21.06.2020, 11:55
Shanaya war sich sicher, sich genug Merkmale des Diebes eingeprägt zu haben, um ihn wieder zu finden. Er hatte sich definitiv mit der falschen angelegt – und diese Botschaft würde sie ihm auch persönlich überbringen. Liam uns Josiah hielten sie nicht auf, aber der Mann, der sie zuvor angegafft hatte, konnte sich nicht zurück halten. Das fehlte ihr auch noch. Erst ein Dieb, der ihr ihr Heiligtum entwenden wollte – und jetzt ein Kerl, der den Boden küssen würde, auf dem sie lief, selbst wenn er mit Kuhmist beschmiert wäre. Er wies sie auf das Offenbare hin und Shanaya unterdrückte mit einem Seufzen ein Augenrollen.
„Danke, dass du mich darauf hinweist. Einen Moment hatte ich es wirklich vergessen.“
Sie hielt schwer an sich, den Blonden mit ihrer Krücke zu zeigen, wie eingeschränkt sie wirklich war, beließ es aber dabei. Sie hatte ein anderes Ziel. Stattdessen warf sie dem Fremden nur ein kühles Lächeln zu, konzentrierte sich dann wieder auf ihren Weg. Noch vor wenigen Tagen hätte sie den Weg vielleicht – mit viel Mühe – bis hierher geschafft. Ihr Körper, das Fieber, ermahnten sie, sich zurück zu nehmen. Aber sie kannte die Grenzen ihres Körpers – und diese war noch nicht erreicht. Sie warf keinen Blick zurück, auch als schnelle Schritte hinter ihr erklangen.
Es waren nicht Liam und Josiah, die ihr folgten. Es war der Fremde, der sich ihr in den Weg stellte und damit das Fieber in ihrem Inneren in eine andere Hitze umwandelte. Die Kühle in Shanayas Lächeln legte sich nun auch auf die eisblauen Augen, die den Mann fest fixierten. Wenn Elian sie von irgendetwas abhalten wollte, war das eine Sache. Aber ein daher gelaufener Fremder, der kaum seinen Speichel bei ihrem Anblick unter Kontrolle hatte und ihr vorschreiben wollte, was sie zu tun und zu lassen hatte? Die Schwarzhaarige verengte die Augen, trat einen Schritt näher auf den Mann zu, als er geendet hatte. Mit einer schwungvollen Bewegung hob sie ihre Krücke, drückte ein Ende gegen den Hals des Mannes, den Blick unentwegt auf seinen gerichtet.
„Du bist ein Beweis dafür, dass Tuchhändler nicht unbedingt die klügsten Sprößlinge haben. Und solltest du kleine, blond gelockte Abbilder von dir selbst zeugen wollen, rate ich dir eins: Stelle dich mir nie wieder in den Weg. Einmal lasse ich es dir durchgehen – beim nächsten Mal schwöre ich dir, kannst du dich von deiner Männlichkeit verabschieden.“
In ihren Worten schwang nicht nur eine einfache Drohung mit – viel mehr lag ein Versprechen in ihrer trotz allem vollkommen ruhigen Stimme. Auf sein Angebot ging sie nicht einmal ein. Was auch immer er damit bezwecken wollte, war ihr vollkommen egal. So weit kam es noch, dass sie andere ihre Angelegenheiten regeln ließ. Egal wie verwundet oder fiebernd sie war. Dem Blonden galt also noch ein prüfender Blick, ehe sie kurz die hellen Augen zu Liam zurück wandte, der nun hinter ihr stand. Während der Fremde den Weg wieder frei machte. Liams Worte ließen sie leicht eine Augenbraue heben. Die Idee, dass der Blonde ein Zwischenmann war, war gar nicht Mal so abwegig. Damit stahl sich ein diebisches Grinsen auf die Züge der jungen Frau. Sie hatte also eventuell zwei Männer, mit denen sie sich auf ihre Art und Weise befassen konnte. Josiah blieb still – wie immer – und die Dunkelhaarige wandte sich wieder nach vorn, warf dem Blonden nur noch einen mahnenden Blick zu. Einmal und nie wieder. Damit setzte sie sich wieder in Bewegung, den blauen Blick dabei aufmerksam schweifen lassend.
[Seitengasse |Liam, Josiah & Nathan]