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This mark you’ve made on me can’t be erased
Lucien & Shanaya ✓✓
Szenen-Informationen
Charaktere Gast
Datum 9 April 1822
Ort Kleine Insel Herzogtum Tarlenn
Tageszeit Später Abend
Crewmitglied der Sphinx
für 60 Gold gesucht
dabei seit Nov 2015
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#1
This mark you’ve made on me can’t be erased
Später Abend des 09. Mai 1822
Lucien Dravean & Shanaya Árashi


Die Sonne versank langsam über den Dächern der Stadt, tauchte inzwischen alles in ein tiefes Rot. Die Menschen auf den Straßen achteten kaum auf ihre Umgebung, die meisten eilten nach Hause zu ihren Familien. Nur Shanaya schlenderte mit ruhigen Schritten durch die Straßen, ließ den Blick dabei aufmerksam schweifen. Der Hafen war noch ein ganzes Stück entfernt, aber sie hatte alle Zeit der Welt. Sie hatte in der Stadt alles erledigt, wofür sie losgezogen war und so musste sie jetzt nur noch zur Sphinx zurück kehren. Gut gelaunt, mit einem leisen Summen auf den Lippen, bog die junge Frau in eine der Seitengassen ab, die sie als kleine Abkürzung in Erinnerung hatte. Nach wenigen Metern folgte eine erneute Abzweigung, die von einer Laterne spärlich beleuchtet wurde. Jemand stand dort, der Schatten eines Mannes fiel auf den grauen Boden. Aber Shanaya erkannte nicht das Gesicht, nur den Körper des Fremden. Sie störte sich also nicht daran, setzte ihren Weg fort, bis sie die Hauswand erreicht hatte und weiter nach rechts gehen wollte.

Ich hatte gehofft, dass du diesen Weg gehen würdest.“

Mitten in ihrer Bewegung erstarrte Shanaya. Der Klang dieser Stimme... Sie hatte den Blonden erkannt, bevor er gesprochen hatte – aber erst mit seinen Worten nahm sie ihn vollkommen wahr. Der letzte Mensch aller Welten, den sie sehen wollte. Das Summen war verstummt, augenblicklich wich die Schwarzhaarige einen großen Schritt zurück und zog in der selben Bewegung ihren Degen. Bláyron.
Er stand vor ihr, die Arme verschränkt, den grünen Blick fest auf sie gerichtet. Shanayas ganzer Körper spannte sich an, all ihre Sinne konzentrierten sich auf den Mann, der ihr nun mit einem ruhigen Schritt folgte. Sie hätte weglaufen können, wie bei Mardoc. Irgendeinen verworrenen Weg nehmen, um ihn abzuhängen. Aber ihr Körper gehorchte nicht, der Hass, den sie beinahe auf der Zunge schmeckte, lähmte sie, nahm ihr jegliche Kontrolle und klaren Gedanken. Bláyron kam einen weiteren Schritt näher, den die junge Frau weiter zurück wich, sodass ihr Rücken gegen die Steinwand hinter ihr stieß. Ihr Herz raste, unzählige Gedanken kreisten durch ihren Kopf, aber all das schien sie durch den unendlichen Zorn, der in ihr brodelte, kaum wahrzunehmen.

Kleine Schwester, du hast doch nicht etwa Angst vor mir?“

Er grinste, sein Gesicht glich mehr einer Grimasse. Ihre Hand, ihr ganzer Körper bebte und trotzdem umfasste sie den Knauf ihres Degens fester, so sehr, dass ihre Hand zu schmerzen begann.

Wo sind deine kleinen Freunde? Ich an deiner Stelle würde aufpassen, vielleicht ist mir der ein oder andere schon begegnet...“

Seine Worte nahmen ihr einen Moment lang die Luft, schnürten ihr die Kehle zu. Was wusste er? Hatte Mardoc ihm etwas erzählt? Hatte ihr Bruder...? Die Schwarzhaarige schüttelte in einer fast hektischen Geste den Kopf, versuchte diesen Gedanken aus ihrem Kopf zu verbannen. Sie durfte sich davon nicht ablenken lassen, genau das wollte er. Sie ausspielen, sie ablenken...
Der Mann kam noch einen Schritt näher, stand nun fast direkt vor ihr. Sofort hob Shanaya die Hand, die den Degen umklammerte, holte aus, um den Blonden irgendwie von sich fort zu schlagen. Nur hatte er genau damit gerechnet, hatte selbst den Degen gezogen und wich in einer fließenden Bewegung zur Seite aus. Schneller als Shanaya hätte reagieren können, hob er selbst die Waffe, zielte mit einem Schlag auf die Hand seiner Schwester. Im nächsten Moment zog sich ein deutlicher Schnitt durch ihre Haut auf der Hand, aus Reflex löste sie die Umklammerung um ihren Degen, der laut klirrend zu Boden fiel. Sie wollte sich danach bücken, schnell genug sein, um wenigstens eine kleine Chance zu haben, aber ihr Bruder war längst noch einen Schritt näher gekommen, drückte sie nun mit seinem Körper gegen die Steinwand sodass sie sich kein Stück bewegen konnte. Sie atmtete deutlich schneller, wich dem Blick aus den grünen Augen jedoch nicht aus. Eisiger Hass lag darin, aber auch das änderte nichts daran, dass Bláyron jeden Versuch vereitelte, ihn von sich weg zu schieben, bis er ihre Arme einfach festhielt.

