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Light up the dark
Crewmitglied der Sphinx
für 250 Gold gesucht
dabei seit Apr 2016
#2
Er wurde das Gefühl nicht los, dass sie seine Antwort eigentlich bereits kannte. Seine Stirn legte sich kurz in Falten, während er ihr lauschte, doch er schwieg, bis sie das, was er dachte, schon selbst ausgesprochen hatte. Aber das lag nicht an der Tatsache, dass sie sich auf einem Piratenschiff befanden – das lag daran, dass Liam die Dinge seit jeher so handhabte. Es war ihm egal, wer ihm gegenüberstand. Jeder hatte eine Vergangenheit. Worauf es allerdings wirklich ankam, war die Gegenwart und das, was man mit seiner Zukunft anfangen wollte. Unweigerlich kam ihm der Gedanke an das, was Shanaya widerfahren war. Solche Dinge waren es, die Skadi meinte. Feindschaften, die sie eingingen, ohne von ihnen zu wissen. Er ließ sich genug Zeit mit einer Antwort, sodass die Jüngere von allein fortfuhr. Und Liam wurde das Gefühl nicht los, dass das, was sie danach ansprach, ihre eigentliche Sorge war. Nicht die anderen – sondern Enrique. Wie so oft war er es, der sie wachhielt und Liam war nicht einmal wirklich überrascht darüber. Trotzdem, sie war berechtigt. Und selbst, wenn der Überfall auf die Morgenwind nicht wirklich so geplant gewesen war, konnte sich Enrique der Mittäterschaft nicht einmal wirklich freisprechen. Wenn man es genau nahm, traf sie die Tatsachen damit also genau auf den Punkt. Ihr Glück war es, dass man nach Kaladar suchen würde, denn eine Frau namens Skadi Nordskov hatte bei der Marine niemals existiert. Enrique hatte dieses Glück nicht und so, wie Liam ihn einschätzte, würde er sich auch ziemlich schlecht darin anstellen, einen unschuldigen Eindruck zu erwecken. Die Anspielung auf ihr eigenes Maskenspiel entlockte ihm ein kurzes, anerkennendes Zucken mit den Mundwinkeln. Für ein herzliches Lächeln war die Angelegenheit allerdings zu ernst.„Du weißt, dass Enrique und ich nicht sonderlich viel miteinander zu tun haben.“, begann er leise, den Blick wieder auf die dunkle See gerichtet.
„Aber was auch immer ihn dazu bewogen hat, uns bei der Flucht zu helfen… Ich schätze ihn so ein, dass er sich der Konsequenzen durchaus bewusst war.“ Liam wusste im Grunde nichts über ihn außer das, was Skadi ihn wissen ließ. Aber Enrique wirkte kontrolliert und gefährlich berechnend. Was die Nordskov dann sagte, ließ ihn abermals lächeln. Verständnisvoll, selbst wenn er ihrem vermeintlichen Vertrauensgeständnis nicht blind Glauben schenkte. Im Augenblick verwirrte es ihn mehr als dass es ihm schmeichelte. Und sich darum zu bemühen, dass die anderen unversehrt blieben, zählte für ihn eigentlich schon zu einer Selbstverständlichkeit. Bislang hatte er es vermieden, sie zu unterbrechen. Als sie kaum merklich zur Seite rückte, wurde ihm bewusst, dass aus seinem eigentlichen Plan, nur kurz nach ihr zu sehen, vermutlich nichts wurde. Da war mehr, was sie beschäftigte. Oder zumindest mehr, über das sie reden wollte, wenn sie schon die Gelegenheit dazu hatte. Und auch, wenn er wusste, dass es kein einfacher Abend werden würde, war er um die Planänderung alles andere als traurig. Langsam folgte er also ihrer Einladung, setzte sich neben sie und stützte sich mit den Füßen am Boden ab. „Im Zweifel vertraust du dir ganz einfach selbst.“, lautete seine simple Antwort auf ihre Frage. „Damit macht man eigentlich nie etwas verkehrt.“ Ein zuversichtliches Lächeln galt ihr, welches noch ein Stück weiter heranwuchs, als sie über ihre Suche nach dem richtigen Begriff lachen musste. Waldkind. Ob sie ahnte, dass das unter anderem etwas war, was er wirklich an ihr schätzte? „Die Crew ist jung. Die meisten kennen sich nicht länger als ein, zwei Monate. Und mal abgesehen vom wagemutigen Überfall auf einen Gefangenentransporter gab es noch nicht wirklich etwas, woran sie hätte zusammenwachsen können. Keiner von diesen Leuten ist auf die Extremsituation getrimmt.“
