15.02.2018, 11:01
Nach anfänglichem Argwohn, fasste das kleine Fellknäuel doch etwas mehr Zutrauen. Es schien eine Ewigkeit herzusein, dass Yaris so mit einem Tier gespielt hatte. Ein anderes Leben. Damals auf dem Hof. So weit weg von heute und dabei waren es gerade einem fünfzehn Jahre. Als Junge hatte er gern und oft mit den Hofkatzen gespielt – natürlich nur in einem unbeobachteten Moment. Denn selbst dafür hatte ihn sein Vater halb totgeprügelt. Trotz dass er die Bilder an diese Zeit versuchte, in der hintersten und staubigsten Ecke seines Bewusstseins zu vergraben, kamen sie in Momenten wie diesen wieder hervor. Schlichten sich vor sein geistiges Auge und blieben dort hartnäckig hängen.
Jäh wurden seine Gedanken unterbrochen, als die Katze mit ihrem Spiel innehielt und schließlich leichtfüßig auf das Fass hinter ihm sprang, um schließlich auf dem jungen Kerl von vorhin zu klettern. Der tief grüne Blick folgte ihr, sah hinüber zur Reling, wo das Trio bis eben geplauscht hatte, um festzustellen, dass Lucien und die kleine Schwarzhaarige sich verdrückt hatten. Resigniert zuckte er innerlich mit den Schultern. Dann würde das Gespräch mit dem zweiten Captain also noch ein wenig länger warten. Auch gut.
Sein sicher witzig gemeinter Kommentar entlockte dem Attentäter nicht einmal den Anflug eines Lächelns. Nicht die Art Humor, die ihn lächeln ließ. Wobei es nur wenig gab, dass ihn tatsächlich zum Lächeln brachte. Noch weniger zu der Art Lächeln, das seine Augen überhaupt erreichte. Abgestumpft? Mit Sicherheit spielte es eine nicht zu verachtende Rolle dabei.
Inzwischen hatte sich der Ältere wieder zurückgelehnt und betrachtete den blauen Himmel über seinem Kopf, bevor sich sein Blick auf sein junges Gegenüber richtete.
“Noch nicht sehr lange ... Sie haben den Prozess und die Verurteilung im Eiltempo durchgeboxt … wohl um das Ganze so schnell wie möglich abhaken zu können.“
Yaris zuckte mit den Schultern. Es war ihm schlicht und einfach egal, denn ihm war sehr wohl bewusst, dass er mit Sicherheit nicht als alter Mann friedlich in seinem warmen Bett einschlafen würde. Nein, ein Mann wie er würde eines gewaltsamen Todes sterben und das wahrscheinlich eher früher als später.
Zu dem kam, dass es sich kaum um einen anständigen Prozess gehandelt hatte. Da musste nichts bewiesen werden, da er auf frischer Tat ertappt worden war – oder eben verraten und in die Falle gegangen war. Hegte er deswegen Groll? Wozu. Er wusste um den Egoismus der Oberschicht und ihre Methoden. Was bedeutete schon ein Attentäter, der einfach ersetzt werden konnte.
Sie machten sich nicht einmal mehr die Mühe die Sache mit dem Vatermörder von Kelekuna nachzuweisen. Einen Mord mehr oder weniger, was machte das für einen Unterschied. Passte irgendwie und der Rest wurde passend gemacht.
“Wie heißt sie?“
Er nickte in Richtung des Fellbündels, das es sich bequem gemacht hatte und auf der Schulter des Mannes balancierte. Keine persönliche Gegenfrage. Vielleicht zu einem anderen Zeitpunkt, wenn er sich entschieden hatte, hier zu bleiben. Wenn er in diese Gemeinschaft passen würde. Aber wohl eher doch nie. Er war nicht gut in persönlicher Nähe.