Mittag des 03. Juli 1822
Cassy Ricey & Shanaya Árashi
Shanayas Schicht am Steuer war vorbei, also musste sie sich anderen Dingen widmen. Und da ihr Magen sich schon zu Wort gemeldet hatte, bevor ihre Ablösung erschienen war, war es auch nicht schwer, den nächsten Weg der jungen Frau zu erahnen. Nicht, dass sie es nicht ausgehalten hätte, aber die ganze Zeit in der Prallen Sonne zu stehen war eben auch kein Zuckerschlecken. Zu dem Hunger gesellte sich also auch außerordentlicher Durst. Sie musste also sehen, was sie zu Trinken fand, von dem sie nicht sofort wirr im Kopf wurde.
Während die junge Frau sich also auf den Weg unter Deck machte, band sie den unteren Saum ihrer Bluse zu einem Knoten vor ihren Brüsten zusammen, um ein wenig frischen Wind an ihre Haut zu lassen. Sie kannte das Klima der ersten Welt, kannte diese Temperaturen, aber so richtig wollte ihr Körper sich nicht daran gewöhnen. Das war vermutlich leichter für die, die mit diesem Wetter aufgewachsen waren, ganz im Gegenteil zu ihr, die von Yvenes stammte. Aber ihr fiel beim besten Willen nicht ein, sich darüber zu beschweren. So konnte sie immerhin möglichst wenig Stoff tragen.
Während sich Shanaya also über diesen Gedanken amüsierte, lief sie an dem ein oder anderen bekannten Gesicht vorbei, ohne auf einen von ihnen zu reagieren. Erst, als sie zwischen den Hängematten hindurch schritt, um den Weg zur Kombüse hinter sich zu bringen, haderte sie. Es waren ein paar neue Gesichter zu ihnen gestoßen – zwei davon kannte sie schon. Hier stand eine blonde Frau, die nicht diese komische Frau aus dem Zelt dieser verrückten Händlerin war. Aber im ersten Moment kümmerte sie sich auch nicht darum, erst, als sie noch zwei Schritte an der Blonden vorbei war, die irgendetwas an ihrer Hängematte erledigte, blieb sie stehen und wandte den Kopf herum.
Es dauerte zwei Herzschläge, bevor sich ein hoch amüsiertes Lächeln auf die Züge der Schwarzhaarige legte. Sie kannte dieses Gesicht! Zwar fiel ihr dazu kein Name ein, aber eine ziemlich ulkige Geschichte. Sofort drehte sie sich herum, klatschte einmal erfreut in die Hände.
„Oh, du bist es! Was für ein Zufall!“
In ihren Gedanken kramte Shanaya nach diesem Tag, der Erinnerung, die sie mit der Fremden verband. Mit aller Kraft unterdrückte sie ein Lachen.
„Wolltest du also doch zu mir kommen?“
Sie machte einen Schritt auf ihr Gegenüber zu, ließ sie dabei keine Sekunde aus den Augen.
RE: Right back at the start - Cassy Rice - 17.06.2024
Sie hatte es geschafft. Endlich hatte sie eine Möglichkeit gefunden, den Gefahren an Land ein für allemal zu entkommen. Doch das bedeutete auch, dass sie ab sofort Teil einer Crew war und ihren Platz finden musste. Der Verlust von Peregrine war präsenter denn je und gerade als sie den Hafen verlassen hatten, war Cassy sich kurzerhand nicht wirklich sicher, ob ihre Entscheidung, sich der Sphinx anzuschließen, wirklich richtig gewesen war. Denn schnell stellte sich heraus, dass das Leben auf einem Schiff wesentlich mehr war als eine einfache Flucht. Es gab so viele Dinge, die man beachten musste, so viele Dinge, von denen die Blondine absolut keine Ahnung hatte und es waren so viele Menschen, die auf einem so kleinen Raum miteinander einfach funktionierten.