Anders also als bei der Marine, wo die Rekruten dazu getrieben wurden, zu funktionieren statt zu denken. „Und wie wir beide wissen, wirkt sich Stress ganz unterschiedlich auf Menschen aus. Das ist nichts, worauf man sich vorbereiten kann. Ich fürchte also, uns bleibt nichts anderes, als der Dinge zu harren, die auf uns warten und dann das Beste daraus zu machen. Nur so kann die Crew wirklich zusammenwachsen.“ Liam verzog die Lippen, denn er ahnte, dass das absolut nicht das war, was Skadi hören wollte. Aber es gab keine Lösung, kein Wundermittel. Sie würden es schlicht und ergreifend versuchen müssen. „Aber wenn es hart auf hart kommt, würde glaube ich jeder von ihnen zuerst seine eigene Haut retten. Ich will es auch keinem von ihnen verübeln. Es sind und bleiben nun mal… Piraten.“
Enrique war sich vielen Dingen in seinem Leben bewusst. Doch außer ihr wusste wohl auf diesem Schiff niemand, dass er nur zu bereitwillig vor seiner wahren Natur davon rannte. Denn die war gleichsam temperamentvoll und kurzsichtig, wie der kontrollierte Teil berechnend und unterkühlt. Der ehemalige Offizier war in gewissen Belangen also wie ein Feuerwerkskörper mit kurzer Lunte und machte sich bei jeder Explosion in einem farbenprächtigen Funkenflug bemerkbar. Manche Konsequenzen wurden dann einfach ignoriert, in Kauf genommen oder gegen andere abgewogen. Und ganz gleich, wie oft man glaubte, auf alles gefasst zu sein, was da auch immer komme – das Leben hatte doch stets immer seine eigenen Pläne. Fest pressten sich die vollen Lippen aufeinander, während Liam fortfuhr und Skadi einen Moment in ihre Gedankenwelt abdriftete, die er mit seiner Ehrlichkeit schuf. Immer wieder, so musste sie sich eingestehen, vergaß sie, wie jung diese Bindungen an Board des Schiffes waren. Es stand somit außer Frage, wieso das Vertrauen dermaßen instabil und brüchig war. Liam widersprach ihr dabei nicht einmal, wenn sie es richtig deutete. Und wirkte seltsam misstrauisch wie realistisch in seiner Wortwahl. Ob er sich darüber jemals den Kopf zerbrochen hatte? Womöglich nicht. Wissen konnte sie es allerdings genauso wenig.
“Sich selbst vertrauen…“, flüsterte sie leise unter dem kurzen Schweigen, dass der Musiker wenig später brach. Irgendwie hatte es etwas Verbittertes an sich, das sie glatt Shanaya zugeschrieben hätte. Nur auf sich selbst zu vertrauen – das zog meist alte Wunden mit sich, die überhaupt dazu geführt hatten. Wunden, die so tief vernarbt waren, dass es Skadi kaum wunderte, das man mit dem Gefühl einer eingeschworenen Gemeinschaft nichts anfangen konnte. “Es sind und bleiben Menschen, Liam.“, korrigierte sie ihn, ohne auch nur eine Sekunde verstreichen zu lassen. Menschen waren in den tiefsten Ecken ihrer Selbst nichts anderes als Tiere. Tiere, die einen starken Überlebenswillen besaßen. Die einen sogar mehr, als die anderen. Es machte also keinen Unterschied, ob Pirat, Bäcker oder Soldat. “Aber Recht hast du wohl. Dann werde ich mich scheinbar einfach mit dieser Schlaflosigkeit anfreunden müssen, bis wir angekommen sind.“ Beinahe wirkte es so, als senkte sich ihre Stimme erschöpft hinab. Versank jedoch schlagartig in einem müden Lächeln, ehe der dunkle Haarschopf auf die Schulter neben sich glitt. Abermals mit geschlossenen Lidern und einem tiefen Atemzug. “Was war eigentlich die komplizierteste Situation, in die du damals mit Alex gestolpert bist? “ Gestolpert. Anders konnte es wohl kaum gewesen sein. Skadi glaubte kaum, dass Liam sich bereitwillig nach Ärger umsah. Wie sie ihn bisher kennengelernt hatte, mochte er sein entspanntes Leben auf Reisen ohne gewalttätige Auseinandersetzungen.
