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All for one
Die Crew der Sphinx
Szenen-Informationen
Datum 17 Juni 1822
Ort Deck der Sphinx
Tageszeit Nachmittag
Crewmitglied der Sphinx
für 0 Gold gesucht
dabei seit Feb 2016
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#1
All for one
Nachmittag des 17. Juni 1822
Crewplay


Er biss die Zähne zusammen, kaum dass die scharfen Augen des Epogryphen auf sie gefallen waren. Sein markerschütternder Ruf hallte über das Meer hinweg, als er am Himmel wendete und die Verfolgung der Sphinx erneut aufnahm. Liams Blick huschte nur einen Sekundenbruchteil sehnsüchtig zurück zum dichten Nebel, doch für Reue war es zu spät. Und die Zeit, dem zunehmenden Schwindel hinter seinen Augen nachzufühlen, war ebenfalls zu Ende. Seit sie hier oben Stellung bezogen hatten, hatte sich Liam immer fester an eines der intakten Teile des Krähennestes klammern müssen. Der ramponierte Zustand ihres Ausgucks allerdings machte es in Verbindung mit dem Wellengang ohnehin nötig, sich festzuhalten.

„Jetzt kommt’s drauf an.“, flüsterte er Runár erstickt entgegen und ließ den Vogel nicht aus den Augen, während er ihre Apparatur gemeinsam mit dem Jüngeren in Stellung brachte.

Seine Durchschlagskraft hatten sie zuvor mit der Crew an Deck der Sphinx getestet. Das Licht war durch ihren gebastelten Verstärker sogar durch den Nebel gedrungen und für die übrigen unten sichtbar gewesen. Wenn es also funktionierte, dann würden sie die erhoffte Wirkung erzielen müssen – vorausgesetzt, sie schafften es, die Augen des Ungetüms tatsächlich mit ihrem Licht zu treffen. Das, was folgte, ging schnell und Liam traute seinen Augen kaum, als das Tier tatsächlich aufschrie und abdrehte.

„Wir… haben es geschafft?“, fragte er ungläubig. Der Vogel wendete tatsächlich nicht erneut. Er zog sich zurück und ließ sie ziehen. Die Erleichterung trieb ihm ein Grinsen aufs Gesicht. „Wir haben es geschafft, Runár!“

Genau wie die letzten Minuten und Stunden hatte er diesen Schwindel ignoriert; hatte ignoriert, dass sein Sichtfeld das ein oder andere Mal verschwommen oder verzerrt gewesen war. Sie waren aus dem Nebel raus – es war nur eine Frage der Zeit, bis er wieder voll einsatzfähig war. Liams Blick folgte dem Runárs in die Richtung der Vögel. Er überließ es ihm, die Crew darüber in Kenntnis zu setzen, dass auch die übrigen Epogryphen keinerlei Interesse mehr an ihnen hatten. Währenddessen festigte sich sein Griff um das Holz des einstigen Geländers. Liam schloss die Augen, schluckte die Übelkeit hinab und zwang sich mit einem tiefen Atemzug dazu, dem Schaukeln des Schiffes nachzufühlen – dem Schaukeln, das echt war; das nicht bloß in seinem Kopf existierte. Es war zum Greifen nah. Doch die Hitze kehrte zurück, stieg ihm über den Nacken hinauf in den Kopf und ließ die Stimmen und Rufe um ihn herum dumpf werden, ehe sie vollständig in der Dunkelheit verhallten.
Noch ehe Liam am Boden aufkam, fiel die improvisierte Schüssel zu Boden, rutschte über den angeschrägten Boden des beschädigten Krähennestes zur Seite und fiel schließlich in die Tiefe – hinab auf das Deck der Sphinx.
Crewmitglied der Sphinx
für 250 Gold gesucht
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#2
Erleichtert sah Skadi der dunklen Silhouette am Himmel nach. Verfolgte jeden einzelnen Flügelschlag, um wirklich sicher zu gehen, dass es nicht auf der Stelle kehrt machte und mit voller Zerstörungskraft auf sie zuhielt. Doch das Vieh verschwand zusehends am Horizont und würdigte sie nicht mal mehr eines Blickes. Was besser so war. Sie bezweifelte, dass ihre Kraft und die der anderen für einen weiteren Angriff ausreichend gewesen wären. Bis auf ein paar wenige, hatten der Nebel und das Chaos ihren Tribut gezollt. Ganz davon abgesehen, dass die Kanonen ein viel zu großes Risiko waren, um sie gegen das Federvieh einzusetzen – wenngleich sie ob ihrer bloßen Schlagkraft am meisten ausgerichtet hätten.
Ihr Blick wanderte prüfend übers Deck. Sprang von Gesicht zu Gesicht. Und während die Anspannung nicht nur in ihrem Körper, sondern auch der Sehne ihres Bogens nachließ, erklommen die dunkelbraunen Augen den Mast. Umrissen den Boden des Krähennestes, hinter dessen hölzerner Oberfläche Liam und Rúnar standen.

