihn lehnte. Er verschränkte die Arme vor ihrem Bauch, zog sie ein Stück näher an sich heran. „Doch, ist mir aufgefallen.“ Er neigte den Kopf, hauchte ihr einen Kuss seitlich auf den Hals. Anders war sie definitiv. Anders genug, um ihm zu gefallen, um sich für sie zu interessieren und um ihm nicht egal zu sein. Ein ungewohntes Gefühl. Aber zumindest nicht besorgniserregend. „Eine Sirene also, die mir erst all meine Wünsche erfüllt... und mich dann in den Tod lockt.“ Das Grinsen darauf musste er sich verkneifen. Er ließ sanft von ihr ab, wich einen halben Schritt zur Seite und machte sich daran, das fremde Hemd über zu ziehen – bevor er noch dazu über ging, ihr seines wider auszuziehen. Und das nicht, weil er es unbedingt selbst tragen wollte.
Die sanfte Wärme kribbelte schon wieder in jedem Winkel ihres Körpers, wollte sie dazu verlocken, sich zu ihm umzudrehen, sich zu nehmen, wonach ihr war. Seine Worte und der sanfte Kuss an ihrem Hals steigerten dieses Verlangen nur noch. Aber trotz des heißen Schauderns, das er mit der Berührung seiner Lippen auslöste, hielt die junge Frau still, lachte nur leise als Erwiderung. Natürlich war ihm das aufgefallen. Immerhin war es etwas unübersehbares. „Wenn das dein einziger Wunsch war, den ich dir erfüllen konnte, dürfte Punkt zwei ja nicht lang auf sich warten lassen...“ Sie schmunzelte, atmete tief durch, als er von ihr abließ. Aber er zog das Hemd an, was es ein wenig leichter für sie machte. Trotzdem biss sie sich leicht auf die Lippe, als ihr Blick kurz zu seinem Körper wanderte, ehe sie sich mit einem leichten Kopfschütteln nach dem roten Tuch bückte, es sich um die Hüfte legte, um darüber den Waffengürtel zu schnallen. „Aber vielleicht überlege ich mir das nochmal, wenn du nett zu mir bist...“
Ein leise amüsiertes Lachen verließ seine Lippen, als sein Blick von unten her zu Shanaya hinüber huschte und er beiläufig das Hemd in den Bund seiner Hose stopfte. Nicht besonders ordentlich, wohlgemerkt, sondern gerade so, dass es seinen Zweck erfüllte. „Du weißt doch, ich bin da einfach gestrickt.“, erwiderte er und schob sich im nächsten Augenblick an ihr vorbei, um nach seinem Waffengurt zu greifen, während sie ihr Tuch an ihrer Hüfte befestigte. Die zwei Schnallen waren schnell zugezogen, sein Degen baumelte wieder an seiner Seite, Dolch und Pistole saßen in ihren Halterungen, als der Dunkelhaarige sich erneut der jungen Frau zuwandte. Auch sie sah beinahe bereit dafür aus, zur Sphinx zurück zu kehren. Fehlten eigentlich nur noch ihre Stiefel. Doch er konnte einfach nicht widerstehen. In den tiefgrünen Augen glomm ein Ausdruck zärtlichen Spotts. „Und wenn man es ganz genau nimmt...“ Er trat zu ihr, legte sanft die Hand an ihre Wange und beugte sich gerade so weit zu ihr hinunter, dass ihre Lippen sich beinahe berührten. „...habe ich ja schon, was ich wollte. Gewonnen.“ Und damit küsste er sie erneut. Auch auf die Gefahr hin, dass sie ihn zur Strafe vielleicht biss.
Shanaya warf Lucien nur einen vielsagenden Blick auf seine Erwiderung hin zu. Sie wusste auch nicht, was sie ihm sonst für einen Wunsch erfüllen sollte. Sie richtete ihre Aufmerksamkeit also wieder auf ihren Gürtel, ruckte den Degen ein wenig zurecht und nahm schließlich noch einmal die Pistole zur Hand. Sie überlegte kurz, ehe die Waffe in ihrer Tasche landete. Sie musste erst einmal sehen, wie sie die Waffen anordnen sollte... und wo die Pistole ihren Gürtel schmücken sollte. Amüsiert über die Wahl der Worte in ihren Gedanken grinste die Schwarzhaarige, richtete dann ihre Aufmerksamkeit zu Lucien herum, der sie schon wieder in seinen Bann zog, näher kam und die Hand an ihre Wange legte. Die junge Frau hob leicht eine Augenbraue, erwiderte jedoch Nichts, da er viel zu nah war, um einen klaren Gedanken zu zulassen. Auf seine folgenden Worte hin wollte sie protestieren, legte sich ihre Antwort bereit, aber mehr als ein leises Brummen war nicht von ihr zu vernehmen, als der Dunkelhaarige jeden Widerstand mit seinen Lippen verschloss. Shanaya zögerte keinen Moment, der aufkeimende Widerstand verwandelte sich in einem Herzschlag in Luft und sie schloss die Augen, erwiderte den Kuss voller Sehnsucht. Die Finger einer Hand strichen sanft seinen Hals entlang und eigentlich wollte sie sich nicht von ihm lösen. Trotzdem tat sie es, nachdem sie den Kuss so lang wie möglich ausgereizt hatte, gerade so weit, dass ihr Gesicht nah an seinem blieb und er ihr Lächeln sehen konnte. „Ich lehne mich Mal weit aus dem Fenster und behaupte, dass das nicht das erste letzte Mal war...“ Ihr Blick sprach Bände, als ihre Hand ruhig über den Stoff über seiner Brust strich, während sie jedoch einen Schritt zurück trat.