Ob er mit seiner Einschätzung bezüglich Enrique nun richtig lag oder nicht, ließ Skadi ihn nicht wissen. Aber auch, wenn sich Liam dessen nicht wirklich bewusst war, atmete er innerlich auf, als sie das Thema ruhen ließ. Es behagte ihm nicht, über Menschen zu reden, die er nicht wirklich kannte. Das schrie nämlich nur förmlich danach, sich in die Nesseln zu setzen. Als sie leise wiederholte, was er gesagt hatte, ahnte er nicht, dass sie es schwerer nahm, als er es meinte. Liam war kein Mensch, der Vertrauen mit Schwäche gleichsetzte. Er war kein glorreicher Einzelkämpfer, der sich von allem lossagte – ganz im Gegenteil. Aber er war lange genug unterwegs gewesen, um zu wissen, dass man vorsichtig sein musste und sich nicht blind auf alles verlassen sollte, was man sich wünschte. Es gab die Hand voll Menschen, denen er blind vertrauen konnte, ohne Zweifel an ihrem Rückhalt zu haben. Aber all das hatte Zeit benötigt. Und bei jedem von ihnen hatte es Liam anfangs nicht anders gehandhabt als so, wie er es der Jüngeren vorschlug. Als sie ihn unterbrach und korrigierte, huschte sein Blick augenblicklich in ihre Richtung. Natürlich hatte sie Recht, aber auch Menschen waren unterschiedlich. Und jeder einzelne dieser Crew hatte sich vermutlich von seinen Liebsten losgesagt, um besagter Einzelkämpfer zu sein. Ob nun freiwillig oder nicht. Und er hoffte für Skadi, dass sie ihr Vertrauen von keinem von ihnen enttäuschen ließ, weil es zu früh war. Auf ihre müde Aufgabe hin galt ihr ein freundschaftlicher Rempler mit der Schulter und ein zuversichtliches Lächeln. So einfach sollte sie nicht aufgeben. Irgendwas würde ihnen schon einfallen. Jedenfalls war Liam schwer bemüht, darüber nachzudenken, als Skadis Kopf auf seine Schulter glitt. Wie von selbst kippte auch seiner zur Seite. Wenn er schon nichts Hilfreiches zu sagen hatte, konnte er wenigstens physische Anwesenheit zeigen.
Ihre Frage überraschte ihn. Nachdenklich legte sich seine Stirn in Falten, kramte in seinen Erinnerungen, ehe ihm der Gedanke kam, sie darüber aufzuklären, dass das nicht zu vergleichen war. Alex und er waren mit der Zeit so sehr zusammengewachsen, als wären sie Brüder gewesen, die sich ein Leben lang gekannt hatten. Aber er wurde das Gefühl nicht los, dass es nicht das war, worum es der Nordskov wirklich ging. Ein sachtes Lächeln erschien der Erinnerung wegen auf seinen Lippen, ehe er tief einatmete. „Die Aktion mit Sineca damals hätte durchaus schief gehen können. Irgendein Betrunkener in einer Taverne hatte uns erzählt, dass sich Pelztierschmuggler auf der Insel versteckt hielten und auf ihre Händler warteten, um die Pelze in die Zweite Welt zu verschiffen. Dieser Kerl hatte erstaunlich gute Anhaltspunkte dafür, wo ihr Lager zu finden war und.. naja… In der nächsten Nacht haben wir uns in die Nähe geschlichen. Zum Glück war uns damals nicht so wirklich bewusst, dass sie keine Sekunde gezögert hätten, uns umzubringen, hätten wir sie vorher nicht ausgeschaltet. “ Sie hatten definitiv mehr Glück als Verstand gehabt. Liam lachte kurz. „Ich glaube, sie denken immer noch, dass sie von Kindern überwältigt wurden. Hast du schon mal mit einer Schleuder hantiert?“ So unwahrscheinlich war es eigentlich gar nicht, oder? Eine einfache Schleuder war schnell herzustellen und äußerst wirkungsvoll, wenn man damit grob zu zielen wusste.
