12.12.2022, 15:38
Shanaya blieb, trotz der Vernunft, die ihr in manchen Momenten inne wohnte, hin und her gerissen. Hier gab es noch so viele Regale, so viel, wo sie sich hätte umsehen können. So viel, ohne das sie den Laden vielleicht nicht verlassen wollte. Aber sie war eben auch nur ein Mensch (wenn auch ein sehr außergewöhnlicher!) mit Vorlieben, Sehnsüchten und Begeisterungen. Und da vergaß man eben auch Mal die Vernunft. Dass Talin und sie in diesem Moment keine gute Kombination waren, nun... das hatte die alte Verkäuferin jetzt lernen müssen. Nicht, dass Shanaya das nicht längst klar war, aber es wurde in solch einem Moment nur noch einmal deutlicher.
Ihre blonde Freundin sagte jedoch nichts mehr dazu und noch bevor die beiden Frauen sich zum Gehen wenden konnten, hörten sie eine Tür, Geschirr – und eine fremde Stimme, die definitiv nicht zu der am Boden Liegenden gehörte. Shanayas Gedanken sprangen weg von den Karten um sie herum, auch wenn ihre Arme sich enger um die Erbeuteten schlossen, und drifteten zu der Gasse vor dem Laden. Zu den Seitengassen, zu Plätzen, an denen sie in der Masse untertauchen konnten. Und zu dem kribbelnden Gefühl im Nacken, das sie zu diesem Laden getrieben hatte. Und für den Bruchteil einer Sekunde zu dem Geld, das sie auf den Tresen gelegt hatte... und das jetzt nichts mehr bringen würde. Dieser Typ hatte ihren kompletten Plan zunichte gemacht! Verdammter Dreck. Dafür hätte sie ihn einfach die Treppe runter schubsen sollen.
Aber bevor sie sich weiteren Mordgedanken zuwenden konnte, zog Talin sie mit sich in die Richtung, in die die Schwarzhaarige automatisch getreten war, als sie den fremden Mann erblickt hatte. Die Blonde öffnete die Tür, Shanaya huschte heraus, warf nur noch einen kurzen, prüfenden Blick zu dem Mann zurück, prüfte, wie Zeit ihnen blieb, ehe sie sich schnellen Schrittes von dem Laden entfernten. Zumindest einige, wenige, schnelle Schritte, bevor sie langsamer wurde und die blauen Augen zu Talin herum wandte. Die Stimme des Mannes drang noch einmal an ihr Ohr, dann die ihrer Begleitung. Shanaya schnaufte, warf noch einen kurzen Blick zurück. Manche Menschen wirkten aufgeschreckt, suchten nach einem potentiell flüchtenden Dieb. Andere interessierten sich nicht im Geringsten dafür.
„... Das musstest du mir jetzt auch noch einmal unter die Nase reiben, oder? Das schmerzt auch so schon genug!“
In gespielter Beleidigung verzog Shanaya das Gesicht, während die blauen Augen genau die Umgebung im Blick behielten. Mögliche Verfolger, Fluchtwege für den Notfall, die, die sie vielleicht doch als die Diebe erkannten, nach denen lauthals gesucht worden war. Schließlich lachte die Schwarzhaarige, trotz der etwas eskalierten Situation ein stolzes, vollkommenes, mit sich und allem zufriedenes Grinsen auf den Lippen.
„Aber ich habe, was ich wollte, von daher. Aber jetzt einen kleinen Umweg gehen ist wohl keine schlechte Idee.“
[Richtung Markt | Talin]