Ja, man konnte sagen, die erste Zeit auf dem Schiff war wirklich hart für Cassy und doch schaffte sie es erstaunlich schnell damit zurechtzukommen. Sie war von sich selbst positiv überascht und hätte es niemals für möglich gehalten, doch insgesamt kam sie mit den Menschen der Crew gut zurecht, sie waren natürlich alle noch ein wenig distanziert, war sie eine der Neuen, aber man akzeptierte sie, man gab ihr Aufgaben und die junge Frau fühlte sich nicht fehl am Platz. Sie hatte nicht das Gefühl zu stören, sondern eher jenes Gefühl das man sie dort einfügte, wo Hilfe nötig war. Dort, wo sie helfen konnte, tat sie das auch und es passierte ziemlich schnell, dass sie in der Kombüse landete.
Kochen, das hatte sie bereits früh schon daheim gelernt und auch wenn die Umstände auf der Sphinx vollkommen anders waren, wenn es viele hungrige Seeleute gab und die Vorräte gut eingeteilt werden mussten damit sie auch bis zum nächsten Landgang ausreichen würden, so war es für Cassy leicht sich dort zurecht zu finden. Helfen zu können, sich nützlich zu machen.
Jedoch gab es an Bord durchauch auch einen Menschen, dem sie bewusst versuchte, aus dem Weg zu gehen. Sie wollte unsichtbar sein, denn diese Frau, die scheinbar für die Steuerung des Schiffes mit verantwortlich war, die war ihr nicht Geheuer. Natürlich wusste Cassy, dass es eines Tages zu einem Aufeinandertreffen kommen würde. Sie war nicht dumm und das Schiff eindeutig zu klein um sich dauerhaft aus dem Weg zu gehen. Abgesehen davon, konnte die Blondine sich kaum immer verstecken, musste sie doch ihr Zeug erledigen, dafür sorgen, dass sie ihren neu gewonnenen Platz auf der Sphinx, ihre Chance auf ein Stückchen sorglose Freiheit, nicht direkt wieder verspielte. Denn das war aktuell ihre größte Angst. Entsprechend wusste sie, dass es früher oder später dazu kommen musste und doch zuckte sie zusammen, als sie die bekannte Stimme hinter sich hörte.
Cassy stand an der Reiling, nahe der Kombüse, weil sie fürs Erste ihre Arbeit getan hatte. Sie genoss die Seeluft und hatte offensichtlich gerade nichts besseres zu tun als sich der Auseinandersetzung mit der jungen Frau, die vermutlich nicht erst seit kurzem Teil der Crew war, zu stellen. Dennoch zuckte sie und wirbelte dann herum, nachdem die Dunkelhaarige bemerkte, dass es wohl ein Zufall sei, dass sie sich hier trafen und dass Cassy es wohl wahr, die es sich anders überlegt hatte und nun doch zu ihr kommen wollte.
”Oh ähm hi.”
Stammelte die junge Frau nun vor sich hin. Nein, so wollte sie das Ganze hier jetzt nicht beginnen. Sie würde klar und deutlich machen, was sie wollte, oder besser gesagt, was sie nicht wollte. Dann würden sie einen Neuanfang starten und das Miteinander auf der Sphinx würde funktionieren. Soviel zur Theorie. Klang doch an und für sich ganz einfach. Zu dumm nur das sie nicht so laut, so selbstbewusst auftreten konnte, wie sie es gerne gewollt hätte und sie war sich sicher die folgende Worte kamen mehr einem stammeln als einem ernsthaften Standpunkt vorbringen gleich. Aber egal. Alles war besser als nichts und Cassy wollte, dass das hier funktionierte. Es musste funktionieren. Ihre eigene Sicherheit hing schließlich irgendwie von dem Platz innerhalb der Crew ab und da durfte sie es nicht schon nach so kurzer Zeit mit irgendjemandem verscherzen.
”Also…eigentlich…ähm….ich…”
Ja, genau das. Lief super. Nicht. Sie warf ihren Kopf kurzerhand in den Nacken und war genervt von sich selbst.
”Eigentlich wollte ich nicht zu dir. Ich wollte nur auf das Schiff. Teil der Crew werden und dem Leben auf dem Land entkommen. Verstehst du?”
