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Nach einer langen Nacht
Greo & Shanaya ✓✓
Szenen-Informationen
Charaktere Gast
Datum 16 März 1822
Ort Auf der Sphinx
Tageszeit Mittags
Crewmitglied der Sphinx
für 60 Gold gesucht
dabei seit Nov 2015
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#1

Nach einer langen Nacht


Mittag des 16. März 1822
Greo & Shanaya Árashi


Shanaya mit einem müden Blinzeln kämpfte Shanaya sich durch die Tür in die Dunkelheit. Ihr Kopf puckerte noch, hatte sie die ganze Nacht nicht in Ruhe gelassen. Sie erinnerte sich nicht einmal mehr wirklich an die Nacht. Talin hatte die Wunde genäht – das war alles. Was war dann? Zumindest fuhr die Sphinx, sie lebte... und vermutlich auch der Großteil der Anderen. Hatte irgendwer es nicht auf das Schiff geschafft? Die Mittagssonne verbrannte diesen Gedanken förmlich, stach der jungen Frau in den Augen und entlockte ihr ein leises Aufstöhnen. Dieser Stuhl...! Mit einem erneuten Schnaufen hob die Schwarzhaarige die Hand, legte sie sachte auf die verletzte Stelle. Irgendwo hörte sie Stimmen, kümmerte sich für den Moment jedoch nicht um deren Quelle. Sie hatte Durst, trotzdem war sie hier oben. Also musste sie wieder runter... und damit wurde auch das auf später verschoben. Statt dessen bewegte sie sich ein wenig schwerfällig auf die Reling zu, der Gang noch ein wenig schlurfend. Aber sie hatte ja auch kaum geschlafen...

Müde und vielleicht ein wenig gereizt hämmerte er mit der groben Nadel auf das Leder seiner Schuhe ein. Seine sonst recht routinierten Handgriffe waren etwas fahrig, seine Mimik angespannt. Tiefe Furchen hatten sich in das junge, dennoch wettergegerbte, Gesicht gegraben, und er presste die Lippen entschlossen aufeinander, den Kampf gegen seinen Stiefel zu gewinnen. Es fiel ihm ungewohnt schwer, seine Gedanken auf die Arbeit, die er verrichtete, zu fokussieren. Frustriert knurrte er und drückte derart feste zu, dass die Nadel splitterte. Ihre Spitze brach einfach ab und zischte durch die Luft davon. Greo stierte den zurückgebliebenen Stumpen zwischen seinen Fingern verärgert an, als wollte er, dass sich die Nadel zu schämen begann. Er registrierte Shanaya, die an die Reling kam, an die er sich rücklings gelehnt hatte. Die Finger um Stiefel und Nähzeug gekrampft schaute er auf. „Du bist schon wach.“, kommentierte er ungefragt und überraschend ruhig dafür, dass ihn seine Weibertätigkeit hier so frustrierte.

Shanaya musste sich eingestehen, dass sie mit den Gedanken irgendwo anders war. Nur nicht wirklich hier auf der Sphinx. Oder vielleicht doch – nur ein Deck tiefer, tief in ihre Hängematte gekuschelt. Aber sie konnte natürlich nicht einfach liegen bleiben... So lauschte sie nur halbherzig auf die Geräusche, achtete darauf, ob irgendein Schatten in ihr Blickfeld trat. Aber jeder schien irgendwie eine Beschäftigung zu haben... umso besser. Nur... wo wollte sie jetzt hin? Denken ging nicht, konzentrieren war auch eher schwer. Und so wollte die junge Frau gerade ein genervtes Seufzen von sich geben, als plötzlich eine bekannte Stimme erklang. Sofort hob sie den Blick... aber da war niemand. Erst viel zu viele Herzschläge später senkte sie den hellen Blick, blinzelte. Da war er. „Schon ist gut. Ich glaube, ich habe... nicht wirklich viel geschlafen.“ Die Schwarzhaarige ließ die Hand von ihrem Kopf sinken, legte sie auf die Reling und musterte Greo mit unbestimmter Miene, aber einem hauchzarten Schmunzeln. Er sah angespannt aus. „Du wartest, dass der Sturm losbricht?“ Sie musterte seine Stiefel, richtete die blauen Augen dann wieder auf das Gesicht des Mannes.

