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Was Dich erwartet...
Crewmitglied der Sphinx
für 0 Gold gesucht
dabei seit Nov 2015
#1
Was Dich erwartet...
bespielt von    Lucien Dravean   Soula Veniel
29.05.1822
Bordell Silvestre
Was Dich erwartet...
... sind Gold und der Tod.


Soula & Lucien
29. Mai 1822 | abends | Bordell von Silvestre


Ziemlich bald, nachdem Lucien ihr den Hinweis gegeben hatte, dass sie im Bordell unterkommen konnten, hatten sich Soula und Loki dort Zimmer besorgen können. Anschließend haben sie sich ausgiebig beraten. Sie hatten das Für und Wider durchgesprochen auch, wenn die Entscheidung letztendlich bei Soula lag. Die dunkelhaarige war aber jemand, der nicht einfach irgendwelche Entscheidungen traf, sie wägte ab und versuchte die bestmögliche Wahl zu treffen. Deswegen hatte es auch noch einige Tage gedauert. Das größte Problem war die Zeit. Zeit, die sie nicht hatten und die ihnen zum Verhängnis werden konnte. Bisher war diese Crew aber die beste Möglichkeit, sie waren Gesetzlose und damit fühlte sie sich seltsam wohl. Wohler, als wenn sie auf einem Handelsschiff unterwegs war, bei dem sie aufpassen musste, was sie sagte. Egal, wie sie die Fakten umstelle, es blieb immer das gleiche. Am Mittag war sie Lucien im Bordell begegnet und hatte um ein Gespräch gebeten. Sicher konnte er sich schon vorstellen, worum es ging, aber es gab bestimmt noch mehr zu besprechen. Sie verabredeten sich für den Abend und Soula stand zur vereinbarten Zeit vor seiner Zimmertür. Es war kaum zu verhindern, dass sie etwas nervös war, denn was wäre, wenn es plötzlich hieß, dass sie Soula und Loki doch nicht mitnehmen konnten? Dass irgendetwas passiert war, dass sie länger hier bleiben mussten? Soula wollte nicht, dass ihr diese Möglichkeit durch die Finger glitt. Sie atmete nochmal tief ein und aus, bevor sie an die Tür klopfte. Freundlich lächelte sie, als die Tür geöffnet wurde. „Hey, danke, dass du dir Zeit für mich nimmst“, begrüßte sie ihn und trat ein. Lange um den heißen Brei herumreden wollte sie dann auch nicht. „Loki und ich würden uns nun gerne eurer Crew anschließen.“ Vielleicht war das ein guter einstieg.


Kann ich dir sonst noch irgendetwas Gutes tun? Vielleicht etwas, bei dem ich am Ende nicht deine Schwester dazu holen muss? Ein kleines, provozierend spöttisches Funkeln glitzerte in Rikkas dunklen Augen. Lucien wusste, worauf die junge Kurtisane anspielte – und natürlich auch, was das kleine, anzügliche Schmunzeln um ihre Mundwinkel bedeuten sollte. Schon als sie hergekommen war, hatte er den Blick kaum von ihrer nur dürftig bedeckten Silhouette lösen können (woraufhin sie ihn daran erinnerte, dass ein weiterer dieser Blicke ihn bald einen Achter kosten würde). Doch dieses Mal musste er bedauerlicher Weise selbst ablehnen.
Das Mädchen war nur hinaufgekommen, um ihm etwas zu Essen zu bringen. Denn er erwartete bereits jemand anderen – wenn auch nicht zu dem Zweck, der hinter Rikkas Worten steckte. Also bedachte er sie nur mit einem gespielt strafenden Blick, erlaubte sich jedoch ein kleines Schmunzeln. „Ich fürchte, das müssen wir auf ein anderes Mal verschieben.
Er trat an die Tür, um sie hinauszulassen – gerade, als von draußen jemand anklopfte. Lucien hielt kurz inne, öffnete dann und sah sich (schon fast wie erwartet) der jungen Dame aus der Werft gegenüber, die ihn erst vorhin zwischen Tür und Angel abgefangen hatte.
Ihre Begrüßung entlockte ihm ein Lächeln. „Jederzeit“, erwiderte er, was Rikka vor dem Hintergrund ihres Gesprächs von gerade eben leise belustigt schnauben ließ. Der Dunkelhaarige wandte sich der Kurtisane zu, stieß dabei die Tür gänzlich auf und nickte hinaus. Sie streckte ihm fröhlich die Zunge raus und huschte unter seinem ausgestreckten Arm hindurch nach draußen, sodass Lucien sich wieder seinem Gast zuwenden konnte. „Komm rein.
Er überließ es Soula, die Tür hinter sich zu schließen – oder nicht, wie sie wollte – und kehrte zu dem Tischchen zurück, auf dem ein Tablett mit verschiedenen Obstsorten und Käse wartete. Er zupfte ein paar Weintrauben von den Ästchen, schob sich eine davon in den Mund und wandte sich der jungen Frau zu, die sofort zur Sache kam. Ein amüsierter Ausdruck erschien in den tiefgrünen Augen. „Du redest nicht gern um den heißen Brei herum, was?“ Ein kleines Lachen schwang in seiner Stimme mit und blieb da, als er fortfuhr. „Und habt ihr euch das gut überlegt?