Du bist einfach verschwunden, ohne dich richtig zu verabschieden.“

Mit diesen Worten ließ der Blonde einen ihrer Arme los, zog einen Dolch von seinem Gürtel, den er an die Schnüre ihrer Corsage legte. Der Zorn, der mehr und mehr in Shanaya kochte, trieb ihr Tränen in die Augen, während sie den Druck der Klinge spürte, die jetzt langsam die Schnürung durchschnitt.  Tränen rannen ihr über die Wange, ihre Stimme war nur ein leises Flüstern.

Verschwinde...“

Er hörte nicht auf, schnitt die letzte Schnur durch, die Corsage rutschte an ihrem Körper hinab auf den Boden.

Ich verstehe dich nicht, du musst schon lauter sprechen...“

Mit jedem Wort des Blonden spürte sie mehr Hass, mehr Zorn und das Verlangen, Bláyron jeden Schmerz der Welt zu zufügen. Sie zitterte, wollte sich wehren und konnte doch Nichts tun. Bis zu dem Moment, in dem Bláyrons Hand, die den Dolch wieder weg gesteckt hatte, sich an ihre Bluse legt, sie mit dem lauten Geräusch von reißendem Stoff aufriss. Und wieder kam er näher, legte die Lippen an ihren Hals. In diesem Moment packte Shanaya eiskalte, blinde Wut. Ihre freie Hand löste sich aus ihrer Starre, griff nach ihrem eigenen Dolch und zielt mit aller Kraft auf das Gesicht ihres Bruders. Die Klinge traf, schnitt ihm quer über die Wange, als der Mann etwas zurück wich.

VERSCHWINDE!“

Für den Hauch einer Sekunde ließ er von ihr ab, wich jedoch nicht zurück. Shanaya wollte sich frei kämpfen, den Moment nutzen, um sich in Sicherheit zu bringen. Aber Bláyron war wieder schneller, legte ihr die Hand um den Hals und drückte sie rücklings gegen die Wand, drückte ihr die Luft ab. Er kam ihrem Gesicht noch einmal näher, in der Stimme eine deutliche Drohung.

Merk dir eins, Shanaya. Du bist allein und daran wird sich nie etwas ändern. Ich werde dafür sorgen, dass du niemals glücklich wirst. Das verspreche ich dir. Diesmal lasse ich dich gehen, aber nur, damit wir uns bald wieder sehen.“

Noch einen Moment hielt er die Schwarzhaarige fest, ehe er sie los und von ihr abließ, sodass die junge Frau mit einem Keuchen nach Luft schnappte. Er hatte genug fürs Erste, aber das war gewiss nicht ihre letzte Begegnung gewesen.
Ihr Bruder war fort und mit einem Mal herrschte Stille. Shanaya hörte Nichts, außer dem schmerzenden Schlagen ihres gehetzten Herzens. Zitternd sank sie auf die Knie, die Wangen voller Tränen, die nicht versiegten. Die junge Frau schlang die Arme um ihren Körper, versuchte sich irgendwie zu beruhigen. Den Schmerz der Wunde auf ihrer Hand nahm sie kaum wahr, genau wie das Blut, das ihre zerrissene Bluse beschmierte. Sie wollte hier weg, zur Sphinx, irgendwohin. Aber ihr Körper gehorchte nicht, gab ihr keine Chance, sich zu bewegen.  
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#2
Keine zwei Stunden mochte es her sein, dass er Shanaya zuletzt getroffen hatte. Nur eine kurze Begegnung, ein kleiner Schlagabtausch, bevor sie getrennter Wege gingen, um sich ihren jeweiligen Erledigungen zu widmen. Als er danach auf die Sphinx zurück kehrte, um sie zu suchen, war die Schwarzhaarige noch nicht zurück und da er sonst nichts Weltbewegenderes vor hatte, das ihn die Wartezeit hätte überbrücken lassen, zog er es vor, ihr ein Stück weit entgegen zu gehen. Dieses Nest war klein genug, um die Wege, die sie zurück zum Hafen hätte nehmen können, auf nicht einmal mehr eine Hand voll einzuschränken. Er konnte also getrost davon ausgehen, dass er früher oder später über sie stolperte.
Als er Shanaya jedoch fand, hätte er sie beinahe übersehen. Wäre an der Mündung der Seitengasse, in der sie hockte, einfach vorbei gegangen. Was ihn dazu brachte, zur Seite zu schauen, konnte er im Nachhinein auch nicht sagen. Ein Geräusch vielleicht. Eine Bewegung. Oder einfach sein Unterbewusstsein, das ihm sagte, dass die Silhouette in seinem Augenwinkel etwas Vertrautes an sich hatte. Was auch immer es war, es reichte, um ihn eher beiläufig den Kopf drehen zu lassen – bevor er ruckartig stehen blieb.
Sie kniete im Schmutz, ein hellrotes Rinnsaal zog sich ihren Handrücken und Unterarm hinab, den sie um ihren Körper geschlungen hatte, als versuche sie, die zerfetzte Bluse zusammen zu halten, die sie gerade noch so bedeckte – oder sich selbst. Und niemand, der noch einigermaßen bei Verstand war, hätte in diesem Augenblick nicht die gleichen Schlüsse gezogen, wie Lucien es tat.
Doch noch zu surreal erschien ihm diese Szene, zu taub machte sie ihn, dass er darüber etwas anderes empfand, als den drängenden Wunsch, sie aus ihrer Starre zu holen, aus dieser unglaublich verletzlichen Haltung und sie von hier weg zu bringen. Ohne lange darüber nachzudenken, was er tat, folgte er diesem Wunsch.