“Hey… alles gut bei euch da oben?“

Skadi blieb für einen Augenblick stehen. Starrte in das helle Blau über ihrem Kopf und rechnete jede Sekunde mit einem Gesicht. Doch alles was zu ihr hinab schrie, war Stille. Skeptisch zog sie die Brauen zusammen. Korrigierte ihren Weg in Richtung Mast – den Blick noch immer aufwärts gerichtet. Ehe etwas Schimmerndes ihre Aufmerksamkeit auf sich richtete. Etwas, das rasant hinab fiel.

“Achtung!“ Mit aufgerissenen Augen sah Skadi zu Tarón hinüber, der eine Armlänge von ihr entfernt stand. Knapp unterhalb der Apparatur, die wohl vom Krähennest gerollt sein musste. Mit einem schnellen Schritt voraus, rammte sie dem Hünen ihre Schulter in die Seite und riss ihn Kraftvoll mit sich. Hörte nur, wie etwas in ihrem Rücken lauthals auf den Bohlen aufschlug und in Einzelteile zerschellte.
Crewmitglied der Sphinx
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#3
Rúnar fühlte den Wind von Sprosse zu Sprosse stärker werden. Er zerrte an seinem Hemd und an seinen Haaren. Bis auf dieses deutliche Anzeichen, dass sich der sichere Boden immer weiter von ihm entfernte, konnte er die restlichen beiseite schieben. Stattdessen konzentrierte er sich auf Liams sichere Tritte über ihm und starrte auf die Holzmaserung im Mast, den sie entlang emporkletterten.

Als er Liams Schritte nun nicht mehr hörte, sah er kurz nach oben und stellte fest, dass der andere schon oben im Ausguck war -- und Rúnar eine helfende Hand entgegenstreckte. Rúnar nahm diese an und hatte so etwas mehr Schwung für den letzten Schritt von der Spross auf die kleine Plattform. (Es war kaum mehr ein richtiges Krähennest. Die Vögel hatten einige Teile der Balustrade herausgerissen.) Allerdings ... vielleicht war es ihm nur so vorgekommen, aber er glaubte gespürt zu haben, wie Liams Arm gezittert hatte, als dieser Rúnar hochgezogen hatte. Und auch jetzt, wenn er ihn sich so ansah: Der andere kam ihm auf eine kränkliche Art blass vor und auch seine Stimme klang nicht ganz so klar, wie er es gewohnt war.

Trotzdem gab Rúnar ihm ein zuversichtliches Nicken -- ein Lächeln, das er sich abringen konnte, während er versuchte, nicht darüber nachzudenken, was passierte, wenn sie es nicht schafften, den Vogel abzuwehren. Wenn sie--

War das eben ein Schatten gewesen?

Rúnars Blick war nach oben gezuckt. Er biss sich fest auf die Unterlippe.

Nicht der Angst nachgeben.

Nicht der Angst nachgeben.

Sein Atem beschleunigte sich, begann zu zittern, als er aus dem Augenwinkel sah wie der Vogel eindrehte, um wieder zu ihnen zurückzugleiten.

Liam richtete den Apparat aus -- seine Hände waren noch immer ruhiger als Rúnars, während Rúnar mit fahrigen Fingern die Lampe anzündete. Ein gleisender, gebündelter Strahl schoss heraus und Rúnar sah für einen Moment nur Liams konzentriertes Gesicht, dann höre er hinter sich einen derartigen Aufschrei des Vogels, dass seine Hände kurz zu seinen Ohren schnellten (er sie jedoch auf halben Weg wieder sinken ließ).

Sie hatten es geschafft?

