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Something's about to change
Greo & Shanaya ✓✓
Szenen-Informationen
Charaktere Gast
Datum 30 Mai 1822
Ort Bordell in Silvestre
Tageszeit Früher Morgen
Crewmitglied der Sphinx
für 60 Gold gesucht
dabei seit Nov 2015
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#1
Something's about to change

Früher Morgen des 30. Mai
Greo & Shanaya Árashi


Es ging immer mehr bergauf. Selbst den kleinen Kampf mit dem Maultier hatte Shanaya nun fast vollkommen hinter sich gebracht. Gut, manchmal ziepte es noch etwas da, wo Klinge und Kugel ihr Bein durchlöchert hatten, aber das Schlimmste war überstanden, die Krücke lag inzwischen unbeachtet irgendwo in ihrem Zimmer. Die junge Frau bewegte sich wieder selbstständig, wenn auch manchmal noch etwas langsam. Aber mit jedem Tag wurde es besser und die Wunde war so gut verheilt, dass sie sich keinerlei Gedanken darum machen musste, ob sie noch einmal aufgehen würde. Auch das Fieber war längst abgeklungen. Was blieb war diese innere Unruhe, die die Schwarzhaarige mit aller Kraft versuchte, herunter zu schlucken. Manchmal gelang es ihr – manchmal nicht. Und genau das war jetzt der Fall. Sie hatte sich möglichst leise aus dem Zimmer geschlichen, die Tür hinter sich geschlossen. Ob Greo und Enrique etwas davon bemerkt hatten… eine Frage, die sich ihr nicht wirklich stellte. Sie konnten beide einfach weiter schlafen, während sie… ja. Was hatte sie vor? Shanaya wusste es nicht, aber ihr Weg führte sich auch nicht unbedingt weit. Beim ersten Fenster war ihr Blick schon nach draußen geglitten… einige Fenster weiter war sie schließlich stehen geblieben, den hellen Blick beinahe abwesend nach draußen gerichtet. Der Regen prasselte leise gegen die Scheibe, ließ sie nur mehr in Gedanken versinken, die sie selbst nicht hätte bestimmen können.

Schläfrig hob Greo den Kopf von dem Kissen, das zerknautscht unter ihm lag und spähte in eine dunkle Zimmerecke. Sein Hirn benötigte eine Weile, um sich zu orientieren und einem Instinkt nachkommend drehte er das Gesicht wie eine Sonnenblume dem fahlen Lichtschein entgegen, der mehr schlecht als recht in den verhangenen Raum lugte. Es musste noch dämmern. Aber das war es nicht, was ihn geweckt hatte. Noch ein wenig langsam denkend schaute er, ob alles in Ordnung war und bemerkte, dass Shanaya nicht mehr in ihrem Bett lag. Er war aber sicher, dass sie dort gelegen – und ja, vielleicht auch ein bisschen mit den Männern mitgeschnarcht hatte. Wie ein kleines Kind rieb sich der große Kerl den Schlaf aus den Augen, grabbelte nach seinem Hemd und zog es sich über. Sein Haar stand wirr ab, aber wo kein Spiegel, da keine Notwendigkeit. Etwas lahmarschig langte Greo nach seinen Stiefeln und schüttelte sie geistesabwesend aus, bevor er hineinschlüpfte. Er hatte weder die Senkel geschnürt noch Hose und Hemd ordentlich ineinander gepackt, sondern stiefelte ungelenk Richtung Tür. Möglichst leise öffnete er sie, huschte hinaus und schloss sie hinter sich. Er musste mal. Dem menschlichen Bedürfnis folgend taperte er durch die Gänge und marschierte kurzerhand an Shanaya vorbei. Er hatte sie nicht gesehen.

Shanays Gedanken verloren sich in dem Prasseln des Regens, dem einzigen, was in diesem Moment die Stille um sie herum durchbrach. Wieder einmal hatte sie irgendetwas geweckt, das sie nicht definieren konnte. Eine Unruhe, der sie nicht Herr wurde. Und nun stand sie hier, starrte nach draußen und wartete darauf, dass der Tag richtig begann. Die Schritte, die sich ihr schlurfend näherten, nahm sie zuerst kaum wahr. Ein dumpfes Geräusch, irgendwo hinter einer Mauer aus… was auch immer. Beinahe hätte sie den Mann an sich vorbei ziehen lassen, ohne ihn überhaupt zu bemerken. Aber die junge Frau schaffte es doch, sich irgendwie aus ihren Gedanken zu reißen und sich von dem Fenster ab zu wenden, nur um im nächsten Moment erschrocken zusammen zu zucken. Sie hatte ihn nicht kommen gehört… und jetzt wirkte Greo wie eine Geistergestalt, die an ihr vorbei zog – ohne sie auch nur eines Blickes zu würdigen. Kurz blinzelte die Schwarzhaarige, dachte darüber nach, ihn einfach weiter ziehen zu lassen. „Hey, dir fehlt ein Tuch, wenn du irgendwen erschrecken gehen willst.“ Sie musterte ihren Freund prüfend, musste über seine Gestalt schmunzeln und doch war ihr Ausdruck verändert. Nicht müde, nur von der Unruhe gezeichnet, die sie zu dieser Zeit auf dem Flur herum treiben ließ.