Shanaya?

Er sprach sie so unendlich sanft an, dass er seine eigene Stimme kaum erkannte, als er langsam vor ihr in die Hocke ging. Wann hatte er sich jemals einem anderen als seiner eigenen Schwester gegenüber so verhalten? Wann war ihm sonst je in den Sinn gekommen, den Anblick eines anderen nicht ertragen zu können? Er konnte sich nicht erinnern.
Leise, fast lautlos, stieß Lucien die Luft aus und hob vorsichtig die Hand. Zögerte einen Moment, bevor er flüchtig ihre Wange mit den Fingerspitzen berührte. Jeden Moment damit rechnend, dass sie sich zur Wehr setzte, sollte sie ihn nicht gleich erkennen.
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#3
Die Zeit verstrich, es fühlte sich an wie endlos lange, eiskalte Stunden. Shanayas Körper reagierte nicht auf ihre Umwelt, sie nahm kaum ein Geräusch war, nicht wie viel Zeit vergangen war, seitdem ihr Bruder sie hier zurück gelassen hatte. Der Drang, sich zu verstecken, schien übermannend und doch regte sie sich nicht, schlang nur ihre Arme noch ein wenig fester um ihren Körper. Niemand kam vorbei, Bláyron kam jedoch auch nicht zurück. Das war ihre erste Befürchtung gewesen, dass er wartete, sie sich in Sicherheit wiegen ließ und dann zurück kam. Aber es blieb still und vielleicht war er wirklich einfach verschwunden. Shanaya hoffte es.
Weitere Zeit verging, in der die junge Frau sich nicht bewegte, die Tränen auf ihren Wangen trockneten nicht. Und dann waren da Schritte, die ohrenbetäubend laut an den Wanden wieder hallten, die ihr Herz schneller antrieben. Sie musste an ihren Degen kommen, sie musste sich wehren können. Egal, wie bewaffnet er zurück kommen würde. Auch wenn er weitere Männer mit sich brachte. Sie musste gegen jeden einzelnen bestehen, wenn sie hier heraus kommen wollte. Die blauen Augen huschten zu ihrem Degen, der in ihrer Nähe auf dem Boden lag. Aber sie konnte sich nicht bewegen, ihr zitternder Körper gehorchte nicht. Trotzdem verließ kein Laut ihre Lippen, als hätte sie Hoffnung, nicht bemerkt zu werden. Eine Stimme drang durch die Dunkelheit, aber weder erkannte sie sie in diesem Moment, noch verstand sie, was sie sagte. Zumindest oberflächlich, nur in ihrem Innersten regte sich ein kleiner Funke, der sie hoffen ließ. Trotzdem kämpfte sie verzweifelt gegen die Ketten an, die ihren Körper fest im Griff hatten. Sie lösten sich auch nicht, als eine Silhouette vor ihr auftauchte, ihr so nah kam, dass sie aus einem ersten Reflex beinahe zurück gewichen wäre. Dann spürte sie die sanfte Berührung an ihrer Wange, das warme Gefühl, dass das Gefühl der Erkennung aus ihrem Inneren heraus kitzelte. Kaum zwei Herzschläge vergingen nach dieser Berührung, ehe die Schwarzhaarige den Kopf hoch riss, Lucien aus verwirrten, blauen Augen entgegen blickte. Mit der aufglimmenden Glut der unbändigen Freude kam jedoch auch die Kälte der Angst, die die Hand fest um sie schloss. Er war hier. Lucien war... wenn Bláyron noch in der Nähe war...
Zum ersten Mal regte sich der Körper der Dunkelhaarigen, ihr inneres Chaos für einen Herzschlag vergessend rutschte sie das kleine Stück vor, bis sie Luciens Körper nah genug war, um die Hände in sein Hemd zu graben, um sich an ihn zu lehnen. Vielleicht konnte er ihr helfen, dass ihr Körper nicht mehr unkontrolliert zitterte, dass sie sich beruhigen konnte.

