20.08.2020, 09:37
[bei Shanaya & James | Straße]Es war rein menschlich, dass der Fremde seine Hilfe anbot, und Josiah wägte kurz ab, ob Shanaya die Androhung, zu einen Arzt geschleppt zu werden, ähnlich motivierte wie die Ansage, dass sie hier sitzen bleiben sollte. Eine Überlegung, die sich schon rasch als überflüssig erwies: Shanaya spottete noch kurz über sie, dann griff sie nach ihren Krücken. Josiah beobachtete sie scharf aus dem Augenwinkel, den Spott ähnlich wie ihre und des Fremden unaussgesprochene Kommunikation weiter ignorierend: sie wirkte zwar nicht so, als wäre sie zu ernst verletzt, um sich nicht selbstständig zu bewegen, aber sicher war sicher.
Und tatsächlich: wenig später stand sie. Schwankend und unsicher, aber sie stand. Für ein paar Sekunden schien sie mit sich selber zu kämpfen, dann hob sie ihren Kopf und setzte erneut an. Josiah hörte ihr nur mit halbem Ohre zu.
Sie stand, ha. 1:0 für ihn.
Er wartete noch darauf, dass sie sich umdrehte, ehe er seine Lippen zu einem leichten Grinsen verzog. Es konnte auch sein, dass sie aus reinen Überdruss ging, aber er konnte sie kaum fragen, warum genau sie ging - also sprach nichts dagegen, es dennoch als kleinen Sieg zu verzeichnen. Jetzt galt es nur noch, sie an einen Ort zu bringen, wo es etwas weniger staubig war als hier, ihr ihre Flicksachen wieder zu geben und die Sache war erledigt, wenigstens soweit es ihn betraf.
Würde sie wenigstens ihren Verstand einsetzen, aber nein.
Suchend glitt sein Blick die Straße entlang, die Shanaya als „da lang“ angegeben hatte, ob ihm ein Gebäude besonders auffiel. Doch da war nichts – stattdessen bahnte sich ein neuer Gedanke zurück in sein Bewusstsein.
Der Fremde fiel ihm wieder ein, und reflexartig streckte Josiah den Arm aus, um ihn aufzuhalten, für den Fall dass dieser in Erwägung gezogen hatte, Shanaya hinter her zu hasten. Kurz wartete er noch ab, dass Shanaya außerhalb der Hörweite gehumpelt war, dann wandte er sich um und suchte den Blick des Mannes, der seine Hilfe angeboten hatte. Ohne sich zu entschuldigen oder vorzustellen oder sonst eine Höflichkeitsfloskeln kam er zum Punkt, ohne dabei hastig zu sein:
„Kennt Ihr die Straße?“
Er raunte die Worte mehr als dass er sie zu laut aussprach, und nickte zur Unterstreichung mit seinem Kopf in Shanayas Richtung.
„Gibt es irgendeinen Ort dort entlang, der sauberer und ruhiger ist, als das hier?“, fuhr er fort, und fügte nach einer kurzen Pause noch hinzu: „Heute haben bereits viele versucht, sie entweder zum Bleiben, zum Ausruhen oder ähnlichen, ihrem Zustand angebrachtem Verhalten zu bekommen.“
Den Rest ließ er unausgesprochen. Jeder konnte ja sehen, wie gut das bisher funktioniert hatte.
„Daher, solltet ihr euch dazu entschließen, nicht eures Weges weiter zu gehen, würde ich vorschlagen, dass wir sie irgendwohin bekommen, wo sie sich in aller Ruhe und etwas mehr Reinheit selber zusammen flicken kann. Wenigstens steht und geht sie jetzt. Der Rest sollte also auch machbar sein.“