Für den Anfang gar nicht mal so schlecht. Ja, das war okay. Damit konnte sie leben und sie hatte auch indirekt sofort klar gemacht, dass sie kein näheres Interesse an der eigentlich fremden Frau hatte, von der sie natürlich nicht wissen konnte, das sie nur spielte und es ihr gerade deshalb so viel Spaß bereitet, weil Cassy so unsicher reagierte, wie sie es eben tat.
”Tut mir Leid, wenn ich dir da falsche Hoffnungen gemacht habe oder so, das wollte ich nicht. Können wir…Vielleicht…Also…ähm…Wenn das für dich okay ist…fangen wir einfach nochmal von vorne an?”
Sprach sie weiter und streckte mit einem sanften Lächeln der Fremden die Hand entgegen.
”Ich bin Cassy.”
RE: Right back at the start - Shanaya Árashi - 30.06.2024
Hatte die Blonde sich damals vorgestellt, ihr ihren Namen verraten? Shanaya konnte sich nicht erinnern, dachte aber auch nicht wirklich intensiv darüber nach. Es war ihr an sich eigentlich egal – nur jetzt musste sie sich ihren Namen gezwungenermaßen merken, wenn sie sich (noch einmal) vorstellte. Oder eben auch nicht, wenn sie am Leben auf dem Schiff zerbrach und im nächsten Hafen wieder flüchtete. Aber an die Reaktion der anderen Frau erinnerte sie sich dafür umso besser, über die Schüchternheit und wie… prüde sie sich verhalten hatte. Und auch jetzt wirkte sie wie ein überfordertes Schäfchen, das einem großen, bösen Wolf gegenüber stand.
Die Blonde stammelte herum, womit Shanaya leicht eine Augenbraue hob. Was war es, was sie so verschreckte? War sie immer so? Bekam sie nie einen vollständigen Satz heraus? Dann würde es verdammt schwierig mit ihr werden. Oder war sie eine dieser Frauen, die vor jedem Menschen mit etwas Selbstbewusstsein kuschten? Was auch immer es war, sie zeigte der Schwarzhaarigen damit nur wieder eine Schwäche, die die junge Frau zu gern annahm. Immerhin brauchte jeder von ihnen etwas, womit sie sich mögliche Langeweile vertreiben konnten. Aber schließlich schaffte sie es doch, einen ganzen Satz hervor zu bringen. Soso. Sie wollte also dem Leben auf dem Land entkommen? Sie gehörte nicht zu den Menschen, deren Geschichte Shanaya groß interessierte – was sich vermutlich auch nicht ändern würde – also ging die Dunkelhaarige nicht weiter darauf ein, unterzog die andere Frau nur einem prüfenden Blick, musterte sie von oben bis unten.
„Weißt du denn, was das Leben auf einem Schiff bedeutet? Vor allem auf einem Piratenschiff?“
Ihre Frage klang erstaunlich neutral, nicht groß interessiert aber doch gespannt, was sie antworten würde. Zwar glaubte Shanaya die Antwort zu kennen, aber sie ließ sich natürlich immer gern überraschen. Was ihr Gegenüber dann sagte ließ die Schwarzhaarige wirklich überrascht eine Augenbraue heben und sie unterdrückte mit aller Kraft, laut los zu lachen. Neu anfangen? Herrje. Sie schüttelte sich innerlich, wog den Kopf dann etwas zur Seite und betrachtete die Frau mit abschätzender Miene.
„Du brichst mir gerade das Herz und willst jetzt, dass ich darüber einfach hinweg sehe?“
Mit skeptischer Miene richtete sie die blauen Augen auf die Hand, die ihr entgegen gestreckt wurde, hob den Blick dann aber wieder zu dem Gesicht der Älteren und ging nicht weiter auf die ihr entgegen gestreckte Hand ein.
„Und meinst du, du bist lange genug auf diesem Schiff, dass dieser Name es wert ist, dass ich ihn mir merke, Cassy?“