02.10.2020, 21:49
Es war nicht so, dass Greo keine Skrupel hatte, aber er war ein Opportunist, der sich äußerst geschäftsmäßig den Gegebenheiten anpasste und dabei lediglich berücksichtigte, wie er gut aus der Sache rauskam. Unter diesen Umständen musste die Leiche zufrieden damit sein, dass sie eine Seemannsbestattung erhielt und netterweise noch eingeschnürt wurde, bevor man sie dem Meer übergab. Das war mehr, als sie für diesen Fremden hätten leisten müssen und Greo war froh, wenn das Ding – er musste sich kurz zurechtrufen, dass es sich immer noch um einen Menschen handelte – nicht mehr an Bord war, keinen Platz mehr wegnahm und sie sich wieder ihrer Aufräumaktion und Inventur widmen konnten. Konzentriert auf seinen unerwarteten Nebenjob als Totengräber, entging ihm die subtile Veränderung in Lucien, die mit ein bisschen Sensibilität und Aufmerksamkeit darauf hindeutete, dass auch ihn die Geschichte rund um die Sklaven, auf die eine oder andere Weise anrührte. Beide hatten egoistische Gründe dafür, keiner sprach sie an und somit wagten sie sich unwissentlich gar nicht erst in die heiklen Gewässer des privaten Austauschs. Sie umschifften sie, wie es sich für Seemänner gehörte.
Lucien fackelte nicht lange anzupacken und kam mit den notwendigen Utensilien daher, die das Beweisstück Person für immer im Wasser versenken sollten. Greo hatte sich nach dem Wickeln wieder hingehockt und die Unterarme auf den Knien abgestützt, ließ die Hände locker hängen und sah zu, wie der Kapitän ein versandfertiges Päckchen aus der Leiche zauberte. Sauber.
Er hob in einer undeutlichen Geste die Schultern an und griff dann bereits vom Kopf an nach dem Botschafter, damit sie ihn an Deck schaffen konnten, wo er nicht so sehr störte.
„Bin mal dort gewesen. Die Kolonien bieten sich für Handel an. Man kann Material loswerden.“
Das war nicht gelogen. Es war nur halt nicht alles. Aber das interessierte den Ranghöheren nicht und zudem hatte es keine Relevanz für die Thematik. Greo fragte sich kurz, ob Ureinwohner Elanoras unter den Sklaven waren, gewundert hätte es ihn nicht. Aber auch diese Überlegung nutzte nichts, es war einfach zu spät.