16.04.2018, 15:32
Immer wieder huschte Aspens Blick zwischen dem kleinen Unterschlupf und der Stelle hin und her, an der er Enrique vermutete. Doch mit jedem Herzschlag der verstrich, zweifelte der Blondschopf die Unterstützung des Dunkelhaarigen an. Selbst wenn Enrique ihn gesehen hätte, was sollte ihn bitte dazu bewegen, Aspen zu helfen, geschweige denn auf ihn zu hören? Den Montrose selbst hätte wahrscheinlich nur seine eigene Neugierde in die Nähe des Gezeigten befördert. Dennoch zwang er sich zur Geduld, wartete auf ein Rascheln oder einen Sichtkontakt. Tatsächlich war es zuerst nur ein kaum hörbarer Schritt, der dem Blonden nur auffiel, weil er selbst ohne Regung da saß, bevor er die dunklen Schemen wahrnahm.
Ein weiteres Mal nickte Aspen, während er den Augenkontakt kurz hielt, zu der Höhle und zuckte kurz mit der Machete, die er weiterhin in der Hand hielt. Es würde zu viel Rascheln, wenn er sie gegen ein handlicheres Messer eintauschen würde und als erste Waffe in der Begegnung, wäre sie wohl durchaus nützlich. Absichernd besah er sich noch einmal den anderen Mann, versuchte zu erkennen, ob dieser verstanden hatte, bevor er sich zurückzog. Auch Aspen duckte sich ein wenig mehr im Dickicht, eine Hand am Boden, suchend nach etwas Schwerem. Währenddessen schien der Marineoffizier bereits wieder verschwunden, war eins mit dem Wald geworden. Inwieweit Aspen sich nun auf ihn verlassen konnte, wusste er nicht. Daher blieb er lieber bei seiner eigenen Taktik, die hoffentlich reichte.
Ein kleiner Teil in ihm erwartete einen eingerollten Ryan in diesem Versteck – dunkel, in völliger Gewissheit seiner Verpflichtung entkommen zu sein. Doch insgeheim wusste Aspen, dass der Dieb tatsächlich nicht leichtsinnig genug gewesen wäre, auch nur einen Ton von sich zu geben. Wer oder was sollte sich jedoch sonst verstecken? Die nahegelegene Antwort schien ein Tier zu sein, doch Aspen blieb durch die Überbleibsel von menschlichen Wesen so beeinflusst, dass er tatsächlich einen Ureinwohner erwartet hätte. Seine Fantasie ging einfach mit ihm durch.
Mit der gefüllten Hand fuhr er sich über die Stirn, vertrieb die Gedanken an Diebe und Buschmenschen, bevor er den Stein im Inneren noch einmal abtastete, sich bereit hielt und dann... Den Stein in den Eingang der Höhle hinein warf. Ein Aufprall war nicht zu hören, schließlich polsterte das Grümn sämtliche Geräusche – doch kaum war das kleine Ding im grünen Vorhang aus Lianen verschwunden, raschelte es ein weiteres Mal wild. Tatsächlich klang das Getummel wie ein riesiges Tier, so dass Aspen kurz erstarrte, doch als die Übeltäter endlich erkennbar wurden und zu fliehen versuchten, entpuppten sie sich nur als katzengroße Agutis'. Auch wenn Aspen selbstverständlich weder den Namen dieser Nagetiere wusste, noch sie jemals näher zu Gesicht bekommen hatte. Gerade noch erstarrt, reagierte er jedoch instinktiv und sprang etwas hilflos aus seinem Versteck, die Machete angriffsbereit und langte nach einem der beiden Tierchen. Statt sie einzufangen erwischte er nur eines am Hinterlauf, das ins Taumeln geriet und fiel, das andere eilte davon.
„Dort!“, rief er Enrique zu, kaum jedoch nicht dazu eine Richtung anzudeuten. Mit vollem Gewicht warf er sich auf das stürmische verletzte Tier und knockte es aus.
Mit einem zufriedenen, tiefen Brummeln, blieb er kurz sitzen, besah sich seinen Fang, bevor er sich mit Tierchen aufrichtete und über die eigenen Hirngespinste von Menschen und Dieben schmunzeln musste. Es waren bloß zwei Viehcher gewesen. Tiere die sie hoffentlich essen konnten, das müsste der Koch ihnen zeigen.
Kurzh erhob er das haarige Etwas, besah sich die ungekonnten Jagdwunden, bewunderte den Pelz, der Sineca ziemlich ähnlich sah, bevor er nach seinem Jagdpartner Ausschau hielt. Ein kleines bisschen stolz war er ja schon. Aspen war Carpenter, kein Jäger.
„Hat dich das Wildtier erledigt, oder was ist bei dir los?“, rief er stattdessen, ziemlich gut gelaunt, in Enriques Richtung, aus der mit einem Mal ziemlich viel Geraschel folgte. Ein wilder Kampf zwischen Nagetier und Marineoffizier? Wer würde gewinnen?
(Enrique, im Wald)