Zunächst schüttelte er nur langsam den Kopf. Ihre Worte sickerten langsam durch das Sieb in seinem Hirn, das aus aufflammenden Bildern und brüchigen Erinnerungen bestand. So, wie sie dreinschaute, ging es ihr ähnlich. Sie schienen alle etwas unkonzentriert. Vermutlich hatten sie schlichtweg zu wenig Schlaf abbekommen und viel zu viel erlebt, das es noch zu verarbeiten galt. Immer noch die Nadel zur Verdammnis zerquetschend, nickte er ihr zu. „Tut weh, huh?“s, machte er und bekam einen Krampf in der Hand. Er ließ die Bruchstücke los, spreizte die Finger und hielt einen Augenblick lang mit scheelem Blick den Stiefel vor sich, bevor er die Schultern zuckte, seinen riesigen Fuß hineinzwängte und sich zurücklehnte, die Arme locker über die angewinkelten Knie gelegt. „Sturm? Bleib mir bloß wenig damit.“, brummte Greo und rümpfte die Nase. „Land wäre mir lieber.“

Shanaya musterte den Mann mit ruhiger Miene, in einem kurzen Moment des Schweigend blickte sie jedoch zu seinen Fingern, die etwas kleines, silbernes umfassten. Ah... er nähte. Seinen Stiefel. „Kaum erwähnenswert.“ In ihrer Stimme lag deutliche Ironie, aber ihr hübscher Kopf war – zum Glück – nicht aus Stahl. Dann hätte der Stuhl nun bekommen, was er verdiente. „Aber es hätte schlimmer kommen können. Mir könnte ein Ohr fehlen!“ Und das war nichtmal gelogen, immerhin saß noch alles da, wo es sollte. Still beobachtete Shanaya, wie er die Stiefel anzog und dann eine lockerere Haltung einnahm. Und wieder musste sie über die Worte des Dunkelhaarigen lächeln. „Da kommen wir bestimmt bald hin, da findest du sicher auch eine neue Nadel, um deine Stiefel zu flicken.“ Mit diesen Worten ließ sie sich auf die Planken neben Greo sinken, schielte dennoch leicht zu ihm rüber. „Aber wieso konntest du nicht schlafen? Hat dich auch ein Stuhl verprügelt?“

„Für gewöhnlich pflegen Stühle vor mir Respekt zu haben.“, meinte er gestelzt und kratzte sich etwas am Bart. Vorsichtig stützte er den Kopf an der Reling hinter sich ab, legte ihn leicht in den Nacken, um zu der dunkelhaarigen Navigatorin hinüber schielen zu können. Offenbar hatte der Stuhl keinen größeren Schaden angerichtet – zumindest keinen, den man sehen konnte. Es geschahen schließlich allerlei wundersame Dinge auf dieser Welt: ein Mann konnte in die Brust geschossen werden und weiter  spazieren, al sei nichts passiert, während ein anderer nur Zwieback zu essen brauchte und zwei Tage später tot umkippte. Greo hoffte nur, dass er selber nicht sein Leben aushauchte, bevor er tatsächlich mal wieder Land betrat. Er hatte Sehnsucht nach Erde zwischen seinen Zehen und dem Geruch von Heu. „Wer schläft heute schon gut. Außer Trevor vielleicht. Viel zu viel los gewesen. Mein Kopf wird nicht müde.“ Er runzelte die Stirn. „Der ist gerade wie du. Ich will schlafen, und der kommt immer wieder mit was Neuem an.“