... Geh... bitte...“ Ihre Stimme war brüchig, hatte Nichts von der Sicherheit, die sonst darin mitschwang. Aber alles an ihr strafte diese Worte Lügen. Sie wollte nicht, dass er ging. Auch wenn er in Gefahr war, sie wollte nicht von seiner Seite weichen. „Er darf dich hier nicht sehen.“

Ihre zittrigen Hände krallten sich mit diesen Worten nur noch fester in den Stoff seines Hemdes, während ihr Kopf langsam gegen seine Brust sank. Sie schloss die blauen Augen, hoffte, so vergessen zu können, in was für einer Situation sie sich befand. Dass sie sich einfach auf die Sphinx denken konnte, fern von dieser lähmenden Kälte, die sie fest im Griff hielt.

Bitte...“
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#4
Sie zuckte nicht zurück, auch wenn er die Anspannung in ihren Schultern bemerkte, noch während er sich ihr näherte. Doch als seine Finger ihre Haut streiften, schien sie ihn zu erkennen und hob, nur Herzschläge später, den Blick zu ihm. Lucien hielt für einen Moment den Atem an, hätte sich dem nicht entziehen können, selbst wenn er es gewollt hätte.
In ihren Augen stand ein Ausdruck von Verwirrung. Er meinte sogar, Angst darin zu erkennen. Und über ihre Wangen zog sich eine feuchte Spur aus Tränen, die einfach nicht versiegten. Doch ihre Iris war so klar und hellblau wie der Himmel an einem strahlenden Sommertag. Wie konnte sie nur so verletzt und zugleich so schön sein?
Seine Hand legte sich sanft an ihre Wange und zugleich lehnte Shanaya sich ihm entgegen, brachte ihn beinahe aus dem Gleichgewicht. Ganz intuitiv verlagerte er seinen Schwerpunkt nach vorn, sackte mit einem Knie auf den Boden, sodass er nun halb hockte und halb kniete, um sie beide halten zu können, während er sie in seine Arme schloss. Sie zitterte, brachte ein paar leise, brüchige Worte heraus, die er kaum verstand. Erst mit dem nächsten Satz wurde ihm ihre Bedeutung gänzlich bewusst und ließ Lucien unwillkürlich die Stirn runzeln.
Er darf dich hier nicht sehen? Er? Der erste, an den er dachte, war Mardoc. Aber das ergab keinen Sinn. Shanaya wusste durchaus, wie wenig er eine Begegnung mit diesem Mann fürchtete. Eher sehnte er sie herbei – auch das musste ihr bewusst sein. Beide Männer waren sich durchaus ebenbürtig. Erst recht jetzt, da er mehr und mehr zu alter Kraft zurück fand.

Wer, Shanaya? Wen meinst du mit 'er'? Hier ist niemand, außer uns.

Seine Stimme blieb nach wie vor unendlich sanft. Jeder Gedanke richtete sich auf die junge Frau und das, was ihr passiert war. Doch ein kleiner Teil seiner Aufmerksamkeit lauschte auf Schritte, wagte einen kurzen Blick nach links oder rechts, ob jemand die beiden Gestalten in der Seitengasse beobachtete. Nichts.
Mit einer beruhigenden Geste strich er ihr eine kohlrabendschwarze Strähne hinter das Ohr, zog sie noch ein Stück näher an sich, bevor er das Gesicht sacht in ihr Haar lehnte.

Du weißt, dass ich nicht gehen werde.
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#5
Luciens Nähe löste so unendlich viel in ihr aus, brachte sie durcheinander. Shanaya konnte all das nicht ordnen, zu viel Chaos herrschte in ihrem Inneren. Dennoch konnte sie sich nicht entspannen, auch wenn sie Lucien kaum näher sein konnte. Ihr Körper beruhigte sich nicht, ihre Augen brannten durch die Tränen. Sie spürte die Bewegungen des Dunkelhaarigen und einen Moment lang glaubte sie, er würde sich an ihre Worte halten, würde gehen und sie hier lassen. Sie hoffte es so sehr, fürchtete sie doch, dass Bláyron zurück kam und sein nächstes Opfer in seinem kleinen Spiel gefunden hatte. Und doch fürchtete sie noch viel mehr, dass Lucien sich von ihr lösen würde, sie zurück ließ und damit auch die kleine Flamme wieder erlosch, die sie sanft wärmte. In diesem Chaos aus Gedanken schlug sie die Augen auf, auch wenn sie nicht wusste, was sie getan hätte, wäre der Dunkelhaarige nun aufgestanden. Sie wollte nicht wieder allein sein.
Lucien selbst war es, der diese Angst im Keim erstickte, sie ihr nahm und das kleine Glühen nur noch mehr anfachte. Die Arme, die sich um sie schlossen, ließen sie das erste Mal ruhiger durchatmen, als löste er damit die Kette, die sich fester und fester um ihren Hals gelegt hatte. Sie löste sich in der Umarmung des Mannes, gab ihr wieder Raum, um sich wenigstens ein wenig zu beruhigen. Trotzdem ließ sie das Gesicht gegen Luciens Brust gelehnt, schloss wieder die Augen und versuchte mit ruhigen Atemzügen zur Ruhe zu kommen. Sie ließ sich dazu fallen, verlor sich in den Armen des Mannes. Egal, wie verletzlich sie sich in diesem Moment damit machte, wie sehr sie sich ihm auslieferte. Hier fühlte sie sich sicher, ohne dieses Gefühl genauer definieren zu können. Sie entspannte sich, nur der feste Griff an seinem Hemd blieb bestehen. Seine Stimme, so sanft und weich, halfen ihr dabei, auch wenn seine Frage noch einmal etwas in ihr hochkochen lassen wollten. Aber sie schluckte es herunter, atmete einfach dagegen an.