Nicht ganz sicher, ob er eher amüsiert oder angetan von ihrer Reaktion sein sollte, lächelte der Dunkelhaarige dicht an ihren Lippen, unterbrach den Kuss jedoch nicht und als sie ihn so voller Sehnsucht erwiderte, die Hand an seinen Hals legte, als wolle sie ihn nur noch näher ziehen, nahm ihm das die Entscheidung ohnehin ab. Wenn ein Kuss von ihm reichte, um ihr leises Murren schon im Keim zu ersticken und zu verhindern, dass sie ihm in die Lippe biss – oder gar die Augen auskratzte – dann besaß er offenbar größeren Einfluss auf sie, als er bisher gedacht hatte. Das würde er in Zukunft überprüfen müssen. Oft. Als Shanaya sich schließlich löste, nach endlos langen, genussvollen Sekunden, konnte der Dunkelhaarige sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Blinzelnd schlug er die grünen Augen auf, begegnete ihrem Blick und sanfte Belustigung färbte den Ausdruck auf seinen Zügen. „Nicht, wenn es nach mir geht.“, erwiderte er amüsiert, zog die Hand zurück und ließ Shanaya Abstand zu nehmen, während er mit einem letzten Seitenblick in ihre Richtung zum Bett zurück kehrte und das kleine Messer vom Tablett nahm, das in seine Tasche gehörte. „Sofern wir die Zeit dafür finden.“ Und noch immer lag das leise Lachen in seinem Unterton.
Hätte Shanaya Luciens Gedanken in diesem Moment lesen können, hätte sie den Kuss wahrscheinlich doch mit einem gezielten Biss in seine Lippe beendet. So blieb es bei der sanften Variante und dem seligen Lächeln danach. Sie erwiderte seinen Blick, setzte bei seinen Worten ein gespielt nachdenkliches Gesicht auf, wog den Kopf etwas zur Seite. „Du behauptest also, du würdest mir die Wahl lassen, ja?“ Nur ein kurzer Moment, ehe sie leise auflachte und ergeben nickte. Während Lucien sich seinem Messer zu wandte, machte Shanaya sich daran, ihre Stiefel anzuziehen. Ein Funkeln in den Augen richtete sie den blauen blick dabei aber wieder auf den Dunkelhaarigen. Sie lächelte amüsiert, gleichzeitig aber auch sanft. „Wenn das so ist... dann sehen wir uns wohl erst bei der nächsten Flaute wieder.“ Schließlich hatten sie da gewiss genug Zeit für alles, was ihnen einfiel. Als sie schließlich beide Stiefel an den Füßen trug und die Schnüre verschnürt hatte, blickte sie sich kurz im Raum um. „Ich denke, wir haben alles?“
Den Rücken der jungen Frau zugewandt stieß Lucien ein leises Lachen aus und schob beiläufig das kleine Kirschnermesser in die Tasche an seinem Gürtel. „Ganz bestimmt nicht.“ Als ob er ausschließlich ihr die Wahl lassen würde, ob sie sich ein weiteres Mal auf diese Art trafen. Wer weiß. Vielleicht stand ihm ja gar nicht der Sinn nach einem neuerlichen Schäferstündchen. „Aber ich tue nichts ohne dein Einverständnis.“, fügte er mit einem amüsierten Unterton an, ließ sich aufs Bett fallen und warf seiner Begleiterin von unten her einen Blick zu. Ohne hinzusehen griff er nach seinen Stiefeln, zog sie zu sich heran und schlüpfte hinein. „Aber wenn du glaubst, dass das erst zur nächsten Flaute sein wird… hast du vor, nur aus Langeweile mit mir zu schlafen, oder glaubst du, wir haben bis dahin so unglaublich viel zu tun?“ Nun doch eine Spur neugierig erhob er sich, nickte auf die Frage, ob sie soweit fertig waren, nur und kehrte zum Tisch zurück, auf dem lediglich noch Schlüssel und Käse lagen.