Shanaya lachte leise, versuchte aber, sich dabei nicht zu viel zu bewegen. „Soso. Der Herr der Stühle, hm? Was habe ich getan, dass ich deinen Untertan so verärgert habe?“ Die Schwarzhaarige hob leicht eine Augenbraue, wog den Kopf etwas zur Seite. Sie hatte ja nur mit ihm schwimmen gehen wollen, da war doch Nichts verwerfliches dran! Greo ein Lächeln zu werfend richtete sie den hellen Blick wieder herum, betrachtete kurz das Deck, zuckte dann nach den Worten des Mannes leicht mit einer Schulter. „Meinst du? Vielleicht hat er auch so einen Kater, dass er drei Tage nicht schlafen kann?“ Mit wissender Miene stieß sie den Dunkelhaarigen vorsichtig mit dem Ellenbogen in die Seite. „Du vergleichst mich also mit deinem Kopf? Das finde ich auf erschreckende Weise interessant...“

„Vielleicht hast du ihn unwissentlich beleidigt.“ Greo zog leicht die Schultern an. Zu Trevor sagte er lieber nichts. Dass er ihn so unfair außer Gefecht gesetzt hatte, war ihm immer noch ein wenig unangenehm. Also legte er den Fokus in dem Gespräch anders. „Wieso nicht?“, fragte er auf ihre letzte Aussage schmunzelnd und machte eine wegwerfende Bewegung mit dem Kopf. „Was ist daran denn so interessant?“ Auf ihre Antwort wartend musterte er sie und konnte nicht verhindern, dass er genau prüfte, ob irgendetwas an ihr anders war, als sonst. Irgendetwas, dass auf einen gröberen Schaden hindeuten konnte, den die letzte Nacht auf sie gehabt haben mochte.

Shanaya verzog die Lippen vorsichtig zu einer überlegenden Miene. Ihn beleidigt? „Dann habe ich das natürlich verdient. Ich wollte ihn zum schwimmen benutzen... vielleicht hat er sich in seiner Stuhl-Ehre verletzt gefühlt.“ Shanaya überdachte diesen Gedanken noch einen Moment, schüttelte dann über sich selbst den Kopf. Auf Trevor ging er nicht weiter an, aber die Dunkelhaarige ließ ihm das ausnahmsweise, hackte nicht weiter nach. Seine Musterung entging ihr allerdings nicht, also erwiderte sie den Blick aus den ungleichen Augen. „Das bedeutet ja, dass dein Kopf und ich einiges gemeinsam haben müssen. Und ich frage mich, was das sein könnte.“

„Kann sein. Stühle sollen wasserscheu sein.“ Greo starrte sie ungeniert an. Ihm war klar, dass sich das nicht gehörte, jemandem so ins Gesicht zu glotzen (immer noch besser, als woandershin), aber irgendwie wartete er immer noch darauf, dass sie just im nächsten Augenblick einfach ausknocken und über Bord gehen würde. Er traute dem Frieden nicht. Weil er gedanklich so sehr mit ihrer Gesundheit beschäftigt war, bekam er ihren Satz nicht wirklich mit und reagierte arg verzögert. „Ärgh.“ Sein Blick klärte sich nach und nach und er zuckte kurz mit dem Kopf, um sich auf die Realität zu justieren. „Ja, mein Kopf ist gerade etwas widerspenstig, und du kannst mir nicht erzählen, dass du nicht auch gerne deinen eigenen Weg gehst. Unabhängig davon, was andere gerade von dir wollen.“

Shanaya räusperte sich leicht. „Also gehört ein Stuhl eher an Land – so wie du?“ Eine Augenbraue angehoben erwiderte die junge Frau den Blick des Mannes, rieb sich dann noch einmal vorsichtig über die Wunde, kniff dabei die Augen wenige Herzschläge zusammen. Momente, in denen Greo scheinbar seinen eigenen Gedanken nachhing, schwieg und erst einige Atemzüge später wieder reagierte. War er wohl gedanklich noch bei dem Stuhl gewesen? Wieder blinzelte die junge Frau, als der Mann schließlich zu einer Antwort ansetzte. „Das hast du ganz richtig erkannt. Aber... ich hätte nicht wegen einer zerbrochenen Nadel aufgehört.“ Mit vielsagender Miene deutete sie auf die Stiefel des Älteren. „Aber sonst scheinen dein Kopf und ich uns da zu verstehen.“

