14.04.2020, 14:45
Er hatte lange gebraucht. Als sich der Wind in den roten Segeln fing, der sanfte Ruck durch den Schiffskörper ging und sich die Sphinx behände aufs offene Meer hinaus drehte, hatte die steigende Entfernung zwischen ihnen und der mörderischen Insel ihnen Sicherheit versprochen. Doch erst, als sie in flacherem Gewässer vor Anker gingen und sicher waren, dass niemand ihnen folgte – erst da erlaubte Lucien es sich, die Anspannung zu lockern, die Körper und Verstand beherrschte. Er hatte die Luft ausgestoßen, sich mit einer Hand an der Reling festgehalten, die andere auf die frisch genähte Verletzung an seiner Seite gedrückt und für ein, zwei endlose Sekunden die Augen geschlossen.
Das erste, was er danach getan hatte, war, sich zu versichern, dass es Talin gut ging. Noch einmal. Dass sie ihre Verletzung nicht herunter gespielt hatte, damit er sich nicht sorgte. Dahingehend besänftigt zog es den Dunkelhaarigen nun jedoch zum Rest der Mannschaft. Aus – verschiedenen Gründen. Und gerade, als er die Kajüte wieder verließ, entdeckte er Ceallaghs hoch gewachsene Gestalt am Niedergang unter Deck verschwinden. Er folgte ihm, schnappte jene Worte auf, die sein Freund aus Kindertagen an irgendjemanden vor sich richtete, bevor er auf der untersten Stufe innehielt und den Weg blockierte.
Eine Hand auf dem Geländer stieg er den Anfang der Treppe hinunter und schaltete sich kurzerhand dazwischen. „Und du? Schaffst du es noch bis ganz nach unten, oder willst du da jetzt stehen bleiben?“ Seine Stimme klang beinahe etwas säuerlich. Ein Blick nach hinten hätte dem Blonden allerdings das flüchtige – wenn auch etwas müde – Schmunzeln auf seinen Lippen offenbart.