Bláyron. Er war hier und... er... er wollte...“

Ihre Stimme brach mit einem zitternden Ton ab. Schon wieder. Es war nicht das erste Mal gewesen, dass ihr Bruder ihr auf diese Art und Weise näher gekommen war. Ob Lucien verstand, was sie sagen wollte? In einem absurden Gedanken fragte sie sich still, ob er es wohl damit verbinden würde, dass sie ihn nur bis zu einem gewissen Punkt an sich heran ließ. Dass sie ihn nicht an sich heran ließ, weil der einzige, der ihr auf diese Art und Weise näher gekommen war, ihr eigener Bruder war. Ihr wurde bei diesem Gedanken speiübel, wieder wollte endloser Hass sich durch ihr Inneres fressen, aber Lucien drängte es mit einer sachten Berührung zurück, strich ihr eine Strähne hinter das Ohr und sprach leise Worte, die sie langsam die Finger aus seinem Hemd lösen ließen, nur um die Arme um seinen Körper zu legen, während er sie noch ein wenig näher zu sich zog. Ihr Zittern wurde weniger, nur seine Worte trieben ihr noch einmal Tränen in die Augen, womit sie auf seine Worte Nichts zu erwidern wusste. Er hatte ihr gesagt, dass sie nicht allein war. Und jetzt war er wieder hier, beruhigte sie in einem Moment, in dem sie geglaubt hatte, sie müsste ihn wieder und wieder allein durchstehen. Sie wollte noch immer fort von diesem Ort, irgendwo in Sicherheit, wo ihr Bruder sie nicht finden würde. Und doch... schien es in diesem Moment keinen sichereren Ort zu geben als in Luciens Armen.

Er wird wieder kommen.“

Sie wusste nicht, wieso diese Worte über ihre Lippen kamen. So leise, dass sie sich nicht einmal sicher war, ob Lucien sie verstehen würde. Natürlich würde er das. Wenn nicht heute, dann an einem anderen Tag. Und sie wusste nichr, worauf sie hoffen sollte. Darauf, dass sie dann wieder allein sein würde... oder darauf, dass sie jemanden in Gefahr brachte, der ihr so viel mehr bedeutete, als sie sich in diesem Moment eingestehen würde.
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#6
Sie drängte sich an ihn, als versuche sie, in ihn hinein zu kriechen, erinnerte ihn in diesem Moment mehr denn je an seine kleine Schwester in einem Augenblick tiefster Verzweiflung. Sie, die immer starke ewige Einzelkämpferin. Dass es diese andere Seite in ihr gab, wusste er längst. Tief vergraben und verborgen vor den Augen anderer hinter ihrem sonst so unerschütterlichen Selbstvertrauen. Doch nie in all der Zeit seit sie sich kannten, hatte Lucien darüber nachgedacht, wie groß das Maß an Vertrauen sein musste, dass sie ihm inzwischen entgegen brachte. Das Maß, das nötig war, um in diesem Augenblick, in dem sie so endlos verletzlich wirkte, seine Nähe zu suchen. Gerade seine. Gerade er, dem das Elend anderer nicht gleichgültiger sein konnte. Gerade er, der für jene verletzliche Seite in ihr die ungesündeste Wahl war, wenn sie den Fehler beging, sie in seine Obhut zu legen.
Doch er bildete sich ein, dass es half. Das Zittern in ihren Gliedern ließ nach, nur der Griff ihrer Hände in seinem Hemd blieb unvermindert kraftvoll. Eine feine Blutspur färbte bereits den hellen Stoff eben dort, wo sie mit dem lädierten Handrücken die Leinenfasern streifte. Er störte sich nicht daran, hauchte ihr rein intuitiv einen sachten Kuss auf den Scheitel und wiederholte in immer gleicher, beruhigender Weise die Bewegung, mit der seine Finger durch ihr dunkles Haar glitten.
Bis ihre Worte ihn abrupt innehalten ließen und sich eine Welle der Anspannung durch jeden Muskel seines Körpers zog. Scharf zog er die Luft ein, bevor er in seiner Atmung kurzerhand stoppte. Bláyron? Bláyron?!?