Für den Bruchteil einer Sekunde machte in seiner Brust irgendetwas einen kleinen Schritt ins Bodenlose. Hatte er sich so offen verraten? Konnte sie nach so kurzer Zeit schon seine dumpfe Abneigung gegen die See, gegen die Piraterie, erschnüffelt haben…? Es war lediglich eine winzige Veränderung in seiner Mimik (aber wer wusste schon, wie genau sie ihn beobachtete), die andeutete, dass er fürchtete, jemand sei ihm auf die Schliche gekommen. Dann jedoch wurde ihm klar, dass er vorhin selbst erwähnt hatte, dass er sich Land wünschte – und diese Äußerung war nichts, was ihn so schnell in Bredouille brachte. Sein Puls normalisierte sich sofort wieder, und er zog die Mundwinkel zu einem milden Ausdruck hoch. „Stühle unter Wasser machen sich nicht gut. Meermenschen können sie nicht gebrauchen, Wale oder Fische ebenso wenig.“, meinte er und knüpfte sofort an das nächste Thema an. „Nein, du hättest mit deinem Blick ein Loch für das Garn reingestarrt. Das kann ich nicht.“

Shanaya musterte den Mann zwar, nahm die kleine Veränderung in seinem Gesicht kaum wahr. Vielleicht auch, weil sie zu wirr war – oder schlicht und ergreifend nicht wusste, wohin er mit seinen Gedanken abgedriftet war. Und vielleicht sah er so ja auch aus, wenn er durch und durch glücklich war? Sie bezweifelte es, möglich war es dennoch. Viel weiter dachte sie nicht darüber nach, wandte sich lieber dem unverfänglichen Thema 'Stuhl unter Wasser' zu. Sie überlegte, gab ein leises Brummen von sich. „Aber vielleicht möchten Herr und Frau Seestern ihn ja zu einem romantischen Essen benutzen?“ Kurz fragte sie sich, was Seesterne zu sich nahmen... schüttelte dann über sich selbst den Kopf. Auf seine nächsten Worte hob sie leicht die Nase an, setzte dann eine zuckersüße Unschuldsmiene auf. „Als wenn diese Augen irgendwem Leid zufügen könnten!“

„Pft, wer von dem Leid was berichten könnte, ist wahrscheinlich schon längst Staub am Meeresboden.“, rutschte ihm raus, bevor er groß darüber nachdenken konnte. Aber vermutlich lag er damit gar nicht mal so falsch. Er war sicher, dass Shanaya tatsächlich schon dem ein oder anderen den Garaus gemacht hatte. Gott, die Göre war doch noch keine achtzehn Jahre alt! Freilich, sie hatte sich – soweit es ihm bekannt war – freiwillig für dieses Leben entschieden, aber er fand es irgendwie nicht richtig, dass so ein junges Mädel schon diverse Dinge auf dem Kerbholz hatte, die manch ein alter Kerl nicht aufweisen konnte. „Mal abgesehen davon sind es nicht deine Augen, die Leid zufügen.“

Shanaya konnte ein lautes Auflachen nicht unterdrücken – und bereute es sofort mit einem Stechen im Kopf, das sie wieder verstummen ließ. „Wohl wahr. Aber halt mich nicht für so eiskalt, dass ich jeden umlege, der mir begegnet. Ich habe Prinzipien!“ Und das war nicht einmal gelogen. Gott, sie hätte gar keine Lust darauf, sich um jeden zu kümmern, dessen Nase ihr nicht passte. Da hatte sie definitiv besseres zu tun. Leicht mit der Nase wackelnd lehnte Shanaya sich nun auch zurück gegen die Reling, streckte die Beine dabei mit einer vorsichtigen Bewegung aus. „Bist du dir da sicher? Das sieht manch ein Mann sicher ganz anders.“ Auch wenn Greo da wohl eher so empfänglich für war wie ein Stein. Aber genau das machte ihn so sympathisch.

