08.05.2018, 19:53
Auf Luciens Zügen bildete sich ein vergnügtes Lachen, das selbst die kleinen Fältchen an den tiefgrünen Augen offenbarte. Dabei hätte er selbst nicht sagen können, was ihn gerade mehr amüsierte. Ihr unwiderstehliches Eigenlob, hinter dem sie aus vollem Herzen stand – oder die Vorstellung, mit ihr jetzt über das Wetter zu reden.
"Was bin ich froh, dass es hier keine Spiegel gibt... du wärst von dir selbst geblendet.", gab er zurück, ohne dabei wirklich beleidigend zu klingen, oder das überhaupt zu wollen. Es war ein geradezu freundschaftliches Necken. "Aber du musst zugeben, das Wetter ist großartig.", setzte der Dunkelhaarige noch nach und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.
Und dann kam Shanaya näher. Sie folgte ihm die Stufen hinauf, blieb einen Schritt unter ihm stehen, während sein Blick ihr mit einer inzwischen wohl schon vertrauten Mischung aus Belustigung und Gelassenheit folgte. Ihre Gesichtszüge, ihre Haltung, der Ausdruck in ihren blauen Augen: all das registrierte er.
Erneut blitzte der Schalk in der tiefgrünen Iris auf und das amüsierte Schmunzeln auf seinen Lippen vertiefte sich.
"Hmm... schon wieder so versaut. Pass auf, dass das niemand hört."
Sein Unterton sagte alles. Als ob es ihn gekümmert hätte. Als ob ihn interessieren würde, was irgendwer dachte. Als ob es eine Rolle spielen würde. Wohl kaum. Seinetwegen konnten auch alle dabei sein und zusehen, das hätte es nur interessanter gemacht. Um seine Mundwinkel zuckte es verdächtig anzüglich, doch der Ausdruck auf Luciens Zügen änderte sich, wurde fast ein bisschen weicher, als die Schwarzhaarige noch einen Schritt die Treppe hinauf kam – und damit direkt vor ihm stand. Er spürte ihre Nähe, ihren Körper an seinem und sein Puls tieb erwartungsvolle Wärme durch seine Adern. Lucien wich keinen Milimeter zurück, erwiderte auf die gleiche, unerschütterliche Weise ihren Blick und war nicht einmal überrascht, über ihre Worte soetwas wie Respekt zu empfinden. Respekt für ihren Kampfgeist und ihre Furchtlosigkeit. Nicht in Bezug auf ihn – vor ihm hatte sie nichts zu befürchten – sondern gegenüber dem Leben als solchem. Solche Menschen waren es, die ihn anzogen, die sein Interesse weckten. Zufriedenheit blitzte in seinen Augen auf.
"Daran habe ich keinen Zweifel."
Wie auch Shanaya hatte der Dunkelhaarige die Stimme unwillkürlich gesenkt. Sein Blick huschte zu ihren Lippen, die seinen ein weiteres Mal sehr nahe waren und das Verlangen, die kurze Distanz zu überbrücken wurde beinahe unwiderstehlich. Aber auch nur beinahe.
Damit stieß Lucien sich von dem Geländer ab, öffnete den Weg zum Hauptdeck, den er gerade noch blockiert hatte und wandte sich mit einem Schritt schon wieder halb den beiden Gestalten in einiger Entfernung zu. Ein jungenhaftes Grinsen lag dabei auf den Lippen.
"Na los, die beiden sehen schon viel zu gelangweilt aus."