Wenn Schafe alle nur ‚mäh‘ machten, wie konnte das eigentlich sein, dass ein Mutterschaf ihr Lamm, obgleich sie nicht in unmittelbarer Riechweite war, erkannte? Hatte seine Mutter die Kinder auch quer durch den Busch quäken hören und jedes einzelne voneinander unterscheiden können? Aber sie waren nicht so viele gewesen, in einer Herde waren ja weitaus mehr Schafe und alles mähte und brummte und pupste durcheinander, also… Er war schon einige Schritte an Shanaya vorbei, diesem äußerst interessanten, gleichzeitig lahmen Gedanken nachhängend und verharrte, nachdem er schlurfend zum Stehen gekommen war, ein paar Sekunden reglos auf der Stelle, eher er sich äußerst zögerlich zu ihr umdrehte. „Gnnnmnhm.“, brummelte Greo und guckte unter schweren Lidern zu der jungen Frau hinüber. Er sah sie zwar, aber er verarbeitete sehr langsam. Tuch? Was für ein Tuch? Wofür? Erschrecken? Was? Er blinzelte in Zeitlupe. „Wolltste auch mal – “ schiffen, hätte er beinahe gesagt, besann sich dann aber rudimentären Benehmens und bekam noch gerade so die Kurve: „austreten?“ Zu einer Antwort auf ihren Witz war er offensichtlich nicht in der Lage.

Hätte Shanaya die Gedanken des Dunkelhaarigen lesen können, hätte sie vermutlich beide Augenbrauen sehr hoch gehoben. So musterte sie ihren Freund einfach nur fragend, mit leicht skeptischer Miene. Greo schien irgendwo anders anwesend zu sein. Zumindest nicht hier, auf diesem Flur. Ihre Worte schienen kaum zu ihm durch zu dringen. Statt dessen fragte er etwas, was ihr doch ein leises Lachen entlockte. Soso. Sie hatte ihn also nicht geweckt, immerhin. Trotzdem neigte die Schwarzhaarige den Kopf etwas zur Seite, zuckte unbeholfen mit den Schultern. „Nein... nein. Eigentlich wollte ich einfach nur… … raus.“ Auch wenn dieses Wort das nicht ganz umschrieb. Aber was blieb ihr sonst? Sie wusste es ja selbst nicht einmal.

Er nickte verständig, obgleich er nicht wirklich raffte. Und obwohl er sie eigentlich ansehen wollte, während sie sprach, da dies die Höflichkeit erforderte, huschte sein Blick kurz zur Seite, weil er wirklich mal wegmusste. Er hob einen Finger und deutete etwas ungelenk in die Richtung, in die er sich verziehen konnte. „Ja, gut Idee. Da zum Beispiel, wäre das was?“, bot er an und bewegte sich schon wieder los. Sie konnte gerne mitkommen, damit hatte er keine Probleme. Noch war ihre Stimmung nicht zu ihm durchgedrungen, sein Hirn musste erst eins nach dem anderen verarbeiten.

Shanaya wusste wirklich nicht, was sie mit Greo in diesem Zustand anfangen sollte. Er sah sie nicht einmal an und allmählich zweifelte die Schwarzhaarige daran, ob er überhaupt wirklich… anwesend war. Obwohl sie selbst ja… nicht unbedingt mit dem Kopf hier war. Als der Dunkelhaarige dann in eine Richtung deutete, folgte Shanaya kurz dieser Geste mit dem Blick, ehe sie mit den Schultern zuckte und ihrem Freund mit einfach folgte. Viele Worte lagen ihr in diesem Moment nicht auf der Zunge, sie freute sich einfach auf frische Luft und vielleicht ein wenig Ablenkung durch einen herum spuckenden Greo.  

Ihm war weder bewusst, noch kümmerte es ihn weiter, dass er sie zu den Aborten führte und es war ihm auch ganz gleich, ob sie ihm folgte und bei ihm stand, während er pinkelte. Greo hatte kein sonderliches Schamgefühl ihr gegenüber. Er hielt zwar mit manchen Dingen hinterm Berg, aber in dieser Hinsicht war er einigermaßen schmerzlos. So steuerte er den gewünschten Platz an und hatte ihr zwar aus pragmatischen Gründen den Rücken zugedreht, erledigte jedoch in Seelenruhe, was zu tun war. „Weißt du, wie Schafmütter ihre Lämmer erkennen?“, fragte er in die Stille hinein, griff nach einem Eimer und schöpfte aus einem nahen Fass Wasser, um sich die Hände zu waschen. Sein wirres Haar wippte beim Gehen. Den Hut trug er nicht.

Shanaya folgte Greo, ohne wirklich zu wissen, wohin er sie führte. Erst, als es eh zu spät gewesen wäre, verstand sie, störte sich jedoch nicht daran. Sie lebte auf einem Schiff voller Männer. Da gab es wirklich Schlimmeres. Und immerhin wusch er sich die Hände! Die Frage, die er jedoch an sie gewandt hatte, verwirrte die junge Frau und mit blinzelndem Blick betrachtete sie den Dunkelhaarigen. Diesmal ohne Hut. Eine… Schafmutter? Wie kam er darauf? Das… „Ich… weiß nicht. Vielleicht… sprechen sie eine Sprache, die wir nicht verstehen…?“

„Vielleicht ist das so.“, nickte er, trocknete sich die Hände etwas lapidar am Hemd ab und schüttete das Wasser weg – was eine blöde Idee gewesen war, wie er feststellte. Er überlegte kurz, füllte den Eimer frisch, beugte den Kopf vornüber und goss sich kurzerhand das kalte Nass über die Haube. Er prustete laut, während ihm das Wasser in die Augen lief, schüttelte sich wie ein Köter und fuhr sich dann durch das Gesicht, um wieder halbwegs sehen zu können. Er verzog grotesk die Miene bei dem Versuch, etwas durch den Wasserschleier zu sehen. Am Nacken troff es ihm kalt in den Hemdkragen und den Rücken hinab. Aber immerhin war er jetzt wach. Er guckte sie irritiert an, als ob er sie erst jetzt wirklich sehe. „Was machst du hier nochmal?“