Bei ihrem Lachen runzelte er amüsiert die Stirn und neigte den Kopf etwas spöttisch zur Seite. „Prinzipien? Tatsächlich?“ So richtig kaufte er ihr das nicht ab. „Auch bei den Kerlen? Denn offenbar sprühst du ja vor weiblicher Anziehungskraft.“ Sein dezent ironischer Unterton zeigte, dass er ihr die Femme fatale nicht abnahm, ebenso wenig wie ihre Prinzipien. Dafür schien sie ihm tatsächlich ein wenig zu quirlig, zu mädchenhaft, ja, fast etwas zu naiv zu sein. Es passte nicht zu ihrem zierlichen Äußeren, nicht zu ihrem Gebaren.

Shanaya amüsierte sich über den irgendwie ungläubigen Ton in der Stimme des Mannes. Oh, wie sie den kannte! Aber bei ihm war das in Ordnung, sie nahm es ihm nicht übel. „Du musst noch sehr viel über mich lernen, Greo.“ Sie lächelte ihm breit entgegen, wog dabei den Kopf zur Seite – langsam. Bloß keine zu schnellen Bewegungen. Aber da gab es wirklich noch genug, was er nicht von ihr wusste. Was fehlte, um sie wirklich einschätzen zu können. Und still fragte die junge Frau sich ob er das heraus finden würde. „Sieh mich an. Welcher normale Kerl könnte mir widerstehen?“ Wieder der unschuldige Augenaufschlag. „Ihr seid einfach gestrickt. Außer du, du scheinst da irgendwie anders zu sein. Sehr angenehm, das muss ich zugeben.“ Die meisten Kerle hätten längst den Boden unter ihren Füßen geküsst.

Er sah sie einfach nur an. Ruhig und gedankenverloren, irgendwo zwischen Gleichgültigkeit und einem Lächeln. Ja, er wusste vieles nicht über sie. Und sie nicht über ihn. Da waren sie also nun, zwei sich im Grunde fremde Menschen, die plauderten und vom Hölzchen aufs Stöckchen kamen. Shanaya wusste nicht, die unüblich das für Greo war. Mit jemandem zu schäkern, ohne, dass er sich die Worte lange zurechtlegen musste. Das war ein bisschen, wie das Plaudern daheim. Er vermied das auf See gerne. Arbeit, Aufgaben, hohler Witz, das war alles, was er für den oberflächlichen Menschen an Bord übrighatte, zumindest meistens. Da er sich selten lange bei einer Crew aufhielt, war es für ihn auch nicht Gewohnheit enge Bindungen zu schaffen. Nicht, dass das gerade hier passierte, aber es kam dem, was er ein Vertrauensverhältnis genannt hätte, schon rudimentär nahe. Er lächelte wieder, ein klein wenig spitzbübisch. Ja, er konnte ihr widerstehen. Das hatte seine Gründe, abgesehen davon, dass sie zu jung und ein wenig zu quirlig war. „Wohl wahr. Weißt du, ich habe Prinzipien.“

