22.11.2017, 14:36
Aspens musternden Blick bekam er am Rande mit und ließ ihn gewähren. Wie er schon zum niña urraca gesagt hatte, ein Urteil bildete sich auch dieser Mann so oder so. Verstecken würde er sich, wo es inzwischen keinen Grund mehr dazu gab, bestimmt nicht mehr, weder vor ihr noch vor ihm oder sonst irgendwem. Und da sich viel erzählen ließ, die Meisten aber nur wenig hielten, würde er seine Taten sprechen lassen. Blieb abzuwarten, welches Urteil sie ihm einbringen würden.
Aufrecht, ein dickes Bündel faseriger Pflanzenstengel an einem Seil über die Schulter geworfen, den Offizierssäbel in der Hand, das nicht mehr ganz weiße Hemd über der Brust zur Kühlung geöffnet und mit leicht zerzaustem Haar, löste sich der Zopf doch, ob des hängen Bleibens an Ästen und anderem, langsam auf, stand er also da und ließ sich beurteilen. Genau wie bei dem Handwerker waren auch bei ihm die ersten Schweißperlen am Haaransatz zu erkennen.
"Hmpf", brummte Enrique als Antwort auf die Ausführung des Blonden.
Eigentlich war der Einäugige nicht so leicht ablenkbar wie dieser pelele Trevor, und intelligent genug, um zu wissen, dass diese Insel, trotz ihrer Quelle, ein denkbar schlechter Ort war um das Schiff zu verlassen, so er das denn überhaupt vorhatte.
Eine Bewegung verriet ihm schließlich Ryans Position, etwas, was nicht passiert wäre, wenn der Dieb nicht gesehen werden wollte, sodass sich die Schultern des Offiziers senkten. Eine Gefahr war es jedenfalls nicht, allerdings auch kein geeigneter Baum oder anderes Material. Aber was dann?
Beiläufig sah er zu Montrose hinüber, als der seine Last wieder aufsammelte, beobachtete dann wieder die schwarze Gestalt, bis sie sich ruckartig erhob und verschwand.
¡Típicamente!
Der Schiffszimmerer grummelte daraufhin vor sich hin und, trotz seiner schlechten Laune, ließ Enrique es zu, dass sich, ob des Inhaltes, ein zurückhaltendes Schmunzeln auf seinem Gesicht zeigte. Wie häufig hatte er unter ähnlichen Umständen doch ähnliches gedacht.
Aspen schob sich an ihm vorbei und bahnte sich seinen Weg zu der Stelle, an der sie Ryan zuletzt gesehen hatten und der Dunkelhäutige setzte sich ebenfalls langsam in Bewegung. Das Schmunzeln wurde breiter, als Enrique erkannt, dass auch seinem verbliebenen Begleiter klar war, dass es sich nicht lohnt dem anderen Mann hinterherzuhetzen.
Auf dessen fragenden Blick hob der Offizier zunächst lediglich die Schultern, dann, sich durch das Grün an Aspen vorbeistrebend, um besser in die Richtung sehen zu können, in die der Dieb verschwunden war, stieß er mit dem Fuß schmerzhaft gegen etwas Hartes.
"No, ich habe keinen Schimmer wo— ¡AGH! Con todos los diablos del mar!"
Er war versucht mit dem Säbel nach dem unbekannten Hindernis zu schlagen hielt sich aber zurück. Auch so würde es dauern die Klinge wieder so scharf wie sie sein sollte zu bekommen. Statt dessen ging er genau wie der Dieb in die Hocke und schob die Blätter bei Seite.
"¡Quiero ser maldito!“
Alle anderen Gedanken neben der Materialsuche waren mit einem Schlag wie weggeblasen. Ruhe und Konzentration erfüllten ihn.
Entschlossen drückte er das Grün noch weiter auseinander, so dass auch Aspen die Mauerreste deutlich sehen konnte, während er seinen Blick schweifen ließ.
Einmal darauf aufmerksam geworden sah er gen Herz der Insel, in der Richtung, in die auch Ryan verschwunden war, weitere deutliche Anzeichen für eine ehemalige Besiedelung: Hier ein paar Steine, die aufeinander getürmt lagen und unter dem Bewuchs hervorschauten, dort nahezu waagerechte und senkrechte unnatürlich gerade Linien im Unterholz, da eindeutig von Menschenhand erzeugte, verwitterte Aststümpfe in den Bäumen...
{ Im Dschungel | bei Aspen | hat, wie Ryan, die Mauerreste gefunden }