08.02.2020, 20:54
„Was?“, fragte Trevor, aber Greg redete mal wieder einfach weiter. Also behielt er den ungläubigen Blick eben bei, die Augen aufgerissen, den Mund aufgeklappt, er würde einen ganz hervorragenden Karpfen abgeben, wenn Karpfen auf Schiffen leben würden und Brüder hätten, die sie anlogen, und Freunde, die offenbar doch nichts davon gewusst hatten.
„Okay. Möchtest du jetzt noch ein mal mehr ‚Bitte geh dahin zurück‘ betteln“ – er hätte den flehenden Unterton in Gregs Stimme ja übertrieben nachgeahmt, aber wirklich, viel mehr draufsetzen konnte man da nicht mehr – „oder können wir jetzt darüber reden, dass du ZWEI Leute gefragt hast?! ZWEI, Greg! Von – von –“
Er versuchte, nachzuzählen, aber es waren inzwischen viel mehr Leute auf der Sphinx als Finger an seinen Händen und seine Konzentration war hundsmiserabel und überhaupt war das ja auch ganz egal, es waren jedenfalls deutlich mehr als zwei! Also fluchte er bloß und ließ frustriert die Hände zurück aufs Dollbord fallen.
„Nicht, dass ich es dir überhaupt abgekauft hätte.“
Sollte er nicht erleichtert sein? Er wollte erleichtert sein. Er konnte zurück aufs Schiff. Er konnte allen von seinem Fund erzählen. Sie würden sich für ihn, mit ihm freuen und Greg, Greg würde – „Ach verflucht Mann, ich raff‘s einfach nicht“, murmelte er und schüttelte den Kopf. Beinahe hätte er das laut gesagt, aber das hätte bestimmt nur wieder eine weitere Lawine von Erklärungen und Entschuldigungen ausgelöst. Und verdammt, seit wann musste er darauf achten, was er sagte?! Sein Bruder hatte zumindest mit einem Recht: Trevor hätte ihm das nie zugetraut. Greg war übervorsichtig und überfürsorglich und all das, was man eben sein musste, wenn man ein großer Bruder war. Aber er würde doch nicht … aber er hatte! Und jetzt, wo er endlich damit herausrückte, redete er die Wahrheit auch noch schön.
„Hast du dich bei den fünf Monaten vielleicht auch ‚verzählt‘, hm? Oder ganz zufällig ‚vergessen‘, dass vielleicht von den zwei, drei Menschen, die du für vertrauenswürdiger gehalten hast als deinen eigenen Bruder, doch einer etwas wusste? – Warte.“
Er hob die Hand.
„Rayon weiß es auch, nicht wahr? Ich meine, du hast es ihm gesagt, oder – oh Göttin.“
Ein Blick ins Gesicht seines Bruders verriet ihm alles. Jetzt schlug er doch die Hand an die Stirn, verdeckte einen Moment seine Augen – bevor er plötzlich auflachte. Das Geräusch klang nach so einer Ewigkeit seltsam in seinen Ohren.
„Okay, weißt du was, du hast Recht.“
Er breitete die Arme aus und fasste mit der Geste das kleine Fischerboot und den leeren Strand zwischen ihnen ein.
„Vielleicht bist du von uns beiden derjenige, der alleine besser aufgehoben ist.“
Das Lächeln schwand langsam aus seinem Gesicht, als er um das Boot herumtrat, in die Richtung, aus der sie vor nicht einmal einer Stunde gekommen waren. Damals, als heute noch ein besonders guter Tag gewesen war.
„Glücklich, ja?“, fragte er und schenkte seinem Bruder ein letztes sarkastisches Zucken der Mundwinkel.