Die Tür öffnete sich, sie wurde von Lucien geöffnet, aber eine Kurtisane war es, die gerade aus der Tür an Soula vorbei und hinausschlüpfte. Die Diebin sah ihr hinterher und schmunzelte, als sie wieder zu Lucien sah. „Ich wollte dich auf jeden Fall nicht bei schönen Dingen stören“, meinte sie vielsagend und schmunzelte. Sie trat ein und schloss dir Tür hinter sich. Es musste niemand hellhörig werden. Soula folgte ihm zum Tisch und begann wie einige Tage zuvor in der Werft direkt an ihr Anliegen vorzutragen. Tatsächlich war es in der Gesellschaft, aus der sie kam üblich, dass man mit Smalltalk startete. Das war Soula aber noch nie sehr leicht gefallen. Sie zuckte mit den Schultern und grinste. „Das ist nicht so meine Art“, meinte sie und es schwang eine leise Entschuldigung in ihrer Stimme mit. Sie war eben doch nicht die kleine Vorzeigetochter, die man auf den ersten Blick unter ihrer Kleidung und in ihrem eleganten Auftreten erahnen mochte. Soula hatte es sich auf jeden Fall gut überlegt und Loki zog mehr oder weniger gezwungenermaßen mit. Er war immer noch nicht überzeugt davon, sich Piraten anzuschließen, aber Soula sah darin auch irgendwie eine Chance. Also nickte sie. „Ja, wir haben es uns gut überlegt. Wenn dein Angebot immer noch steht, würden wir es gerne annehmen.


Mit einem amüsierten Funkeln in den Augen warf er der jungen Frau einen Seitenblick zu, während er sich halb auf die Armlehne des Sessels setzte, der neben dem Tisch stand. „Hast du nicht, keine Sorge.“ Ihm lag ein ‚bedauerlicherweise‘ auf der Zunge, das er jedoch beiseiteschob. Sie war zumindest nicht prüde, was sie ihm auf anhieb noch etwas sympathischer machte. Neben der Vorsicht, die er schon in der Werft gespürt hatte, und der nun offensichtlichen Direktheit, mit der sie zur Sache kam. Beides – aber vor allem Letzteres – waren Dinge, die er schätzte. Die leise Entschuldigung in ihrer Stimme redete er ihr allerdings nicht aus, sondern nickte schlicht auf die indirekte Frage, die darauf folgte. „Mein Angebot steht noch.“ Er neigte leicht den Kopf und über seine Lippen huschte ein verschmitztes Schmunzeln. „Allerdings würde ich dann doch gerne vorher wissen, vor wem du und dein Begleiter auf der Flucht seid und was derjenige euch vorwirft. Nur, um abschätzen zu können, worauf ich mich mit euch einlasse. Immerhin wisst ihr nun auch schon, wer wir sind.“ so mehr oder weniger.


