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In our Time of Need - Shanaya Árashi - 27.03.2020

In our Time of Need

Nacht/früher Morgen des 03. Mai 1822
Jedes Crewmitglied, das Lust hat, sich ins Getümmel zu schmeißen

Eine innere Unruhe, eine Befürchtung, hatte Shanaya an Deck getrieben. Die Nacht lag still über der Sphinx, nur sachter Wind ließ die Segel leise rascheln. Einen Moment schloss Shanaya die Augen, lauschte den Wellen, dem Wind. Es deutete Nichts darauf hin, dass sie verfolgt wurden. Trotzdem blieb diese Unruhe, zwickte sie tief in ihrem Inneren. Aber viel mehr, als das was in diesem Moment unter Deck geschah, würde ihnen so oder so nicht übrig bleiben. Sie mussten die Verletzten schnell versorgen, sich ausruhen und zeitig wieder aufbrechen. Also öffnete die Schwarzhaarige die Augen wieder, ließ den hellen Blick noch einmal schweifen. Nichts außer Dunkelheit, die jedes Licht verschlang.
Also wandte sich die junge Frau wieder um, bewegte sich mit gezielten Schritten wieder auf die Treppe zu, die sie unter Deck führte. Von dort drangen einige Geräusche zu ihr, die sie anlockten, ihr Herz ein wenig schneller schlagen ließen. Die eigenen Wunden waren kaum erwähnenswert, ein Ratscher an der Seite, kleine Schnitte an den Armen und Händen. Morgen würde sie gewiss Nichts mehr davon bemerken. Aber wie sah es mit den Anderen aus? Nur noch wenige Schritte fehlten, ehe sie das Lazarett erreicht hatte und den Blick kurz schweifen ließ. Müdigkeit kroch ihr langsam in die Knochen, aber an Schlafen war in diesem Moment nicht zu denken. Also blickte sie sich suchend um, ob sie irgendwo noch etwas tun konnte.



RE: In our Time of Need - Liam Casey - 27.03.2020

Die Welt drehte sich noch immer – unabhängig vom Seegang, der die auf den Wellen schaukeln ließ. Ihm war schlecht und sein Kopf dröhnte, seit sein Körper unter dem mangelnden Adrenalin nachgegeben hatte. Die Gestalten rauschten an ihm vorbei. Er hatte recht schnell feststellen müssen, dass es ihm unmöglich war, dem Treiben zu folgen. Sein Oberarm pochte, als würde er gegen seinen eigenen Oberkörper ankämpfen und seine Finger kribbelten unangenehm taub. Liam vermutete, dass es daran lag, dass er sie ziemlich lange in sein eigenes Hemd gekrallt hatte, um den Schmerz zu übergehen. Und trotzdem hatte er Gregory versichert, dass es Zeit hatte und dass die übrigen seine Hilfe mehr benötigten. Seitdem war die Zeit an ihm vorbeigerauscht, bis Skadi ihn angewiesen hatte, sein Hemd auszuziehen. Er hinterfragte ihre Aufforderung nicht, ebenso wenig den distanzierten Ton ihrer Stimme, der richtig und falsch zugleich klang. Vorsichtig begann er, sich zuerst mit der Linken aus dem Stoff zu schälen, ehe er mit vor Schmerz verzogenem Gesicht versuchte, den in Blut getränkten Ärmel von der Wunde zu lösen. Zumindest hatte es aufgehört zu bluten, dachte er. Das war ein gutes Zeichen, oder nicht? Wie viel Zeit war seither eigentlich vergangen? Eine weitere Gestalt unterbrach ihn in seinen Gedanken. Er blickte auf und erkannte Gregory.

„Was ist mit den anderen? Geht es ihnen gut?“, fragte er teils aus ehrlicher Sorge, teils weil er hoffte, seine Behandlung noch etwas hinauszögern zu können. „Es ist bestimmt halb so wild. Mit ein, zwei Stichen erledigt oder so.“

Mit der Hilfe der beiden Anwesenden zogen sie ihm das Hemd über den Kopf.