Die blauen Augen der jungen Frau blickten sich noch einen Moment seufzend um, ehe ihre Aufmerksamkeit mit Luciens Stimme ganz automatisch zu ihm zurück kehrte. Bestimmt nicht, natürlich nicht. Sie hatte Nichts anderes erwartet und trotzdem wurde ihr Lächeln mit seinen nächsten Worten wieder einen deutlichen Hauch wärmer. Einen Moment schloss sie die Augen, ließ seine Worte auf sich wirken – und versuchte gleichzeitig, sich gegen dieses sanfte, warme Gefühl zu wehren. Sie schnaufte, versuchte es irgendwie abzuschütteln und erwiderte währenddessen Luciens Blick, der sich seine Stiefel anzog. Die junge Frau hob leicht eine Augenbraue, musterte den Dunkelhaarigen fragend. „Du bist es, der gesagt hat, wenn wir Zeit dafür finden.“ Still fragte Shanaya sich, ob sie ihn einfach falsch verstanden hatte. Aber was sollte er sonst gemeint haben? Sie fuhr sich mit einer Hand durch die dunklen Haare, ließ den Blick dabei auf ihrem Gegenüber ruhen. „Ich finde sicher irgendwann ein, zwei Minuten für dich, die ich frei bekomme.“ Sie grinste amüsiert, griff dann ihrerseits nach dem Schlüssel und dem Käse, wobei sie ersteres in Luciens Richtung hielt. Zuerst hatte sie ihn werfen wollen, ersparte ihnen beiden jedoch dieses Schauspiel.
Shanaya Árashi ist 17 Jahre alt und wurde unter den Sternen der ersten Welt auf der Insel Yvenes geboren. Dieser mutige Pirat reist als Navigator durch die Meere der Inselwelten und plünderte mit der Crew bereits auf 170 Streifzügen in 155 Tavernen.
Habseligkeiten
Einen Degen, einen Dolch und eine Tasche voller Geheimnisse
Körperliche Verfassung
Endlich Mal wieder vollkommen uneingeschränkt!
„Stimmt, habe ich.“ Er konnte sich ein weiteres Schmunzeln nicht verkneifen, nahm ihr dabei kommentarlos den Schlüssel ab. „Aber irgendwie klang es bei dir, als könnte es Wochen bis zur nächsten Flaute dauern. Vielleicht habt mir das aber auch nur meine eigene Schreckensvorstellung eingeflüstert.“ Sanfter Schalk blitzte in den grünen Augen auf. Bis zur nächsten Flaute könnte es auch nur zwei Tage dauern und dann hätten sie reichlich Zeit füreinander. Seltsamerweise kam ihm der Gedanke im ersten Moment, in dem sie es gesagt hatte, überhaupt nicht. Da klang es nach wochenlangem Warten. „Ich bin ja froh, dass du inzwischen auch andere als mich ans Steuer lässt. Sonst könnten wir uns nur noch dort miteinander vergnügen… und wer hält dann den Kurs?“ Für einige wenige Herzschläge hielt er mit belustigter Gelassenheit ihren Blick, dann wandte er sich zur Zimmertür um, versicherte sich noch ein letztes Mal, dass sie tatsächlich alles beisammen hatten und schob den Schlüssel dann ins Schloss. Es klickte, die Tür schwang auf. „Am Hafen gibt es ein paar Fischstände, wenn ich mich richtig erinnere. Wir könnten uns da noch etwas zu Essen holen.“, meinte er mit entspanntem Ton und warf einen Blick über die Schulter zurück zu seiner Begleiterin.
Shanaya lächelte über die Erwiderung des Mannes, wog den Kopf – und musste über seine nächsten Worte dann herzlich lachen. Schreckensvorstellung? Das klang wirklich hoch dramatisch. Er hatte ihr den Schlüssel abgenommen und so zuckte die Schwarzhaarige locker mit den Schultern. „Wer weiß. Vielleicht haben wir auch nie wieder eine Flaute. Eine grausame Vorstellung, oder?“ Ihre Stimme klang deutlich amüsiert. Sie war sich sicher, dass sie auch ohne Flaute genug Zeit zu zweit finden würden. Was er dann sagte, entlockte der jungen Frau doch ein leises Schnaufen. „Mir bleibt ja Nichts anderes übrig, wenn mir immer irgendjemand dazwischen funkt.“ Ihr fielen nicht wirklich viele ein, die sie ans Steuer ließ. Liam vielleicht. Sonst... sie seufzte lautlos. Aber sie folgte dem Dunkelhaarigen zur Tür, verzog nur leicht das Gesicht, als er von Fischständen sprach. „Vielleicht finde ich auf dem Weg dahin etwas anderes zu essen...“ Nicht vielleicht, hoffentlich. Aber auch das tat ihrer guten Laune keinen Abbruch, stattdessen schlängelte sie sich an Luciens Körper vorbei, strich im vorbei gehen sanft mit den Fingern über seine Hand und warf ihm dabei ein fast verspieltes Lächeln zu.
