12.01.2020, 14:20
In stillem Einverständnis nickte auch er dem Kapitän zu. Mit einem kräftigen Ruck stemmte er sein Gewicht in das Brecheisen und spürte, wie das Holz ächzend unter dem Druck der beiden Männer nachgab. Greo empfand es als zutiefst befriedigend, etwas kaputtzumachen, obgleich es eigentlich seiner Natur entsprochen hätte, es zu reparieren, statt zu schädigen. Die versteckte Tür rächte sich allerdings für die unerwünschte Störung und sprang mit einer solchen Entrüstung einen ordentlichen Spalt auf, dass Luc und Greo den Halt verloren. Greo stolperte rückwärts und krachte mit dem Rücken in gestapelte Kisten. Klappernd ging die eiserne Stange zu Boden. Er rieb sich kurz schnaufend die rechte Seite auf Nierenhöhe, weil ihm eine Kante schmerzhaft reingedrückt hatte, dann stieß er mit dem Fuß gegen die nun leichter zu öffnende Türöffnung und guckte. Er guckte einfach nur. Es brauchte einen Moment, bis sich das Bild, was sich vor ihnen abzeichnete, in sinnvolle Informationen verwandelte und durch seine Hirnwindungen bewegte. Offenbar war er so perplex, dass er Luc ziemlich vergessen zu haben schien. Mit gerunzelter Stirn rückte er den Hut in den Nacken, stützte die Hände auf die Oberschenkel und beugte sich vor.
„Huh.“, machte er nur, „Das war jetzt unerwartet.“
Hinter der Tür verbarg sich eine unheimlich schmale Kammer, die zwischen die Bordwände gezimmert war. Und darin, die Schultern zwischen die Holzplanken gequetscht und äußerst, äußerst unlebendig, kauerten die sterblichen Überreste eines Menschen.
Greo betrachtete den bleichen Rumpf und blieb mit dem Blick an dem zur Seite geneigten Schädel hingen, über dessen Fontanelle sich immer noch spärliche, strohige Haarfetzen kräuselten. Der Gestik folgend legte auch Greo den Kopf schief und starrte in die nunmehr leeren Augenhöhlen. Das Skelett grinste ihnen verschmitzt entgegen.
„Der hat aber schon lange nix mehr zu lachen.“,
fuhr es Greo durch den Kopf und merkte gar nicht, dass er die Worte just in diesem Moment schon laut ausgesprochen hatte. Die Leiche musste dort schon eine ganze Weile liegen. Vermutlich war der Mann – soweit er das annahm – verdurstet oder erstickt. Greo betrachtete einigermaßen ungerührt die ledrige Haut, welche sich stellenweise festgetrocknet über die Knochen spannte und die abgewetzte Kleidung. Irgendetwas schien der Verschiedene vor seinen Bauch zu halten. Greo zögerte einen kurzen Augenblick, entschied dann, dass der Tote sich doch nicht mehr dran stören konnte, und befreite mit vorsichtigen Fingern ein Bündel aus den verkeilten Fingerknochen.
„Bescherung.“, kommentierte er und hielt dem Kapitän den kleinen Lumpenhaufen entgegen.