26.03.2020, 18:19
Es war schön, zu sehen und zu hören, dass es ihr allmählich besser ging. Doch während Shanaya bereits davon träumte, von hier zu verschwinden, war Liam eher der Meinung, dass es sich hier eigentlich ganz gut aushalten ließ. Und während er dabei eher an die Bademöglichkeiten dachte, war er gespannt daran, ob sich die ein oder andere Spannung der Crew zumindest anfänglich ein wenig gelöst hatte, sobald sie wieder an Bord der Sphinx waren. Hier hatten sie ja genug Möglichkeiten, sich ein wenig aus dem Weg zu gehen und sich um seine eigenen Bedürfnisse zu kümmern – und das mit einem ganzen Harem aus Frauen, die sich ein goldenes Näschen damit verdienten, ihre Gäste auf besondere Arten zu verwöhnen. Er nickte zuversichtlich auf ihre Hoffnung hin, immerhin war es an sich keine große Angelegenheit. Sie brauchte nur Zeit. Zeit, die sie unschöner verbringen konnten als hier. Und mit all dem, was sie auf Milui an Land gezogen hatten, sollte sich die ein oder andere Sache durchaus erledigen lassen.
Während er mit seiner Ausführung fortfuhr, beobachtete er, wie die Schwarzhaarige mühsam sich aufrichtete. Auf seiner Stirn zeichnete sich als Zeichen seines Mitgefühls eine blasse Sorgenfalte ab. Aber es beruhigte ihn und vermutlich auch die restliche Crew, dass sie über den Berg war. Als sie den Kopf schließlich auf seiner Schulter bettete und verlauten ließ, dass ihr die einfache Geste von Frühstück am Bett noch nicht genug war, wunderte er sich nur kurz über ihre Anhänglichkeit, störte sich nicht daran und warf ihr einen eindeutigen ‚Ich hätte es wissen müssen‘-Blick von der Seite zu. Das kurze Ziehen in seiner Schulter und das damit einhergehende Verziehen seiner Lippen ob des Schmerzes überspielte er mittlerweile schon ganz automatisch. Statt sich also zu beschweren oder Widerworte zu geben, streckte er den linken Arm aus, um den Frühstücksteller vom Beistelltisch zu ihnen herüberzuziehen und auf seinen Schoß zu stellen. Der Ausdruck auf seinen Zügen blieb unverändert. Auch, als er die erste Traube vom Teller pflückte und Shanaya in den Mund schob, bis er schmunzelnd den Kopf schüttelte.
„Ich verrate es keinem.“, versicherte er ihr im Bezug auf ihre Einschränkung. Immerhin war ihm dieses Gefühl auch nicht unbedingt fremd zur Zeit. „Und falls Gregory fragt, hast du den ganzen Teller verputzt. Ich stehe dir natürlich unterstützend zur Seite.“
Aufopfernd und großherzig, verstand sich. Liam ahnte, wie viel wert der Schiffsarzt darauflegte, dass sie genug aß und trank. Nicht grundlos, aber auf die Dauer konnte einem das durchaus auf die Nerven gehen. Der Appetit würde schon wiederkommen. Schmerzen bereiteten einem einfach andere Sorgen als Hunger. Das sah man ihm nach den drei Wochen vermutlich auch ein bisschen an. Während er gesprochen hatte, hatte er eine Scheibe Brot in kleine Häppchen gerissen.
„Ist dir nach süß oder herzhaft?“, fragte er und überflog das Angebot auf der Tellerplatte auf seinem Schoß. Er hätte genauso gut ‚Marmelade oder Käse‘ fragen können. „Und wie geht’s deinem Bein?“