Sie bekam keine Antwort… oder eher, viel mehr antwortete Greo nicht auf seine eigene Frage. Und ließ die junge Frau damit nur noch verwirrter zurück. Sie hatte Greo nicht das erste Mal morgens getroffen, aber… vermutlich tat es ihnen nicht gut, wenn sie beide nicht ganz auf der Höhe waren. Dennoch beobachtete sie geduldig, was Greo mit dem Wasser tat, bis er es sich über den Kopf kippte und sie auch ein paar Tropfen abbekam. Aber die Schwarzhaarige wischte sich nur kurz mit dem Ärmel durch das Gesicht. Ihre nackten Füße würden von selbst trocknen. „Mir die Beine vertreten, um den Kopf frei zu bekommen. Und dann… dich beim Pinkeln beobachten.“ Sie schmunzelte, wenn auch ein wenig schräg.

Leider konnte er ihr keinen Lappen oder ein Tuch anbieten, mit dem sie sich abtrocknen konnte, aber offensichtlich half sie sich in dieser Hinsicht schon selbst. Was anderes war bei ihr eigentlich auch nicht zu erwarten. Er runzelte interessiert die Stirn ob ihrer Schilderung, stellte den Eimer weg und fuhr sich grob mit den langen Fingern durch das widerspenstige Haar. „Oh, das war’s mit Sicherheit wert.“, grunzte er dann, stopfte sich die Hose in die Schuhe, zog die Senkel aber nur locker an, als ob er noch überlege, ob es sich lohne schon richtig in den Tag zu starten. Für gewöhnlich war Greo ein Frühaufsteher, aber dann und wann konnte er auch mal eine Stunde länger schlafen. Und stand dann immer noch früher auf als manch anderer. „Soweit wieder in Ordnung?“, fragte er, was er wohl mittlerweile fast jeden Tag fragte und nickte ihrem Bein entgegen. „Fällt immer noch nicht ab?“

Shanaya lachte doch auf die Worte ihres Freundes hin, zuckte leicht mit den Schultern. „Ich geb dir eine vier von Fünf…,“ schmunzelte die junge Frau, während Greo seine Kleidung irgendwie sortierte. Sie musterte ihn noch immer ruhig dabei, bis er sich wieder an sie wandte und sie zu einer Antwort ansetzte. Die ihr prompt im Halse stecken blieb… wobei sie nicht einmal wirklich wusste, wieso. Aber Greo nickte in die Richtung ihres Beines und schließlich nickte auch die junge Frau. „Ich denke, das Schlimmste ist überstanden. Es zieht noch ein wenig, aber… das wird schon.“  

Vier von fünf, so eine Banause, dachte er, ohne ernsthaft pikiert zu sein. Er zupfte sein Hemd noch ein bisschen zurecht, packte aber auch dessen Saum nicht ordnungsgemäß in die Hose und machte etwas dümmlich den Mund auf. „Na dann.“, brummte er, „Willst du denn wieder schlafen oder ist gut? Laufen? Berg erklimmen? Kühe umschubsen?“

„Die armen Kühe, die jetzt alle erholsam schlafen im Gegensatz zu uns.“ Shanaya verzog ein wenig Gesicht, versuchte sich dann aber wieder an einem sachten Schmunzeln. „Ich denke, ich brauche mich nicht noch einmal hin legen. Ich bin nicht wach, aber… jetzt bin ich schonmal hier. Ich werde wohl etwas frische Luft schnappen gehen.“ Sie musterte ihren Freund, war sich jedoch nicht sicher, ob sie Gesellschaft oder allein sein wollte. „Aber du kannst dich ruhig noch hin legen, wenn dir danach ist.“ Die Schwarzhaarige wog den Kopf ein wenig zur Seite, ließ Greo damit offen, ob er sie begleitete oder den Weg zurück zu ihrem Zimmer antrat.

Die Kühe würden schon längst wach sein und gemolken werden, ging es ihm durch den Kopf in Erinnerung daran, wie seine Mutter sich ein Tuch um die Haare wickelte und entschlossenen Schrittes mit einem Eimer in der Hand aus dem Haus marschierte. Das brachte ihn auf die äußerst kluge Idee, wie er sich einen Zuverdienst verschaffen konnte. Ohne diese Absicht auszusprechen, durchmaß er mit seinen langen Beinen den Flur zu einem der verzierten Ausgänge und öffnete die Tür. „Nach dir.“, sagte er kurz auf all das, was sie vorher von sich gegeben hatte und er wusste, dass das reichte, um ihr zu signalisieren, dass sie ein Teil ihres Weges an diesem frühen Morgen gemeinsam beschritten. Sein Blick ging prüfend über die schmale Gasse, in die das Haus sie herausspuckte, als rechne er mit verdächtigen Personen. Obacht, dachte er, und wirkte mit einem Male wesentlich wacher als vorher, obgleich er sich schnell wieder entspannte und dann auch mal halbwegs kleidungstechnisch herrichtete. Er hatte den Hut im Schlafgemach vergessen, untypisch für ihn, aber was nutzte es, er wollte nicht mehr zurück durch das gesamte Gebäude. „Es wird noch nicht viel an Leuten unterwegs sein.“, murmelte er.

