08.02.2020, 20:21
„Fehltritt?! Du nennst deinen Bruder – mich! – über Monate hinweg belügen einen ‚Fehltritt‘?!“
Statt einer weiteren hohlen Rechtfertigung drückte ihm Greg den Brief gegen die Brust. Nein, die Briefe, es waren zwei. Trevors Hände schlossen sich reflexartig um das Papier. Da war der von Lissa, ein bisschen zerknittert und ein bisschen blutbefleckt, und ein anderes, ledernes Ding, dessen Anblick Trevors Herzschlag aussetzen ließ. Verflucht, das kannte er.
Du hast den dabei? Erst als er zu Greg aufsah, bemerkte er, dass er bloß die Lippen bewegt und kein Wort herausgebracht hatte. „Du hast den DABEI?!“, wiederholte er, viel zu laut diesmal, wobei, nein verdammt, das war genau richtig so. „Du schleppst ihn die g a n z e Zeit mit dir rum und sagst NICHTS?!“
Und das nicht nur heute, er hatte das Papier schon dutzende Male in Gregs Händen aufblitzen sehen, aber er dachte – er hatte gedacht – Mann, keine Ahnung, dass es irgendein Medizinbuchkrams war! Ohne Bilder und mit komplizierten Wörtern, über denen sein Bruder eben mal wieder brütete. Nur irgendeine weitere stinknormale, langweilige Buchseite. Er war so dumm, er könnte heulen.
„Verdammt, nein!“
Nein, er war nicht dumm und er sollte nicht heulen und verdammt, es war unfair, dass ihm trotzdem die Tränen über die Wangen liefen.
„Ich hab dir gesagt, du kannst deinen ‚Fehltritt‘ behalten! Glaubst du wirklich, es geht mir um – um – ach vergiss es! Jetzt lass mich los!“
Mit einem Ruck befreite er sich aus dem Griff, schubste Greg von sich und warf ihm seine dämliche, langweilige Buchseite vor die Füße.
„Da.“
Abrupt wandte er sich um, überbrückte die letzten Meter und stützte sich auf das Fischerboot. Nicht nur, weil sein Fuß so hässlich brannte.