19.05.2018, 15:13
Enrique bekam erst nach dem Schuss und auch nur halb mit, dass Aspen in der Schusslinie stand und fluchte in Gedanken. Doch er war viel zu sehr mit Überleben beschäftigt, als das er sich fragte, warum der Blondschopf da hinein gelaufen war oder warum er zurückschreckte. Er ließ die inzwischen nutzlos gewordene Waffe fallen, packte sein anderes Handgelenk und versuchte seine Angreiferin von seiner Kehle wegzuhebeln. Hoffentlich bekam er dann etwas mehr Luft.
Derweil verstärkte die Schlange langsam aber beständig den Druck um Brust und Hals. Nicht mehr lange und die Arme des Dunkelhäutigen würde nachgeben. Dann könnte sie ihm endgültig die Luft abschnüren.
Aspens Bemühungen, die Schlingen mit den Händen zu bewegen führte tatsächlich zum Gegenteil: Die Schlange spannte sich dort nur um so mehr an und der Zimmerer hätte sich irgendwie bei Enrique einstemmen müssen, wollte er Enrique nicht mit vom Boden heben. Selbst dann hätte der Handwerker wohl kaum etwas Wirksames gegen die Kraft in diesem braungrünen Leib aufbringen können, der genau hierfür geschaffen war und ein Leben lang nichts Anderes getan hatte. Auch hob das Tier den Kopf und fixierte ihn. Sie öffnete das Maul und fauchte, als dieser Störenfried zum Schlag ausholte.
Inzwischen hatte Enrique wiederholt atmen müssen, doch er behielt recht: Jedesmal bekam er weniger Luft hinein und der Schmerz in den Rippen nahm zu.
Nicht dagegen wehren?
Obwohl ihm die Anweisung seltsam erschien und er nicht mal mehr wirklich sagen konnte, von wem sie kam, wäre es so einfach ihr zu folgen. Er war müde, so unendlich müde, warum also nicht? Nachgeben, kurz die Schmerzen ertragen und dann wohlige, immerwährende Finsternis.
Doch aufgeben war nie ein Ding dieses Offiziers gewesen und er würde auch jetzt nicht damit anfangen. Kurz ließ er den Atem fahren und zwängte dann so viel Luft in sich wie er hinein bekam. Wieder war es so viel weniger und ein Knacken in seinem Brustkorb deutlich zu hören. Der Schmerz ließ ihn aufstöhnen, aber er hielt weiter stur dagegen. So schnell würde er sich nicht geschlagen geben.
Dann verloren die langen Muskelstränge des Tieres schlagartig jegliche Anspannung. Überraschend schoß Luft in seine Lunge und dehnte die Rippen schmerzhaft. Enrique gab ein halbersticktes Stöhnen von sich. Kurz darauf realisierte er wie begierig er trotz der Schmerzen seine Lunge immer und immer wieder füllte. Nie hatte bloßes Atmen so berauschend gewirkt wie jetzt.
Es dauerte eine ganze Weile, bis er seine Umgebung deutlich wahrnahm, den Mann mit der Machete über sich sah und ein "¡Gracias!" zwischen keuchenden, schweren Atemzügen herausbrachte.
Anschließend mühte er sich aus den Schlingen heraus, setzte sich benommen auf, nur um rechts gleich wieder einzuknicken und eine Hand dort auf seine Flanke zu drücken.
"Agh!"
Schwindel erfaßte ihn und er musste sich abstützen. Zum Glück wurde wenigstens das recht schnell besser, vom Schmerz in der Seite würde er wohl länger was haben...
Über und um sie herum traute sich das Leben zögernd wieder aus seinen Verstecken hervor.
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