Was auch immer Greos Plan sein würde… Shanaya brauchte Bewegung, frische Luft. Irgendetwas, um auf andere Gedanken zu kommen. Vielleicht würde sie sich später noch einmal etwas hin legen… jetzt gerade ergriff jegliche Unruhe ihren Körper. Greo schien es auch noch nicht zurück zu treiben, er schritt zu einer Tür, die er ihr aufhielt und bekam dafür ein beinahe vorsichtiges Lächeln. Vielleicht sollte sie doch allein aufbrechen. Herrje. Sie trat nach draußen, atmete tief die frische Morgenluft ein. Die hellen Augen dabei geschlossen hielt sie einen Moment den Atem an, ehe sie ihn leise ausstieß und sich zu ihrem Freund herum wandte. „Umso besser.“ Sie bemühte sich um ein Lächeln. „Du magst lieber Tiere, ich bin auch manchmal lieber ‚allein‘. Passt doch.“ Ein vielsagender Blick galt dem Älteren, als sich die junge Frau wieder in Bewegung setzte, ohne ein bestimmtes Ziel im Kopf.  

In dieser Hinsicht konnte sie ihn offensichtlich gut einschätzen, weshalb er nur eine unbestimmte Geste mit der Schulter machte. „Ich lass dich auch noch allein, aber für’s erste geht unser Weg gemeinsam.“, sagte er, gähnte und realisierte, dass an diesem lapidar dahingesagten Spruch viel mehr dran war, als es in diesem Augenblick wirkte. Er runzelte wie in einer leicht überraschten Gestik die Stirn und griff sich an den Kopf, als wolle er ich den Hut in den Nacken schieben, musste dann aber erneut feststellen, dass er ihn diesmal nicht dabeihatte. Hoffentlich rollte Enrique nicht im Schlaf durch den Raum und darüber. „Du hingegen bist komisch. Mal biste Hans Dampf in allen Gassen und schäkerst rum und dann läufst du rum wie eine graue Maus, die im Kopf Watte hat. Versteh ich nicht.“

Shanaya wog auf die Worte ihres Freundes hin leicht den Kopf, eine Geste, die kurz einem Nicken glich. „Du armer Kerl musst noch etwas schlafen, damit du bald weiter arbeiten kannst.“ Ein neckisches Schmunzeln galt dem Dunkelhaarigen, ehe sie den Blick wieder nach vorn wandte. Von irgendwo drangen verschiedene Geräusche an Shanayas Ohren, von denen sie nicht alle zuordnen konnte. Aber wirklich konzentriert lauschte die Schwarzhaarige auch nicht, vor allem, als Greo sich wieder mit Worten an sie richtete, die sie innerlich fast ein wenig zusammen sacken ließen. Etwas, was sie nicht einmal verstand. Wie so vielen im Moment. Unbewusst kratzte sie sich etwas nervös am Hals. „Darf man etwa nichtmal etwas nachdenklich sein?“ Sie versuchte ein leises Lachen in ihrer Stimme zu legen, atmete dann aber nur schwer durch.
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#2
Arbeiten, er würde schon noch arbeiten. Schneller, als es die Sphinx selbst überhaupt zuließ. Und Schlaf würde er sowieso genug bekommen – die Tage zogen sich wie warmer Harz in die Länge für ihn. „Man ja, bei dir aber nicht.“, meinte er, bog erneut ab und ging einfach wieder selbstverständlich davon aus, dass sie ihm folgen würde. „Also gut. Sei nachdenklich. Denk zum Beispiel mal schwer darüber nach, was es Feines zum Frühstück geben könnte oder wo wir einen Satz neue Hosenträger für mich herbekommen. Das wäre fantastisch.“

Bei Greos Antwort wurden Shanayas Schritte ein wenig langsamer, ganz so, als müsse sie über seine Worte nachdenken. Man war das von ihr nicht gewohnt, nein… „Du tust so, als würde ich nie über irgendetwas nachdenken!“ Ihr Lächeln blieb ein wenig schräg, nicht ganz von sich selbst überzeugt. Bevor die Schwarzhaarige stehen blieb, setzte sie sich jedoch wieder in Bewegung, folgte ihrem Freund um die nächste Ecke und schnaufte leise bei seinen Worten. „Und jetzt klingt es so, als würde ich nur über Esse´n nachdenken…“ Die junge Frau wog leicht den Kopf, musterte den Hünen für einen stillen Moment. „Hosenträger können wir dir sicher besorgen… nach einem Frühstück.“

Er warf ihr einen beinahe herausfordernden Blick zu, ganz, als wolle er sie fragen: liege ich da denn falsch? Aber das war natürlich nur ein Scherz gewesen. „Falsch, meine Gute, offenbar denke ich nur über das Essen nach, sonst hätte ich es dir nicht vorgeschlagen.“, korrigierte er in einem gemütlich-brummeligen Ton und es schien ganz so, als störe ihn dieser Umstand auch ganz und gar nicht. „Das klingt vernünftig. Wo ist hier eine Anlaufstelle für was Vernünftiges zwischen die Zähne? Die letzten Tage habe ich irgendwo aufgekochten Brei bekommen. Hielt auch ewig satt, sag ich dir, aber das lag daran, weil der wie’n fetter Klumpen Pech zum Kalfatern im Magen lag.“

Shanaya seufzte beinahe theatralisch. „Gut… du hast Recht. Trotzdem bekomme ich jetzt Hunger.“ Das war etwas, womit sie ihre Gedanken ablenken konnte. Was sie zum Frühstück… und zu allen möglichen Tageszeiten essen würde. „Ich würde sagen, wir sehen uns einfach Mal um? Ganz so viel habe ich noch nicht von der Stadt gesehen, weil… Du weißt schon.“ Sie deutete mit einer Hand in die Richtung ihres Beines, zuckte dann leicht mit den Schultern. „Das klingt… unglaublich lecker… Wirklich.“ Das Lächeln auf ihren Lippen blieb noch immer ein wenig schräg, ihre Gedanken ließen sich auch nicht von dieser Ablenkung kontrollieren und gingen ihren eigenen Weg… wohin auch immer.

