01.05.2019, 01:05
Skadi musste unweigerlich in ihren Krug hinein grinsen, als Liam eine halbe Spritzfontäneneinlage hinlegte. Es wirkte fast, als spukte die Vorstellung seiner unsanft zerquetschten Eingeweide viel zu real und nachdrücklich in seinem Kopf und Körper. Na immerhin hatte sie diesen Teil ihrer blumigen Sprache in den letzten Jahren nicht eingebüßt – Enrique sei Dank!
Doch ebenso wie sie selbst, wurden seine Regungen ruhiger, ernst und abwartend, mit welcher Wahrheit sie wohl aufwarten würde. Skadi konnte sich selbst in ihrem Zustand ausrechnen, dass er nicht damit gerechnet hatte, sie mit einer solch simplen Frage derart aus dem Schatten zu locken. Eine Erklärung in einer mehrdeutigen Hülle zu verpacken, die er vielleicht irgendwann einmal vorsichtig lockern und lösen würde, sofern er ausdauernd genug blieb. Oder sich ihre Wege nicht alsbald trennten.
Eine Weile standen sie sich schweigend gegenüber. Die braunen Augenpaare aufeinander gerichtet, als ließe sich mit ihnen alles sagen, wozu die Lippen nicht bereits im Stande waren. Nur um daraufhin hinter dem hellen Matschton der Krüge zu verschwinden. Skadi fühlte sich als wolle sie mit ihrem raschen Zug weitere Worte im Keim ersticken und gewaltvoll hinab schlucken, kaum dass Liam zu einer Aussage ansetzte, die sie lächeln ließ.
“Wir werden sehen… bisher überwiegt die Pro Seite.“
Und das obwohl es nicht einmal eine Pro und Contra Liste gab. Alles war besser als auf der Morgenwind zu sein – die nebenbei bemerkt in Schutt und Asche gelegen hatte, nachdem ein Teil der Crew das Monster von Schiff in zwei Teile gesprengt hatte. Sie tippe auf Talin oder Shanaya – den beiden Frauen war alles zuzutrauen, wie ihr in den letzten Tagen mehr als einmal deutlich geworden war. Selbst einen Trevor konnte sie leichter ertragen, als Harper. Und der war nun weiß Gott kein einfacher Geselle und mit mehr Glück als Verstand gesegnet.
Gerade als Liams Frage ein Nicken in ihr auslöste und ein energisches „Jupp“ aus ihrer Kehle hinaus wollte – streckte sich die Antwort jäh unter einem unkontrollierbaren, lautstarken Rülpser. Sie hatte es nicht kommen sehen unter dem diffusen Gefühl, das ihren Körper allmählich zu betäuben begann. Und selbst als sie Liam fast schon schockiert anstarrte, brach sie innerhalb weniger Sekunden in schallendes Lachen aus.
“Tut mir leid… das ist mir einfach… so rausgerutscht.“, brachte sie nur unter ein paar wenigen Atemzügen heraus. Wischte sich mit einer Hand die Tränen aus den Augenwinkeln und genoss das wohlig warme Gefühl in ihren Adern. Der Alkohol ließ eindeutig grüßen und mischte unter ihr herzhaftes Lachen ein paar wenige Hickser! Doch Skadi war das mittlerweile vollkommen gleich. Sie hatte keine Pläne mehr für diesen Abend. Und womöglich würden sie sich eh bald auf den Weg zurück zum Schiff machen. Mit zusammengepressten Lippen und roten Wangen reichte sie ihm ihren Krug. Verkniff sich das kribbelnde Kichern in ihrer Kehle und wandte den dunklen Haarschopf herum. Kaum noch jemand war auf dem Tanzplatz. Die meisten Musiker waren schon gegangen und selbst der Schankwirt erweckte den Eindruck, als würde er bald seine Sachen zusammenpacken und nach Hause eilen wollen.
Dennoch nahm Skadi den frisch gefüllten Bierkrug in die Hand, nahm ein paar großzügige Schlucke und stieß sich dann mit der Hüfte vom Stand ab. Erstaunlich sicher wie sie fand, angesichts der Menge an Alkohol die bei diesem Starkbier durch ihre Adern pumpte.
“Meinst du, wir können die Krüge zum Schiff mitnehmen?“
Diese Frage richtete sich gleichermaßen an den Lockenkopf, sowie den Wirt, der ihr mit einem Lächeln entgegen sah. Sie konnte ihm ansehen, was er dachte. Sie wusste selbst gut genug, dass sie gut angeheitert war – na und?!
“Ich würde… gern noch ein bisschen mit dir spazieren gehen, bevor ich mich dem nächtlichen Geräuschpegel aussetze.“