08.02.2020, 20:24
"Wie soll ich es denn sonst nennen?!?", grollte er zurück, "Missgeschick? Irrtum? Fehlentscheidung?"
'Verrat', meinte seine innere Stimme gehässig.
'Nein', stemmte er sich gegen den Gedanken. So definitiv nicht. Er hatte weder Seinen Bruder noch ihre Eltern an einen Feind ausgeliefert. Außerdem hatte er nicht gelogen. Trevor hatte ihn nie danach gefragt. Gregory hatte also nur geschwiegen. Aber ob Lügen oder Verschweigen, das wäre für Trevor jetzt nichts als eine Spitzfindigkeit.
'Aber du hast sie im Stich gelassen.'
'Nein! No, dammit! Habe ich nicht!'
Er durfte dem jetzt nicht nachgeben und musste es Trevor erklären, sowie der sich beruhigt hatte.
Auf die nächste Frage konnte er nur stumm nicken.
Wo hätte er den Text auch sonst lassen sollen? Auf dem Schiff? Bei den Büchern? Talin? Ellhan?
'Bei dir'
Der Gedanke äzte sich wiedereinmal grell in seinem Geist. Ja. Ihm hätte er ihn zukommen lassen müssen. Gerade setzte er zu einem "Ich hatte ihn dir die ganze Zeit über geben wollen" an, als die Tränen kamen.
Alles was er ab dem Moment wollte, war seinen Bruder in die Arme schließen und um Verzeihung bitten.
Da wurde er allerdings auch schon zurückgestoßen und verlor fast das Gleichgewicht. Als Trevor dann auch noch die Tagebuchseite in seine Richtung schleuderte landete er endgültig auf den Knien, griff er doch panisch danach.
Es war so lachhaft. Hatte er nicht eben noch behauptet, er bräuchte sie nicht?
Einen Augenblick hockte er schweigend da, betrachtet seinen Bruder, der sich schwer auf den Bug des Ruderbootes stützte.
Greg hatte kaum mitbekommen, wie seine eigenen Hände derweil die Papiere wieder in der Tasche verstaut hatten, geschweige denn, wann auch seinen Augen ein paar Tränen entglitten waren. Liebend gerne hätte er sich jetzt zurückgezogen und seinem Elend hingegeben, doch weder sein Wesen, noch der gerade eben gefasste Entschluß duldeten das.
Mühsam stemmte er sich auf die Füße, schritt langsam zu seinem Cousin hinüber und legte ihm sachte die Hand auf die Schulter, jederzeit damit rechnend, dass er sie zurückziehen müsste, was er dann auch tun würde. Dabei meinte er sanft:
"Es tut mir Leid. So unendlich Leid, dass ich nicht genug vertrauen in dich hatte, um es dir zu sagen. Es war mein Fehler, einzig und allein meiner und ich werde ihn definitiv nicht wiederholen. Das verspreche ich dir."