Arrr, so ein richtiges Farmerfrühstück seiner Mutter wär’s jetzt gewesen, hätte Greo eine Wahl gehabt. So begnügte er sich mit der puren Vorstellung und merkte bereits, wie etwas in seinem Kiefer zog. Er machte eine unbestimmte Gestik zu ihrer Hüfte. „Geht aber ja wieder. Im wahrsten Sinne.“, brummelte er und warf einen Blick in den dämmergrauen Himmel, durch den sich über einige Häuser weiter weg ein Rauchkringel wob. Da hatte ihn seine Nase wohl nicht getäuscht. Greos Blick fiel auf die Außenmauern der Gebäude. Hinter den meisten war es noch still. „Hast auch nix verpasst.“, meinte er, während seine Gedanken schon wieder woanders waren und blieb stehen. Er runzelte interessiert die Stirn, während er den Lichtschimmer betrachtete, der durch einen leicht geöffneten Schlag hindurchschien. Dann grinste er Shanaya an, die Zunge neckisch zwischen die Zähne geklemmt und ein Auge zugekniffen, bevor er warnend einen Finger an den Mund lehnte und an das Fenster herantrat. Dahinter befand sich eine einfache Stube mit Kochstelle, die keinem reichen, aber gepflegtem Haushalt gehörte. Niemand war zu sehen, lediglich Schritte aus dem Flur zu hören, die sich weg und dem – wie Greo vermutete – Hinterhof zubewegten. Auf dem Herd stand ein Topf, aus dem der Geruch eines Eintopfes aus Gemüse und vermutlich zu verbrauchendem Fleisch aufstieg. Und auf dem Tisch lag ein Laib Brot. Sah gar nicht so verkehrt aus. Mit spitzen Fingern schob Greo den Schlag vorsichtig auseinander bückte sich, um den Kopf in den Raum zu stecken. Das roch gut. Viel besser als Brei. Er überlegte nicht viel länger, legte die Hände auf das Fensterbrett und schwang mit einem letzten prüfenden Blick auf die Straße seine langen Beine in das Haus.

Je mehr Shanaya von Greos Heimat erfuhr, desto größer wurde die Neugierde, wie ihr Freund so lebte. Wie er aufgewachsen war, wie sein Weg ihn hierher auf die Sphinx geführt hatte. Gut, ein springender Punkt war sie gewesen… aber das Drumherum. Als der Mann jedoch stehen blieb und damit erneut ihre ganze Aufmerksamkeit auf sich zog, schob sie diesen Gedanken jedoch zur Seite. Ihr Kopf wog sich etwas zur Seite und als Greo einen Finger an die Lippen hob, zog die Schwarzhaarige auch leicht eine Augenbraue hoch. Die zweite folgte, als ihr Freund sich daran machte, das Haus ungefragt zu betreten. Normalerweise wäre so etwas ihr Part – dementsprechend war sie nun vollkommen verwirrt, was den Dunkelhaarigen plötzlich so gestochen hatte. Mit verwirrtem Blick blieb sie auf der Straße stehen, mit den Gedanken teils bei Greo, teils irgendwo anders. So wirklich wusste sie nichts mit dieser Situation anzufangen.

Der Rollentausch mochte von außen betrachtet ungewöhnlich sein, bot aber beiden Beteiligten womöglich die Gelegenheit festzustellen, dass sie tiefe Wasser waren, welche sie noch nicht erkundet hatten. Greo bewegte sich behutsam in dem fremden Raum, fischte einen grob geschnitzten Holznapf von der Anrichte und pfefferte ohne groß Federlesen einige ordentliche Löffel des blubbernden Eintopfes hinein. Gut, es sah aus, wie bereits verdaut, aber es roch wirklich ungeahnt verlockend. Er klemmte sich das Brot unter die Achsel und huschte wieder zum Fenster. Ohne, dass es Shanaya hätte sehen können, weil sie draußen offenbar vor sich hinträumte, ließ er eine kleine Münze aus der Tasche auf den Tisch fallen und kletterte dann wieder hinaus. Verschmitzt hakte er sich ungeschickt bei ihr unter – was nicht leicht war, wo er unter dem einem Arm das Brot und in der anderen Hand den Napf hielt und sie überdies viel kleiner war als er – und zerrte sie schnell um die Ecken und einen Pfad weiter, bevor er sie wieder losließ.
„Bist du vielleicht ‘ne Schnarchpille heute morgen.“, grinste er ein bisschen frech und drückte ihr den Holznapf einfach in die Hand, während er sich selbst bereits einen breiten Brotkanten in den Mund schob. Offensichtlich war die Erinnerung an sein schlaftrunkenes Ich keine halbe Stunde zuvor bereits im Nirvana verschwunden.