Schmunzelnd nickte sie auf Luciens Aussage, dass sie nicht gestört hatte. Es war eher eine amüsante Aussage gewesen, als eine wirkliche Sorge. Soula war erleichtert, dass das Angebot immer noch zu haben war und sie hoffte inständig, dass sie mit Loki dazu kommen würden, es anzunehmen. In der Stadt hatte sie sich bisher recht vorsichtig bewegt, eher selten etwas Unüberlegtes getan. Hoffentlich kam ihnen das zugute. „Das freut mich“, antwortete sie ehrlich und hörte aufmerksam zu, denn Soula hatte den Eindruck, dass da noch ein Einwand folgte. Sie konnte verstehen, dass er wissen wollte, worauf er sich einließ, allerdings zögerte Soula ein wenig, bevor sie ihm eine Antwort gab. Tatsächlich überlegte sie kurz, ob sie ihm eine Lüge auftischen sollte. Aber da sie nicht sicher sein konnte, dass diese Lüge nicht aufflog und sie diese Chance definitiv nicht in den Wind schießen wollte, belehrte sie sich selbst eines besseren: „Ich habe einen Untergebenen des Feldmarschalls um Geld betrogen“, erzählte sie dann. Soula wusste damals nicht, um wen es sich handelte. Nachdem er jagt auf sie gemacht hatte, wusste sie es. „Der hat ein paar seiner Leute auf mich angesetzt.“ Wahrscheinlich waren es nur welche, denen er bedingungslos vertrauen konnte, denn warum sollte er sich diese Blöße geben und die Geschichte herumerzählen? Was Soula nicht wusste und ihm durchaus zutrauen konnte war, dass er eine Geschichte erfinden würde, um die Veniels dranzukriegen. Aber dazu würde es vermutlich erst kommen, wenn er Soula nicht mit eigenen Mitteln bekommen würde. Dass sie noch Spielschulden bei anderen Leuten hatte, die ihr sicher auch nicht wohlgesonnen waren, behielt sie erst Mal für sich. Das größte Übel hatte sie schließlich gerade erzählt.


Der Dunkelhaarige registrierte durchaus, dass Soula zögerte. Dass sie abzuwägen schien, was sie ihm verriet und womit sie durchaus den Eindruck erweckte, nicht die ganze Wahrheit zu erzählen. Dennoch gluckste Lucien nur amüsiert. „Du hast einen Soldaten um sein ehrlich verdientes Geld beschissen?“ Er klang nicht so, als würde er den 'armen Tropf' sonderlich bedauern. Schon gar nicht, weil der sich offenbar zu rächen gedachte. Und viel übrig hatte der junge Captain für die Marine ohnehin nicht.
Er schob sich eine weitere Weintraube in den Mund und nickte beiläufig auf den gedeckten Tisch, um der jungen Frau zu bedeuten, dass sie sich ruhig bedienen konnte, bevor er fortfuhr: „Erzähl mal. Wie hast du das angestellt? Ihm ein paar falsche Schmuckstücke verkauft?“ Er riet lediglich ins Blaue hinein, doch seine Neugier war sichtlich geweckt und das ganz ohne jeden Hintergedanken. Er versuchte nicht einmal, abzuschätzen, wie sie der Crew von Nutzen sein konnte, sondern interessierte sich schlicht für die Geschichte, die sie mitbrachte.



Auch wenn sie zuvor überlegt hatte, ob sie Lucien wirklich davon erzählen sollte, war es nun doch die Wahrheit, die sie aussprach und nicht sicher war, auf welche Reaktion sie sich gefasst machen sollte. Sein Glucksen irritierte sie dann aber sichtlich für einen Moment. Nach seinen Worten schmunzelte sie aber wieder. Soula hätte es zwar nicht so ausgedrückt, wie Lucien, aber… Ja, so war das wohl gewesen. Soula zuckte mit den Schultern und nickte. Dass Lucien so amüsiert war, nahm sie mal als gutes Zeichen. Sehr gutes Zeichen. „Ehrlich verdient… Komm schon, das trifft meistens sowieso nicht zu.“ So probierte Soula sich ihre Tat zumindest ein bisschen gutzureden. In dieser Gesellschaft war es in so einer Position vermutlich nie möglich sein Geld ohne Schmutzwäsche zu verdienen. Irgendetwas gab es immer, was unter den Teppich gekehrt werden musste und was der Bevölkerung verheimlicht wurde, um keine Unruhen zu verbreiten. Nach Luciens Geste, angelte sie tatsächlich nach einem Stück Käse. Ohne Aufforderung hätte sie sich nicht bedient, das erlaubte die Etikette nicht, die sie bisher kennengelernt hatte. „Danke“, schob sie hinterher und schmunzelte, als sie das Interesse des Captains bemerkte. Ihre Menschenkenntnis sagte ihr, dass er damit keine Probleme hatte und er bisher nicht damit spielte seine Meinung zu ihrer Aufnahme in die Crew zu ändern. Soula wusste, dass sie sich immer täuschen konnte, aber das hatte auch immer ein bisschen mit Glück zu tun.
Sie schüttelte den Kopf, als er auf Schmuckstücke tippte. Bei ihrer letzten Begegnung, bei der sie sich als Diebin outete, konnte man das durchaus vermuten. „Glücksspiel. Beim Pokern um Habseligkeiten. Wenn ich ehrlich bin, wusste ich nicht, wer der Kerl war, mit dem ich in die letzte Runde einstieg. Es gibt gewisse Regeln, wenn man sich in so einer Runde trifft, man kann eben einfach immer alles verlieren, was man setzt und manche setzen eben sehr, sehr viel.“ Soula zuckte mit den Schultern. „Es war kein ehrliches Spiel von mir, das muss ich zugeben, aber es ging auch einfach um einiges.“ Bei vergangenen Spielen war sie mit ihrer Schummelei auch durchgekommen, immerhin musste sie irgendwie aus ihren Schulden wieder herauskommen. Soula hatte an der Stelle nicht sehr viele Möglichkeiten gesehen, als sich illegal Geld zu beschaffen. „Dass ich ihn betrogen habe, hat er zu meinem Glück erst ein paar Tage später spitzgekriegt und das hat er nicht sehr gut aufgefasst.