Dein Bruder hat dir das angetan??

Abscheu regte sich in ihm, brachte ihn dazu, sich ein Stück weit von ihr zu lösen, um einen Blick in ihr Gesicht zu erhaschen. Vorsichtig zwar und ohne allzu viel Abstand zwischen sie zu bringen und ihr den Halt nicht zu verwehren, den sie suchte, aber nachdrücklich. Ihr eigener Bruder...
Lucien wusste nur zu gut, dass das Verhältnis zwischen Shanaya und Bláyron in keinster Weise dem zwischen Talin und ihm entsprach. Er hatte die Narben gesehen, hatte gehört, wie die Schwarzhaarige über diesen Mann sprach... und einen seiner Schläger schließlich leibhaftig kennen gelernt. Der Mensch, der hinter all dem steckte, konnte nichts Gutes an sich haben. Doch das er so weit gehen würde? So abgrundtief verdorben war, dass er seine eigene Schwester auf diese Art verletzte?

Komm.“ Der 21-Jährige zwang sich zu Ruhe, zu Besonnenheit, bewegte sich nur vorsichtig, um Shanaya die Gelegenheit zu geben, ihm zu folgen. „Lass uns erst mal von hier verschwinden. Wir sollten von der Straße runter.

Und auch wenn er ihre letzten Worte kaum gehört hatte, hätte das ebenso die Antwort darauf sein können.
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#7
In den Momenten, in denen weder sie noch Lucien etwas sagten, lauschte Shanaya unentwegt auf die Umgebung. All ihre Sinne blieben aufmerksam, um nicht zu verpassen, sollte Bláyron tatsächlich zurück kommen. Aber es blieb weiterhin ruhig, in der Ferne hörte man nur das ferne Rauschen des Meeres. Und leises Stimmgewirr, Lachen, das an den Wänden widerhallte. Aber man ließ sie in Ruhe, niemand kam zu ihnen. Allmählich beruhigte sich ihr Körper dadurch etwas, auch wenn die Anspannung noch längst nicht vollkommen verschwunden war. Daran änderte auch die sanfte Berührung des Mannes nichts, auch wenn sie Wärme durch ihren Körper sandte. Als Luciens Körper selbst sich dann anspannte, fürchtete Shanaya im ersten Moment, jemand wäre doch zu ihnen gekommen, kam auf sie zu und erst mit seiner Frage fiel dieser Gedanke wieder von ihr ab. Seine Stimme klang... ungläubig und bevor sie reagieren konnte, lehnte der Dunkelhaarige sich ein Stück zurück. Shanaya öffnete die blauen Augen wieder, blickte Lucien direkt ins Gesicht und brachte doch nicht mehr als ein vorsichtiges Nicken hervor. Ihr lag ein leises 'Das war nicht das erste Mal' auf den Lippen, sie gab jedoch keinen Ton von sich. Er war nicht umsonst der Mensch, den sie mehr als jeden anderen hasste. Aus tiefstem Herzen. Genau das war einer der unzähligen Gründe. Sie hätte Lucien weitere Fragen beantwortet... er verdiente es in ihren Augen. Nur nicht hier, nicht jetzt. Wenn sie ihn, nach der Begegnung mit Mardoc, richtig einschätzte, würden Fragen kommen. Bisher hatte sie bewusst verschwiegen, was genau Bláyron alles getan hatte... vielleicht würde sie ihm davon jetzt etwas offenbaren.
Als er sie dann aufforderte, lockerte Shanaya einen Arm, den sie noch um seinen Körper gelegt hatte, wischte sich damit über die von den Tränen geröteten Augen. Sie wollte hier weg und eigentlich nur zurück zur Sphinx. Aber... vielleicht war das keine gute Idee. Vielleicht... mit Luciens nächsten Worten nickte die junge Frau erneut, erhob sich schließlich mit seiner Hilfe, um auf zitternden Beinen stehen zu bleiben, sich mit einer Hand in den Ärmel des Dunkelhaarigen krallte. Die Bluse, die nur noch einen Teil ihres Körper bedeckte und deren aufgerissener Saum sachte über ihre Haut strich, nahm ihr einen Moment die Luft, ließ ihren Körper noch einmal vor Wut zittern. Sie kniff die Augen zusammen, einen Moment danach war ihr, wütend auf die Steinwand neben sich einzuschlagen. Es brauchte einige, tiefe Atemzüge, bis sie sich wieder etwas beruhigt hatte.

