01.06.2020, 15:41
Shanaya hatte auf Liams Worte nur leise hin gelacht. Ihm ein schlechtes Gewissen einreden? Das war doch nicht ihr Stil! So lief das eben, ganz einfach! Aber der Lockenkopf zeigte sich dem gegenüber entspannt, was seine nächsten Worte betraf, neigte Shanaya nur leicht den Kopf. Das waren wahre Worte... solch eine Spannung brauchte niemand von ihnen noch einmal. Dann sprach er den anderen Mann an, aber... er bekam keine Antwort. Natürlich nicht. Die junge Frau mochte Menschen, die nicht den ganzen Tag irgendeinen Blödsinn vor sich hin quatschten... aber die, die den Mund gar nicht auf bekamen, waren ihr auch nicht sympathischer.
Und noch während sie diesem Gedanken für einen Moment nach hing, passierte alles ganz schnell. Aus den Augenwinkeln erblickten ihre blauen Augen eine Bewegung, die so schnell bei ihnen war, dass es der Dunkelhaarigen kaum möglich war, zu reagieren. Mit dem nächsten Atemzug wurde sie zur Seite geschubst, aufgefangen von Josiahs Händen, als sie noch einen Moment mit dem Gleichgewicht kämpfte. Es dauerte keinen Herzschlag, bis sie wusste, was geschehen war, ihr Blick haftete noch auf dem Mann, der davon eilte, als Liam sich kurz an sie wandte und dann dem Fremden folgte, der ihre Tasche bei sich hatte. Sie würdigte Josiah keines Blickes, setzte sich einfach selbst im Bewegung, so schnell sie konnte. Eine schneidende Kälte lag in ihren Augen, in denen auch die Sicherheit stand, dass die diesen Kerl wieder erkennen würde. Da trug man die Tasche einmal anders als sonst... Und er sollte es wagen, den Inhalt auch nur an zu sehen. Sie würde ihn finden, egal, wo er sich versteckte. Und es gab keine Worte dafür, was sie mit ihm anstellen würde. So achtete sie nicht auf den Älteren, auch als er sich selbst in Bewegung setzte, um Liam und dem Fremden zu folgen. Sie verfluchte diese verdammten Krücken, das Fieber, das sie schwächte. Ansonsten hätte sie diesem Kerl schon bei lebendigem Leib die Haut abgezogen. Ihre Wut war es, die sie schneller voran kommen ließ, trotz des Ziehens in ihrem Bein.
Trotzdem dauerte es einen Moment, bis sie selbst um die Ecke bog, Liam Josiah und einen Fremden vorfand. Der kalte Blick der jungen Frau ruhte einen Moment auf dem Blonden. Für den Hauch einer Sekunde glaubte Shanaya, Aspen vor sich zu sehen, aber dieses Bild verschwand mit dem nächsten Blinzeln. Stattdessen betrachtete sie ihre Tasche, wartete einen Atemzug, ehe sie selbst danach griff, kein Wort des Dankes an einen der Männer wandte, nicht einmal einen Blick in die Tasche warf. Stattdessen wandte sich ihr heller Blick auf die weiterführenden Gassen.
„Den kriege ich.“
Ihre Worte waren eine leise Drohung, ein stilles Versprechen. Niemand ging an ihr Hab und Gut und kam ungeschoren davon. Sie setzte sich also wieder in Bewegung, rief sich immer und immer wieder das Bild des Diebes vor Augen.
[Seitengasse | Liam, Josiah & Nathan]