19.04.2022, 12:20
Leichtfüßig wie eh und je balancierten die kleinen Pfoten auf den Schultern des Lockenkopfs, der sich nach einem kurzen Plaudern mit der Wirtin mit drei gefüllten Krügen voll Bier von der Theke löste. Bislang hatten sie soweit alles besorgt und erledigt bekommen, was sie sich für den Tag vorgenommen hatten und nicht nur das – auch das ein oder andere Schnäppchen hatten sie erobern und für die Sphinx sichern können. So beispielsweise auch eine Destille, die Gregory und Elian mit Sicherheit eine große Hilfe leisten würde. Und damit zwangsläufig auch ihnen, wenn sie ungebremst ins nächste Unheil schlitterten. Die Annahme der Destille hatte er wohlweislich Tarón überlassen. Nicht nur, weil er sich als Quartiermeister irgendwie dafür prädestinierte, sondern auch, weil sich der Lockenkopf kaum damit auskannte, wie eine einsatzbereite Destille überhaupt auszusehen hatte. Stattdessen hatte er sich gemeinsam mit Rayon, Greo und Per um weitere Einkäufe gekümmert und dabei die Gelegenheit genutzt, ein paar der gemalten Kinderbücher an den Mann zu bringen, die er in den vergangenen Wochen auf See gezeichnet und beendet hatte. Seit Milúi fühlte er sich mit dem Genre ausgesprochen wohl. Auch, wenn der Grund definitiv kein angenehmer war.
Mit einem Lächeln stellte er die Krüge auf dem kleinen Tisch ab, den Greo und Per sich ausgesucht hatten. Auch für Rayon war noch genügend Platz, sobald er auftauchen würde – das Schicksal eines schalen, abgestandenen Biers wendete er allerdings von seinem Freund ab. Mit etwas Glück würde er passend zur nächsten Runde auftauchen, sodass sie sich einen Gang zum Tresen sogar sparen konnten. Während sich Liam am Tisch niederließ, warf er einen weiteren Blick durch den Raum. Sie waren nicht die einzigen Gäste, doch die Gespräche waren gedämpft. Selbst Liam wurde das Gefühl nicht los, dass man sie hinter vorgehaltenen Händen beäugte. Es drängte sich förmlich der Gedanke auf, dass man einen von ihnen erkannt hatte – doch der Lockenkopf war gut darin, Dinge zu verdrängen. Sineca, die inzwischen von seiner Schulter auf den hölzernen Tisch gesprungen war, hatte er die Tage in Ostya dennoch nicht auf dem Schiff zurückgelassen. So optimistisch er auch war – ihn hätte es leider auch nicht überrascht, hätte man ihnen die Sphinx unter dem Hintern angezündet, um sie auf dieser Insel festzusetzen und sich nach und nach das Kopfgeld eines jeden einzuverleiben.
„Na, jedenfalls…“, nahm er das Thema wieder auf, das sie bei Betreten der Taverne fallengelassen hatten. „wissen wir alle nicht so genau, was Elian noch bei uns hält. Er hat uns den Tod seines Bruders nie wirklich verziehen. Sich nie wirklich verziehen. Davor war er aufgeschlossener. Es ist nichts persönliches.“
Davon ging Liam jedenfalls stark aus, selbst wenn Per alles andere als besorgt darüber wirkte, dass Elian ihm so feindselig gegenüber war. Doch auch, wenn ihr Neuankömmling damit nur wenige Probleme hatte und das Thema viel mehr aus Interesse auf Elian gefallen war, war es dem Lockenkopf ein Bedürfnis, den verbliebenen Montrose ein bisschen vor sich selbst zu schützen. Außerdem war das Thema Elian weitaus besser als das, was ihm derzeit durch den Kopf spukte.