Shanaya blinzelte, hielt dem Blick des Mannes jedoch gelassen Stand. Und wieder schien er über irgendetwas nachzudenken, was ihr verborgen blieb. Vorerst. Das hieß ja Nichts! So oder so hatte sie noch nie ein Geheimnis aus dem gemacht, was sie dachte. Zumindest nicht, wenn es darauf ankam. Der gute Herr sollte also ruhig wissen, dass er nicht vom Schlag des normalen Kerls war. Da hatte sie schon ganz anderes erlebt. Und das zu Genüge. Sein Lächeln ließ sie ein wenig skeptisch beide Augenbrauen anheben, abwartend. Was er dann sagte, entlockte der Schwarzhaarigen wieder nur ein herzhaftes Lachen, bei dem sie die Hand auf die Wunde drückte. „Sei froh, dass ich so schwer verletzt bin, sonst müsste ich dir jetzt die Leviten lesen dafür, dass du mich mit den eigenen Waffen schlägst!“ Aber Touché, das war gut gekontert.
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#2
Grinsend neigte er den Kopf und blinzelte sie verschmitzt unter seiner Hutkrempe hindurch an. Dann nickte er Richtung Wunde. „Sag, geht es oder brauchst du Nadel und Faden?“ Er unterließ es tunlichst ihr seine Dienste im Nähen anzubieten, denn er war zwar sorgfältig, aber für Verletzung dann doch etwas zu grobmotorisch veranlagt. Und er wollte nicht, dass ihr die Fäden am Ende vom Schädel abstanden wie Antennen eines Insekts. Ganz abgesehen von einer vermutlich ziemlich hässlichen Narbe, die dann nicht mal mehr als ehrenhafte Trophäe hinhalten konnte. Wenn überhaupt.

Shanaya schielte bei Greos Frage leicht zur Seite, als könne sie so die Verletzung sehen. Einen Herzschlag verharrte sie so, ehe die blauen Augen sich wieder auf den Älteren richteten. „Danke, aber das hat Talin schon übernommen.“ Ein kurzes Überlegen, ein Grinsen. „Aber ich werde darauf zurück kommen, das wird sicher nicht die letzte Verletzung bleiben.“ Die Hand, die noch auf der Wunde lag sackte nun wieder auf ihren Schoß. „Eigentlich kann ich das selbst, aber...“ Ein Finger deutete auf ihren Kopf „... wenn man die Wunde nicht sieht ist das schwierig.“

Unwillkürlicher musste er an den Mann denken, den er vor gefühlten Ewigkeiten an dem Abend getroffen hatte als er sich der Crew anschloss: ein schmieriger, versoffener Lumpen, der ihm hatte weißmachen wollen, er sei ein Arzt. Irgendwie war Greo froh, dass dieser Hund nicht mit in die Kneipe und an Bord gekommen war – wer sich von dem behandeln ließ, konnte wahrscheinlich genauso gut in einem Pestloch baden. Oder sein eigenes Grab schaufeln. Ganz nach persönlichem Gusto. „Das bezweifle ich nicht, ich sehe dich schon in zwei Tagen die nächste Aktion starten.“ Er zog die Nase kraus. „Wobei ich davon gerade die Schnauze voll hab. Zu viel Ärger.“ Greo spreizte langsam die Finger. „Aber ihr habt’s ja überlebt.“

Shanaya musste bei den Worten des Mannes noch ein wenig breiter grinsen. „Du traust mir wirklich zu, dass ich das Unheil immer und überall anziehe, oder?“ Womit er wohl Recht hatte, was kein Geheimnis war. Aber hey, erst einmal hatten sie Nichts geplant, Nichts großes. Aber... sie waren Piraten, da konnte so einiges passieren. „Dabei hast du dich doch auch ganz tapfer geschlagen. Also läuft es jetzt einfach so – ich stelle Unsinn an und du hältst mir den Rücken frei.“ Mit munterer Miene musterte sie den Dunkelhaarigen.