RE: In our Time of Need - Skadi Nordskov - 27.03.2020

Die Welt drehte sich um sie wie ein Tornado – sie selbst stand mitten im Auge des Sturms. Mit einem Kind im Arm, das noch vor wenigen Stunden geatmet und womöglich um Hilfe geschrien hatte. Die Stimmen der anderen Gestalten, die wie dunkle Schatten an ihr vorbei huschten, drangen wie durch Watte an ihre Ohren. Dumpf und so verzerrt, dass Skadi ihnen kaum Beachtung schenkte. Seitdem sie den leblosen Körper des jungen Scortias tief im Bauch der Sphinx versteckt und mit einer Decke verborgen hatte, als würde er frierend unter Deck schlafen wollen, war sie hinauf geeilt, um den anderen zur Hand zu gehen. Wort- und Gedankenlos. Hatte blind Befehle befolgt und keine Sekunde ausgelassen, um sich vor dem nagenden Gefühl zu retten, das sich stetig fester um ihre Brust schlang. Nicht stehen bleiben. Es verfolgte sie wie eine Mahnung. Immer in Bewegung bleiben. Bis sie erschöpft zusammenbrechen würde. Und selbst dann würde sie wieder aufstehen, um nicht mit ihren Gedanken und Emotionen allein zu sein, die der Tod des Jungen in ihr frei legte.

“Außer Aspen und Taranis sind alle wohlauf.“, murmelte sie Liam entgegen, während sie den Stoff über seine dichten Locken zog und einen prüfenden Blick auf die dunkle Stelle frischen Blutes auf seinen Arm warf. Viel zu schwach drang das Licht zu ihnen hinüber, um wirklich erkennen zu können, ob es ein bloßer Streifschuss war oder sich tief in seinen Arm gefressen hatte, sodass sie sich einen der Kerzenständer näher zu sich heran schob und dabei die Rückseite seines Armes begutachtete.

“Greg… ich brauch deine Hilfe.“ Sie bellte es laut und deutlich über das anhaltende, laute Gewusel des Raumes hinweg. Übertönte damit die stetigen Schritte, das Stimmengewirr, das augenblicklich zu einem undeutlichen Klangteppich abebbte, als sie den Kopf hinab senkte und sich vor Liam auf einem Hocken niederließ.
Sie spürte den Körper des Schiffsarztes neben sich auftauchen. Sah seine Silhouette schwach im Augenwinkel und seufzte.
“Schusswunde. Ziemlich tief. Die Kugel steckt womöglich noch drin. Keine Austrittswunde auf der Rückseite.“
Was so viel bedeutete wie, dass sie das Teil nicht ohne seine Anweisung aus dem Arm ihres Freundes heraus holte. Zu viel konnte sie mit nur einer falschen Bewegung zerstören.



RE: In our Time of Need - Gregory Scovell - 28.03.2020

"Hier. Nimm das gegen die Schmerzen. Vielleicht reicht es nicht, wenn es noch weh tut, wenn die Sanduhr durch ist, dann sag bescheid!"

Der Schiffsarzt wandte sich ab, sah zu Rúnar hinüber, griff nach ein paar Mullbinden im Regal und ging zu ihm.

"Wenn du noch mehr brauchst, schau in der Kiste nach, die Anderen brauche ich gleich."

Er wartete die Bestätigung gar nicht erst ab, sondern griff in seine Arzttasche, in der Hoffnung noch etwas vorbereitetes Schmerzmittel zu finden. Zwei kleine Fläschchen klirrten leise, ehe er sie herauszog.
Danach muss ich wohl neue machen, oder es muss ohne gehen ...

"Greg… ich brauch deine Hilfe."