„Viel absurder war aber eigentlich das Treffen mit Lubaya. Ein alter Fischer hatte uns gnädiger Weise angeboten, uns bis zur nächsten Insel mitzunehmen. Mit einem kleinen Zwischenstopp an einer kleinen, unbewohnten Inselgruppe, bei der er seine Reusen verteilt hatte. Alex und ich hatten die Gelegenheit genutzt, uns etwas umzusehen, während er seine Fallen kontrollierte. Als wir zum Anlegeplatz zurückkamen, war er weg. Anfangs dachten wir, wir wären einfach zu lange unterwegs gewesen und hatten vor, einfach zu warten, bis er wieder auftauchte. Was wir nicht wussten, war, dass ein Piratenschiff auf der anderen Seite der Insel angelegt hatte. Du kannst dir vermutlich vorstellen, wie überrascht wir waren, als plötzlich jemand über den Strand auf unser Lagerfeuer zu spazierte. Lubaya war ganz glücklich darüber, mal andere Menschen zu sehen. Will, ihr Bruder, allerdings weniger. Die Crew jagte uns gefühlt über die komplette Insel, weil man uns unterstellte, sie gekidnappt zu haben.“ Abermals lachte er. Auch da hatten sie eigentlich nur das Glück gehabt, dass sich Will irgendwann darauf eingelassen hatte, ihnen zuzuhören. Aber immerhin hatten sie sie danach bis zum nächsten Hafen mitgenommen, an dem sich auch Lubaya von der Crew getrennt hatte, um eine Zeit lang bei ihnen zu bleiben und dem Konflikt mit ihrem Bruder aus dem Weg zu gehen. „Aber eigentlich waren das eher weniger die Abenteuer, nach denen wir gesucht haben. Hast du das Meer beispielsweise schon mal leuchten sehen?“ Liam hob den Kopf und bedachte Skadi mit einem abwartenden Blick.
Wollte sie etwas mit ihrer Frage bezwecken? Offen und ehrlich hätte die Nordskov keine eindeutige Antwort darauf gewusst. Möglich war es, denn letzten Endes eröffnete jede noch so kleine Reaktion einen ersten Einblick auf das Wesen eines Menschen, mit sie sich umgab. Die Dunkelhaarige gab selten viel Wert auf das, was jemand sagte. Viele Menschen neigten dazu sich selbst und die Dinge ihres Lebens zu glorifizieren. Ernst nahm sie Versprechungen und hohle Phrasen also in den seltensten Fällen. Was Liam betraft, interessierte es sie viel mehr, in wie weit die Definition „jung und unerfahren“ auf ihn zutraf. Und nebenher wie er mit brenzligen Situationen in der Vergangenheit umgegangen war. Worauf sie sich im Fall eines Falles gefasst machen konnte, ohne mit einer bösen Überraschung im Regen stehen zu bleiben. Nur kurz schob sich der dunkle Haarschopf in den Nacken und hielt das müde Augenpaar auf die feinen Züge ihres Begleiters gerichtet. Eine Schleuder. Das erschien ihr ein ungewöhnliches Mittel zur Verteidigung. Doch offensichtlich hatte sie heute wie damals bei ihren Brüdern unterschätzt. Und Liams Miene nach zu urteilen, war es ausreichend gewesen, um mit einem übermäßigen Erfolg von dannen zu ziehen. Dass sie die seltsame Offenheit des Fremden aus seiner Geschichte für weniger schicksalhaft hielt, ließ sie jedoch unerwähnt. Schwieg mit einem amüsierten Zucken ihres Mundwinkelns und einem kurzen Schütteln ihres Kopfes, ehe sie die Wange allmählich zurückgleiten ließ und die Augen schloss.