Rúnar drehte sich um -- sah die Schwanzfedern des Tieres in der blauen Atmosphäre verblassen -- sah zurück zu Liam. "Wir haben es geschafft!", wiederholte er und ein triumphierendes Lachen folgte. Er hatte den Impuls Liam in die Arme zu schließen, aber er tat es nicht und drehte sich stattdessen nochmal um, den Vögeln hinterherzusehen. Sie hatten es wirklich geschafft.

Doch als Rúnar sich wieder zurück zu Liam drehte, verschwand das kurzweilig gute Gefühl. "Liam--" Weiter kam er nicht. Der andere sackte zu Boden, die improvisierten Lampe fiel zeitgleich -- Rúnar streckte die Arme aus um Liam aufzufangen, aber er bekam ihn gerade nur so halblebig zu fassen, dass zumindest sein Kopf nicht auf den Boden knallte.

Trotzdem: Es riss ihn bei einem Krachen und Splittern, das vom Deck kam und Liams Schultern glitten aus seinem Griff.

Dann trug der Wind auch noch Skadis Rufe zu ihnen nach oben.

Rúnars Geist brauchte einige Momente, um sich überhaupt erstmal die nötigen Fragen zu stellen: Was war gerade mit Liam passiert? Was hatte das Krachen verursacht?

Ersteres konnte er beim besten Willen nicht beantworten. Sein Instinkt sagte ihm, was er in solchen Situationen zunächst tun hatte -- Atmung und Puls überprüfen -- doch er er war für einen Moment so erstarrt, dass er vergaß, wie er sowas tat. Dann hakte sich sein Verstand wieder ein und er griff um Liams Handgelenk und beugte sich über dessen Gesicht -- hielt selbst die Luft an aus Furcht, dass er das vorfinden würde, was er nicht wollte: nichts. Aber das tat er. Liams Atem hauchte gegen seine Schläfe und sein Puls klopfte gegen Rúnars Finger.

Den Göttern sei Dank. Rúnar spürte schon wieder das Brennen hinter seinen Augen, das in den letzten Wochen zu seinem treuen Begleiter geworden war. Aber es war egal.

Was nun?

Rúnar kroch hinüber zum Rand des Ausgucks -- er traute sich nicht aufzustehen -- spähte hinab und erkannte wie Tarón und Skadi sich soeben vom Boden aufrappelten, wie Jón zwischen den Leuten hin und her sah, was für ein Loch die Schüssel in das Deck geschlagen hatte.

Wieder schaltete sich sowas wie ein Automatismus ein und Rúnars Stimme überschlug sich als er nach unten brüllte: "Mann am Boden!"

Was in der Götter Namen sollte er jetzt tun?

Ein weiterer Automatismus stellte sich darauf ein, Liam auf seinen Schultern zu transportieren. Das würde Rúnar hinbekommen -- aber dieser Automatismus sah nicht vor, dass man jemanden aus schwindelnder Höhe einen angeschlagenen Mast hinabtrug.
Crewmitglied der Sphinx
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dabei seit Oct 2019
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#4
Schließlich hatte er in Erfahrung gebracht was der Auflauf der Crewmitglieder am Mast zu bedeuten hatte. Und tatsächlich hatte sich die Konstruktion, die wohl hauptsächlich Liam und Rúnar zusammengebastelt hatten, als wirkungsvoll erwiesen – zunächst als Demonstration für die Verbliebenen auf Deck, dann in ihrer eigentlichen Funktion, als einer der verdammten Vögel erneut angreifen wollte.
Tarón hatte das alles mit Skepsis und Sorge mehr oder minder beobachtet, doch selbst anderes zu tun gehabt, so, dass er sich nicht anbieten konnte anstelle eines der anderen selbst nach oben zu steigen. Doch wenn er darüber nachdachtet hätte ihm das auch garnicht angestanden: es war ihr Plan, ihre Stunde sich nützlich zu machen und zu beweisen. Und grade Rúnar schien an dieser Herausforderung zu wachsen.

Schließlich also hatte er mit einigen der anderen von unten weiter beobachtet – soweit man denn überhaupt etwas sehen konnte – was sich über ihnen zutrug. Wachsam, die Stirn nachdenklich gekräuselt. Und endlich zog der Vogel ab, als er von dem Lichtstrahl getroffen wurde, der ihm ein gellendes Kreischen entlockte (Tarón empfand reichlich wenig Mitleid mit dem Vieh).
Aber irgendetwas stimmte nicht – das konnte er förmlich riechen, wenn er auch keine Ahnung hatte, was.