Langsam richtete er sich auf, verschränkte die Arme über dem Hut und guckte sie mit wachem Blick einen Moment lang an. „Dafür bestimme ich diesmal, was für ein Ärger angestellt wird.“, erwiderte er, diesmal wieder mit einem wesentlich ruhigeren und ernsteren Ton. „Nachher haben wir nur lauter Kapitäne an Bord und keine vier Mann, die deren Arbeit tun.“ Er überlegte kurz. „Das wäre dumm.“

Shanaya beobachtete die Bewegungen des Mannes, neigte dabei leicht den Kopf zur Seite. Als Antwort zog sie eine leichte Schnute, grinste ihm im nächsten Moment aber schon wieder entgegen. „Und was entspricht deiner Vorstellung von Ärger, den du bestimmen willst?“ Bei der Erwähnung von noch mehr Kapitänen schüttelte die Schwarzhaarige leicht den Kopf. „Talin hat keine Geschwister mehr. Ich glaube, davor sind wir sicher. Und zwei reichen vollkommen aus. Ich bin gespannt, wie die zwei sich anstellen.“

Zwei waren teilweise schon anstrengend genug. Zu viele Autoritäten sorgten manchmal für mehr Konflikte, als für Lösungen. Er hoffte inständig – und das tat er schon, seit er von dem Bruder gehört hatte – dass die beiden ein harmonisches Duo abgaben. Greo nagte noch an dem Gedanken sich einem Fremden, der mir nichts dir nichts zur Mannschaft dazu stieß, ohne groß nachzufragen unterzuordnen. Er hatte kein Problem mit Obrigkeiten. Aber er hatte ein Problem mit ihm Unbekannten, die plötzlich irgendeinen Posten einforderten, den andere sich mit schwerer Arbeit verdienen mussten. „Ich weiß nicht, ob ich dir genug vertrauen kann, um dir das zu verraten.“, brummte er, aber in seinen Augen blitzte der Schalk. „Und darauf sind wir wahrscheinlich alle gespannt.“

Shanaya überlegte still vor sich hin, was der große Mann wohl für sich unter Ärger und Spaß verstand. Sie hatte da so einige Ideen, aber die behielt sie vorerst für sich. Seine Erwiderung darauf ließ die Schwarzhaarige kurz blinzeln, dann lag ein beinahe anerkennendes Lächeln auf ihren Lippen. „Das war eine gute Antwort. Sehr gute Einstellung.“ Ihr ging es da nicht anders, nur... „Leider machst du mich damit jetzt nur noch neugieriger – und wenn ich etwas wissen will, kann ich sehr ausdauernd sein.“ Zu seinen letzten Worten nickte sie nur. „Das werden wir ja sehen, wenn Nummer zwei wieder auf den Beinen ist.“

Nummer Zwei. Wie heiß der eigentlich? Wie war der so? War er wie Talin? Hatte er mehr mit ihr gemein, als nur die Tatsache, dass er aus der gleichen Gebärmutter geflutscht war? „Dass du ausdauernd sein könntest, das überrascht mich jetzt wirklich.“, meinte er ernst und nur in den letzten Silben halbwegs ironisch. „Und wie willst du das anstellen? Meinst du mich mit Fragen löchern oder… was weiß ich, wird mich dazu bringen dir irgendetwas von meinen Hirngespinsten preiszugeben?“ Argh, das hier war gerade wirklich wie früher mit seinen Geschwistern. Wobei die jetzt zu handgreiflichen Maßnahmen übergegangen wären. Kneifen. Pieksen. Kitzeln. Vor allem Kitzeln. Das war bestialisch.

Shanaya warf dem Mann einen vielsagenden Blick auf seine Antwort hin zu. Jaja, sollte er nur seine Scherzchen machen! Er würde schon noch sehen, was er davon hatte. Seine Frage ließ sie dann aber leicht den Kopf anheben, ein überlegenes Funkeln in den blauen Augen. „Meinst du, das verrate ich dir einfach so? Das wäre ja langweilig, wart's einfach ab. Vielleicht fessele ich dich irgendwann an den Mast und kitzle dich mit einer Feder bis du mir alles verrätst, was ich wissen will? Wer weiß das schon...“