Irgendwie waren das in den letzten Stunden — wieviel Zeit war eigentlich vergangen? War es noch Nacht oder schon Tag? — die häufigsten Worte, die er gehört hatte. So oder so ähnlich zumindest.
Und trotz des harten Tonfalls reagierte er prompt und ohne sich angegriffen zu fühlen.
Kurz darauf stand er neben Skadi und griff vorsichtig nach Liams Schulter, um sie zu drücken, während er ihrer Erklärung lauschte. Das Entfernen des Hemdes hatte den Schorf mit von der Wunde gerissen, die prompt erneut angefangen hatte leicht zu bluten.
Hoffentlich wird das nicht mehr.
Aber was half es?
Greg ließ ihm keine Zeit zu protestieren, jetzt tat es vermutlich eh schon weh, also tastete er die Umgebung der Wunde sorgfältig ab, bis er den Fremdkörper fühlte.

"Ja, die Kugel ist noch drin und sitzt recht tief. Etwa vier oder fünf Zentimeter und etwas weiter rechts, als das Eintrittsloch. Zum Glück nicht all zu nah an den großen Adern. Das wird weh tun, selbst bei einem gerade Schusskanal."

Seine Augen suchten Liams.

"Willst du etwas gegen die Schmerzen? Wenn ja, willst du wach bleiben? Würde ich dir zu raten."

Falls Liam etwas wollte, bekäme er entweder Alkohol oder eines der Fläschchen zum trinken und den Inhalt eines Blattes um ihn unter die Zunge zu klemmen, was ihm lieber wäre, erst danach wandte er sich, mit dem Hemd in der Hand, zu Skadi.

"Um die Kugel heraus zu bekommen nimmst du den Kugellöffel."

Dabei zog er einen Löffel, dessen Kelle kaum Größe als eine Kugel war, mit einem langen Griff, aus seinem Gürtel. Den hatte er Heute schon häufiger genutzt und immer wieder gereinigt.

"Reinschieben bis zur Kugel, dann seitlich weg, am Besten nur die Kelle, bis sie um die Kugel greift, dann in die andere Richtung anwinkeln und vorsichtig herausziehen, damit kein weiterer Schaden entsteht, und du die Kugel nicht verlierst. Sonst musst du nochmal in die Wunde. Traust du dir das zu? Oder soll ich das machen?"

Mit Hilfe seiner Hände und dem kleinen Loch im Ärmel verdeutlichte er noch einmal, was er gerade erklärt hatte, ehe er ihr den Löffel hinhielt und sie abwarten ansah.



RE: In our Time of Need - Liam Casey - 28.03.2020

Er schluckte und schloss die Augen für einen Moment, während die beiden Crewkameraden vor seinem inneren Auge erneut niedergingen, bevor sie das Schiff erreicht hatten. Die Erinnerung traf ihn hart. Bevor Skadi ihm geantwortet hatte, hatte er ihren Tod im Delirium ertränkt. Flüchtig suchte er im schummrigen Kerzenlicht nach der Gestalt Shanayas, die trotz der offenen Abneigung mehr mit Aspen verbunden gewesen war. An Elian dachte er erst danach, bis der Druck auf seinem Oberarm ihn mit schmerzerfülltem Zischen wieder herumwirbeln ließ. Aber auch, wenn es höllisch wehtat - er glaubte an seine Prophezeiung, die die Brünette gleich mit Sicherheit bestätigen würde. Doch Skadi rief nach Gregory. Die Übelkeit in seinem Inneren bäumte sich beunruhigt auf.

Dem Schiffsarzt galt ein gequältes Lächeln, doch er hoffte, dass die Dankbarkeit zumindest annähernd in seiner schmerzerfüllten Mimik zu erkennen war. Es fiel ihm schwer, sich auf Skadis Erklärung zu konzentrieren. Obwohl es seinen eigenen Arm betraf, wollte er es gerade eigentlich gar nicht so genau wissen. Er wollte, dass der Schmerz endlich aufhörte. Und, dass der Arm dran blieb. Ach, eigentlich hätte er ganz gern einfach nochmal im Gestern gestartet. Vorgewarnt. Er brauchte einen Moment, bis er merkte, dass Gregory nicht mehr mit Skadi sprach sondern mit ihm.