Shanayas Kopf wog sich noch ein Stück zur Seite, während sie beobachtete, was Greo da tat. Zumindest das, was sie sehen konnte. Vielleicht träumte sie noch. Das würde so vieles erklären. Sie rieb sich also kurz mit einer Hand über die müden Augen, blinzelte dann. Aber es blieb alles wie es war – außer dass Greo in diesem Moment wieder durch das Fenster auf sie zu kam und sie im nächsten Moment mit gezogen wurde. Ohne Widerstand ließ Shanaya sich mir ziehen, kam mit den Gedanken trotzdem nicht so richtig hinterher. Das… war normalerweise ihr Part.
Um die nächste Ecke wurde sie wieder los gelassen, bekam Worte zu hören, die sie müde lächeln ließen. Tja… eine harte Nacht und mit den Gedanken irgendwo anders zu sein… „Und du wirst heute kriminell?“ Dass sie das noch erleben durfte. Die Schüssel in ihrer Hand wurde etwas genauer betrachtet, während Greo sich schon ein Stück Brot einverleibte. Etwas skeptisch betrachtete die junge Frau die Pampe, fuhr dann mit einem Finger durch die warme Mahlzeit und lutschte das Ganze von ihrem Finger ab. „Kann man essen...“


Das bin ich schon seit einer Weile, hätte er beinahe erwidert, aber das hätte sie ihm ohnehin nicht abgekauft. Und dass er für das Frühstück einen Obolus zurückgelassen hatte, hätte diesen Eindruck sowieso zerstört. Er lächelte sie daher nur ein bisschen verschlagen an, dippte ein Bruchstück Brot in dem Gebräu und schlang es genussvoll runter. „Im Zweifel ist Hunger der beste Koch, das hätte zumindest Ma jetzt gesagt.“, sinnierte Greo und deutete beim Laufen so etwas wie einen Diener an, „Obwohl sicher kein Vergleich zu deiner heimischen Küche, nehme ich an.“

Mit einem leisen Seufzen betrachtete Shanaya ihren großen Freund, wog den Kopf etwas zur Seite und gab ihren Gedanken aber wieder auf. Vielleicht, wenn sie mehr bei der Sache war, aber so… Der Dunkelhaarige tunkte sein Brot in den Brei und lockte der jungen Frau mit seinen Worten ein leichtes Lächeln auf die Lippen. Hunger war also der beste Koch? „Ich bin, was das angeht, relativ pflegeleicht. Ich kann zwar an der Zubereitung herum meckern, aber im Prinzip esse ich alles. Würde ich nur die feinsten und edelsten Speisen auf meinen Teller lassen, würde ich als Piratin vermutlich sehr schnell verhungern.“ Sie hatte sich bewusst für dieses Leben entschieden, obwohl sie wusste, was auf sie zu kommen würde. Immerhin war es auch nicht das erste Piratenschiff, auf dem sie hauste. Sie wollte noch etwas sagen, damit dieses Chaos in ihrem Kopf einfach überhören, stattdessen fuhr ihr Finger nur noch einmal durch den Brei und beförderte eine kleine Ladung in ihren Mund.

Schön, dass sie das so realistisch sah – in dem Fall konnte er sich demnächst mal eins der Hühner vornehmen und auf den Tisch bringen, bevor diese zu zäh wurden. Er brach auch ihr ein großzügiges Stück Brot ab und schluckte noch eine eigene Portion, bevor er wieder sprach: „Was kam denn früher so auf den Teller? Ich mein, madenzerfressenes Zwieback vielleicht eher nicht.“ Greo behielt lieber für sich, dass man bei ihm zu Hause äußerst empfindlich auf Befall im Essen reagiert hätte, er aber durch die Buschmenschen durchaus wusste, dass man Insekten und allerlei Wirbellose mit Genuss essen konnte. Da war ja auch immer noch dieser Vorfall mit den Fröschen und er entsann sich eines brütend heißen Nachmittages im roten Land, wo sie nach Ameisen gegraben hatten… er war irgendwie trotzdem dankbar, dass die jetzige Speise vernünftig gekocht worden war.

Greos Frage ließ Shanayas Blick kurz überlegend die Gasse entlang schweifen, als würde sie eine Antwort für sie parat halten. Schließlich lachte die Schwarzhaarige trocken auf, zuckte leicht mit den Schultern. „Jeden Tag etwas anderes und möglichst teures, damit man herum erzählen konnte, was für edle Speisen man Mal wieder aufgetischt hat. Egal, ob man davon satt wurde, oder nicht...“ Ein Grund, wieso viele der Standbesitzer sie mit Mistgabeln verjagt hatten. Der Hunger war eben meist größer gewesen. „Aber selbst auf den großen Festen, die meine Eltern veranstaltet haben, ist man nie wirklich satt geworden.“ Eine leise Randnotiz, ein Kommentar, mit dem sie ihre eigenen Gedanken in andere Bahnen lenken wollte. Weg von was auch immer.

Seine Kiefer mahlten wie die einer zufriedenen Kuh auf einer wunderschönen grünen Wiese. Nur, dass er sein Essen nicht zum erneuten Kauen hochwürgte. Der selige Gesichtsausdruck war jedoch derselbe. Die wichtigste Mahlzeit am ganzen Tag, dachte er noch und nahm einen unverschämt großen Bissen vom Brot. „Hunger leiden im güldenen Käfig, was?“, kommentierte er mit einem innerlichen Stoßgebet zum Himmel, dass er bei dem niederen Volk mit wesentlich schlichteren Bedürfnissen zur Welt gekommen war. Da hatte es immerhin was Kerniges zwischen die Zähne gegeben. „Jemals selbst was angepflanzt? Tiere gemolken? Fleisch geräuchert?“

In Gedanken versunken strich Shanaya sich mit einer Hand durch die schwarzen Haare, wandte sich Greo erst bei seinen Worten mit einem leisen, zustimmendem Seufzen zu. „Das beschreibt es nahezu perfekt.“ Einer der unzähligen Gründe, wieso sie für so lange Zeit geplant hatte, all dem zu entkommen. Die Frage ihres Freundes ließ sie dann, mit einem abwesenden Lächeln, den Kopf schütteln, ohne dass sie den blauen Blick zu ihm herum wandte. „Nichts davon. Ich hätte irgendeinen Stock zu spüren bekommen, wenn ich mir dabei meine Kleidung dreckig gemacht hätte.“ Nun verschränkte die junge Frau die Arme vor der Brust, ließ die blauen Augen über ihre Umgebung wandern.

