22.06.2020, 16:08
Das Ende der Krücke legte sich auf Nathans Hals und obwohl Besonnenheit nicht zu den Stärken des Taschendiebes zählte, war er nun klug genug, den eisigem Blick, der durchaus hätte töten können, nichts mehr entgegenzusetzen. Er fand sich allerdings nicht bedroht, sondern empfand es noch eher reizend, wie sie sich um seine Männlichkeit sorgte. So aber hob er abwehrend die Hände und ließ sie weiter humpeln. Dass sie so erpicht darauf war, den Räuber ihrer Tasche zu bekommen und sich zu rächen. Klang nach einer Person, mit der nicht gut Kirschen essen war. Selbst wenn dieser Mann zuhause 10 kleine Mäuler zu stopfen hatte, Nathan glaubte nicht, dass die Lady hier viel Verständnis aufbringen würde. Fast ärgerte er sich über sich selbst, dass er die Situation nicht besser gelöst hatte. Leider schienen genau diese drei besonders misstrauische Exemplare zu sein, selbst für versoffene und verlogene Piraten waren sie verdammt ängstlich oder möglicherweise durch bestimmte Umstände besonders wachsam. Umstände, die Nathan nicht ermessen konnte. Und im Moment auch viel zu gehetzt war, um dem auf den Grund zu gehen.
[color=darkorange]Der blonde Mann hob an, um mit ihm zu sprechen. Und nachdem er ein wirklich witziges (!!!) Wortspiel von sich gab, beschuldigte er Nathan sogleich, mit dem Langfinger gemeinsame Sache zu machen. Nathans ungläubiges Gesicht richtete sich auf das ebenmäßige Antlitz der Piratin vor ihm und an der Augenbraue, die nach oben wanderte konnte er ablesen, wie sehr ihr der Gedanke gefiel! Nathan war empört. Ganz ehrlich, für diese abgerissene Tasche? Dafür lohnte sich keine Falle und erst recht kein ausgeklügelter Diebesplan! Dass sie ihn jetzt verdächtigten, mit dem Dieb gemeinsame Sache zu machen… Nathan schnappte nach Luft. Gut, er war ja kein ehrlicher Mensch. Ja, und sicher, er war ein Taschendieb… Jaaah na gut: Er war ein Betrüger durch und durch! Aber DIESES MAL wurde er zu Unrecht verdächtigt. Wenn er denn mal in seinem Leben eine gute Heldentat vollbrachte, dann gehörte das gewürdigt! Man sollte ihm eine Statue aufstellen und ihm huldigen dafür! Stattdessen wurde er behandelt, wie ein Tagedieb.
Jaaaah, naaa gut, ER WAR EIN DIEB, wir haben es alle verstanden!
Nathan war nun wirklich wütend. Schließlich kam es nicht oft vor, dass er mal das Richtige tat oder auch rechtmäßig handelte. Wenn er eben noch gedacht hatte, wie sehr sich sein Herz an dieses schöne Wesen vor sich hätte binden können, so war das sogleich verflogen. Er konnte in diesem Augenblick nicht erahnen, wie zuträglich dieses Ableben seiner Leidenschaft für seine zukünftige Gesundheit war. Sein Blick verdüsterte sich. Sollte sie doch humpeln, bis sie umfiel! Lange würde das wahrscheinlich nicht mehr dauern, wenn man die graublasse Gesichtsfarbe der Piratin begutachtete. Aber er würde sich nicht mehr kümmern.
Dumm, dass ihm diese Gelegenheit durch die Lappen gegangen war. Hinter diesen dreien stand sicherlich ein Schiff und damit seine Freiheit. Er konnte sich aber nicht länger damit aufhalten, Leute zu überzeugen, die sich nicht überzeugen ließen. Am Ende kam der richtige Flint noch um die Ecke. Dann hätte Nathan ein richtiges Problem. So trat er zurück, verbeugte sich tief und erwiderte:
“Da ich mich äußerst ungern von meiner Männlichkeit verabschieden möchte…“, er grinste schief und freudlos, aber auch Bedauern lag in seinem Blick. Das hatte man davon, wenn man einmal, wirklich EINMAL in seinem Leben ehrlich war! Es lohnte sich einfach nicht.
“…werde ich mich lieber stattdessen von Euch verabschieden. Mit Vergnügen war ich Euch zu Diensten, doch nun rufen mich dringende Angelegenheiten, die ich nicht aufschieben sind. Gehabt Euch wohl und ich hoffe, dass Euch das Jagdglück hold sein wird.“
Sprachs, tippte sich mit zwei Fingern zum Gruß an die Stirn, als er die beiden Männer passierte und machte sich im Laufschritt davon.
[Seitengasse | Liam, Josiah & Shanaya]