Ich sollte nicht sofort zurück zur Sphinx... er würde mir sicher folgen...“

Ihre Stimme blieb leise, zittrig. Und ihr Blick, der nur kurz den des Dunkelhaarigen streifte, richtete sich auf die Gabelung der Straßen, in der Bláyron verschwunden war. Sie würde auch allein gehen, irgendwohin. Sie wollte niemanden in Gefahr bringen, weil Bláyron es auf die abgesehen hatte, die er mit ihr zusammen sah. Niemanden aus der Crew... und vor allem nicht Lucien. Vielleicht wäre es besser, wenn er vorging, den Weg zum Hafen anschlug und sie... vielleicht fand sie irgendeine unbewachte Halle, in der sie den Rest der Nacht verbringen konnte. Ganz vorsichtig hob sie den blauen Blick wieder zu Lucien, während ihre freue Hand irgendwie ihre Bluse zusammen hielt.
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#8
Sie hatte auf seine Frage hin nur schwach genickt, ihn dann seinen eigenen Gedanken überlassen und den Szenarien, die sie sich ausmalten. Doch Lucien hatte den Drang, weiter nachzubohren, mühsamst unterdrückt. Die Sache mit einem leisen, aber doch tiefen Ausstoßen der Luft auf sich beruhen lassen, das durchaus verriet, wie schwer ihm diese Entscheidung fiel. Vorerst. Ganz sicher nicht für immer. Aber wie schon gesagt: Erst einmal sollten sie von der Straße runter und er verbot seinem Verstand mit aller Macht, Shanayas Andeutung weiter zu spinnen. Ihr eigener Bruder.
Er presste die Kiefer fest aufeinander, reagierte im nächsten Moment sichtbar, aber doch positiv überrascht, dass die Schwarzhaarige seinem vorsichtigen Versuch, aufzustehen, tatsächlich folgte. Ihren leicht schwankenden Körper zu stützen, lenkte ihn zumindest weit genug ab, um sich ganz auf sie zu konzentrieren – nicht darauf, was ihr möglicherweise zugestoßen war. Sie krallte sich nach wie vor Halt suchend in den Ärmel seines Hemdes, bedeckte mit der anderen Hand notdürftig ihre Bluse. Doch im Gegensatz zu jeder anderen sich bietenden Gelegenheit ruhten die tiefgrünen Augen nun gänzlich aufmerksam auf ihren Zügen und als sie ihre Stimme wieder fand, konnte er nicht anders, als flüchtig zu lächeln. Weder amüsiert, noch auf irgendeine Art abfällig. Sondern auf eine Weise sanft, die eine Frau bei ihm sonst vergeblich suchte.
Er schien zu ahnen, was in ihr vor ging.

Nicht weit von hier ist eine dieser üblen Hafenspelunken. Bestimmt nicht der gemütlichste Ort, aber genauso gut wie jeder andere.

Noch einmal und ebenso sacht wie zuvor, strich er Shanaya eine Haarsträhne aus dem Gesicht und zog sie aus der Bewegung heraus näher an sich heran. Weniger, um sie zu beruhigen, als vielmehr um ihren Körper gegen die belebtere Hauptstraße abzuschirmen, über die auch er selbst bis hier her gekommen war.
Selten hatte er sich so sehr einen Mantel herbei gewünscht, wie in diesem Moment. Irgendetwas, um sie zu bedecken und vor neugierigen Blicken zu verbergen. Sein eigenes Hemd konnte er dafür schwerlich hergeben. Mit nacktem Oberkörper zog er mehr Aufmerksamkeit auf sich, als wenn sie beide Arm in Arm durch die Seitengassen „turtelten“. Und in der schummrigen Dunkelheit einer Hafenkneipe sah wahrscheinlich ohnehin niemand genauer hin.

Wir gehen durch die Seitenstraßen. Komm mit.

