01.07.2020, 08:31
Rym schürzte die Lippen, während er auf eine Antwort wartete. Er glaubte nicht, dass er den Commodore damit bezirzen konnte, wie die Damen es in Bordellen immer so schön vermochten, aber er musste es ja irgendwie versuchen. Nein, eigentlich wusste der junge Mann nur nicht, ob er gleich eine ehrliche Antwort von dem anderen bekommen würde oder nicht. Oh, er vertraute seinem neuen Anführer, vor allem weil er gerade zu Beginn ihrer Kameradschaft alle Karten auf den Tisch gelegt hatte. Aber jetzt? Bis vor kurzem hatte er sich über die ganze Mission noch in Schweigen gehüllt. Wieso sollte er jetzt, da die anderen beiden weg waren, gesprächiger werden? Wobei es in der Natur der Sache lag mehr reden zu können, wenn die Quasselstrippe nicht mehr mit von der Partie war.
Er horchte auf, als Lucien schließlich sprach und der Dunkelhaarige konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Sätze, die mit dem kleinen Wörtchen ‚aber‘ zu tun hatten, mochte er immer am liebsten. Man negierte sofort das, was man nur Sekunden vorher gesagt hatte. ‚Ich liebe dich, aber..‘, ‚Ich vertraue dir, aber…‘, ‚Du kannst mir glauben, aber…‘. Ob die Menschen, die solche Sätze sagten auch manchmal darüber nachdachten? Rym konnte Lucien es allerdings nicht vorwerfen, denn er verurteilte das Vorgehen seiner Schwester anscheinend wirklich nicht. Es missfiel ihm nur. Das konnte der Dunkelhaarige gut verstehen.
„Niemand steht gern in der Schuld von jemand anderem“, meinte er leichthin. „Aber ich versteh wenigstens, warum du die beiden anderen und mich mitgenommen hast. Wobei du vielleicht schneller wärst, wenn du es allein gemacht hättest. Ob du es dann auch geschafft hättest…“ Er zuckte mit den Schultern, als sie sich der Hauptstraße nährten. Vor ihnen ragten die schicken Villen wieder auf. „Manchmal braucht man andere. Und sei es nur, um die Schuld doch auf die Tarlenn zu lenken, wenn die Quasselstrippe erwischt wird.“
Er tippte zweimal schnell hintereinander auf seinen linken Unterarm, bevor sie die große Straße betraten. Es war immer noch früher morgen und nicht so viele Menschen unterwegs, dennoch bereitete es ihm Probleme die beiden Männer wieder zu finden. Nichts, was er nicht schon gewohnt war. Also sah er lieber zu dem jungen Mann neben sich, der die beiden mit Sicherheit würde finden können.
„Siehst du sie? Und vielleicht auch gleich einen verdächtig aussehenden Informanten?“
[in den Seitengassen. dann auf der Hauptstraße des Villenviertels | bei Lucien]