Es dauerte einen Augenblick, bevor Greo überhaupt zu einer Antwort ansetzte. Während er zuerst den weichen Kern des Brotes aß, um dann die knusprige Kruste genüsslich zu verspeisen, versuchte er sich vorzustellen, wie Shanaya auf einer Farm aussehen würde. Zweifelsohne: sich im Dreck zu suhlen, davor hatte sie sicherlich keine Scheu. Dennoch konnte er sie sich schwerlich vorstellen, wie sie neben einer Kuh hockte, die Stirn dicht am Leib des Tieres, und einen melkte. Oder wie sie Mist zusammenkarrte oder hinter einem Ochsengespann herlief oder Schafe scherte. Er konnte sich eher ausmalen, wie sie begeistert die Wolle auseinanderrupfte und Grasbüschel vor die gierigen Mäuler hielt. „Und was gab es Gutes?“

Greo schwieg einen Moment, was Shanaya die Zeit gab, kurz nachzudenken. So ganz genau wusste sie nicht, worüber, ihre Gedanken drifteten einfach etwas ab. Erst, als Greos Stimme wieder an ihre Ohren drang, schreckte sie etwas auf und blieb aus dem Nichts heraus stehen. Etwas neben sich blinzelte die Schwarzhaarige, überlegte einige Momente. „Du meinst, bei mir zu Hause?“ Ihr Lächeln wurde etwas schräger, das war eine Frage… auf die es keine wirkliche Antwort gab. „Ich hatte ein Dach über dem Kopf.“ Mehr, was wirklich ‚gut‘ war, fiel ihr nicht ein.

Wiederholt dippte er ein bisschen Brot in den Eintopf und stopfte die Mahlzeit geradezu in Shanayas Mund, anstatt sich selbst zu bedienen. „Das ist ein Anfang.“, stellte er auf unermüdlich optimistische Weise fest, obgleich ihm klar war, dass sie das alles andere als positiv gemeint hatte. Aber Greo hatte ein sonderbares Talent dafür den Missmut Anderer zu ignorieren und ihnen einen Lichtblick aufzuzwingen. Ein wenig, wie das Frühstück, dass er ihr mehr oder weniger aufgedrängt hatte. Sie war stehen geblieben, was auch Greo veranlasste, anzuhalten. Er lächelte ebenfalls ein wenig schräg zurück. Eine feuchte Haarsträhne rutschte ihm über die Stirn bis an die Brauen. Wie schon nach der Wäsche kämmte er sich mit einer Hand durch die Locken. Ein ungewohntes Gefühl mit diesem leeren Kopf. „Willst du… hier Wurzeln schlagen?“, fragte er, weil sie eine ganze Zeit lang einfach mitten auf der Straße gestanden haben. Vorne, etwa zwanzig Meter entfernt, kam ein jemand um die Ecke geborgen. Für einen kurzen Augenblick fragte Greo sich, ob es sich um einen Wächter oder einen Laternenanzünder handelte, der Kontrolle ging. Unwillkürlich rückte er sich sein Hemd ein bisschen zurecht und hoffte nur, dass er nicht zu verwahrlost aussah. Der Mann kam näher, er trug eine Uniform und er Blick, den er den beiden zuwarf, wirkte äußerst kritisch.

Ein wenig überrascht öffnete Shanaya den Mund, als der Dunkelhaarige ihr ein Stück Brot einflößte. Sie blinzelte, überhörte daraufhin fast die Worte ihres Freundes, runzelte bei der Frage des Mannes dann schließlich leicht die Stirn und seufzte. Dann folgte ein leichtes Schütteln ihres Kopfes, jedoch keine Antwort. Mit einer Hand fuhr die junge Frau sich durch die schwarzen Haare, ließ den Blick schweifen und erkannte ebenfalls den Uniformierten, der ihnen entgegen kam – und erwiderte seinen Blick mit der selben Skepsis, die in seinem Gesicht stand. Jedoch nur einen kurzen Herzschlag, ehe sie ihn ignorierte und sich wieder zu Greo herum wandte. „Willst du noch weiter… oder sollen wir zurück gehen?“ Sie wusste nicht, woher dieser plötzliche Impuls kam, vielleicht war es die Müdigkeit, die Aufgewühltheit… Sie blickte Greo also nur fragend entgegen.