„So schlimm kann es doch nicht werden...?“

Liam sagte das nicht, weil er ein besonders harter Kerl war (auch wenn man ihn selten jammern hörte). Er sagte es, weil er davon überzeugt sein wollte, dass es nicht noch schlimmer werden konnte und verriet sich dadurch, dass sein Ton am Ende des Satzes ungewöhnlich hoch wurde. Die Gesichter, in die er blickte, blieben ernst. Und waren Antwort genug. Er bemühte sich, den Arm nicht reflexartig aus ihren Griffen zu ziehen.

„Das Wirkungsvollste, was du hast.“, gab er letztlich kleinbei.

Auf einen weiteren Schlag auf die Rübe konnte er verzichten. Schwindeliger wurde es ihm allein von den Fetzen der Erklärung, die bei ihm hängen blieben und ihm sagten, was man gleich mit ihm anstellen würde.



RE: In our Time of Need - Rúnar Rúnarsson - 31.03.2020

"Danke", sage Rúnar und nahm sich zwei der kleinen Rollen. Er setzte sich auf den Boden, lehnte sich an die Wand -- die Liegen sollten die nehmen, die sie dringender brauchten. Er verband sich zunächst die Handflächen, nahm eine Ecke des überschüssigen Stoffs zwischen die Zähne und riss ihn ab, begann dann, ihn um seinen Unterarm zu wickeln.

***

Bevor er überhaupt richtig mitbekommen hatte, was passiert war, hatte das Schiff mit den Drachenflügeln die Segel gesetzt und die Insel hinter sich gelassen. So schnell konnte es gehen. Das war seine ersehnte Überfahrt. Aber was--

--was war nur passiert? Sein Kopf war zu benebelt gewesen um sich in dem Moment darüber Gedanken zu machen. Nachdem Trevor sich von ihm losgerissen und daraufhin mit Gewalt ferngehalten worden war; und die Piratin, die dafür gesorgt hatte, dass er noch lebte sich um den Jungen in ihren Armen gekümmert hatte, war Rúnar einfach dem Rest der verletzten Besatzung gefolgt.

Er hatte herausgefunden, dass Gregory der Schiffsarzt war, der kein wirklicher Arzt war, aber trotzdem wusste, was er tun musste, um den anderen zu helfen. Rúnar hatte nach etwas zur Betäubung und zum Desinfizieren gefragt -- der Alkohol in den Wunden hatte ihm erneut die Tränen in die Augen getrieben und er hätte am liebsten einfach weiter geweint, denn irgendwie musste das Chaos in seinem Kopf ja raus, aber er hatte sich zusammengerissen. Er hatte sich schließlich konzentrieren müssen -- die Handflächen waren nur leicht eingeschnitten und hatten aufgehört zu bluten, und seine Finger waren noch immer so beweglich wie zuvor; aber der Schnitt an seinem Arm hatte genäht werden müssen.

Er hatte das alles gelernt. Er hatte stundenlang Bücher dafür gewälzt und Texte und Abbildungen auswendig gelernt, aber was brachten ihm all die hypothetischen Szenarien jetzt? Keiner hatte ihm beigebracht, was man tun musste, falls einem die Hände zitterten, was half wenn einem schwarz vor Augen wurde, wie man sich die Körperstelle am besten hindrehen musste um in einem angenehmen Winkel nähen zu können. Aber konzentriert und präzise zu arbeiten, selbst wenn man nicht mehr wusste, wo einem der Kopf stand, das konnte er wenigstens. (Wenn ihm nicht gerade ein Haufen Mörder auf den Fersen waren.) Und das Ergebnis konnte sich schon sehen lassen. 