Sanft aber bestimmt setzte Lucien sich in Bewegung, zog die junge Frau vorsichtig mit. Allerdings nicht zurück auf die Straße, die ihn hier her geführt hatte, sondern durch die schmalen Gassen, durch die Shanaya selbst vor vielleicht einer Stunde gekommen war. Zurück hinein in das Viertel aus Lagerhäusern und Spelunken.
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#9
Shanaya rechnete einige Momente damit, dass Lucien eine weitere Frage stellen würde, während ihr selbst unaufhörlich die Frage durch den Kopf ging, was er in diesem Moment dachte. Sie erwiderte den Blick aus seinen grünen Augen, nicht jedoch sein Lächeln, während ihre Finger sich ein wenig fester um den Stoff ihrer Bluse schlossen. Sie konnte diesen Ausdruck auf seinem Gesicht in diesem Moment nicht deuten, wusste nicht, ob es ihrer Aufmunterung galt oder sonst etwas. Ihren Herzschlag trieb es dennoch ein wenig schneller voran, bis seine Worte sie eine leicht skeptische Miene aufsetzen ließ. Sie glaubte nicht, dass es etwas gebracht hätte, wäre sie mit ihren Worten deutlicher geworden. Lucien war jemand, der tat, wonach ihm war – nicht was andere ihm vorgaben. Ansonsten wäre er schon nach den ersten Momenten in ihrer Nähe gegangen.
Kurz überlegte die junge Frau, ob sie noch einmal etwas nachwerfen sollte, entschied sich jedoch mit einem lautlosen Seufzen dagegen. Er würde nicht gehen und sie allein hier zurück lassen. Das hatte er mehr als deutlich gemacht, egal, wie sehr Shanaya sich dagegen sträubte. Sie nickte also nur ergeben, hielt dann für wenige Herzschläge die Luft an, als Lucien ihr erneut eine dunkle Strähne aus dem Gesicht strich. Erst jetzt deuteten ihre Lippen ein zartes, kaum merkliches Lächeln an. Es misfsiel ihr noch immer, dass er sie nicht einfach hier ließ – aber irgendwie musste sie das Beste daraus machen. Und vielleicht war es besser, wenn sie sich zu dieser Taverne begaben... Seine erneute Nähe lockte ein zartes Gefühl von Sicherheit aus ihrem Inneren, machte es ihr irgendwie ein wenig leichter. Aber so sehr sie diese Nähe auch genoss, so sehr wollte sie auch weg von diesem Ort. Sie folgte Lucien also ohne Widerstand, wich nicht von seiner Seite. Nur ihr Blick blieb aufmerksam auf die Umgebung gerichtet. Sie erwartete beinahe Bláyrons Gesicht zu erkennen, diese hämische Visage, die ihr verriet, dass er ein neues Ziel gefunden hatte. Aber noch erkannte sie Nichts.

Es wird zur Gewohnheit, dass wir die Nacht irgendwo zusammen verbringen.“

Der blaue Blick richtete sich nicht auf Lucien, sie sprach diese Worte fast beiläufig aus. Das war Nichts schlechtes, und doch schien sie nur etwas zu sagen, damit diese Last, die durch ihre eigene Stille auf ihr lastete, gemindert wurde.
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#10
Mit milder Genugtuung nahm der Dunkelhaarige zur Kenntnis, dass Shanaya über die Tatsache, dass er eben nicht ging, kein weiteres Wort verlor. Mitnichten hatte er das 'ich' in ihrer Aussage falsch gedeutet, die unterschwellige Botschaft darin überhört. Was dahinter stecken mochte – ob der Wunsch, ihn nicht erneut in die Angelegenheit mit hinein zu ziehen oder weil sie nach wie vor glaubte, sie müsse so etwas allein durchstehen – wusste Lucien nicht und es war ihm beileibe auch egal. Er ignorierte ihren leisen Hinweis. Und zwar vollkommen bewusst.
Er würde nicht gehen, sich nicht wegschicken lassen. Er würde sie nicht allein lassen und für sie kämpfen, wenn es sein musste. Und in diesem Augenblick würde er dafür sorgen, dass niemand sonst ihr auf die Pelle rückte. Weder ihr durchgeknallter Bruder noch irgendein versoffener Dreckskerl von der Straße.

Gemeinsam bogen sie in die nächste Seitengasse ab und als hätte Lucien nichts anderes erwartet, hob er den Blick zu den höheren Stockwerken. Dorthin, wo zwischen den eng zusammenstehenden Häusern Leinen gespannt und Wäsche zum Trocknen aufgehangen worden war. Was den beiden Piraten in dieser Situation wie gerufen kam. Es gab eben doch nicht nur Lagerhäuser hier. Irgendwo in den oberen Etagen musste wohl auch jemand wohnen. Jemand, der ihnen unfreiwilligerweise ein Hemd leihen konnte.
Der Dunkelhaarige wandte sich an seine Begleiterin, hielt bei ihren Worten jedoch inne – nur um kurz darauf flüchtig zu schmunzeln.

Ich würde das sicherlich weit mehr genießen, wenn du dich nicht vorher immer wieder in Lebensgefahr bringen würdest.“ Er maß sie mit einem geradezu zärtlich spöttischen Blick, bevor er sie vorsichtig losließ. „Warte einen Moment.

Er trat einen Schritt vor, ließ Shanaya neben der Hauswand stehen und zog seinen Degen. Mit über den Kopf gestrecktem Arm reichte die Klinge gerade so bis zu der Leine, die ob ihrer Last ein Stück weit nach unten durchhing, und durchtrennte die Schnur mit einer schnellen Bewegung.
Ein Laken, ein Hemd und eine Hose kamen ihm entgegen, bis sich letztere in der Halterung an der Wand verhedderte, den Fall stoppte und alles zusammen neben der Schwarzhaarigen gegen die Ziegelmauer klatschte. Lucien schob den Degen zurück in dessen Scheide und zog das Hemd von der Leine, um es kurz darauf der jungen Frau neben sich zu reichen. Wieder nahm seine Stimme eine ungewöhnliche Wärme an.

Zieh das über. Ich kann dich ja so nicht rumlaufen lassen.


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