Skadi neben ihm senkte ihren zuvor angespannt gehaltenen Bogen, schien sich zu entspannen,  zumindest bis ihr Ruf nach oben unbeantwortet blieb…oder bis etwas über den Rand des schräg stehenden Krähennestes fiel – direkt auf Tarón zu.
Grade als der Falke sich umgewandt hatte und vorschlagen wollte nach oben zu klettern – den Witz auf den Lippen, dass die Helden nun wohl ihre Höhenangst entdeckt hätten – entging es seinem Auge. Nicht aber Skadis – zu seinem verdammten Glück! Die Frau, viel leichter als er, rumpelte schwer genug in ihn hinein, um ihn zwei Schritte wegtaumeln zu lassen, ehe sie beiden den Halt verloren und zu Boden gingen. Grade weit genug weg, um dem Geschoss von oben zu entgehen, das hinter ihnen zerbarst.

„Scheißt der alte Seeteufel! Danke, Skadi!“

Hauchte er eher, als er es aussprach. Taróns Augen waren geweitet von dem Schrecken, der sich peitschend durch seine Adern wand und ein kaltes Eisschwert in seinem Magen hinterließ, während er der Frau auf die Füße half, ihr einen ehrlich dankbaren Blick zuwarf und ihr, als sie wieder standen, kurz brüderlich auf die Schulter klopfte.
Das Scheißding – wohl die Konstruktion, die ihnen eben noch den Arsch gerettet hatte – war mit derartiger Wucht aufgekommen, dass an der Einschlagsstelle sogar ein Loch im Holz der Sphinx klaffte. Das Teil hätte ihn ziemlich sicher getötet…oder ihm, an der Schulter aufgekommen, einen Arm gekostet. Doch ehe er den Gedanken, wie haarscharf er grade nur durch Skadis Einschreiten einem vorzeitigen Ableben entkommen war, richtig fassen konnte, drang Rúnars Stimme von oben herab.

‚Mann am Boden‘ – Liam! Aber warum? Der Vogel war ihnen nicht so nahe gekommen…Sein Blick glitt zu den anderen Umstehenden, dann nach oben zu dem Krähennest, auch wenn er sich das hätte sparen können, denn zu sehen gab es dort für sie hier unten noch immer nichts.
Dafür sparte er es sich vorerst zu fragen was passiert war – die Information genügte bereits: Liam war am Boden – das musste für den Moment reichen.

„Möwendreck…ok, wir werden wohl Seile brauchen, wenn wir ihn da runter bekommen wollen, ohne dass sich jemand den Hals bricht…“

Im Grunde war es nicht allzu schwer jemanden aus den Höhen eines Krähennestes zu bergen. Zumindest wenn derjenige wach genug war, um mitzuarbeiten oder k.o. genug, um keinerlei Widerstand zu leisten. Was und ob eines davon zutraf war jedoch ungewiss. Und damit auch, ob es reichen würde sich Liam in der simpelsten Lösung auf den Rücken zu binden – nicht Rúnar natürlich, wohl auch nicht Tarón – aber Alex oder dieser Jón schienen geeignete Kandidaten für so ein Manöver.

„Rúnar, hat Liam was abbekommen?“

Kam er nun doch nicht herum zu fragen.
Vielleicht war es nur der Stress, der ihm den Boden kurzzeitig unter den Füßen weggezogen hatte – das kam bei den stärksten Männern vor. War Liam aber verletzt mussten sie sich eventuell beeilen.

„Planken sind vielleicht auch keine schlechte Idee, wir könnten ihn darauf abseilen…“

überlegte er laut genug, dass die anderen es hören konnten.