Nun ja, er überdramatisierte ein wenig. Wahrscheinlich merkte sie ihm seine ungewöhnlich gute Stimmung dadurch umso mehr an. Aber er konnte sich das auch nicht einfach nehmen lassen. Sein Blick zurück jedenfalls offenbarte, wie schrecklich die Vorstellung, die sie beschrieb, tatsächlich war. Nicht, dass es irgendeine Rolle gespielt hätte, ob Flaute oder nicht. Mal abgesehen davon würde er auch bei Stillstand nicht immer Zeit und Lust für die Schwarzhaarige übrig haben. Aber gerade jetzt war es eine entspannte, gelassene Gedankenspielerei, die zu ihrer beider Stimmung passte. „Irgendjemand muss ja darauf achten, dass du nicht bis zum Umfallen arbeitest. Völlig erschöpft nutzt du mir schließlich auch nichts.“ An dieser Stelle überließ er ihrer Phantasie, wofür sie nützlich sein sollte, warf ihr nur einen kurzen, herausfordernden Blick zu, als sie sich schon an ihm vorbei nach draußen schob. Lucien folgte ihr, zog dabei die Tür hinter sich zu und steuerte dann die Treppe hinunter in den Schankraum an. „Der Gedanke an frischen Fisch reizt dich wohl nicht besonders?“, hakte er mit einem amüsierten Unterton nach und warf Shanaya einen neugierigen Seitenblick zu.
Shanaya hatte auf die Worte des Mannes hin nur geschnauft. Eine Antwort erhielt er jedoch erst, als sie sich an ihm vorbei raus auf den Gang bewegt hatte. „Auch erschöpft bin ich sicherlich noch für das ein oder andere Vergnügen zu haben.“ Ein gespielter Protest lag in ihrer Stimme, umso ehrlicher war das Lächeln auf ihren Lippen. Sie folgte dem Dunkelhaarigen auf dem Weg zur Treppe, konnte ein leichtes Schaudern ihres Körpers dabei nicht unterdrücken. „Hast du mich in all der Zeit jemals Fisch essen sehen? Ist einfach nicht meins...“ Auch, wenn es nicht an dem Geschmack der Tiere lag. Ihr Blick huschte kurz zu dem Schankraum, während sie die Treppe hinab stieg. Es war deutlich leerer als gestern Nacht und trotzdem saß vereinzelt eine einsame Seele an einem Tisch. Die meisten hatten Krüge vor sich stehen, manch einer lag mit dem Kopf direkt daneben. Ein Mann hob kurz den Kopf, als sie neben seinem Tisch von der letzten Stufe traten, musterte sie prüfend, ehe er mit der Stirn voran wieder auf die Tischplatte fiel. Die blauen Augen der jungen Frau musterten ihn kurz, ehe sie sich mit einem kurzen Zucken der Schultern zu Lucien herum wandte. In ihren Augen lag wieder die ruhige Aufmerksamkeit, mit der sie diesen Ort gestern betreten hatte. Die Nacht über hatte sie sich relativ sicher gefühlt. Jetzt wollte sie nichts mehr als auf der Sphinx zu sein. Also wandte sie sich wieder um, ließ den Blick schweifen und trat auf die Tür zu.
Ihr leiser Protest entlockte ihm nur ein amüsiertes Schmunzeln und einen bedeutungsvollen Blick, erwiderte jedoch nichts mehr, wandte sich stattdessen dem Thema Fisch zu. Ein Blick über die Schulter verriet Lucien ihr unwilliges Schaudern, worauf er spöttisch eine Augenbraue hob. "Ich gucke den Leuten normalerweise nicht auf den Teller.", erwiderte er mit einem leisen Lachen in der Stimme. Auch während der alltäglichen Mahlzeiten mit der Crew beobachtete er die anderen eher selten allzu intensiv. Auch Shanaya nicht. Richtig bewusst bekam er eigentlich nur mit, was es bei ihr gab, wenn sie sich zusammen unterwegs einen Imbiss gönnten. "Und was machst du dann mal, wenn wir wochenlang auf See sind und uns nichts anderes bleibt, als den Fisch zu essen, den wir angeln?" Unten im Schankraum huschte sein Blick routiniert über die anwesenden Gestalten, bemerkte allerdings ebenso, wie Shanayas wache Aufmerksamkeit zurückkehrte, die sie über Nacht oben im Zimmer weitestgehend abgelegt hatte. Als sie sich wieder ihm zuwandte, legte er ihr sanft eine Hand auf den Rücken, begegnete kurz ihrem Blick und nickte dann wortlos zur Tür. Es gab für sie beide keinen Grund, länger hier zu bleiben und die Schwarzhaarige folgte seinem Gedanken ohne Umschweife. Sie verließen die Taverne, ließen Zwielicht und stickige Luft hinter sich wandten sich der Gasse zu, die sie zum Hafen bringen würde. "Wenn wir Glück haben, finden wir einen Bäcker oder Wurstverkäufer, der seinen Tür zur Seitengasse offen hat. Ich würde ehrlich gesagt ungern über die Hauptstraße zurück gehen."
