Through Good and Bad

[Shanaya Árashi]

Mit Greos Frage spürte Shanaya ihr Herz ein wenig schneller schlagen, ohne sich genau erklären zu können, wieso. Sie fühlte sich nicht sonderlich anders, vielleicht ein wenig müde vom gestrigen Abend, aber sonst... Der Hutträger schien das anders zu sehen. Die Schwarzhaarige hielt den Hühnern weiter das Futter hin, inzwischen spürte sie zwei Schnäbel, die regelmäßig danach pickten. Er ärgerte eines der Hühner, wurde dafür im nächsten Moment bestraft und Shanaya blinzelte bei seiner Antwort noch einmal. Eine Wolke? Sie bemühte sich um ein Lächeln. „Vielleicht ist mir der Alkohol doch etwas zu Kopf gestiegen?“

[Greo]

Möglicherweise war sie auch einfach müde. Wenn sie sogar früher als er wach gewesen war, hatte sie quasi gar nicht geschlafen. Aber wer wusste schon, wo sie sich so rumtrieb. Greo setzte sich auf seine vier Buchstaben und betrachtete den Hühnerkorb neben sich. Zu Hause liefen sie weitestgehend frei rum und man musste sie lediglich abends zusammentreiben und schauen, dass die Hunde nicht zu verrückt auf die hektischen Bewegungen reagierten, aber sonst? Dort kannte es kaum ein Tier eng eingepfercht zu sein. Greo konnte den Hühnern wahrlich gut nachfühlen. Der Himmel über ihm war frei, aber die Reling war eine stete Begrenzung seines Radius. Er kratzte sich an der Nase. „Ja, vielleicht. Tee mit Schuss. Wer kommt auf so eine Idee?“

[Shanaya Árashi]

Shanaya glaubte selbst nicht an die Sache mit dem Alkohol. Sie hatte nicht viel getrunken – und zudem nur etwas von dem, der fast nur aus Tee bestanden hatte. Und trotzdem, gerade jetzt, wo Greo sie darauf aufmerksam gemacht hatte, kribbelte sie eine feine Unruhe. Irgendwo in ihrem Inneren, ohne dass sie danach hätte greifen können. „Ich hab' mir sagen lassen, warmer Alkohol soll noch mehr wirken.“ Ein vielsagender Blick, ehe sie von der Reling löste, sich mit einem leisen Seufzen, das sie selbst kaum wahrnahm, neben Greo hockte. „Und bei den Anderen schien er ja auch ganz gut anzukommen...“ Ohne, dass sie es wirklich kontrollieren konnte, wurde ihre Stimme einen Hauch leiser.

[Greo]

Er lächelte milde. Er war es gewohnt, dass sie ein wenig zu laut, ein wenig zu aufgedreht, ein wenig zu breit grinste. Er mochte sie so, aber es war auch schön, mal die andere Seite zu sehen, die zwar immer noch authentisch Shanaya war, aber ein bisschen ruhiger, ein bisschen in sich gekehrter, ein wenig nachdenklicher im Gesicht. „Hat man mir auch mal erzählt.“, meinte er als Bestätigung und sah ihr dabei zu, wie sie sich zu ihm gesellte. Merkte sie eigentlich, dass sie irgendwie anders war als sonst? Meist hatte er den Eindruck, dass sie dann kräftig gegenlenkte und sämtliche Gefühlsduselei mit Spott übertünchte. „Bei wem kommt Alkohol auch nicht gut an?“, fragte er rhetorisch zurück und guckte sie groß an. Es war kein Geheimnis, dass er nicht trank.