Seine Freundin ließ sich von dem Mann in ihrer Nähe nicht sonderlich irritieren und so achtete Greo auch nicht eingehender auf den Kerl, der die beiden nach wie vor musterte. Aus dem Augenwinkel entgingen ihm seine Bewegungen allerdings nicht. Als sie fragte, ob sie ihren Spaziergang beenden und wieder ins Bordell zurückgehen sollten, schloss der Mann in der Uniform zu ihnen auf. Wo er nun so unmittelbar bei ihnen war, konnte Greo sehen, dass die Uniform abgewetzt war, als habe er einen Posten verloren und es sei die einzige Jacke, die er in seiner aufkeimenden Armut noch hatte. Epauletten und sonstige Abzeichen waren entfernt. Die Uniform war nichts als Farce. Der Mann trug jedoch einen halbwegs gepflegten Dreitagebart, der erste schmuddelige Eindruck war eben nur das: ein Eindruck. Irgendwas musste er noch verdienen. Er kam auch schnell zur Sache. Ohne sich lange bei den beiden aufzuhalten, huschte er heran und neigte sich zu ihnen. „Jede Nacht finden Kämpfe in einer Kneipe nicht weit von hier statt.“ Sein Blick glitt an Greo hoch und wieder hinab. „Komm zum ‚Eisernen Hahn‘, nach Sonnenuntergang und tritt für mich an, du könntest gutes Geld verdienen.“ Greo guckte den Kerl ausdruckslos an. Der Mann fuhr auch Shanaya mit seinem Blick ab. „Junge Frauen wie du können dort ebenfalls ihr Auskommen machen, wenn sie sich geschickt anstellen. Eiserne Jungfrauen gibt’s da nicht.“ Es stand außer Frage, was er meinte. Er guckte beiden noch schnell ins Gesicht, als wolle er sie beschwören, dann war er so zügig wieder verschwunden, dass Greo sich fragte, ob er mit einer der Wände die Straße runter verschmolzen war. Er runzelte kurz die Stirn und schaute die Dunkelhaarige an seiner Seite an. „Geh du ruhig, ich hab da noch was vor.“, meinte er.

Noch bevor Greo auf ihre Frage antworten konnte, kam der Fremde zu ihnen hinüber – obwohl sie beide ihn ignoriert hatten. Sofort spannte Shanayas Körper sich an, ohne dass sie den Mann von oben bis unten musterte. Sie behielt ihn einfach genau im Auge, achtete auf jede Bewegung und umfasste mit einer Hand fest ihre Tasche. Der Mann wandte sich an Greo, machte ihm ein Angebot, das Shanaya deutlich eine Augenbraue heben ließ. Die blauen Augen wandten sich jedoch nicht zu ihrem Freund herum, viel zu sehr konzentrierte sie sich auf den Fremden. Erst, als dieser sich an sie wandte, hob Shanaya den Kopf ein wenig, hielt für einige, schnelle Herzschläge die Luft an. Was seine Worte bedeuteten, darüber brauchte sie nicht nachdenken, mit den ersten Worten trieb er ihr damit schon Übelkeit in den Magen. Ihr Blick würde ihm Antwort genug sein, sofern er den Ausdruck in dem hellen Blau noch gesehen hatte. So schnell er zu ihnen gekommen war, so schnell verschwand er auch wieder. Nur Shanayas Blick folgte ihm misstrauisch, als erwartete sie, dass er sich noch einmal zu ihnen herum wandte. Erst, als Greos Stimme nun zu einer Antwort auf ihre Frage kam, wandte sie sich wieder herum, blickte dem Dunkelhaarigen mit müden, verwirrten Augen entgegen. „Ich hoffe, du willst nicht dahin, wo er dich zu eingeladen hat?“ Die Schwarzhaarige strich sich eine Strähne aus der Stirn, atmete dann leise seufzend aus. „Ich gehe zurück, ich… lege mich noch etwas hin.“

Es war eine subtile Veränderung, die durch ihren Körper ging, aber sie entging Greo nicht. Als hätte sich ein innerlicher Schraubstock festgedreht und sie auf Spannung gebracht. Warum war sie so misstrauisch? Kannte sie ihn oder lag das an der Uhrzeit? Gesunde Vorsicht? Auch seine Anspielung rief eine unterschwellige Abwehr in ihr hervor, mit der er so nicht bei ihr gerechnet hätte. Wo war eine spitze Erwiderung, wo ein keckes Abwinken? Er sinnierte kurz darüber, den Blick auf die Stelle gerichtet, wo der Mann verschwunden war. Ein, zwei Herzschläge nach ihrer Frage sog er tief die Luft an, riss sich los und schaute zu ihr. „Nicht jetzt.“, meinte er und sparte sich, sie darauf hinzuweisen, dass es Sonnenaufgang, nicht Sonnenuntergang war. „Gut, ich bring dich noch ein Stück.“, beschloss er, damit sie gar nicht erst auf die Idee kam, ihn so einfach abzuwimmeln. Ob ihrer komischen Reaktion wollte er sie auf den noch leeren Straßen mit ihrem nach wie vor etwas ramponierten Bein nicht allein lassen. Was er vorhatte, konnte noch ein paar Minuten warten.

Ein Teil in Shanaya hoffte, dass Greo ihre Entscheidung einfach mit einem Nicken abtun und weiter seines Weges gehen würde. Ob er nun diesem Typen folgte, sich noch ein Frühstück besorgte oder sonst etwas tat. Als ihr Freund jedoch verkündete, sie noch ein Stück zu begleiten, schluckte die junge Frau trocken. Ein anderer Teil in ihr war gerührt – auch wenn der Hüne keinen genauen Grund nannte. Was blieb ihr also anderes übrig, als ihrerseits zu nicken? Wegschicken wollte sie ihren Freund auf keinen Fall… auch wenn sie lieber allein gewesen wäre. „Willst du aufpassen, dass ich keinen Unsinn mache?“ Sie definierte das nicht genau, versuchte nur sich selbst damit davon abzulenken, dass in ihrem Kopf Chaos war.


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