27.12.2022, 11:49
Ein wenig zuckte Lola zusammen, als die Händlerin sie "Liebchen" nannte. Das taten sonst nur die alten Damen, die in die Apotheke kamen um ihre Kräutermixturen zu holen. Lola war sich noch ein bisschen unsicher ob sich die andere Frau mit dem Wahrsager stritt oder nicht.
"Sie wird ja nicht erfahren welche Bedeutung die Karten speziell für mich haben. Nur was die Bedeutung der Karten an sich sind."
Als dann noch eine Gestalt in das Zelt kam akzeptierte sie die Situation. Kurz streifte ihr Blick den neu Ankömmling, interessante Farben stellte sie fest. Hatte sie wirklich den Anschein erweckt sich nicht zu trauen? Sie war eher verunsichert durch die Händlerin, glaubte sie wirklich nicht an die Karten? Einen nach dem anderen schaute sie an und legte die Unsicherheit ab, mit entschlossener Stimme.
"Doch natürlich Traue ich mich, ich war mir nur nicht sicher ob sich hier gestritten wird oder nicht. Einen Streit in die Karten tragen ist kein gutes Ohmen"
Sie machte ein Schritt zu dem Hocker für die Kunden. Und als der Wahrsager begann die Karten zu verteilen, setzte sie sich und blendete die Zuschauer aus. Welche ihrer Fragen sollte sie den Karten stellen, welche Frage hatten ihre eigenen Karten nie wirklich beantwortet. Lola schloss die Augen und ging in sich. Unbewusst griff sie nach der grünen Perle und wickelte sich die Strähne um den Finger und wieder zurück. Dann kam wieder das "Liebchen" und sie schaute kurz zur Händlerin. Ungewollt lag eine Mischung aus Abneigung und Entschlossenheit in ihrem Blick. Schnell blinzelte Lola und ihr Blick verharrte noch einen Moment auf der Händlerin, die gerade aus dem Zelt blickte. Sie wandte ihr Gesicht zurück zum Wahrsager. Die Abneigung und Entschlossenheit waren noch immer teil ihres Blicks. Sie wollte diese Apotheke verlassen, wo man sie immer "Liebchen" nannte und wo man so tat als wäre ihre Mutter jemand ganz schreckliches gewesen.
"Ich möchte wissen welchen weg ich einschlagen soll, wenn ich mein aktuelles Leben hinter mir lasse"
Lola war entschlossen und vielleicht gab es ja doch was das sie gut konnte. Vielleich sollte das hier nicht für immer ihre Welt sein. Vielleicht fand sie doch noch eine Familie die sie akzeptierte wie sie war. Ein bisschen Trauer schwang am ende noch mit als sie kurz an ihre Mutter dachte. Mit einem nicken unter strich sie ihre Aussage und blickte den Wahrsager direkt an. Die anderen beiden waren völlig vergessen, gerade waren in diesem Zelt nur der Wahrsager und sie.