Seinen nun rasenden Geist damit abzulenken hier nach einer Lösung zu suchen, half zumindest sich von seinem ebenso rasenden Herzen abzulenken und das leichte Zittern und das vehemente brennende Reißen seines eigenen linken Armes zu ignorieren, das eingesetzt hatte, nachdem er sich auf die Beine gehievt hatte…
 



Crewmitglied der Sphinx
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dabei seit Mar 2020
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#5
Spätestens in dem Moment, in dem sich der Bug der Sphinx allmählich aus dieser heimtückischen Nebelsuppe gekämpft hatte, war Alex still geworden. Soula hatte ihm geholfen, eine der Kanonen auf dem Achterdeck auszurichten, sodass sie das Krähennest im Visier hatten. Die Lampe, die Liam und Rúnar gebastelt hatten, hatten sie hier unten auch durch den Nebel sehen können. Ein gutes Zeichen für ihre Funktionalität allgemein. Aber das hieß noch lange nicht, dass sie damit auch einen der Epogryphen in die Flucht schlagen würden. Dass sie die Kanone auf das Krähennest ausgerichtet hatten, hieß allerdings ebenso wenig, dass sie einen möglichen Angreifer auch tatsächlich treffen würden. Würde er seinem Freund nicht blind vertrauen, hätte er diesem Plan mit Sicherheit niemals zugestimmt. Aber Alex wusste, dass Liam in Deckung gehen würde, sobald er rief. Und Liam wusste, dass Alex mit dem Schuss warten würde, bis er grünes Licht von oben bekam.
 
Fragen oder zögerliche Versuche Soulas, die Gedanken ein wenig aus ihrer Anspannung zu ziehen, beantwortete nur noch knapp, wenn nicht sogar einsilbig. Aber auch die junge Frau schien mit voranschreitender Zeit zunehmend angespannter und schweigsamer. Als sich dann der gewaltige Schatten tatsächlich nährte, war die Luft zum Zerreißen gespannt. Alex hatte es kaum gewagt zu atmen, als der Epogryph nach unten stob, um sich seine Beute aus dem mitgenommenen Krähennest zu angeln. Er war bereit gewesen, hätte innerhalb eines Sekundenbruchteils auf einen Ruf von oben reagieren können und dem Suppenhuhn eine gewaltige Ladung improvisierten Schrott in den Hintern jagen können. Seine Nervosität stieg, je länger die Nachricht von oben ausblieb und dann – schrie der Vogel tatsächlich auf und machte kehrt. Skeptisch blickte der Lockenkopf gen Himmel, doch die Kreatur machte keine Anstalten, wieder umzudrehen. Trotzdem – die Sicherheit war tückisch und Alex wagte es kaum, die Muskeln wieder zu entspannen. Und dann erschein ein blasses Lächeln auf seinen Lippen – den Blick noch immer auf den Epogryphen gerichtet, der in der Weite verschwand und sie siegreich ziehen ließ.
 
„Du elender Glückspilz.“, murmelte er weniger zu Soula als zu sich selbst mit einem amüsierten Kopfschütteln über seinen Freund, der mit all seinen törichten Plänen immer und immer wieder unverletzt durchkam.
 
Dann erst holte Skadis fragende Stimme seine Gedanken zurück auf das Deck des Schiffes. Sein Blick wanderte nach oben und erwartete jeden Augenblick die Entwarnung aus dem Krähennest. Doch die Sekunden vergingen und ihn suchte das Gefühl heim, dass doch nicht alles so gut da oben war, wie er gedacht hatte. Der dumpfe Aufprall im Holz unweit von Tarón und Skadi entfernt ließen ihn aufschrecken; keine Sekunde später hatte er sich bereits in Bewegung gesetzt, noch bevor Rúnars Ruf über dem Meer verhallt war.
 
„Was zum -?!“
 
Ohne auch nur einen Moment auf Soula zu achten, war er die Stufen hinab zum Deck mit so wenigen Schritten wie möglich hinabgesprungen.
 
„Was ist da oben los?!“
 
Tarón hinterfragte die Lage gar nicht. Alex hätte vermutlich nicht anders gehandelt, hätte es sich nicht um seinen besten Freund gehandelt, der dort oben zu Boden gegangen war. Ohne ersichtlichen Grund, übrigens.
 
