28.03.2020, 01:18
"Hier. Nimm das gegen die Schmerzen. Vielleicht reicht es nicht, wenn es noch weh tut, wenn die Sanduhr durch ist, dann sag bescheid!"
Der Schiffsarzt wandte sich ab, sah zu Rúnar hinüber, griff nach ein paar Mullbinden im Regal und ging zu ihm.
"Wenn du noch mehr brauchst, schau in der Kiste nach, die Anderen brauche ich gleich."
Er wartete die Bestätigung gar nicht erst ab, sondern griff in seine Arzttasche, in der Hoffnung noch etwas vorbereitetes Schmerzmittel zu finden. Zwei kleine Fläschchen klirrten leise, ehe er sie herauszog.
Danach muss ich wohl neue machen, oder es muss ohne gehen ...
"Greg… ich brauch deine Hilfe."
Irgendwie waren das in den letzten Stunden — wieviel Zeit war eigentlich vergangen? War es noch Nacht oder schon Tag? — die häufigsten Worte, die er gehört hatte. So oder so ähnlich zumindest.
Und trotz des harten Tonfalls reagierte er prompt und ohne sich angegriffen zu fühlen.
Kurz darauf stand er neben Skadi und griff vorsichtig nach Liams Schulter, um sie zu drücken, während er ihrer Erklärung lauschte. Das Entfernen des Hemdes hatte den Schorf mit von der Wunde gerissen, die prompt erneut angefangen hatte leicht zu bluten.
Hoffentlich wird das nicht mehr.
Aber was half es?
Greg ließ ihm keine Zeit zu protestieren, jetzt tat es vermutlich eh schon weh, also tastete er die Umgebung der Wunde sorgfältig ab, bis er den Fremdkörper fühlte.
"Ja, die Kugel ist noch drin und sitzt recht tief. Etwa vier oder fünf Zentimeter und etwas weiter rechts, als das Eintrittsloch. Zum Glück nicht all zu nah an den großen Adern. Das wird weh tun, selbst bei einem gerade Schusskanal."
Seine Augen suchten Liams.
"Willst du etwas gegen die Schmerzen? Wenn ja, willst du wach bleiben? Würde ich dir zu raten."
Falls Liam etwas wollte, bekäme er entweder Alkohol oder eines der Fläschchen zum trinken und den Inhalt eines Blattes um ihn unter die Zunge zu klemmen, was ihm lieber wäre, erst danach wandte er sich, mit dem Hemd in der Hand, zu Skadi.
"Um die Kugel heraus zu bekommen nimmst du den Kugellöffel."
Dabei zog er einen Löffel, dessen Kelle kaum Größe als eine Kugel war, mit einem langen Griff, aus seinem Gürtel. Den hatte er Heute schon häufiger genutzt und immer wieder gereinigt.
"Reinschieben bis zur Kugel, dann seitlich weg, am Besten nur die Kelle, bis sie um die Kugel greift, dann in die andere Richtung anwinkeln und vorsichtig herausziehen, damit kein weiterer Schaden entsteht, und du die Kugel nicht verlierst. Sonst musst du nochmal in die Wunde. Traust du dir das zu? Oder soll ich das machen?"
Mit Hilfe seiner Hände und dem kleinen Loch im Ärmel verdeutlichte er noch einmal, was er gerade erklärt hatte, ehe er ihr den Löffel hinhielt und sie abwarten ansah.