09.11.2017, 15:29
Grün.
Wo man auch hin sah: Grün.
Hellgrün, Dunkelgrün, Mittelgrün, Braungrün, Blaugrün, Graugrün, Rotgrün, Gelbgrün, getupft, gesprenkelt, gestreift, einfarbig, groß, klein, mittel, rund, eckig, geschlitzt — Grün.
Dazwischen einzeln, in kleinen Gruppen, fest oder beweglich, alle anderen möglichen Farben: Blüten, Vögel, Früchte, Insekten, Frösche und anderes.
Dschungel eben.
Forderte der optisch schon viel, so war das doch gefühlt nichts zu der Kakophonie der Geräusche die auf die Suchenden einstürmte.
Enrique sog das alles in sich auf, begrüßte es mit einer Freude, wie jemand, der nach einem Ewigkeit wieder in die Freiheit trat. Immerhin war das hier sein erster Landgang seit dem Verlassen des Hafens von Linara. Sein erster Landgang seit er die Marine hinter sich gelassen hatte. Falls er es sich nicht doch noch anders überlegte.
Nur ein paar Tage war das her.
Ein paar Tage, in denen sich seine Welt auf den Kopf gestellt hatte. In denen er einem Gefängnis entronnen war, dass ihn ohne Gitterstäbe mehr in Fesseln gelegt hatte als der tiefste Kerker auf Esmacil es je könnte.
Auch deswegen gab es kein Zögern, als die Gruppen zusammengestellt wurden. Er musste vom Schiff, musste sich bewegen, ein wenig Abstand gewinnen und den Kopf frei kriegen.
Es viel ihm zunehmend schwerer die gleichgültige Maske zu wahren.
Es war bei Leibe nicht das erste Mal, das Leutnant de Guzmán durch einen Dschungel stapfte. Dieses Mal aber war er nicht als führender Offizier hier, sondern nur als Helfer für den Schiffszimmerer. Ein einfacher Mann mit einer einfachen, selbstgewählten Aufgabe.
Auch war es ungewohnt, dass seine Begleiter keine Uniformen trugen. Statt dessen waren es freie Männer, frei jeglicher Tyrannei durch grausame Despoten. Früher mochte das anders gewesen sein, bevor sie sich für dieses Leben entschieden. Aber jetzt lag das alles hinter ihnen. Wie herrlich das Leben doch war. Und wie einfach. Alles was man tun musste war die richtige Entscheidung zur richtigen Zeit treffen und die Vergangenheit fiel von einem ab.
Die richtige Entscheidung...
Yaris Gesicht blitzte vor seinem inneren Auge auf, dann das von Lowell und fast gleichzeitig das von seiner Tochter. Und mit ihnen kam die Erinnerung an die Gefahr, die noch immer über ihm und seiner Familie schwebte.
Seine Stimmung kippte.
Pah!
Nur weil er eine Entscheidung getroffen hatte hieß das nicht, dass deswegen all seine Feinde von ihm abließen. Lowell würde sich in seinen Ansichten bestätigt fühlen aber die Kränkung nicht vergessen. Er mochte Harper entkommen sein, aber nicht der gemeinsamen Vergangenheit mit diesem dreckfressenden Parasiten und den Schmeißfliegen aus dessen Umfeld, die würde er nicht los, genauso wenig wie die die er mit anderen Heuchler und Sadisten teilte.
Nur weil er ein paar losgeworden war war er nicht frei von den Anderen. Und wo einer war, da vermehrten sie sich wie die Karnickel. So lange wie er auf den Inseln wandeln würde, so lange müsste er sich auch mit diesen Tyrannen abgeben. Die Erkenntnis ließ ihm die Galle hochkochen.
Freiheit gab es nicht. Höchstens gäbe es sie im Tode.
Verbissen hieb er sich mit dem Säbel einen Weg frei. Eigentlich war die Waffe dafür nicht geeignet. Zu lang um gut im dichten Unterholz geführt zu werden, zu wenig topplastig für die nötige Wucht und falsch gebogen. Da allerdings kein anderes Werkzeug zur Verfügung stand musste er mit ihr auskommen.
Finster glitt sein Blick einen recht kleinen Baum hoch. Nein, zu viele Äste. Ideal wäre schon einer der Baumriesen, doch dazu fehlte Ihnen das nötige Ausrüstung.
Als ob ihr Gruppenführer ihm welche gegeben hätte wenn welche da gewesen wäre!
Warum war er eigentlich nicht mit der anderen Gruppe gegangen? Dort wäre die Gesellschaft weit angenehmer. So el majadero nicht in der Gruppe gewesen wäre.
Er spähte zum Blondschopf hinüber, was ob des Dickicht nicht so einfach war, brachten ein paar Meter Abstand sie doch schon fast außer Sicht. Sie mochten nicht viel voneinander halten, aber wenigstens schien er sein Fach zu verstehen.
Und die Nummer Drei? Wo war der überhaupt?
¡Típica! Da achtest du mal kurz nicht auf ihn und schon ist er verschwunden.
Enrique beschloss näher zu Aspen aufzuschließen und dann auch auf dessen geschlagenem Weg zu bleiben als jener stehen blieb und in die Richtung spähte, in der sich Ryan befinden musste. Der Offizier blieb nicht stehen und sah auch zunächst nicht in die Richtung, sondern blieb bei seinem gefassten Plan und arbeitete sich weiter an den Blonden heran. Nur deswegen bekam er auch die Frage mit.
Da keine direkte Antwort kam bahnte er sich seinen Weg noch ein Stück weiter bis er auf Aspens Pfad einige Schritte entfernt zum Stehen kam.
"Was ist los? Warum halten wir? Und wo ist el señor Black?"
Aspens Blick folgend spähte er nach dem Gesuchten und war froh, dass die beginnende Sorge seinen Hass in die Schranken wies und es ihm erlaubte, seine äußerliche kühle Neutralität spielend zu waren. ¡Dioses! Er musste seine Gefühle endlich wieder unter Kontrolle bekommen! So ging das nicht weiter.
{ Im Dschungel |
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| Erst etwas abseits, dann dicht bei Aspen | Am Ende auch in Sicht- und Hörweite von Ryan }
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| Erst etwas abseits, dann dicht bei Aspen | Am Ende auch in Sicht- und Hörweite von Ryan }