„Seile nicht von hier oben, die haben zu viel vom Nebel abbekommen. Im Zweifel lösen wir die Ladung aus ihrer Sicherung.“
 
Bevor sie Liam hier herunter fallen ließen, sollten die Vorräte doch durch die Gegend rutschen, bis sie die Lage wieder unter Kontrolle hatten. Die Netze, mit denen die Fässer an der Reling festgemacht waren, sahen allesamt mitgenommen aus. Einem dieser Seite hätte er vermutlich nicht einmal mehr zugetraut, seine Haare in einem Zopf zu halten – geschweige denn einen ausgewachsenen Mann.
Crewmitglied der Sphinx
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dabei seit May 2017
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#6
Rayon hatte von dem Plan, diese verdammten Vögel zu vertreiben, nicht viel mitbekommen, eigentlich so gut wie gar nichts, denn er war zu beschäftigt gewesen, seitdem Liam und er sich beim Verteilen der feuchten Tücher getrennt hatten. Andernfalls hätte er sich an Bord des Handelsschiffes wahrscheinlich vor Sorgen das Gehirn zermartert; so jedoch war er lediglich froh, dass die Verhandlungen friedlich verlaufen waren und keiner der Matrosen ihnen Probleme bereitet hatte. Die Crew war zwar ohnehin schon zu angsterfüllt gewesen, um ernsthaften Widerstand zu leisten, aber er wusste aus vergangenen Erfahrungen nur zu gut, dass Menschen gerade in solchen Situationen zu irrationalem Handeln neigten. Nicht zuletzt deshalb war er dankbar für die Unterstützung Josiahs gewesen, denn gegen einen einzelnen Mann mochte ein verrückt gewordener Seemann sich noch Chancen ausrechnen, bei zwei finster dreinblickenden Piraten jedoch war der Überlebensinstinkt für ein solches Selbstmordkommando sicherlich zu groß.

Der Schiffskoch hatte gerade wieder das Deck der Sphinx betreten und konnte nicht umhin, festzustellen, dass dem Hauptmast eine bemerkenswerte Aufmerksamkeit eines Teils der übrigen Crewmitglieder zuteil wurde, die sich bereits wieder auf der Sphinx befanden oder nie das Handelsschiff betrete hatten. Sie starrten abwechselnd in Richtung Krähennest oder redeten aufeinander ein, ohne dass ihre Worte die übrigen Geräusche so sehr übertönten, dass der Dunkelhäutige verstanden hätte, worum es ging. Ein flüchtiger Blick auf ihre angespannten Gesichter und Körperhaltungen genügte jedoch, um zu wissen, dass irgendetwas nicht stimmen konnte - und ein weiterer Blick auf die beschädigten Planken der Sphinx genau vor dem Aufstieg zum Krähennest schien diesen Eindruck nur zu bestätigen.

Ein ungutes Gefühl begann, sich in seiner Magengegend auszubreiten, und er bewegte sich kurzerhand und schnellen Schrittes auf den Mast zu. Tarón war mit dem Verhandlungsführer des Handelsschiffes bereits hier angekommen, Skadi, Soula und Alex waren um den Mast versammelt, und Rayon konnte, als er näherkam, noch die letzten Worte des Zimmermanns vernehmen.

"Was ist passiert?", fragte er in die Runde, ohne sich bewusst an eine bestimmte Person zu wenden, und warf einen erneuten Blick auf das... Etwas, das dort auf dem Deck lag und ein stattliches Loch in selbiges geschlagen hatte.

Dass es von oben heruntergefallen war, hätte sich selbst ein Halbblinder zusammenreimen können. Die Frage nach dem Grund dafür war viel interessanter...
Crewmitglied der Sphinx
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#7
Mit verschränkten Armen stand Jón unten vor dem Mast und beobachtete die beiden Männer, wie sie nach oben kletterten. Mit einem Ohr auf die Umgebung -- doch die Vögel schienen nichts von ihnen da unten zu wollen. Im Moment. 

Es war seltsam und Jón fiel es schwer zu deuten, warum Rúnar sich das freiwillig ... antat. Er hatte die Angst in Rúnars Gesicht so deutlich gesehen, als hätte er sie sich mit einem Kohlestift aufgemalt. Es passte nicht. Dissonanz Nummer eins. Rúnar war nicht ängstlich. Er hatte einen Hang dazu, aber nicht so. Natürlich hatte er hier und da Angst vor etwas. So wie jeder normale Mensch. Aber die Angst war wie ein Gast. Sie kam, begleitete einen für einen Moment, dann ging sie wieder. Sie war ein frequentierter Gast Rúnars, so war es nun nicht. Aber jetzt -- das war anders. Es war, als schien sie permanent in ihm zu leben, als zehrte sie von ihm. Immerzu. Als wäre sie es, die durch sein Gesicht nach außen starrte. Dann kletterte er trotzdem freiwillig da hoch, war bereit sein Leben zu riskieren,* obwohl alles in ihm sich sträuben musste. Dissonanz Nummer zwei. 