***

Er blickte sich in dem provisorischen Lazarett um. Nach alldem, was er über Piraten immer gehört hatte, hatte er eine komplett falsche Vorstellung von ihnen gehabt. Man hatte ihm von blutrünstigen Männern erzählt, die andere aus Spaß quälten, vergewaltigten, töteten -- womöglich all das hintereinander. Falls man in einen Überfall geriet, waren der einzige Ausweg unhinterfragte Übereinstimmung, sehr, sehr viel Geld, oder der Tod. Er hatte das immer für übertrieben gehalten, aber unterschätzt hatte er die Geschichten und Mahnungen nicht. Sie waren trotzdem Kriminelle, die sich wissentlich gegen das Gesetz stellten und Leute ausbeuteten. Aber das was er nun beobachtete waren angeschlagene, erschöpfte Leute, die um ihre Verstorbenen trauerten und sich liebevoll umeinander kümmerten. Das passte nicht mit dem Bild in seinem Kopf zusammen -- er konnte ein amüsiertes Schnauben nicht zurückhalten.



RE: In our Time of Need - Skadi Nordskov - 11.04.2020

Immer wieder glitten die dunklen Augen über Liams Züge. Fixierten sich, kaum dass Gregory das Hemd in die Höhe zog und demonstrativ zu erklären versuchte, was sie zu tun hatte, auf dessen schlanken Finger, ehe sie mit ernster Miene nickte. Es war vielleicht die erste Kugel, die sie aus einem Menschen holte, doch sie hatte Jahre damit zugebracht an Tieren zu hantieren, dass es in jenem Moment, wo sich alles taub, dumpf und weit entfernt anfühlte, keinen großen Unterschied mehr machte.

“Ich schaff das.“

Alles an ihr schrie danach, dass sie daran glaubte. Dass sie so sehr davon überzeugt war, dass sie Gregory mit einem Nicken das Werkzeug aus der Hand pflückte und den Blick erneut prüfend über Liams Gesicht und Wunde gleiten ließ, ehe sie ihm mit der Linken über das Knie strich. Wenigstens ließ er sich auf die Schmerzmittel ein. Ein beruhigender Gedanke, angesichts dessen, was sie ihm gleich antun musste.

“Ich mach es so schnell und sauber wie möglich, okay?“

[bei Gregory & Liam, in der Nähe von Rúnar]



RE: In our Time of Need - Ceallagh Hayes - 11.04.2020

“Na? Brauchst du ein Opfer zur Ablenkung?“ Ceallagh war mit leicht schwankenden Schritten die Stufen hinab gekommen und musste sich mit der Rechten am Geländer festhalten, um nicht umzukippen. Sein Gesicht wirkte bleich und der Schmerz in seiner linken Schulter glich einem Höllenfeuer. Er wusste, dass es keine gute Idee gewesen war mit diesem… Farley… die Segel startklar zu machen und den Anker einzuholen. Sein Körper dankte ihm für diese glorreiche Idee auf die eindrücklichste Weise, die er aufbringen konnte. Doch lieber nahm er diese Schmerzen und einen längeren Heilungsprozess auf sich, als dass sie noch alle bei der plötzlich eintrudelnden Übermacht niedergemetzelt wurden. Zu Recht, wenn er an die beiden Männer zurück dachte, die wohl noch immer zerlöchert auf der Straßen liegen mussten.
Er überspielte seinen miserablen Zustand, als er zu Shanaya hinab sah, die etwas ziellos im Raum stand. Dicht bei der Treppe, auf dessen letztem Absatz er immer noch stand.