Luciens Kommentar, dass er selten zu irgendwelchen Tellern schielte, ließ die Schwarzhaarige hoch dramatisch seufzen. „Das kann ich von mir leider nicht behaupten.“ Was wäre ihr schon alles entgangen, wenn sie nicht den ein oder anderen Blick gewagt hätte. Und wie viele Schläge auf die Hand hätte sie sich erspart. Seine nächste Frage ließ den Ausdruck auf ihrer Miene dann auch einen tiefen, dramatischen Zug annehmen, mit dem sie leise seufzte. „Verhungern,“ war ihre trockene Antwort. Bisher war das noch nicht der Fall gewesen und sie hatte ja auch meist einen Notfall-Vorrat in der Nähe. „Notfalls schlachte ich die Hühner.“ Jetzt hatte ihre Stimme die Dramatik verloren, machte einer kurzen Nüchternheit Platz, woraufhin sich wieder ein sachtes Lächeln auf ihre Lippen legte. Die Hand, die sie kurz auf ihrem Rücken spürte, ließ sie einen Moment die Luft anhalten, sandte ein warmes Kribbeln durch ihren Körper, das sie mit einem tiefen Atemzug im Zaum zu halten versuchte. So konzentrierte sie sich lieber auf den Weg nach draußen, auf die frische Luft, die ihnen entgegen schlug. Sie lauschte den Worten des Dunkelhaarigen, ließ den Blick dennoch aufmerksam schweifen, während sie ruhig nickte. Das war vermutlich eine gute Idee, aus mehreren Gründen. „Also immer der Nase nach.“ Sie warf Lucien ein munteres Lächeln zu, ließ den blick suchend schweifen und steuerte dann eine der Seitenstraßen an, um seinem Plan zu folgen. Der Tag hatte noch nicht seinen Höhepunkt erreicht, auch wenn einige Menschen sich auf den Straßen tummelten, wirkte dieser Ort noch nicht überfüllt.
Shanayas trockene, jedoch hochdramatische Vorhersage eines tragischen Hungertodes brachte Lucien zum Lachen. Irgendwie wachsam ob der Tatsache, dass sie wieder mehr oder weniger auf offener Straße unterwegs waren, doch zugleich auch erleichtert darüber, das stickige Wirtshaus hinter sich zu lassen und zu wissen, dass er in nicht allzu ferner Zukunft wieder das Schwanken eines Schiffes unter den Füßen spüren würde. Darüber hinaus schien ihr Vorhaben, sich bei einem Bäcker ein zweites Frühstück zu besorgen die vergangenen Ereignisse in die Schatten eines fernen Traums zu verdrängen. So surreal, als wäre nichts davon wirklich passiert. Vielleicht einem anderen. Aber nicht hier und jetzt, in seinem ganz persönlichen Umfeld. "Lass die Hühner lieber am Leben. Dann hast du wenigstens die Eier, wenn alle anderen ihren Fisch essen." Er schloss zu ihr auf, sodass sie nebeneinander die Gasse hinunter gehen konnten, ließ dabei den Blick eher beiläufig über die hoch gelegenen Fenster der oberen Etagen wandern und versuchte, wie geheißen, irgendetwas von dem zu erschnuppern, was sie suchten. Allerdings drang ihm nur der penetrante Geruch von menschlichem Unrat unterlegt mit einer Prise Salzwasser und Algen in die Nase. Nichts, das unbedingt seinen Hunger weckte. "Hast du noch was von dem Käse?", fragte er deshalb rundheraus und wandte sich wieder seiner Begleiterin zu, weil er sich nicht daran erinnern konnte, ob sie ihn eingesteckt hatte, oder nicht. Die Linke bereits auf dem Weg zu dem kleinen Messer in seiner Tasche.
