14.06.2018, 12:04
Er antwortete nicht auf ihre Worte, sondern nickte nur – leicht abwesend wirkend, denn was sie gesagt hatte, gefiel ihm keineswegs. Er hatte nichts gegen etwas Spontanität, aber das kam ihm doch sehr leichtsinnig vor. Sein Sinn für Gefahr schien ein wenig abhanden gekommen zu sein, als man ihm Ketten angelegt hatte. Farley war von grundauf skeptisch – und nicht darauf erpicht noch einmal auf einem Schiff irgendwohin transportiert zu werden, wo man ihm seine Hand abhacken würde. Oder ähnlich abartige Dinge mit ihm anstellen wollte. Der Braunhaarige verkniff sich mit Mühe ein Kopfschütteln und folgte dem Blick der Blonden in Richtung des Schiffsarztes, der sich aber weiterhin selbst beschäftigte.
„Wenn ich allein wäre, würde ich es wohl machen. Aber warum sollte ich verfügbare Resourcen nicht nutzen?“
Das wäre dumm, ziemlich dumm sogar. Zumal er sich bei seinen „Fertigkeiten“ im Umgang mit Nähzeug sicherlich noch mehr verletzt hätte. Farley veränderte seine Position ein wenig, weil er das Gefühl hatte, dass sein Arm langsam einschlief. Außerdem gab ihm das Gelegenheit einen Moment länger darüber nachzudenken, was er auf die folgende Frage der Blonden antworten wollte – und ob er überhaupt antworten wollte. Aber warum sollte er nicht?
„Keine Haut in jedem Fall, sonst hätte Gregory hier sicherlich noch mehr zu tun.“
Er schmunzelte ein wenig und hoffte, dass die Blonde sich mit der Antwort zufrieden geben würde. Um ihr ein wenig Ablenkung zu verschaffen, schob er nur wenige Sekunden später eine neue Frage seinerseits hinterher. Zuvor aber zog er die Beine wieder zu sich heran und veränderte seine Armhaltung erneut. Er stützte sich nun auf seinen Oberschenkeln ab und bekam so einen leicht verträumtes Aussehen (man glaubte gar nicht, wie sehr das bei einigen Leuten zog – selbst wenn er hier nicht darauf aus war, der Frau schöne Augen zu machen).
„Das heißt ihr seid bei der Wahl eurer eigentlichen Ziele auch eher spontan? Oder gibt es so etwas wie... einen übergeordneten Plan? Ein heroisches Gesamtziel, für das alle ihr Leben opfern würden, um es zu erreichen?“
Man merkte an seinem Tonfall, dass er natürlich ein wenig übertrieb. Zwar konnte er sich die Blonde und den frischbefreiten Cäptain sehr gut in einer Art Szene vorstellen, in der sie beide fast am Ende ihres Weges angelangt sich für ihre Sache opferten und schließlich – von der Marine erwischt und gestellt – niedergestreckt auf den Planken eines Schiffes sterbend mit ihrem letzten Atemzug die Hände nacheinander ausstreckend starben. Das wäre eine schöne Szene für ein Schauspiel gewesen. Aber hey, nur ein Bild in seinem Kopf. Wahrscheinlich waren sie einfach auf plündern und brandschatzen aus.
[Tallin und Gregory | Lazarett]