[Shanaya Árashi]

Mit einem gezielten Wurf, der auf die Entfernung einfach treffen musste, warf sie dem gackernden Volk die letzten Körner zu und beobachtete, wie sie wild danach pickten. Erst bei Greos Frage hob sie wieder den Blick, schmunzelte dem Dunkelhaarigen ruhig entgegen. „Sagt der, der sich nur am Tee bedient. Aber einer von uns muss ja die Vernunft bleiben, nicht wahr?“ Noch einmal stubste sie nach einem der Schnäbel, diesmal zog das Huhn den Kopf jedoch schneller zurück. Einige Momente betrachtete sie einfach die gackernde Meute, biss sich dabei leicht auf die Zunge. Sie schwieg, richtete auch dann die blauen Augen nicht wieder auf Greo, als sie vorsichtig zu sprechen begann. „Ich glaube... du hast Recht... aber...“ Sie wusste einfach nicht, was sie dazu weiter sagen sollte.

[Greo]

Die Hühner erschreckten sich vor dem Bombardement, das über sie niederging, fingen jedoch sogleich an nach den goldenen Leckerbissen zu haschen und drängten sich gegenseitig so gut es in dem Korb eben ging aus dem Weg. Da war sich schnell jede selbst die nächste. Ob das hier an Bord genauso war? Greo schaute Shanny an. Er war sich nicht sicher und schwieg ein paar Atemzüge lang. Es ging hier nicht um den Tee. Es ging um irgendetwas anderes. Er nickte ihr zu. „Mit der Wolke?“

[Shanaya Árashi]

Wie einfach das Federvieh zu begeistern war – wobei sie dem wohl in Nichts nachstand. Nur, dass sie sich nicht gackernd auf Körner schmiss, die man ihr vor die Füße warf. Aber vom Prinzip her... Sie schmunzelte fast über diesen Gedanken, nickte dann aber zaghaft über die Nachfrage des Hutträgers. „Wenn du das so nennen willst...“ Vielleicht hatte sie auch einfach nur einen schlechten Tag. Sie war eben doch auch nur ein Mensch... und da sollte das ja Mal vorkommen.

[Greo]

Greo wippte etwas mit den Füßen hin und her. „Wolken verziehen sich irgendwann, weißt du?", meinte er und faltete die Hände über dem Bauch wie ein Großvater. Natürlich wusste sie das. Sie kannte das Wetter schließlich…

[Shanaya Árashi]

Greo hatte diese Ruhe, die Shanaya auf der einen Seite unglaublich angenehm fand. Er ließ sich nicht aus dem Konzept bringen, betrachtete die Dinge ziemlich nüchtern und nahm es halt so, wie es kam. Aber manchmal mochte sie ihm für diese Ruhe den Hals umdrehen. Nur jetzt gerade wusste sie nicht, wo genau sie das einsortieren sollte, auf welche Seite. „Ich mag aber eigentlich ganz gern wissen, woher sie kommen, damit ich sie selbst wieder vertreiben kann.“ Und das machte auch ihre unzufriedene Miene sehr gut deutlich.

[Greo]

Mit spitzen Fingern zog er an einem aberwitzigen Faden, der sich an seiner Hose, knapp auf der Höhe des Knies, gelöst hatte. Wollte sie da überhaupt drüber reden? Musste er jetzt schweigen und konnte das einfach übergehen? Würde sie ihm dann böse sein? Sie war nicht auf ihn zugegangen, er hatte sich ihr irgendwie aufgedrängt. Anscheinend hatte sie nachdenklich aufs Meer hinausgeschaut, um ihre Gedanken zu sortieren. Greo wusste nicht recht, ob es ihm unangenehm war, in so eine Sache reingezogen zu werden, oder ob er ihr irgendwie beistehen konnte und sollte. Aber wenn er sie als Freundin bezeichnete, gehörte das dann dazu? Er ließ die Luft zwischen den Zähnen entweichen, was ein leichtes Pfeifen verursachte. „Du weißt es bestimmt schon und willst es nur nicht sehen.“, erklärte er recht pragmatisch und machte ein paar unbestimmte Bewegungen mit den Händen. „Ich mein, was an Bord und auf dem Meer kann dir die Suppe versalzen? So viele Möglichkeiten, die dich ernsthaft treffen kann’s ja nicht geben.“