Lucien erwiderte Nichts auf ihre Worte, dass sie verhungern würde – er lachte nur. Das war eine todernste Sache und er lachte! Sie hätte beinahe gespielt bestürzt geschnauft, stattdessen verengte sie leicht die blauen Augen, als der Dunkelhaarige weiter sprach und ihr mit seinen nüchternen, logischen Worten ein langsames, zustimmendes Nicken und ein Brummen entlockte. „Gut mitgedacht. Ich halte mich an dich, wenn ich kurz davor bin, den Hungertod zu sterben.“ Auch wenn viele vermutlich dachten, dass sie diesem Zustand öfter näher war als es wirklich der Fall war. Immerhin war sie nie verlegen darum, auch bei anderen zu zulangen. Egal, wer gerade in ihrer Nähe saß. Sie rümpfte leicht die Nase über die Gerüche, die in der Luft hingen. Hier roch nicht wirklich etwas danach, als könnten sie ihren Hunger stillen. Und die Frage ihres Captains ließ sie darum nur umso amüsierter auflachen. „Verzweifelst du jetzt schon?“ Ohne sich jedoch noch einmal bitten zu lassen kramte sie gespielt suchend in ihrer Tasche, holte dann das Stück Käse heraus und biss ohne Umschweife ab. Den Mund nun voll, richtete sie die blauen Augen mit unschuldiger Miene zu Lucien herum, zuckte mit den Schulter. „Ift alle, fuldigung.“
Ihr Brummen klang, als fiele es ihr ausgesprochen schwer zu honorieren, dass er Recht hatte. Ein dreistes Grinsen huschte auf seine Mundwinkel, das nur mühsam wieder zum Verschwinden bringen konnte, als sein Blick zu seiner Begleiterin hinüber huschte. Von wegen Verzweiflung! Eigentlich fragte er nur nach dem Käse, um seine Finger zu beschäftigen und die Zeit bis zum Hafen zu überbrücken. "Ich hätte kein Problem mit ein paar kleinen, geräucherten Sprotten oder einem Topf Aaalsuppe.", konterte er mit einem hörbaren Lachen in der Stimme. "Nur für dich suchen wir hier nach einem Bäcker." Da sie noch im gleichen Moment in ihrer Tasche zu wühlen begann, machte er sich über irgendwelche niederen Hintergedanken ihrerseits zunächst keine Sorgen, wartete dagegen geduldig, bis der Käse auftauchte. Nur um eine Sekunde später zuzusehen, wie sie herzhaft davon abbiss und ihm das Lächeln damit vom Gesicht zu fegen. Er holte kurz Luft, als wolle er etwas sagen, aber ihm fiel beim besten Willen nichts ein. Das war... ganz schön dreist!! In gespieltem Ärger verengte Lucien die Augen, warf ihr einen vernichtenden Blick zu. "Ich seh da aber noch was.", meinte er mit dem Kopf zu dem angebissenen Stück in ihrer Hand nickend. Sie würde nicht wissen, wann und sie würde nicht wissen, wo. Aber dafür würde er sich rächen.
Tja, was sollte sie sagen? Shanaya verengte auf die Worte des Mannes hin nur leicht die Augen, gab ein leises Brummen von sich. „Ich habe meine Gründe.“ Nicht, dass sie es auf irgendeine Art und Weise nötig gehabt hätte, sich zu rechtfertigen... aber! Im ersten Moment lag ihr ein 'Du kannst ja allein schonmal zur Sphinx vorgehen!' auf der Zunge, aber sie schluckte es herunter. Zum einen glaubte sie so oder so nicht, dass Lucien gehen würde und zum anderen... war sie viel zu froh über die Gesellschaft des Dunkelhaarigen. Der Ton in ihrer Stimme zeugte also weiterhin von ihrer guten Laune. Und die wurde noch besser, als sie auf dem Stück Käse herum kaute und ihr Captain spontan vergaß zu lächeln. Seine Worte kommentierte sie mit einem leicht hin und her neigen ihres Kopfes, ehe sie schluckte, den Kopf leicht senkte, um Lucien leicht von unten anzublicken – aus großen, blauen, vollkommen unschuldigen Augen. Sie verzog die Lippen zu einem kleinen Schmollmund, ehe sie mit der Spitze ihrer Zunge über ein Stück des Käses fuhr, den Mann dabei nicht aus den Augen ließ. „Meins.“ Ihre Stimme klang genauso unschuldig wie ihre Miene aussah und so wog sie den Kopf nun leicht zur Seite und blinzelte dem Mann zu, als könne sie kein Wässerchen trüben.
Ehrlich gesagt blieb Lucien nichts anderes übrig, als teils mit Unglauben im Blick, teils mit gespieltem Ärger auf den Zügen zuzusehen, wie sie ihre unerwartete Machtposition genoss. Ungläubig reagierte er allerdings auch nur, weil sie gerade bewies, dass sie irgendwo im Alter von Zwölf stecken geblieben war, weil sie tatsächlich den Käse anleckte um ihn als ihren Besitz zu markieren - und vor allem glaubte, dass das bei ihm wirkte. Mit dem nächsten, beiläufigen Schritt kam Lucien plötzlich näher in ihre Richtung, legte dabei eine Hand um ihre Taille, bevor sie ihm davon hüpfen konnte, während er mit der anderen das Handgelenk schnappte, in dessen Hand sie den Käse hielt. Sein Blick lag jedoch fest in ihrem Gesicht, nicht auf dem Essen. "Und du glaubst, ein bisschen Spucke hält mich davon ab, das zu essen, wenn ich es in die Finger kriege?" Ein herausforderndes Lachen schwang in seiner Stimme mit.
Shanaya riss sich zusammen, lachte nicht bei dem Anblick des Dunkelhaarigen los. Stattdessen hielt sie die unschuldige Miene aufrecht, spielte die Unschuld vom Lande. Allein seine Reaktion war ihr dieses kleine Spiel wert gewesen, auch wenn sie nicht glaubte, dass sie das Stück Käse damit für sich beanspruchen konnte. Sie hatte die Vermutung, dass er das aus Prinzip nicht zulassen würde. Und ihre kleine Scharade erzielte ihre Wirkung, genau wie sie es geplant hatte. Mit dem nächsten Herzschlag war er ihr wieder näher gekommen, ihre Hand befand sich in seiner Umklammerung. Die Hand an ihrer Taille ließ ihr Herz einige Takte schneller schlagen, ihr Lächeln wurde bei seinen Worten einen Hauch sanfter. „Den Versuch war es wert, oder?“ Sie biss sich leicht auf die Unterlippe, ließ Lucien dabei nicht aus den Augen. „Vielleicht ekelst du dich ja so sehr davor, dass dir der Hunger vergeht?“ Die gleiche Herausforderung, die in dem Grün seiner Augen lag, schlich sich auch auf ihre Züge. Sie genoss dieses Spiel noch immer viel zu sehr, um es nicht voll auszukosten.
