24.09.2020, 10:25
Aufmerksam beobachtete Joshiah ihre Umgebung, als James sie weiter die Straßen entlang führte, so sicher wie jemand, der schon lange hier lebte. Oder ein ausgezeichnetes Straßengedächtnis hatte. Er musste derweil sich auf die wenigen Anhaltspunkte verlassen, die er bisher gesehen hatte, und die Karte setzte sich nur langsam zusammen. Die Tatsache, dass er kaum der Orte die sie jetzt passierten bereits gesehen hatte, machte die Sache nur bedingt besser, und die gedankliche Karte blieb so lückenhaft wie sie es vorher auch war. Später würde er ein paar der Vermutungen noch bestätigen müssen, nahm er sich vor. Dann tauchte endlich ein an ächzenden, verrosteten Ringen hängendes, hölzernes Schild mit einem unverkennbaren Symbol zwischen den Häusern auf, und als sie die Tür des Hauses öffneten schlug ihnen der Gestank nach Alkohol, Schweiß und eine kleine Fahne kalten Rauches entgegen.
Josiah ertappte sich bei der Frage, ob das hier die nächstbeste Taverne war, oder James sie bewusst ausgesucht hatte, als sie sich an den Tresen vorbei ins Innere begaben und einen der freien Tische aufsuchten. Gleichzeitig konnte er es sich nicht nehmen, die Gäste zu betrachten, hoffend, dass der Misstrauen in seinem Blick nicht zu offensichtlich war. Aber von der handvoll Besucher, die verteilt im Raum saßen, sahen die wenigstens auch nur auf. Es war etwas heikel, als Fremder erstmal anzufangen, andere mit dem Blick nach Waffen abzusuchen, und Josiah tat sein bestes, um nicht aufzufallen, und als er schließlich saß und James ihn somit sehen konnte hatte er schon wieder ein Grinsen auf den Lippen. Er hatte nichts gefunden, sein Bauchgefühl war entspannt und auch rein logisch war es unwahrscheinlich, dass sich sowas wie letztes mal so schnell wiederholen würde. Zwar würde er auf der Hut bleiben, aber vorerst... vorerst galt die Umgebung als sicher.
James winkte dem Schankmaid und Josiah setzte sich daran, den Tabak und die Pfeife hervor zu holen, halb, um neben den Trinken noch eine weitere Beschäftigung zu haben und vielmehr um somit möglichen weiteren Bierbestellungen für ihn schon jetzt ein wenig entgegen wirken konnte.
Dann kehrte kurz Ruhe ein, die Ruhe der wenigen Momente, die es braucht, um sich irgendwo einzurichten, bis James die Stimme erhob und damit offiziell erklärte, dass sie endgültig angekommen waren. Josiah hielt in seiner Bewegung inne, den Tabak hervor zu holen, und blickte über den Tisch hinweg zu James.
"Das lässt sich wohl nicht verbergen."
Er grinste leicht und nickte dann.
"Ich - wir - sind tatsächlich nur auf der Durchreise. Und um deine Frage von vorhin auch gleich zu beantworten: Wir arbeiten nur auf denselben Schiff."
Und:
"Warum sie an ihr Interesse haben könnten weiß ich nicht. Aber da ich auch nicht weiß, warum sie es so auf uns abgesehen haben muss ich zugeben, dass ich ihnen nicht zutraue, auf andere, dumme Gedanken zu kommen. Zumal ich mir nicht sicher wäre, ob sie nicht misstrauisch werden würden, wenn sie festgestellt hätten, dass wir noch vor Ort wären und jemanden suchten."
Die Lüge, die kaum Lüge war und gleichzeitig doch, kam sie leicht über seine Lippen wie immer. Kurz hielt er inne, das kleine Tabakdöschen wieder in den Händen haltend, dann sah er wieder auf:
"Oder weißt du mehr?"
Er bemühte sich, möglichst viel Humor in seine Stimme zu legen. Er bezweifelte selber ehrlich, dass James etwas mit der Sache zu tun hatte. Und wenn doch, war er erstaunlich selbstbewusst und gefasst. Schließlich hatte es auf Josiah nicht so gewirkt, dass James es allzu eilig hatte, den Schauplatz zu verlassen. Da sie ja nicht entkommen waren weil die Soldaten sich plötzlich sicher waren, dass sie definitiv keine Diebe waren, hätte Josiah von jemanden, der tatsächlich etwas auf dem Kerbholz hatte, etwas anderes erwartet. Etwas, das mehr seiner eigenen Reaktion ähnelte. Und er wollte nicht unbedingt die Frage aufkommen lassen, auf welchen Schiff sie tätig waren. Schritte näherten sich und Josiah sah instinktiv auf. Es war die Schankmaid, die in ihren Händen mehrere große Krüge balancierte und mit einem knappen, außer Atem geratenen 'Hier' zwei davon so schwungvoll auf ihren Tisch stellte, dass das Bier kurz über den Becherrand zu schwappen drohte, ehe sie sich mit einem leisen Ächzen wieder aufrichtete und den nächsten Tisch ansteuerte. Wie sie es schaffte, dabei nicht unhöflich zu wirken, war Josiah ein kleines Rätsel.
Er kam kaum dazu, ihr sich erkenntlich zeigend zuzunicken. Also legte er nur die Pfeife und den Beutel wieder auf den Tisch, sehr darauf bedacht, den Flecken auf den Tisch zu erwischen der möglichst wenig klebrig war - und dass sowohl Pfeife als auch Beutel auf dem Stofffetzen lagen, in denen sonst die Pfeife eingewickelt war - und griff nach dem Bier:
"Auf unsere rettende Herrengesellschaft. Wenn auch: Wein sieht aber anders aus."
Er grinste breit, auf James Ausrede bei den Soldaten anspielend.
[James | Kneipe]