09.11.2017, 15:19
Scortias war alles andere als ein guter Koch. Zwar hatte er Rog oft beim Zubereiten des Essens geholfen, aber dabei hatte er weniger die Hauptaufgaben erledigt. Kartoffeln schälen, Gemüse putzen, Fleisch pökeln, Abwascharbeiten und Obst schnibbeln waren da eher seine Aufgaben gewesen. Deswegen tat der Junge sich auch etwas schwerer damit, den Hirsch auseinander zu nehmen. Ab und an musste der Schiffsjunge würgen und war froh, dass er nicht gekotzt hatte. Dabei war der Anblick nicht so schlimm, wie der Geruch. Aber alleine der Gedanke daran, dass sie heute Fleisch hatten und kein Fisch, ermunterte den Zwölfjährigen. Die Frage war nur, wie viel sie am Ende von dem Hirsch wegschaffen mussten, denn das Fleisch würde sich ja nicht ewig halten und auch Fliegen oder andere, wildere Tiere anlocken. Das Blut des Hirsches hatte sich an seine Händen und Beinen verteilt. Es klebte und fühlte sich einfach nur ekelig an. Zudem stank es. Nachdem der Junge das Fell abgetrennt hatte, wobei er dabei aufpasste, es in großen Stücken zu lassen, hing er es über einen Baum. Erst dann kümmerte er sich weiter darum, dass Fleisch kleiner zu schneiden. Immer wieder blickte er zum Meer hinaus und konnte nun auch sehen, wie Feuerbart sich dem Strand näherte. Es war irgendwie komisch, den Captain so … enthüllt zu sehen. Es machte ihn menschlicher. Es war nicht so, das Scortias dachte, dass er kein Mensch war, aber diese Stärke, die sonst von Van der Meer ausging, diese schien in dem Moment nicht da zu sein. Er war halt genau so verletzlich und normal, wie jeder andere Mensch auch.
Der Schiffsjunge sah schließlich auf, als der Captain bei ihm stand. Ein etwas gequälteres Lächeln bildete sich auf dem Gesicht des Jungen, denn er wollte dem Captain zwar zeigen, dass er gut voran kam, aber der Gestank und das Blut lösten eher eine gegenteilige Gefühlsregung aus, weswegen seine Gesichtszüge sich nicht recht entscheiden konnten. Dem Jungen war aber nicht entgangen, dass Cornelis nun, nachdem er ein Bad genommen hatte. viel entspannter wirkte. Einen kurzen Moment erinnerte der Mann ihn an die Zeit, vor dem tragischen Gefecht. Feuerbart machte eine Kopfbewegung Richtung Meer und meinte, dass Scortias sich in der Zeit waschen sollte, in der er das Fleisch über das Feuer hängte.
„Aye Captain.“ sagte Scortias und legte den Dolch auf den Holzstamm.
Nach zwei Schritten blieb der Schiffsjunge noch einmal stehen und drehte sich zu Cornelis um.
„Vielleicht lässt sich aus dem Fell ja Kleidung machen oder … eine Decke. Naja, für den Fall,… dass wir doch noch länger hier sind.“ meinte er und zeigte mit dem Finger auf den Ast, über den er das Fell des Hirsches zum trocknen gelegt hatte. „Ich weiß nur nicht genau, wie das geht.“ fügte er noch hinzu und hoffte, dass der Mann damit vielleicht Erfahrungen hatte.
Der Zwölfjährige drehte sich schließlich zum Strand und lief auf das Wasser zu. Sein Blick richtete sich zum Himmel, als er einen schwarzen Vogel sah, der auf den Wald zusteuerte. War das eine Krähe gewesen? Irgendwie passte eine Krähe überhaupt nicht zu dem Bild dieser Insel. Die anderen Vögel hatten farbenprächtigere Gefieder. Doch es beschäftigte ihn erstmal nicht weiter. Er war froh, wenn er das Blut von sich herunter waschen konnte und somit auch den Gestank. Der Zwölfjährige streifte die Hose ab und legte sie in den Sand. Nachdem seine Füße im Meer waren, blieb er aber abrupt stehen. Blut im Wasser und Haie? Keine gute Kombination. Die Augen des Jungen suchten die Oberfläche nach einer dreieckigen Flosse ab. Klar, sie konnten auch unter der Wasseroberfläche sein, aber dennoch war es ein normaler Reflex von ihm. Eine leichte Gänsehaut überzog den Körper des Jungen und das, obwohl die Sonne wieder sehr warm war. Die Angst kroch seinen Knochen entlang. Wenn er einfach nicht so weit hinein gehen würde, dann sollte schon nichts passieren. Scortias lief soweit hinein, bis seine Knie das Wasser spürten. Weiter traute er sich nicht. Sei Blick schweifte immer wieder über das Wasser, während er sich das Blut abwischte. Zum Schluss nahm er dann allen Mut zusammen, um sich hinzusetzen und mit dem Kopf abzutauchen. Aber genau so schnell stand er auch wieder auf und rannte zum Strand zurück, immer wieder umblickend. Erst, als er dann den trockenen Sand unter den Füßen spürte, ging er wieder im normalen Tempo. Der Junge schüttelte die Nässe aus den Haaren und fischte seine Hose vom Strand. Mit ihr auf den Hüften lief der Junge wieder zur Feuerstelle, an der sich nun auch van der Meer befand. Umso näher er kam, umso mehr stieg ihm bereits der Geruch von bratendem Fleisch in die Nase. Sofort spürte er, wie sein Magen rebellierte und anfing zu knurren.
„Das riecht schon total lecker.“ sagte Scortias lächelnd, als er in Sprechweite gekommen war.
Er war generell ein fröhlicher Junge, dem so schnell nichts die Laune verhageln konnte. Auch nicht, die Tatsache, dass sie hier schon so lange fest saßen, denn sie lebten und hatten etwas zu Essen und zu Trinken. Luft zum atmen und sie waren auch nicht alleine. Es könnte also viel schlimmer sein.
„Cornelis? … Kannst Du nach dem Essen mit mir fechten üben?“ fragte der Junge nachdem er sich auf den Stamm gesetzt hatte und sah den Mann fragend, mit leicht schief gelegten Kopf an.
Auf der Onxy hatte Scortias immer mal wieder Unterricht im Fechtkampf bekommen, aber auch im Umgang mit anderen Waffen. Allerdings hatte er sich beim Fechten immer am schwersten getan.
[Am westlichen Strand | mit Cornelis / Cesarea gesichtet]