Warum nur liefen die Dinge in ihrer Gegenwart eigentlich nie so, wie sie nur fünf Minuten vorher gemeinsam beschlossen hatten? Nur kurz etwas zu Essen organisieren und dann auf direktem Wege zurück zum Schiff. Stattdessen standen sie nun erneut dicht an dicht mitten in der Gasse und in ihren Augen glomm die gleiche Herausforderung wie in den seinen. Das gleiche, ewige Spielchen, dass sie beide offensichtlich so genossen. Belustigung ließ die tiefgrünen Augen kurz aufleuchten und er beugte sich so weit zu ihr hinunter, dass der Weg zu ihren Lippen nicht mehr weit war. "Du meinst, weil mich das bisher so angeekelt hat?" Er hielt sich nicht lange mit Erklärungen auf - ihr musste ohnehin bewusst sein, was er meinte - sondern küsste sie kurzerhand, brachte sie dazu, die Lippen für ihn zu öffnen ohne sich mit dem "sanften Vorspiel" aufzuhalten, während er sie näher an seinen Körper zog.
Shanaya hatte den Käse längst aufgegeben. In dem Moment, in dem Lucien sich nach ihm erkundigt hatte schon - genau deshalb hatte sie sich schnell einen Bissen gegönnt. Sie ging also nicht davon aus, dass sie ihn irgendwie vor dem hungrigen Captain retten konnte. Aber darüber dachte sie kaum noch nach, als er sich näher zu ihr lehnte, nur einen Hauch von ihren Lippen entfernt. Und ihr Blick auf seine Worte hin sprach Bände. Natürlich nicht. Wie hätte sie ihn anekeln sollen? Zu einer Antwort kam die Schwarzhaarige dennoch nicht, Lucien küsste sie und bis auf den Dunkelhaarigen und das Stück Käse rückte alles um sie herum in den Hintergrund. Sie lehnte sich gegen ihn, erwiderte den Kuss voller Hingabe, berührte sanft seine Zunge mit ihrer. Ihre Hand, die den Käse hielt, ließ jedoch nicht lockerer, auch wenn sie sich ganz auf den Mann vor sich konzentrierte.
Er genoss den Augenblick, solange er eben währte. Vergaß das Schiff, die Ereignisse von gestern, die Dinge die durch seinen Kopf wirbelten. Eben diese Wirkung auf ihn zog Lucien jedes Mal wieder wie magisch an. Jede Frau übte sie in gewisser Weise so auf ihn aus, das stimmte. Doch Shanaya hatte schon mehrfach bewiesen, dass sie anders war. Dass er sie darüber hinaus sogar mochte, ihre Gesellschaft schätzte und sie nicht am Tag darauf schon wieder zu vergessen gedachte. Und solange ihnen weder Erwartungen noch Verpflichtungen im Wege standen, konnte das zwischen ihnen doch ein ganz angenehmes Arrangement werden. So lange wie möglich kostete er diesen Kuss aus, spürte die Wärme ihres Körpers an seiner Brust, bis er sich langsam, fast widerwillig von ihren Lippen löste und die grünen Augen aufschlug, ihrem Blick begegnete. Neben Begierde kehrte auch der sanfte Schalk auf seine Züge zurück und er konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. "Hm..", stellte er leise fest. "Genau so sehr stört es mich." Und da er ihr Handgelenk noch immer festhielt, zog er es kurzerhand zu sich, wandte sich dem Käse zu und hapste danach, sodass ihre Finger, die das Stück noch immer festhielten, ebenfalls in seinem Mund verschwanden - allerdings ohne sie zu beißen. Noch nicht.
Shanaya hielt die Augen geschlossen, ließ sich in diesem Kuss fallen, während in ihrem ganzen Körper dieses lockende Feuer wütete. Es wollte all ihre Vernunft verbrennen, sie locken. Auch als Lucien sich von ihr löste, erlosch diese Flamme nicht. Sie musste eher dagegen ankämpfen, sich nicht sofort wieder vor zu beugen, um ihn noch einmal zu küssen. Die blauen Augen hielt sie noch geschlossen, blickte den Dunkelhaarigen erst wieder an, als das letzte Wort seine Lippen verlassen hatte. Sie lächelte amüsiert, wollte zu einer Antwort ansetzen, als Ihr gegenüber ihre Hand zu seinem Mund führte - und einen Herzschlag später ihre Finger in seinem Mund lagen, das Stück Käse noch immer festhaltend. Ihr lächeln wurde etwas breiter. "Und jetzt? Meinst du, ich lasse los?" Shanaya hob leicht eine Augenbraue, dann die zweite Hand, die unter den Saum seines Hemdes glitt und mit sanften Bewegungen über seine Haut strich.
