12.04.2018, 19:05
Wieder ein kleiner Moment der Atemlosigkeit... langsam bekam er darin richtig Übung. Er durfte nun nur nicht allzu hochmütig werden. Denn auch wenn die ganze Situation bereits jetzt wie der Anfang einer kleinen Liebelei anmutete, vergaß der 21-Jährige bei aller Leichtigkeit nicht, dass es sich im Grunde lediglich um ein Spiel handelte. Ein nicht ganz leicht zu erklärendes Spiel aus gegenseitiger Provokation und Reaktion, von denen man beides lieber nicht allzu ernst nahm. (Wäre dem nicht so, hätte der Dunkelhaarige diese Gelegenheit allerdings auch nicht ungenutzt verstreichen lassen). Und der harmlose Zwieback wurde Mittel zum Zweck.
Was auch der Grund war, weshalb Lucien sich von dem plötzlichen Umschwung von Ärger zu unerwarteter Sanftheit nicht täuschen ließ. Ihre Anspannung ließ ein wenig nach, aber nicht so weit, als hätte die Schwarzhaarige ihre Meinung schon geändert. Möglicherweise hielt sie ihn schlicht und ergreifend für so stumpfsinnig, dass sie glaubte, er ließe sich davon ablenken.
Gut, das tat er auch. Aber nur ein bisschen.
Ausgezehrt war vielleicht sogar das richtige Wort dafür. Offensichtlich reichte eine einfache Berührung schon aus, um Wünsche zu wecken, die ihn ohne Zögern in das nächste Bordell trieben. Und genau dorthin würde sein erster Gang ihn führen, sobald sie wieder einen Hafen anliefen. Denn selbstverständlich reagierte sein Körper erneut auf die flüchtige Berührung. Auf ihre Hand, die zu seinem Hals hinunter wanderte und dabei ein warmes Gefühl unter der Haut entfachte. Sein Herz schlug kräftiger, trieb diese Wärme durch seine Adern und in den tiefgrünen Augen, die nach wie vor ihren Blick festhielten, erschien ein Ausdruck, der eine Mischung aus Vergnügen und Verlangen sein mochte.
Jede weitere Antwort sparte Lucien sich. In diesem Fall verriet schließlich sein Körper mehr als genug. Und als Shanaya weiter sprach, verdrängte ohnehin ein Anflug von Belustigung das Kribbeln in seinem Körper. Lucien stieß ein spöttisch-belustigtes Prusten aus, konnte das Grinsen danach nicht unterdrücken und hielt den Arm mit dem Alibi-Zwieback weiterhin erhoben. Wobei er sich gerade nicht sicher war, ob er eher über dieses 'knusprige Gebäck' lachte, oder über ihr selbstloses Hilfsangebot. Vielleicht ein bisschen von beidem.
Nach wie vor grinsend beugte der Dunkelhaarige sich wieder zu ihrem Ohr hinunter und senkte die Stimme erneut zu einem sanften Flüstern.
"Das klingt für mich ein bisschen, als könntest du mir gerade nicht so richtig widersprechen." Er machte eine kurze Pause, neigte den Kopf ein wenig zur Seite, bis seine Lippen beinahe wieder ihr Ohr berührten. "Irgendwann, Prinzessin, musst du mir mal erzählen, was du glaubst, heute über mich heraus gefunden zu haben. Ich bin wahnsinnig gespannt darauf."
Und damit ließ er sie los, wich mit einer fließenden Bewegung weiter zurück und ließ den Arm mit dem Zwieback sinken. Nur um diesen dann in die andere Hand zu nehmen, die zuvor an ihrer Taille gelegen hatte und nun wieder frei war.
"Aber das habe ich mir heute wahrscheinlich noch nicht verdient.",
schloss er grinsend und schob sich das Stück Zwieback in den Mund.
Klar. Er hätte auch teilen können. Aber Shanaya hatte ja schließlich das Dörrfleisch bekommen.