05.07.2020, 18:12
Lucien konnte sich ein leises Lachen nicht verkneifen. In den tiefgrünen Augen blitzte eine Mischung aus schlichter Belustigung und einer beinahe angetanen Vorfreude. Der Gedanke, Trevor ins offene Messer laufen zu lassen, falls es heikel wurde, war gar nicht so übel.
„Nicht doch.“ Er warf Rym einen kurzen Seitenblick zu, der seine 'abwehrenden' Worte Lügen strafte. „Am Ende finde ich noch Gefallen an der Idee.“
Falsch. Er hatte ja schon Gefallen dran gefunden. Nur sein Verständnis von Loyalität verhinderte eigentlich, dass er es bewusst dazu würde kommen lassen. Wenn es allerdings ohne sein Zutun geschah, war der Dunkelhaarige wahrscheinlich der letzte, dem das Leid tat. Unfälle kamen vor und eines musste man ja zugeben: Es wäre wirklich ein ehrenvolles Opfer von Trevor, ihnen so dazu zu verhelfen, unentdeckt zu bleiben.
Der Blick des jungen Captain richtete sich wieder auf die Straße, die sie betraten. Die Hauptstraße von vorhin. Zwei junge Männer auf dem Weg zu ihrem frühmorgendlichen Tagewerk – vielleicht einer Baustelle. Da hätten sie gut hin gepasst. Zumindest sah keiner von ihnen aus wie ein Koch.
Bis hier her hatten sie etwa zehn Minuten gebraucht und der Verkehr auf der Hauptstraße hatte während dessen nicht nennenswert zugenommen. Die drei stehenden Gestalten zwischen den paar eilig hetzenden Mägden und Burschen zu finden, war deshalb gar nicht so schwer. Sie standen – oder saßen – unmittelbar gegenüber des Gebäudes mit den blauen Balkonen und die Art und Weise, wie sich die drei zueinander bewegten und die Haltung ihrer Körper aufeinander reagierten, ließ ihn wissen, dass Ceallagh und Trevor ihren Kontaktmann gefunden hatten. Seine Züge wirkten selbst auf diese Entfernung eindringlich, als wollte er die Sache schnell über die Bühne bringen. Was auch nur in Luciens Sinne war.
Er legte Rym ohne hinzusehen eine Hand auf die Schulter, ließ den Blick noch einen Moment länger auf den dreien ruhen, bevor er sich doch an seinen Begleiter wandte.
„Behalt die Straße ein bisschen im Auge, solange wir uns anhören, was er zu sagen hat, einverstanden? Wenn irgendjemand zu lange in unsere Richtung starrt, müssen wir schnell handeln.“
Damit setzte er sich in Bewegung, ließ Ryms Schulter erst los, als er sich ebenfalls in Bewegung setzte und schloss zu seinen beiden Mannschaftsmitgliedern und dem Mann in ihrer Mitte auf.
„Sieht so aus, als hättet ihr schon neue Freunde gefunden“, begrüßte er alle drei und es hätte auch bloß Spott sein können, mit dem ein Mann seine Freunde aufzog. Er untermalte das Ganze, indem er Ceallagh kumpelhaft einen Klaps auf die unverletzte Schulter gab. Dann richteten sich die grünen Augen auf die zerlumpte Gestalt zu ihren Füßen und lächelte flüchtig.
„Wie wäre es, wenn wir das Kennenlernen überspringen und gleich zur Sache kommen.“