04.05.2016, 21:54
Ohne Hakennase und Warze? Na, wenn sich der Katzenfreund da einmal nicht täuschte: Viele Hexen konnten ihre Identität einfach nur besser verbergen. Auch wenn er nicht zu dem Neuling hinauf sah, sondern den Tumult beobachtete, musste Aspen doch die Lippen belustigt kräuseln. Sowohl Hand als auch Fuß hatten mittlerweile in ihrer Bewegung inne gehalten. Prinz Eisenherz, ja? Fragend hob er die Augenbrauen und sah nun doch, sichtlich notgedrungen, zu dem Kauz hoch. Ihm war ein wenig fraglich, wie ein junger Mann bei einer solchen Tavernenstimmung auf Märchenmetaphern kommen konnte – einmal davon abgesehen, dass der selbe Mann auch aus unerkenntlichen Gründen sein Haustier mitgebracht hatte.
Während der Schwanenhals sich sogleich auf ihr erstes Opfer stürzte und direkt damit begann ihn einzulullen, wurde es im Laden immer lauter und ungemütlicher. Nur mit einem Ohr bei seiner Begleitung und dem Fremden, setzte Aspen sich langsam auf, entschränkte die Beine wieder und schien sich darauf vorzubereiten, dass sie nicht mehr lange hier bleiben könnten. Vielleicht hatte das Blondchen ja doch recht damit, dass sie nehmen mussten was gerade da war. Ob das jetzt ein betrunkener Schläger oder ein Tierfreund war sollte keine Rolle spielen: Langes Gerede, kurze Vorstellung und – oh. Ohne es zu wollen zuckte Aspen bei seinem Namen kurz zusammen, fing sich jedoch schnell wieder und kniff nur die Augen zusammen. Es spielte keine Rolle mehr wer er war oder wie er hieß. Als Pirat, der auch noch offenkundig in einer Taverne nach weiteren Anwerbern suchte, machte er sich sowieso strafbar. Daher nickte er nur einmal verbissen und hob gezwungen das Kinn, als wollte er Shanayas Vorstellung zustimmen.
Zu mehr kam er allerdings nicht: Als ein halbvoller Krug dicht neben seinem Kopf zerbarst, schreckte er zusammen und wich reflexartig nach dem Knall ein Stück zur Seite. Noch während er die Scherben und versickernden Tropfen von seiner Schulter strich und wieder zurück in die Menge sah, wurde ihm bewusst dass der Krug nicht ihm, sondern den zwei sich streitenden Männern gegolten haben musste, die sich nun gefährlich nah auf sie zubewegten. Ohne nachzudenken streckte er den Arm aus als wollte er seine Begleiterinnen noch weiter zurückdrängen, auch wenn dies schwer möglich war, und musste mit finsterem Blick mitansehen wie der kleine Rabe sich mit wenigen Worten verabschiedete und davon marschierte.
„So viel zu 'wir' treiben ein paar neue Leute auf.“, knurrte er dunkel und stand ebenfalls auf um dem am Boden liegendem Mann einen prüfenden Blick zu schenken.
Der Kerl sah nicht mehr sonderlich lebendig aus, sein Angreifer allerdings schon: Denn kaum war er in der Menge verschwunden, grohlte schon wieder jemand. Mit einem Seufzen griff Aspen nach Talins Arm und versuchte sie mit sanfter Gewalt hochzuziehen, den Tisch schob er dabei ein gutes Stück Richtung Katzenfreund und der Menge, damit sie leichter dahinter hervor kommen konnten. Na, der Abend verlief sichtlich schlecht. Beinahe schon bittend verengte er die Augen, damit sie sich nicht weigerte. Im Gegensatz zu den grimmigen Worten über Shanayas Abgang war seine Stimme nun ein wenig sanfter, wenn auch drängender und fordernder.
„Lass uns lieber von hier verschwinden, bevor noch mehr von denen zu Boden gehen.“, raunte er ihr eindringlich zu und schallt sich im selben Moment selbst: Er bräuchte bessere Argumente und eindeutig mehr Verständnis für ihre Suchbemühungen. „Wir können den vernünftigen Leuten durch den Hinterausgang folgen, da haben wir eindeutig bessere Chancen auf Verstärkung als mit solchen Tieren.“ Und damit war nicht die Katze gemeint. Kurzer Hand presste Aspen die Lippen aufeinander und drehte den Kopf widerwillig zu dem Fremden, ohne ihr erstes Opfer würde Tally wohl kaum den Ort verlassen. „Du solltest mitkommen, bevor sie die kleine Ratte wieder erkennen.“
Letzteres klang deutlich unfreundlicher und weniger bittend. Aspen brauchte keinen Hehl daraus machen, dass es ihm herzlichst egal war, ob der Kerl und sein Tier hier ebenfalls erschlagen wurden oder nicht. Der seltsame Kauz schien nicht so auszusehen, als würde er sich für das Meer oder Schiffe zu interessieren. Bevor sie hier also Kopf und Besatzung riskierten, sollten sie sich lieber wo anders auf die Suche begeben. Irgendwo ohne Alkohol oder verzweifelte Kerle. Shanaya würden sie schon wieder finden, spätestens morgen früh. Aspen unterdrückte einfach das ungute Gefühl, dass sie drei sich überhaupt getrennt hatten.
Um seinen Worten mehr Nachdruck zu verleihen rückte der Montrose einen Schritt weiter in Richtung Hinterausgang neben der Theke, während der Tumult gleich mehrere Höhepunkte zugleich fand. Vielleicht gab es dort hinten auch noch weitere Räume, mit anständigeren Menschen? Dem Mann auf dem Boden wollte er lieber keinen weiteren Blick zuwerfen. Wenig sorgsam fuhr er sich ein weiteres Mal durch die blonden Haare und wischte damit weitere Scherbenreste von seinem Kopf.