22.06.2022, 11:27
Einen Moment hatte er sich lediglich darauf konzentriert weiter zu gehen und sich dabei den ungefähren Verlauf, den die Straßen in diesem Teil der Stadt nehmen mussten, vor Augen zu rufen. Dann jedoch bohrte sich Rúnars ausgestreckter Finger nahezu in sein Sichtfeld auch wenn der Andere nur von der Seite her auf ihn zeigte. Taróns Stirn kräuselte sich. Hinter ihr spürte er wie sich der Kopfschmerz bereits langsam erneut anschlich und mit noch sanften Fingern von innen an seinen Schädel klopfte…bald würde er dafür die Faust nehmen. Er hörte den Ärger in Rúnars Stimme und kurz wallte dieser auch in ihm selbst auf – bissig, wie ein Straßenköter, den man mit einem Stein beworfen hatte und der nicht zu der Sorte gehörte, die daraufhin den Schwanz einzog. Er hätte vielleicht garnichts dazu sagen sollen – so wie er das wahrscheinlich ansonsten getan hätte. Es weggelächelt und so aufgefasst wie es wohl war: ein kurzer Ausbruch, der nicht so gemeint war. Doch heute war nicht der beste Tag für Taróns sonst so umsichtige Seite.
„Weil er dein Problem ist?“ Ein abfälliges Schnauben mischte sich in seine tiefen Atemzüge. „Schon verstanden…Dann geh vor zur Sphinx oder mach was auch immer dir sonst vorschwebt! Du musst ihn und mich nicht zu deinem Problem machen.“
Und erst als er die Worte ausgesprochen hatte fühlte er, wie seltsam tief der Stich ging, den er empfand. Rúnar hatte das nicht so gemeint, war wie er selbst überreizt und müde…und doch fühlte es sich für Tarón wie Verrat an, dass der Andere ihm quasi einen Vorwurf machte, Calwah indirekt als Last und Bürde betitelte. Oh und wie oft tat er das selbst? Aber das war etwas anderes, denn das Vieh war eine Bürde – seine Bürde! Und er hasste das Gefühl, dass er so dumm war auch nur einen Moment zu glauben sie eventuell teilen zu können ohne dass dies Konsequenzen hätte. Ohne, dass sich aus dem Faden des Vertrauens ein weiteres Seil um seinen Hals knüpfen würde. Er hatte sich Rúnar gegenüber verwundbar gemacht – und nun zahlte er den Preis. Der Junge und Isala waren die einzigen die wussten, wie wichtig ihm das Vieh tatsächlich war – und warum. Allem fluchen und meckern über das Schuppentier zum Trotz: Tarón wäre gestorben, um es zu beschützen. Und sei es um der Leben willen, die wegen ihm bereits verloren waren.
Auch die Erwiderung auf seinen vorherigen Versuch die Situation mit Harald etwas aufzulockern spukte für ihn nur Öl in diesen schwelenden Brand. Aber darauf sparte er sich seine Antwort. Er musste Calwah finden. Und Isa. Das war das einzige, das grade wichtig war und wenn er die Echse in dne Händen hatte würde er ihm ein verdammtes Geschirr bauen und anlegen! Keine Bürde mehr für andere – seine Verantwortung. Alleine seine.
Ohne Rúnar noch einmal anzusehen stapfte er weiter, fokussierte sich und konzentrierte sich wieder auf den Weg und darauf noch schneller zu sein, um Isa möglichst bald einzuholen. Vielleicht hoffte er auch die unangenehme Situation hinter sich zurücklassen zu können, wie die Wolke aus Gestank um einen frisch gesetzten Haufen Scheiße.
Die Straßenführung war nicht kompliziert und als es kompliziert wurde verrieten ihm die Stimmen, wo er hingehen musste. Zwei Stimmen… Seine Kiefer mahlten aufeinander.
Als er geleitet von Isas Stimme in den Innenhof einbog erspähte er Calwah schnell – doch was er sah erfreute ihn angesichts seiner aktuell so brütenden Gedanken wenig. Das Gesicht des Mannes war durchaus freundlich, Calwah schien beruhigt und nicht in der Gefahr erneut wegzulaufen und doch war da ein Funken Paranoia, den die Gedanken über die Echse in ihm entfacht hatten. Von den Worten des Mannes hörte er nur das „gefunden“ am Ende klar. Langsam und dabei die Situation weiter mit den Augen analysierend hielt er auf isa zu, die ihn sicherlich schon hier am Eingang des Hofes anhand seines schweren Atems bemerken würde. Für Heimlichkeiten war er definitiv zu sehr Packesel.
[Kleiner Innenhof nicht weit vom Hafen | bei Isala (&Rúnar?), Calwah und Beiros ]