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Vom Regen in die Traufe
Crewmitglied der Sphinx
für Gold gesucht
dabei seit Nov 2016
#11
Misstrauen, Hohn, Spott, Verachtung, Hass, Gier, Gleichgültigkeit, wann hatte er das letzte Mal etwas anderes an Bord eines Schiffes entgegengebracht bekommen?
Von ein paar Ausnahmen abgesehen, an Bord der Lusitania, seinem letzten Posten.
Er war fair genug Ravenport und Gaskel mit bei den hiesigen Ausnahmen einzurechnen, die Achtung und Respekt verdienten. Beide waren sie noch jung, neu auf der Morgenwind und würden dieses Schiff wahrscheinlich bald wieder verlassen um unter fähigeren Kapitänen zu dienen, Männern, die sich nicht mit Speichelleckern umgaben und bestechen ließen, Männer, die den Wert eines Mannes an seinen Taten maßen und sie nach ihren Fähigkeiten einsetzten.
Hätte Enrique so jemand als Vorgesetzten gehabt, jemanden, der die Energie dieses Mannes in die richtigen Bahnen gelenkt, ihn gefördert und ihm als Vorbild gedient hätte, der Leutnant hätte ihm wahrscheinlich mit Freuden Ruhm und Ehre eingebracht bis jener ihn für fähig erachtet hätte, selbst ein Schiff zu führen. Dann hätten die Feinde der Marine in Zukunft Acht geben, vor ihm fliehen und in Deckung gehen müssen; und sie hätten dabei wohl seinen Namen verflucht.

Es hatte solche Leute in seinem Leben gegeben. Kapitän George Leighton von der Defender zum Beispiel. Sonst wäre der Dunkelhäutige wohl immer noch Fähnrich.
Nur war er nicht mehr an Bord der Defender.

So reichte ein Mann, den die Umstände verbittert hatten, aus, all dieses Potential in den Wind zu schießen, schlimmer noch: Ihn mehr und mehr ins feindliche Lager zu treiben.
Und sein erster Offizier sah gleichgültig zu, hatte nicht genug Mumm in den Knochen um seinen eigenen Standpunkt zu vertreten oder Unannehmlichkeiten zu ertragen. Statt dessen ignorierte er den Unbill anderer und ertränkte sein Gewissen in der Sicherheit der Unselbständigkeit, der Obrigkeitshörigkeit und den fadenscheinigen Belohnungen Harpers.

Deshalb war der Dunkelhäutige sich selbst loyal und maß seine Taten an seinen eigenen Werten. Und die deckten sich nicht unbedingt mit denen der Marine. de Guzmán war inzwischen schon fast mehr Schmuggler und Verräter als Offizier.
Er verstand Luciens Reaktion nur all zu gut, wusste was er zu erwarten hatte, was der Schmuggler befürchtete. Deswegen überraschte ihn die Frage auch nich, frustrierte ihn aber maßlos.
Der Leutnant hielt inne und ballte die Fäuste. Ebenso leise wie zuvor antwortete er wütend:

"Warum? Vielleicht hoffe ich darauf, dass zur Abwechselung mal jemand meine Arbeit zu schätzen weiß, vielleicht reicht es mir aber auch schon, wenn sie bei unserer nächsten Begegnung erst nachdenken bevor sie mich erschießen!"

Draußen auf dem Gang fand Fähnrich Gaskel, derzeit wachhabender Offizier der Morgenwind, endlich den Mut seinen Vorgesetzten zu stören und klopfte. Enrique schaute kurz zur Tür hinüber, entschied sich aber noch etwas anzufügen:

"Ich erwarte nichts von Ihnen, ich kenne sie nicht. Wenn ich unbedingt etwas von ihnen wollte, dann müsste ich es jetzt fordern, so lange sie sich in meiner Hand befinden, aber was könnten sie mir derzeit schon geben?
"Ich hoffe allerdings, dass ich sie richtig einschätze und etwas zurückerhalten werde. Ob, was und wieviel, das wird sich zeigen müssen.
"Ich bin ich und nicht das Klischee eines gierigen, grausamer Dreckskerl von Seeoffizier, das in manchen Kreisen über uns verbreitet wird"
, fuhr er noch immer aufgebracht fort, dem Dunkelhaarigen direkt in die Augen schauend.
"Aber das sage ich, das wird sie nicht überzeugen. Also tun sie das gefälligst selber, lernen sie Leute einzuschätzen und nicht nach dem Schein zu urteilen!
"Das ist es, was ich von ihnen erwarte. Vielleicht stellen sie dabei fest, dass ich doch ein Dreckskerl, ein Seeoffizier, gierig und grausam bin. Vielleicht kommen sie zu einer anderen Einschätzung. Oder sie erkennen, dass sie mich noch gar nicht kennen.
"Sie sind intelligent genug sich nicht von Vorurteilen blenden zu lassen wenn sie das wollen. Zumindest glaube ich das. Und wenn sie hinter den Schein gesehen haben und sich eine Meinung gebildet haben, dann können sie darauf beruhend tun, was sie für richtig halten. Wenn ich mich in ihnen nicht täusche, dann wird auch das genau das sein, was ich von ihnen erwarte. Wenn nicht - dann habe ich eben Pech gehabt!"


Enrique unterstrich seinen letzten Satz zusätzlich mit einer forschen Handbewegung. Gaskel klopfte erneut. Es wurde Zeit sich um die erste reguläre Ladung Gefangener aus dem Eastgate zu kümmern. Also erhob er sich und ließ Lucien dieses Mal keine Gelegenheit ihn unbemerkt zurückzuhalten. Mit einem gereizten, vordernden:
"Was gibt es?", schob er sich durch die Tür, dem Fähnrich die Sicht auf Lucien versperrend und umgekehrt; sich selbst zu der Grenze machend, die die beiden Welten voneinander trennte, in denen er lebte.


Aller Anfang ist schwer.

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RE: Vom Regen in die Traufe - von Enrique de Guzmán - 03.05.2017, 14:58

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