Als ihre Hand unter sein Hemd glitt, zuckte seine Bauchdecke reflexartig zurück, als rechnete sein Körper im ersten Moment damit, dass die Berührung in irgendeiner Form kitzeln würde. Lucien musste ein Lachen unterdrücken, wich eher aus Albernheit, als aus Unbehagen weiter aus - was mit ihrer Hand unter seinem Hemd alles andere als einfach war - und saugte ihr kurzerhand das Stück Käse aus den Fingern. Er würde das Objekt seiner Begierde sicherlich nicht aufgeben, nur weil ihre Berührung etwas versprach, das er nur zu bereitwillig entgegen genommen hätte. Aber diesmal nicht. Diesmal ließ er sich nicht mit Sex ködern. Mit dem Käse im Mund lachte der Dunkelhaarige, ließ Shanayas Handgelenk los und entzog sich ihr so weit, dass auch ihre Hand unter dem Stoff hervor glitt. In den tiefgrünen Augen blitzte jugendlicher Schalk, der ihn jünger erscheinen ließ, als ihn seine Vergangenheit hinterlassen hatte. Als er aufgekaut hatte, begegnete sein Blick dem ihren, doch er hielt bewusst Abstand - zumindest, bis er das geradezu spielerische Verlangen in seinem Inneren wieder halbwegs unter Kontrolle bekommen hatte. "Jetzt... könnten wir eigentlich auch zum Schiff zurück.", meinte er und ließ durchklingen, dass er jetzt wirklich alles bekommen hatte, was er wollte.
Shanaya rang mit dem Gedanken, ob sie den Dunkelhaarigen hier und jetzt oder erst auf dem Schiff verprügeln sollte. Beides war eine Möglichkeit und sie hätte das Ganze am liebsten direkt hinter sich gebracht. Und hier gab es keine Zeugen, die sie wegen Captainsmord anklagen konnten. Es klang also nach einem guten Plan. Er wich unter ihrer Berührung zurück und Shanaya blieb trotz allem stehen, wog den Kopf etwas zur Seite und musterte den Dunkelhaarigen mit einem prüfenden Blick. Ihr huschte für einen Moment das Bild durch den Kopf, wie sie ihn zu Boden rang, um an das Stück Käse zu kommen, jedoch hatte sie sich nicht wirklich darum bemüht, es für sich zu behalten. Also ließ sie Lucien seinen kleinen Sieg, während sie die eine Hand sinken ließ, die andere übertrieben dramatisch in ihrer Hose abputzte. „Man lutscht einer Lady nicht an den Fingern rum, merk dir das!“ Sie lachte mit einem warmen Ausdruck, der auch in dem Blau ihrer Augen lag. Einen Herzschlag lang noch musterte sie den Älteren, schüttelte dann mit einem leisen Lachen den Kopf, ehe sie auf ihn zu trat, die Finger ihrer 'sauberen' Hand sanft über seine Wange streichen ließ, ohne den Blick von seinen Augen zu nehmen. „Du kannst gern vor gehen, ich armes Wesen wurde schon wieder um mein Essen betrogen und muss mir jetzt erst etwas erbetteln gehen.“ Sie zwinkerte ihm ruhig zu, ehe sie ihm den Rücken zu wandte und sich wieder in Bewegung setzte.
Irgendwie wirkte der prüfende Blick, mit dem sie ihn musterte, wie der einer Frau, die gerade überlegte, wie sie ihn am besten skalpieren sollte. Er konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, als sie sich die Hand, die jetzt käselos war, demonstrativ an der Hose abwischte, achtete aber dennoch darauf, einen gewissen - nicht zu großen Sicherheitsabstand zu wahren. Immerhin hatte er eine kleine Schwester und wusste um die ein oder andere Möglichkeit, wie sie sich in diesem Moment an ihm hätte rächen können. Ihr Lachen letztendlich klang glockenhell in der schmalen Gasse, lockte Schalk und ehrliche Wärme gleichermaßen auf seine Züge, sodass er auch nicht dramatisch die Flucht ergriff, als sie die Hand ausstreckte und flüchtig seine Wange berührte. "Da hab ich ja Glück, dass du vielmehr Bettlerin als Lady bist und ich dir ungestraft am Finger lutschen darf." Das krampfhaft unterdrückte Lachen war kaum zu überhören. Doch er wandte sich nur halb in Richtung Hafen um, ließ den Blick mit ausgesprochen guter Laune auf ihr ruhen und bedeutete ihr in einer übertriebenen und alles andere als formvollendeten Verbeugung, dass er ihr doch lieber den Vortritt ließ - nur um sich ihr anzuschließen, als sie gleich auf war und den Weg mit ihr gemeinsam zurück zu gehen.