Lubaya. Sie musste tief in ihren Erinnerungen kramen, ob sie diesen Namen schon einmal gehört hatte. Selbst wenn nicht, war die Verbindung des Dreiergespanns mehr als eindeutig. Und fast huschte Skadi ein Glucksen über ihre Lippen. “Ihr wart wohl ein ziemlich verrückter, bunter Haufen. Das klingt als wärt ihr einem Märchenbuch entsprungen.“ Langsam kippte der schmale Körper wieder zurück und fixierte seinen neuen Platz mit beiden Händen am Rand der Kiste. Kreiste den kurz geschnittenen Kopf mehrmals im Nacken, ehe sich die dunkelbraunen Augen auf den jungen Mann fixierten. “Ein Meer das leuchtet? Soetwas gibt es?“ Für einen kurzen Moment schoben sich die dichten Brauen zusammen und verliehen der feinen Miene der Nordskov einen skeptischen Hauch.
„Die Schamanin, der Berserker und… der Barde. Stimmt, ja. Klingt gar nicht mal so schlecht.“, gab er mit einem ehrlichen, amüsierten Lächeln zurück und senkte den Blick für einen flüchtigen Moment auf die Reling vor ihnen. Die Rollenverteilung war auch als Außenstehender nicht sonderlich schwer zuzuordnen, dazu reichte es vollkommen, einen von ihnen dreien zu kennen. Doch Liam hielt sich bewusst nicht sonderlich lange an diesen Erinnerungen auf, hob den Kopf ganz automatisch, als Skadi sich von seiner Schulter löste und spähte in den Himmel hinauf, kaum dass er sich an die andere Art von ‚Abenteuer‘ zu sprechen kam. Die Art von Abenteuer, die einem nicht die Abgründe der Menschheit sondern die Magie und Schönheit der Natur näherbrachten. Mit einem träumerischen Funkeln in den Augen nickte er der Jüngeren zu. Die Skepsis auf ihren Zügen konnte er nur zu gut nachvollziehen. Aber ausnahmsweise war es wirklich kein bloßer Versuch, ihr einfach schöne Träume zu malen. „Ich habe es auch erst einmal gesehen. Abends an einem Strand.“, gestand er, während er den Kopf zu Skadi herumwandte, ein Bruchteil der Faszination von damals auf seinen Zügen. „Es war… als wären die Wellen mit reinem Licht gemischt. Überall am Strand waren etliche, winzige blaue Lichter verstreut. Es war wirklich unglaublich. Vielleicht kann ich’s dir ja irgendwann mal zeigen.“ Er war aufgestanden, ohne dass er es direkt bemerkt hatte, hatte die Hände auf die Reling gestützt und sich ein wenig nach vorne gebeugt. „Ich habe schon Seemänner gehört, die das Ganze auf offener See beobachtet haben wollen. Stell dir das mal vor. Das muss sein, als würde man über die Wolken segeln. Vorausgesetzt natürlich, sie waren nicht betrunken und haben sich das Ganze nur eingebildet.“
Einen Augenblick hatte er die Wellen beobachtet, die die Sphinx auf der Wasseroberfläche schlug, ehe er sich mit gerunzelter Stirn zurückgleiten ließ und Skadis Miene mit vorsichtiger Skepsis bedachte. „Wir waren es übrigens nicht.“, versicherte er ihr sicherheitshalber mit einem Schmunzeln und lachte, während er sich wieder rückwärts gegen die Reling lehnte. Der träumerische Ausdruck verblasste bei Skadis erschöpften Anblick. Sein Kopf kippte zur Seite, während er nachdenklich die Lippen verzog und sie schließlich sanft mit dem Fuß anstupste. „Ich hab vielleicht eine Idee, um dich auf andere Gedanken zu bringen.“ Das gutgemeinte, verschmitzte Lächeln reichte bis zu seinen Augen hinauf, tatsächlich hatte er aber absolut nichts Unanständiges im Sinn.
Wann immer Liam derart zu lächeln begann, verkrampfte sich Skadis Magen unfreiwillig für einen Augenaufschlag. Nicht etwa, weil sie das Gefühl verabscheute, das sich auf seinen Zügen breit machte, sondern weil es in ihr selbst bittersüße Erinnerungen wach rief. Erinnerungen, die sie nie wieder neu aufleben lassen konnte. Dennoch hob sich ihr Mundwinkel sanft in die Höhe. In stiller Anerkennung seiner Worte und dessen, was sie immer wieder von neuem von seiner kleinen Welt kennenlernte.