[direkt bei Shanaya, in Sicht- und Hörweite von Rúnar]



RE: In our Time of Need - Lucien Dravean - 14.04.2020

Er hatte lange gebraucht. Als sich der Wind in den roten Segeln fing, der sanfte Ruck durch den Schiffskörper ging und sich die Sphinx behände aufs offene Meer hinaus drehte, hatte die steigende Entfernung zwischen ihnen und der mörderischen Insel ihnen Sicherheit versprochen. Doch erst, als sie in flacherem Gewässer vor Anker gingen und sicher waren, dass niemand ihnen folgte – erst da erlaubte Lucien es sich, die Anspannung zu lockern, die Körper und Verstand beherrschte. Er hatte die Luft ausgestoßen, sich mit einer Hand an der Reling festgehalten, die andere auf die frisch genähte Verletzung an seiner Seite gedrückt und für ein, zwei endlose Sekunden die Augen geschlossen.
Das erste, was er danach getan hatte, war, sich zu versichern, dass es Talin gut ging. Noch einmal. Dass sie ihre Verletzung nicht herunter gespielt hatte, damit er sich nicht sorgte. Dahingehend besänftigt zog es den Dunkelhaarigen nun jedoch zum Rest der Mannschaft. Aus – verschiedenen Gründen. Und gerade, als er die Kajüte wieder verließ, entdeckte er Ceallaghs hoch gewachsene Gestalt am Niedergang unter Deck verschwinden. Er folgte ihm, schnappte jene Worte auf, die sein Freund aus Kindertagen an irgendjemanden vor sich richtete, bevor er auf der untersten Stufe innehielt und den Weg blockierte.
Eine Hand auf dem Geländer stieg er den Anfang der Treppe hinunter und schaltete sich kurzerhand dazwischen. „Und du? Schaffst du es noch bis ganz nach unten, oder willst du da jetzt stehen bleiben?“ Seine Stimme klang beinahe etwas säuerlich. Ein Blick nach hinten hätte dem Blonden allerdings das flüchtige – wenn auch etwas müde – Schmunzeln auf seinen Lippen offenbart.



RE: In our Time of Need - Shanaya Árashi - 14.04.2020

Shanayas Blick glitt aufmerksam zu der kleinen Gruppe in ihrer Nähe. Zu Liam, der von Gregory und Skadi versorgt wurde. Vier Hände würden dem Lockenkopf wohl reichen. Also wanderte ihr Blick weiter, auf der Suche nach bestimmten Gesichtern. Sie konnte Greo nirgends entdecken, aber seine Hängematte schien besetzt. Die junge Frau atmete also tief durch, in der Hoffnung, dass er einfach dort lag und schlief. Er hatte es sich verdient. Als nächstes streifte ihr Blick den hellhäutigen Mann, der mit anderen, fremden Gesichtern auf das Schiff gekommen war. Einen Moment überlegte sie, sich zu ihm zu gesellen, auch wenn er auf den ersten Blick nicht groß verletzt wirkte, als eine bekannte Stimme hinter ihr erklang. Mit leicht gehobener Augenbraue drehte Shanaya sich herum, musterte den Blonden, der wenige Stunden zuvor die Sphinx betreten hatte und einen Wirbel aus Gedanken in ihr losgelöst hatte. Er wirkte deutlich blasser, schwächer als vorhin noch. Seine Worte entlockten ihr dennoch ein leises Lachen, womit sie den Kopf leicht zur Seite neigte und ihn einen Moment genauer betrachtete. Er hatte nicht gelogen. Na gut. Mit einem tonlosen Seufzen wandte sich die Schwarzhaarige also ihrer Tasche zu, kramte darin nach dem Faden und dem kleinen Döschen.

Dann such dir Mal einen Platz, an dem du es dir bequem machen kannst.“

Gerade wollte sie wieder den Blick heben, sich dem Mann zuwenden, als eine viel zu vertraute Stimme an ihre Ohren drang, noch einmal ein kleines Chaos in ihr auslöste. Mit einem sanften Lächeln musterte sie erst noch einmal den Blonden, ehe sich die blauen Augen auf Lucien legten, der hinter ihm auf der Treppe stand. Der Ausdruck auf ihren Zügen wurde deutlich sanfter.

Wie es scheint, bekommst du ja auch endlos charmante Gesellschaft.“

Sie lächelte, konnte die Freude darüber, dass es Lucien einigermaßen gut ging nicht aus ihrer Stimme verbannen.