11.02.2019, 19:35
Shanayas Lob quittierte der Dunkelhaarige mit einem leisen „ts“ und warf ihr einen amüsiert-spöttischen Seitenblick zu.
„Tja, eine Frau auf der Auslage eines Tuchhändlers flach zu legen zählt zu meinen leichtesten Übungen.“, gab er mit einem Hauch Ironie in der Stimme zurück. Das war es sicher nicht, worauf sie anspielte, aber es passte gerade zu seinem jugendlich-arroganten Ego, sie absichtlich ein bisschen zu missverstehen und sich ihre Worte so zu drehen, wie er es wollte.
Gelegenheit, darauf noch etwas zu erwidern, erhielt Shanaya jedoch nicht. Der Ruf des Händlers lenkte sie beide beinahe gleichzeitig zurück zu ihrer kleine Schandtat und ließ Lucien kurz zustimmend nicken. Verdammt war der treffende Ausdruck dafür.
„Ich hätte wetten können, er bemerkt es erst, wenn wir um die nächste Kurve sind. Frühstens.“, kommentierte er und warf einen prüfenden Blick über die Schulter.
Shanayas geradezu freudig erregten Unterton registrierte er und auch wenn er in diesem Moment eher geschäftig wirkte, konnte er sich dem selbst nicht entziehen, als eine kleine Welle Adrenalin durch seine Adern sickerte und seinen Puls in die Höhe schnellen ließ. Sein Mundwinkel zuckte verdächtig. Nicht zuletzt auch über ihre Wortwahl.
Als Lucien jedoch die beiden Uniformierten bemerkte, die durch das Rufen des Händlers auf sie aufmerksam wurden, verging ihm das vorfreudige Schmunzeln wieder. Sein Herz machte einen Satz – einen von der unangenehmen Sorte – und auf seine Brust legte sich ein leichtes Ziehen, das ihn deutlich kurzatmiger machte. Das Wissen, dass es sich bei den Männern nicht um Seesoldaten handelte, half dabei nur geringfügig. Denn die Furcht, die ihn für einige wenige Sekundenbruchteile ergriff, war genauso mächtig wie sie auch irrational war.
Einen Moment später rang Wut die aufkeimende Angst nieder und verbrannte sie in lichterlohem Inferno. Sie war nicht hier. Und eher warf er sich mitten hinein in einen aussichtslosen Kampf, als sich in Angst zu ergeben. Bestimmt nicht.
Lucien wandte sich von ihren Verfolgern ab, schloss zu der Schwarzhaarigen auf, die in eine nahe Seitengasse wies und nickte auf ihre Frage hin. Ein fast grimmiges Lächeln lag auf seinen Zügen.
„Sieht gut aus.“, warf er seiner Begleiterin zu, als sie in die Gasse einbogen und diese sich als verlassen heraus stellte. Am anderen Ende tummelten sich Menschen in geschäftigem Tempo. Ein Pferdekarren rumpelte vorbei. Perfekt, um zwischen den Massen zu verschwinden – zumindest wenn sie die Soldaten lange genug aufhalten konnten, um es mit etwas Vorsprung bis dorthin zu schaffen.
Lucien wandte sich herum, lief aber rückwärts weiter, um sie nicht aus den Augen zu verlieren, als Shanaya an den Fässern stehen blieb. Ein fast unschuldiges Grinsen breitete sich auf seinen Lippen aus.
„Ich möchte es jetzt ungern darauf anlegen... aber du hast nicht zufällig noch eine Waffe, die du mir leihen kannst, sollte es zu einem Kampf kommen?“