Aufmerksam fixierten die Seelenspiegel aus dunklem Braun die feinen Züge des Älteren, ehe sie sich schluckend abwenden musste, um das warme Gefühl in ihrem Magen hinab zu kämpfen. Fast schon zeitgleich drang ein knappes Glucksen über ihre Lippen und zupfte unerbitterlich an ihren Mundwinkeln, die nur einen Herzschlag später mit einem amüsierten Lächeln für den Lockenkopf aufwarteten. “Du bist unfassbar süß, wenn du so redest.“ Auf eine Art und Weise, die sie unweigerlich an ihre jüngeren Geschwister erinnerte, wenn sie voller Faszination von ihren Erlebnissen berichteten. Und auch hier schien es der Nordskov, als durchlebte der Musiker das Bild in seinem Kopf erneut. Spürte just in diesem Moment jegliche Glücksgefühle von damals, die wie seinem Körper wie Alkohol berauschten.
“Aber ich glaube dir... auch wenn ich jetzt darauf bestehe, dass du mir irgendwann diese Lichter zeigst.“ Mit diesen Worten wandte sich der dunkle Haarschopf wieder gänzlich zu den braunen Locken herum. Kippte schlagartig zur Seite, als ihr Liam einen Ausweg aus ihrer dunklen Gedankenwolke anbot und verzog nachdenklich die Lippen, ehe sie überspitz seufzend tat, als würde sie sich geschlagen geben. “Gott Liam... wenn das so weitergeht würde ich dir sogar beim Weltuntergangsplans folgen.“ Fast zur Retour seines spitzbübischen Grinsens war sie es nun, die ihn mit der Spitze ihres Schuhs anstupste. Was er wohl vorhatte?
Dieses Mal konnte er sich nicht einmal gegen ihre ‚Anschuldigung‘ wehren. Liam war sich durchaus bewusst, dass er wie ein kleiner Junge wirken musste, der von seinem ersten großen Abenteuer erzählte. Alex hatte sich in seinem Rücken oft genug ins Fäustchen gelacht. Sein Lächeln brach nur für einen kurzen, flüchtigen Moment ab, in dem er sich dennoch überrascht über ihre Worte zu ihr herumwendete und ihr letztlich ein verlegenes Lächeln offenbarte, ehe er sich wieder dem Meer zu wandte und sich demonstrativ räusperte. „Ich hoffe, dass ich dir diesen Wunsch nicht ausschlagen muss.“, fuhr er ein wenig gefasster fort. Das Schmunzeln auf seinen Zügen verriet, dass er sich absichtlich zügelte. Allein der Gedanke daran, diesem Schauspiel ein weiteres Mal beiwohnen zu können, erfüllte ihn mit Vorfreude. Wenn man es teilen konnte, war es gleich noch aufregender. So oder so würden sie sich aber wohl gedulden müssen, selbst wenn ein leuchtendes Meer ihrer besorgten Miene mit Sicherheit Abhilfe verschafft hätte. So musste er sich eben etwas anderes einfallen lassen. Abwartend ruhte sein Blick auf seinen vagen Vorschlag hin auf ihrem Antlitz, bis sie sich geschlagen gab und etwas sagte, was so viel hätte bedeuten können. Liam gluckste. „Na, ganz so schlimm ist wie der Weltuntergang wird’s wohl nicht.“ Er zwinkerte und hielt ihr schließlich die Hand hin, kaum dass er sich von der Reling gelöst hatte. „Aber wenn ich mich recht erinnere, schulde ich dir noch das Ende einer Geschichte. Vielleicht ist es ja langweilig genug, um dir ein bisschen Schlaf zu bescheren.“ Aber nicht hier oben auf einer ungemütlichen Kiste, so viel war sicher. Dafür gab es weitaus bequemere Orte, selbst wenn die Hängematten wohl rausfielen, wenn sie niemanden wecken wollten. Blieb noch das gelagerte Heu bei den schlafenden Hühnern.
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Nachrichten in diesem Thema
Light up the dark - von Liam Casey - 05.01.2020, 17:34
RE: Light up the dark - von Skadi Nordskov - 05.01.2020, 17:36
RE: Light up the dark - von Liam Casey - 05.01.2020, 17:37
RE: Light up the dark - von Skadi Nordskov - 05.01.2020, 17:38

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