Oh Gott, das Weib konnte Gedanken lesen! Jede Faser Greos Leibes war jetzt darauf ausgerichtet, sich seinen kurzen Schock nicht anmerken zu lassen. Nicht, dass er wirklich daran glaubte, dass sie ihm in die Windungen seines Kopfes schauen konnte (er sah es vor seinem inneren Auge, wie sie einem Geist gleich durch die Wellen und Kurven seines Hirnes schwebte, sich durch Zwischenräume zwängte und kichernd alle Details seines Lebens auseinanderpflückte), aber er ahnte, dass sie so einen Art sechsten Sinn hatte. „Ah, ich merk schon, du bist so von der ganz fiesen Sorte. Erzähl mal, was für Foltermethoden hast du denn noch so drauf?“

Shanaya lächelte über das Bild in ihrem Kopf, wie Greo sich ein wenig wand, um der Feder zu entgehen. Sie selbst konnte man damit genug quälen – aber das musste er ja nicht wissen. Bei seiner Frage wurde der Ausdruck auf ihrem Gesicht beinahe ein wenig hämisch, ehe sie das getroffene Reh spielte, eine Miene zog, als wenn alle Last der Welt allein auf ihren Schultern ruhte. Sie schluchzte, hielt sich die Hände vor's Gesicht. „Ich könnte dir die arme vernachlässigte vorspielen, die so viel durchgemacht hat und deren einziger Trost du bist...“ Die Schwarzhaarige hob den Kopf wieder an, musterte den Mann nun wieder mit einem munteren Funkeln. „Aber ich glaube, du bist nicht der Typ, der darauf anspringen würde. Also werde ich noch ein bisschen abwarten und sehen, womit ich bei dir am weitesten komme. Jeder hat seine Achillesverse.“

Mit unbeweglicher Mimik beobachtete er ihr theatralisches Gebaren. Das war jetzt maßlos überzogen, aber bestimmt konnte sie auch ziemlich realistisch simulieren. Wen sie wohl schon auf diese Art und Weise rumgekriegt hatte das zu tun, was sie wollte? Eltern? Geschwister? Kerle, die sie ihr gerne Gefallen taten und die sie für ihre Zwecke nutzte? Himmel, einerseits hielt er sie für kindisch und naiv, andererseits traute er ihr ganz schön hinterhältige Dinge zu. „Das bedeutet, du hast auch eine.“, antwortete er gleichmütig und runzelte die Stirn.

Shanaya wunderte sich nicht über Greos... milde Reaktion, die im Prinzip keine war. Sie schätzte ihn also richtig ein, von solch einer Show ließ er sich nicht beeindrucken. Damit wäre er in ihrer Achtung auch sehr schnell wieder gefallen. Noch ein Punkt für den riesigen Mann. Seine Erwiderung ließ die junge Frau leise seufzen, womit sie den Kopf von einer zur anderen Seite neigte. „Eigentlich nicht. Wenn ich Mal eine hatte, dann habe ich sie inzwischen perfekt im Griff.“

Sein Blick verfolgte ihre Gesichtszüge und durchbohrte die hellen blauen Augen. Was sie sagte gab nicht unbedingt große Auskunft darüber, was wirklich in ihr vorging – zumindest hatte er diesen Eindruck. Und da er schon einen Vorgeschmack auf ihr schauspielerisches Talent bekommen hatte, bezweifelt er nicht, dass sie ihm hier sonst etwas vom Pferd erzählen konnte. Trotzdem glaubte er, dass sie jetzt die Wahrheit sagte. Oder dass sie zumindest dachte, dass sie die Wahrheit sagte. „Das ist das Problem an Achillesversen. Man hat sie nicht im Griff.“

Shanaya dachte noch einen Moment lang nach. Hatte sie einen nennenswerten Schwachpunkt? Irgendetwas, was man gegen sie ausspielen konnte? Nicht wirklich, das wüsste sie. Sie hatte keinen wunden Punkt. Bei Greos Worten hob die Schwarzhaarige leicht die Schultern, lächelte munter über ihn. „Ich bin auch nicht wie jeder Andere. Versuch es. Finde eine Schwäche. Ich denke nicht, dass du etwas finden wirst.“ In den hellen Augen blitzte es herausfordernd, abwartend.


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