14.07.2020, 12:39
Ein Hauch von Ärger ...„Würde mir vielleicht jemand erklären, was beim Moder der Achten Welt hier eigentlich los ist?“
Eisig erhob sich die Stimme über die Köpfe der Anwesenden, deren Besitzerin über den kleinen Tumult hinweg unbemerkt den Raum betreten hatte. Flankiert von zwei bulligen Männern, deren Aufgabe es augenscheinlich war, Gäste vor die Tür zu befördern, die allzu gern übers Ziel hinaus schossen.
Sie war schön, auf eine reife Art und Weise. Das dezente Make Up verbarg die Spuren ihres Lebens nicht, hob sie vielmehr hervor. Kleine Fältchen an den Lippen und den Augen, erste blasse Unebenheiten auf Stirn und Wangen. Ein lachsfarbenes Seidenkleid umhüllte ihren schlanken, nicht zu dünnen Körper, jedoch so durchscheinend, dass es mehr zeigte als es verbarg. Ihre ganze Haltung, ihre Ausstrahlung sprach davon, dass sie sich mittlerweile in Kreisen bewegte, in denen man sich nur noch eine exquisite Auswahl an Stammkunden hielt. Vielmehr Liebhaber, als simple Freier. Und ja, sie hielt sie sich. Nicht umgekehrt. In den haselnussbraunen Augen funkelte routinierte Strenge.
„Medhel!“ Die junge Kurtisane stürzte zu der Älteren hinüber und warf sich an ihre Schulter. „Medhel, sie nur! Dieses Biest hat mich gebissen. Ich kann so wirklich nicht arbeiten!“
Medhel verdrehte mit kühlem Blick die Augen. „Du liebes bisschen, Ophelia, hör auf zu heulen. Bitte den Arzt, sich dein Bein anzusehen. Und lass dieses Gekeife.“
Jedes Wort, jede Tonlage, jede begleitende Geste erinnerte an die gewählte Ausdrucksweise des Hochadels. Selbst dann, als sie ihre Angestellte rügte. Auf ihrem Unterarm prangte die schwarze Sanduhr der Familie Tarlenn.
Sie winkte ungeduldig in Gregorys Richtung und die junge Kurtisane löste sich etwas bedröppelt von ihr, um der Anweisung nachzukommen. Dann wandte sich Medhel an den Mann, der noch etwas perplex aber nunmehr sichtlich verärgert von einem zum anderen starrte. Bevor er auch nur das Wort ergreifen konnte, lächelte die Ältere ein unerwartet weiches Lächeln.
„Mein Herr, ich bedaure diesen Zwischenfall zutiefst.“ Mit einer ausladenden Handbewegung wies sie in Richtung Garten. „Wie wäre es, wenn Sie sich draußen im Freibecken etwas entspannen. Ich schicke Ihnen ein anderes Mädchen, das Ihnen sicher gefallen wird. Sie ist sehr… wandelbar.“
Kurz noch schnappte der Mann wütend nach Luft, schien sich auf die Aussicht einer Entschädigung dann aber doch einzulassen und nickte grimmig.
Medhel trat mit langsamen, fließenden Bewegungen zu ihm, legte ihm vertraulich eine Hand auf die Schulter und wandte sich dann an das dritte Mädchen im Raum.
„Rana, sei so gut, und führe unseren Gast nach draußen. Und danach schickst du Lyra zu ihm. Sie müsste auf ihrem Zimmer sein.“
Das Mädchen gehorchte mit einem Knicks, reichte dem Mann eine zierliche Hand und beide verschwanden durch eine der Türen hinaus ins Freie.
Dann erst wandte Medhel sich Tarón, Rúnar und Isala zu. Von der Sanftheit auf ihren Zügen nun keine Spur mehr.
„Meine Herren. Ich schlage vor, sie vertreiben sich den Vormittag heute außerhalb meines Bordells. Ich habe bereits dafür gesorgt, dass der normale Hausbetrieb nicht in der Nähe ihrer Zimmer stattfindet, es wäre wirklich schön, wenn sie im Gegenzug darauf verzichten, meine Mädchen so aufzuschrecken. Also schaffen Sie mir diese Echse aus den Augen!“ Dem letzten Satz verlieh sie mit schneidender Stimme mehr Nachdruck. Und schließlich wandte sie sich mit einem verärgerten Stirnrunzeln an Isala. „Und du! Ich habe dich bereits mehrfach darauf hingewiesen, so nicht mit unseren Gästen zu sprechen. Es gibt Leute in diesem Haus, die sich darum kümmern. Wenn du also nicht in der Lage bist, dich diesbezüglich zu zügeln – wovon ich inzwischen ausgehen muss – dann ist es vielleicht das Beste, du suchst dir eine Beschäftigung außerhalb dieses Etablissements. Als Schankmädchen, möglicherweise. Du kannst gehen.“
Spielleitung für Isala, Tarón, Rúnar (& Gregory)
Im Bordell