22.08.2020, 10:23
Keiner der beiden Männer antwortete auf ihre Worte, niemand rief ihr etwas hinterher. Zumindest hörte Shanaya nichts, was auch daran liegen mochte, dass sie jede Stimme einfach dem Rauschen des, nicht sehr stark vorhandenem, Wind zuschrieb. Sie wollte die beiden los werden, und wenn ihr Plan funktionierte, konnte sie auch endlich diese Wunde versorgen. Nur musste sie jetzt auf andere Dinge zurück greifen als ihre eigene Nadel, weil Josiah sich zu etwas aufspielen musste, was er nicht war. Der Gedanke, ihm vielleicht den ein oder anderen Finger abzuhacken, tröstete sie jedoch etwas über ihre Laune hinweg.
Sie war mit der Krücke nicht die Schnellste, zumal sie das Pochen in ihrem Bein deutlich spürte. Aber sie hatte sich noch nie von so etwas unterbekommen lassen – also auch nicht in diesem Fall. Sie brauchte nur eine passende Idee, jemand, der ihr helfen würde, diese Kerle los zu werden. Ihr Weg führte sie also, so schnell es ihre Kräfte zu ließen, die Straße entlang, ließ dabei den blauen Blick schweifen. Bis ihr in einer Gasse vier Männer auffielen, die scheinbar in ein Gespräch vertieft waren. Nur den Hauch einer Sekunde überlegte Shanaya, aber die Uniformen sprachen für sich. Ein berechnender Ausdruck schlich sich auf die Züge der jungen Frau. Möglichkeit erkannt, Plan geplant. Ohne noch einen Herzschlag inne zu halten, bog Shanaya nach links ab, bewegte sich möglichst schnell auf die vier Männer zu. Nur kurz huschte ihr heller Blick zu Josiah und James herum, die ihr in gemütlichem Schritt folgten. Hätten sie einen anderen Weg eingeschlagen, wäre ihr Problem gelöst… so taten die beiden ihr nicht wirklich Leid.
Auf der Höhe der Männer machte sie mit einem deutlichen Räuspern auf sich aufmerksam und direkt legten sich alle Augen auf sie, abschätzende Mienen blickten ihr entgegen. Und Shanaya ließ keine Sekunde verstreichen.
„Es verfolgen mich zwei Kerle, einer davon ist an nobler Kleidung zu erkennen, der andere hat dunkle Haare und sieht etwas heruntergekommener aus.“ Sie blickte kurz in die Runde, griff dann mit der freien Hand in ihre Tasche, kramte nach ihrem Beutel, in dem es leise klimperte. Ein paar Münzen ließ sie in ihre Tasche fallen, ehe sie den Beutel hervor holte und den Männern entgegen hielt. „Ihr kriegt das alles, wenn ihr sie mir vom Hals haltet. Egal, wie.“
Das Interesse der Männer war offensichtlich, so leicht verdientes Geld lockte die meisten an. Sie warfen sich kurze Blicke zu, ehe einer von ihnen nickte, die Hand nach dem Beutel ausstreckte. Die Schwarzhaarige warf ihm das Geld zu, als die Männer sich schon in Bewegung setzten, dabei leise miteinander sprachen. Vielleicht waren Soldaten ja doch zu etwas gut. Manchmal. In ganz großen Ausnahmen. Es war so einfach. Aber Shanaya gönnte sich auch hier keinerlei Pause, sofort setzte sie sich wieder in Bewegung, bevor das Fieber und der Schmerz sie übermannen konnten. Ihr nächstes Ziel war eine Schneiderei, irgendetwas wo sie Alkohol her bekam… Hauptsache, sie würde ihre Ruhe haben.
[Kurz bei den Soldaten | Allein in einer Gasse]
Die vier Männer setzten sich in Bewegung, einer von ihnen hatte den Beutel mit Geld geprüft und dann verstaut. Nun traten sie um die Ecke, ließen den Blick suchend schweifen – und wurden dabei schnell fündig. Die vage Beschreibung reichte, denn die zwei wirkten wie Tag und Nacht. Erneut warfen die Männer sich Blicke zu, ehe ihre Schritte deutlich schneller wurden, direkt auf Josiah und James zu. Nur einer erhob das Wort.
„Stehen bleiben, im Namen der Königin!“
Zwei der Soldaten zogen ihre Schwerter, alle stellten sich so auf, dass es nach vorn für die beiden Piraten nicht weiter ging. Ihr einziger Weg wäre ein Rückzug in die andere Richtung – die Haltung der Soldaten machte jedoch deutlich, dass sie ihnen folgen würden.
„Ihr dreckigen Diebe seid festgenommen! Seit Wochen treiben hier zwei Diebe ihr Unwesen – das hat jetzt ein Ende!
Die donnernde Stimme des Mannes ließ keinerlei Widerspruch zu, und damit wurden mehr und mehr Passanten auf sie aufmerksam, die scheinbar unbeteiligt stehen blieben und zu der kleinen Gruppe hinüber schielten.