15.02.2019, 22:09
Durch das helle Leinenhemd spürte Lucien die raue, kühle Wand in seinem Rücken. Wie Sandpapier rieb sie über seine Haut, als Shanaya sich enger an ihn lehnte und ihn damit etwas fester gegen das unverrückbare Gebäude drückte. In dem Moment, in dem ihre Blicke sich trafen und die Situation schlagartig an Intimität gewann, sandte sein Körper einen prickelnden Schauer durch seine Adern. Verheißungsvolle Wärme breitete sich in ihm aus, beschleunigte seinen Puls und in den tiefgrünen Augen blitzte ein lauerndes Leuchten auf.
Ihre ganze Lage schrie nach einer Herausforderung – nur teilweise von ihm selbst geschaffen. Die Gefahr, entdeckt oder verraten zu werden, provozierte sie beide, auf geradezu fahrlässige Art und Weise hier auszuharren. Statt zu flüchten lieber miteinander anzubandeln. Es auszureizen – und auszukosten. Offensichtlich hatte der Dunkelhaarige sich also geirrt. Nicht er allein war hier der Süchtige. Sie beide in gleichem Maße!
„Wenn du vor hast, mir irgendetwas wichtiges abzuschneiden...“, gab er mit einem leisen Lachen in der Stimme zurück und lehnte sich ihr ein wenig entgegen, „dann hast du deine Hände an den falschen Stellen.“
Wie von selbst wurde er leiser, bis er nur noch flüsterte. Nicht, weil er befürchtete, man könnte sie hören – sondern weil der Moment danach verlangte. Das Gefühl ihres heißen Atems auf seinen Lippen machte Lucien fast wahnsinnig und er kämpfte gegen das geradezu übermächtige Verlangen, sie dafür einfach zu küssen. Stattdessen ignorierte er das penetrante Kribbeln unter der Haut, sah sie nur mit einem provokanten Ausdruck in den grünen Augen direkt an.
„Ich glaube, die Luft ist rein.“
Wieder dieses freche Grinsen auf seinen Lippen, das er schlicht nicht unterdrücken konnte. Er löste den Blick nicht von ihren Zügen, konzentrierte sich aber auf ihre Verfolger. Doch das Geklirre ihrer Waffengurte und das Zurufen untereinander entfernte sich die Straße hinunter und er bildete sich ein, bereits einen Hauch Unsicherheit über das Verschwinden der Flüchtigen heraus zu hören, sodass sein Schmunzeln einen geradezu triumphierenden Zug annahm.
„Verschwinden wir.“
Er ließ Shanaya los, schob sich an ihr vorbei und kam ihr dabei – so wie sie vorhin am Stand des Tuchhändlers – noch einmal sehr nah. Dann griff er wieder nach ihrer Hand und zog sie zurück auf die Straße. Nur kurz huschte sein Blick die Straße hinunter, wohin die Soldaten dem Klang nach gelaufen waren, bevor er sich kurzerhand in die entgegengesetzte Richtung wandte.