24.05.2020, 16:05
Während Alex noch abwartend in die Richtung von Bercker blickte, setzte sich eine andere Gestalt schweigend in Bewegung, um seinem Vorschlag nachzukommen. Er warf dem Hünen einen flüchtigen Blick von der Seite zu, doch mehr kam von Seiten des Fremden nicht. Keine Reaktion auf die zuvor gegebene Auskunft des Inhabers, nichts. Ein gemeinsames Essen mit ihm und John gemeinsam schrie ja förmlich danach, ein unterhaltsamer Abend zu werden. Letzterer war allerdings gerade damit beschäftigt, der blonden, zierlichen Gestalt entgegenzustarren, als könne er sie allein mit seinem Blick in Luft auflösen – oder zumindest an einen anderen Ort teleportieren, an dem sie ihn nicht mehr derart davon abhielt, einfach das Weite zu suchen. Alex für seinen Teil nämlich hätte vermutlich keinen Finger mehr krumm gemacht, hätte John einen (weiteren?) Fluchtversuch gestartet. Eigentlich wartete er nur darauf, doch die Hummeln, die ihm in den Hintern gekrochen sein mussten, kaum dass im Raum stand, die Marine mit dieser Angelegenheit zu beauftragen, waren entweder auf Opiaten oder John wusste das Gefühl zu genießen und zu vertuschen. Dann aber startete er doch den Versuch, die Marine irgendwie außen vor zu lassen. Alex verschränkte abwartend die Arme vor der Brust, während sein Blick anfänglich auf Bercker lag, der schließlich die Entscheidung traf: Keine Marine. Aber auch keine Tarlenn.
Die Augenbraue des Lockenkopfes schob sich unscheinbar nach oben, als der Werftinhaber ausgerechnet die kleinste und zierlichste Gestalt dieser Gruppe als deren Captain entlarvte. Nicht, dass eine Frau in Alex‘ Welt nicht in der Lage war, eine Crew anzuführen, aber irgendwie hatte er sie – ähnlich wie den schweigsamen Hünen – am wenigsten erwartet. Sie war jung und hätte man ihm gerade nicht offenbart, dass sie das Kommando über eines der Schiffe hier hatte, hätte er sich von ihrem blonden, unscheinbaren Auftreten vermutlich täuschen lassen. Aber Naivität konnte man sich als Captain definitiv nicht leisten. Umso gespannter war der Dunkelhaarige nun allerdings, als sie sich dazu bereiterklärte, diese Sache gemeinsam mit Bercker aufklären zu wollen. Alex für seinen Teil wurde aufgrund der Entscheidung des Inhabers jedenfalls das Gefühl nicht los, dass John nicht der einzige war, der hier etwas zu verbergen hatte. Bercker war großherzig, das wusste er inzwischen. So oder so hätten sie aber vermutlich alle mehr davon gehabt, diese Sache zum Problem eines anderen zu machen. Für John war diese Entscheidung jedenfalls die beste, die hatte fallen können. Und Alex war gespannt darauf, wie die beiden Entscheidungsträger nun weiter verfahren würden.Inzwischen hatte der Hüne wieder schweigend seinen Platz am Rand eingenommen und die übrigen wandten sich Ross, John und der Neuwittwe zu, um sich ihre Alibis anzuhören. Alex nutzte die Zeit, um sich die niedergeschlagene Gestalt noch einmal genauer anzusehen, ohne seine Position zu verlassen. So, auf den Rücken gedreht, wirkte Nhoj wirklich fast, als würde er sich bloß eine ziemlich unbequeme Auszeit gönnen. In Anbetracht dessen, was hier nun auf sie zukommen würde, fast schon beneidenswert. Aber wenigstens waren sie hier drin nun vor neugierigen Blicken geschützt, die man von außerhalb hätte durch die Tür werfen können. Als er die Ecke genauer bedachte, fiel ihm schließlich etwas auf, was dunkel am Boden funkelte. Dunkles Metall, wie es schien. Seine Augenbrauen zogen sich ein wenig zusammen, als er sich langsam und beiläufig in Bewegung setzte, Nhoj mit etwas Abstand und nachdenklichem Blick umrundete und schließlich in die Knie ging, um sich den Gegenstand näher anzusehen. Ein Schlüssel, auf dem das Emblem eines Gasthauses schimmerte, welches ihm durchaus bekannt war – das, in dem sowohl John als auch er nämlich übernachteten. Ohne groß Aufsehen zu erregen, versperrte er im Aufstehen die Sicht darauf mit seinem Bein und klaubte ihn unauffällig vom Boden auf, um ihn in seiner Tasche verschwinden zu lassen. Zu spät fiel ihm der Blick aus dunklen, braunen Augen auf, der ihn aus einiger Entfernung prüfend in den Fokus genommen hatte. Wie es schien, war die zweite Dame der Runde von ihrem kleinen Rundgang zurück. Alex ließ sich nichts anmerken, und stellte sich wieder hinter John auf, als er von seiner Tatortbeschau zurückkam. Schien, als wäre er nun an der Reihe, seine Unschuld zu beteuern.„Lasst es knapp ‘ne halbe Stunde her sein, dass ich hier ankam. Ich hab‘ mein Zeug im Hinterzimmer verstaut und wollte mich gerade an die Arbeit machen. Dann habe ich sie schreien gehört und bin losgelaufen.“