17.06.2024, 15:27
Sie hatte es geschafft. Endlich hatte sie eine Möglichkeit gefunden, den Gefahren an Land ein für allemal zu entkommen. Doch das bedeutete auch, dass sie ab sofort Teil einer Crew war und ihren Platz finden musste. Der Verlust von Peregrine war präsenter denn je und gerade als sie den Hafen verlassen hatten, war Cassy sich kurzerhand nicht wirklich sicher, ob ihre Entscheidung, sich der Sphinx anzuschließen, wirklich richtig gewesen war. Denn schnell stellte sich heraus, dass das Leben auf einem Schiff wesentlich mehr war als eine einfache Flucht. Es gab so viele Dinge, die man beachten musste, so viele Dinge, von denen die Blondine absolut keine Ahnung hatte und es waren so viele Menschen, die auf einem so kleinen Raum miteinander einfach funktionierten.
Ja, man konnte sagen, die erste Zeit auf dem Schiff war wirklich hart für Cassy und doch schaffte sie es erstaunlich schnell damit zurechtzukommen. Sie war von sich selbst positiv überascht und hätte es niemals für möglich gehalten, doch insgesamt kam sie mit den Menschen der Crew gut zurecht, sie waren natürlich alle noch ein wenig distanziert, war sie eine der Neuen, aber man akzeptierte sie, man gab ihr Aufgaben und die junge Frau fühlte sich nicht fehl am Platz. Sie hatte nicht das Gefühl zu stören, sondern eher jenes Gefühl das man sie dort einfügte, wo Hilfe nötig war. Dort, wo sie helfen konnte, tat sie das auch und es passierte ziemlich schnell, dass sie in der Kombüse landete.
Kochen, das hatte sie bereits früh schon daheim gelernt und auch wenn die Umstände auf der Sphinx vollkommen anders waren, wenn es viele hungrige Seeleute gab und die Vorräte gut eingeteilt werden mussten damit sie auch bis zum nächsten Landgang ausreichen würden, so war es für Cassy leicht sich dort zurecht zu finden. Helfen zu können, sich nützlich zu machen.
Jedoch gab es an Bord durchauch auch einen Menschen, dem sie bewusst versuchte, aus dem Weg zu gehen. Sie wollte unsichtbar sein, denn diese Frau, die scheinbar für die Steuerung des Schiffes mit verantwortlich war, die war ihr nicht Geheuer. Natürlich wusste Cassy, dass es eines Tages zu einem Aufeinandertreffen kommen würde. Sie war nicht dumm und das Schiff eindeutig zu klein um sich dauerhaft aus dem Weg zu gehen. Abgesehen davon, konnte die Blondine sich kaum immer verstecken, musste sie doch ihr Zeug erledigen, dafür sorgen, dass sie ihren neu gewonnenen Platz auf der Sphinx, ihre Chance auf ein Stückchen sorglose Freiheit, nicht direkt wieder verspielte. Denn das war aktuell ihre größte Angst. Entsprechend wusste sie, dass es früher oder später dazu kommen musste und doch zuckte sie zusammen, als sie die bekannte Stimme hinter sich hörte.
Cassy stand an der Reiling, nahe der Kombüse, weil sie fürs Erste ihre Arbeit getan hatte. Sie genoss die Seeluft und hatte offensichtlich gerade nichts besseres zu tun als sich der Auseinandersetzung mit der jungen Frau, die vermutlich nicht erst seit kurzem Teil der Crew war, zu stellen. Dennoch zuckte sie und wirbelte dann herum, nachdem die Dunkelhaarige bemerkte, dass es wohl ein Zufall sei, dass sie sich hier trafen und dass Cassy es wohl wahr, die es sich anders überlegt hatte und nun doch zu ihr kommen wollte.
”Oh ähm hi.”
Stammelte die junge Frau nun vor sich hin. Nein, so wollte sie das Ganze hier jetzt nicht beginnen. Sie würde klar und deutlich machen, was sie wollte, oder besser gesagt, was sie nicht wollte. Dann würden sie einen Neuanfang starten und das Miteinander auf der Sphinx würde funktionieren. Soviel zur Theorie. Klang doch an und für sich ganz einfach. Zu dumm nur das sie nicht so laut, so selbstbewusst auftreten konnte, wie sie es gerne gewollt hätte und sie war sich sicher die folgende Worte kamen mehr einem stammeln als einem ernsthaften Standpunkt vorbringen gleich. Aber egal. Alles war besser als nichts und Cassy wollte, dass das hier funktionierte. Es musste funktionieren. Ihre eigene Sicherheit hing schließlich irgendwie von dem Platz innerhalb der Crew ab und da durfte sie es nicht schon nach so kurzer Zeit mit irgendjemandem verscherzen.
”Also…eigentlich…ähm….ich…”
Ja, genau das. Lief super. Nicht. Sie warf ihren Kopf kurzerhand in den Nacken und war genervt von sich selbst.
”Eigentlich wollte ich nicht zu dir. Ich wollte nur auf das Schiff. Teil der Crew werden und dem Leben auf dem Land entkommen. Verstehst du?”
Für den Anfang gar nicht mal so schlecht. Ja, das war okay. Damit konnte sie leben und sie hatte auch indirekt sofort klar gemacht, dass sie kein näheres Interesse an der eigentlich fremden Frau hatte, von der sie natürlich nicht wissen konnte, das sie nur spielte und es ihr gerade deshalb so viel Spaß bereitet, weil Cassy so unsicher reagierte, wie sie es eben tat.
”Tut mir Leid, wenn ich dir da falsche Hoffnungen gemacht habe oder so, das wollte ich nicht. Können wir…Vielleicht…Also…ähm…Wenn das für dich okay ist…fangen wir einfach nochmal von vorne an?”
Sprach sie weiter und streckte mit einem sanften Lächeln der Fremden die Hand entgegen.
”Ich bin Cassy.”