*Jón würde einen Teufel tun zuzulassen, dass er Angst um Rúnar hatte. Anders als dieser war er nämlich bestens bewandt damit, seine Ängste und auch jegliche andere Gefühle zu unterdrücken.

Er schüttelte den Kopf, als er die beiden weiter beobachtete. "Wer bist du und was hast du mit Rúnar gemacht?" murmelte er vor sich hin. 

Jón blinzelte als ein Schatten kurz seinen Blick verdunkelte -- und dann gleißend erhellte. 

Ein frustriertes Kreischen.

Ein lautes Flattern. 

Triumphierende Rufe von oben aus dem Krähennest. Jón lächelte.

Nichts -- für ein paar Momente.

Jón sah zu den anderen die um ihn standen. Dieser Tarón. Diese dunkelhaarige Frau, bei der er sich sicher war, dass er sie irgendwo her kannte und die gerade nach oben fragte, ob alles in Ordnung war. Ein paar andere Leute, die er wohl bald kennenlernen würde.

Die Dunkelhaarige riss die Augen auf. Sie ... sah aus wie diese eine von der Marine, mit der Jón mal--

Sie schrie auf und stieß Tarón aus dem Weg und Jóns Körper setzte für einen Moment alle Funktionen aus, als nur ein paar Armlängen von ihm -- da wo Tarón gestanden war -- etwas ins Deck krachte, dass die Holzsplitter flogen. Jón hob sich kurz reflexartig die Arme über den Kopf, ließ sie dann wieder sinken.

Jetzt konnte er nicht mehr leugnen, dass sein Herz pochte; dass er sich fragte, ob es Rúnar gut ging. Er sah nach oben. Wurde sofort entspannter als Rúnars Stimme von oben herunter verkündete, dass es dem anderen Mann wohl nicht besonders gut ergangen war. Tarón rief um Auskunft, gerade als Jón ebenfalls nachfragen wollte. Ein Kerl mit dunklen Locken stieß zu ihnen, erkundigte sich ebenfalls.

Jón gab Letzterem ein Nicken. "Ist genug Seil da, dass Rúnar den da runter bekommt, ohne ihn sich umhängen zu müssen?" Er gestikulierte kurz als würde er langsam ein Seil durch seine Hände gleiten lassen. "Alles andere ist wahrscheinlich nur maximal gefährlich für beide."
Crewmitglied der Sphinx
für 250 Gold gesucht
dabei seit Apr 2016
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#8
Taróns Dank nahm Skadi nur halb wahr. Viel zu sehr darauf fokussiert, welche Antworten ihnen von oben hinab gerufen wurden. Irgendetwas verdrehte sich unangenehm in ihrem Magen. Eine Vorahnung, ein dunkler Gedanke, den sie sich nicht einmal laut auszusprechen wagte. Wenn Liam wirklich da oben zusammengebrochen war und der Nebel eine Teilschuld daran trug – bei allen Göttern dieser und fremder Welten. Sie betete dafür, dass es nicht soweit kam.
Seile. Kaum hatten die Herren davon angefangen, wandte sie sich herum. Graste mit ihren Augen das halbe Schiff ab, ehe sie die Lippen aufeinander presste und am Rahmen der Tür zum unteren Decken hängen blieb. Nichts von hier oben konnte den ohnmächtigen Körper nach unten tragen. Und Rúnar war weiß Gott nicht kräftig genug, um den Musiker über der Schulter die Strickleiter hinab zu buchsieren. Nicht einmal sie selbst hätte es gekonnt, selbst wenn der Wille weiß Gott dazu ausreichte, um Hünen mit einem gezielten Schlag zu Boden zu ringen.

“Wie wäre es mit den Hängematten?“ Tarón war der Erste, den sie musterte, gefolgt von Rayon und Jón.
Doch sie wartete nicht auf eine Antwort, warf ihnen nur noch ein “Und vielleicht können wir irgendwas von den Tierpferchen verwenden, um einen Flaschenzug zu bauen.“ und machte sich bereits auf den Weg in Richtung Mannschaftsdeck. Je schneller sie auch nur irgendetwas versuchten, desto eher bekamen sie den Musiker auf sicheren Boden und in die heilenden Hände des Schiffsarztes.


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