Lucien konnte sich ein kleines Grinsen nicht verkneifen. „Nein, wohl wahr. Und ich bin sicherlich der Letzte, der unserer holden, Königlichen Marine ehrliche Arbeit unterstellt“ erwiderte er amüsiert, während er die junge Frau dabei beobachtete, wie sie sich am Käse bediente. Der Spott in seiner Stimme, als er ‚Königliche Marine‘ sagte, verriet deutlich, wie wenig er von dieser Institution hielt und unlängst am eigenen Leib erfahren hatte, wie wenig ehrlich es dort zuging. Die Narben auf seinem Rücken - und dem jedes Gefangenen, der eine Haftanstalt der Marine von innen gesehen hatte – bestätigten das, auch wenn Soula in diesem Moment nichts davon wissen konnte. Wobei sie auf dem besten Wege war, sein Schicksal zu teilen. Denn war das nicht das Los von Schmugglern, Piraten, Dieben und Betrügern? Sie gab zu, gestohlen und betrogen zu haben und stand nun vor ihm, um auf seinem Schiff anzuheuern. Ein Schiff, das sich mit dem Versenken eines ganzen Gefangenentransporters einen Namen gemacht hatte.
Mit einem sachten Kopfschütteln vertrieb Lucien den Gedanken, richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf die Brünette ihm gegenüber und sein Schmunzeln kehrte zurück. „Ich muss also ein Auge auf dich haben, sollten wir uns beim Kartenspiel einmal am gleichen Tisch wiederfinden. Gut zu wissen.“ wieder naschte er eine Weintraube, nutzte den Augenblick, um über ihre Geschichte nachzudenken. Dass sie einen Rattenschwanz an Soldaten hinter sich her zog, kümmerte ihn dabei eher wenig. Nicht auf Calbota, nicht im Hause der Tarlenn. Eine Weile noch waren sie hier sicher. „Also gut, wie steht es dabei um deinen Begleiter? Wie war noch sein Name.. Loki? Welche Rolle spielt er in deiner Geschichte?



Es war zwar als Gesetzloser nicht verwunderlich, dass man der Marine gegenüber abfällig war, aber gerade fühlte es sich wie eine Genugtuung an. Auch wenn das nicht so sein sollte, ein schlechtes Gewissen ließ sich Soula nicht einreden, nicht mal von sich selbst, auch wenn sie darin ganz groß war. Der Name der Sphinx war ihr bisher nicht wirklich begegnet, deswegen waren ihr die Geschichten dazu auch eher fremd. Sie konnte sich also nicht sofort denken, welche Konsequenzen ihre Entscheidung auf ihr Leben haben würde. Ein wenig war es ihr natürlich bewusst, aber nicht bis ins Detail. Soula spürte eine gewisse Anspannung, während Lucien in Gedanken trieb, welche erst wieder verpuffte, als sie das Schmunzeln des Captains wahrnahm. „In naher Zukunft lasse ich die Finger von Kartenspielen, das könnte in der Tat böse enden“, meinte sie und zuckte mit den Schultern. „Ich werde mir andere Beschäftigungen suchen.“ Aber ja, sie verstand, worauf er eigentlich hinaus wollte und vielleicht hatte er sogar recht. Wenn sie von dieser Insel wegkam, gab es zumindest keinen ersichtlichen Grund mehr jemanden über den Tisch zu ziehen, demnach konnte sie wieder ohne Dolch im Rücken an Kartenspielen teilnehmen, aber es brachte so viele negative Gefühle und Emotionen mit sich, dass sie davon erst mal Abstand gewinnen wollte. Soula nickte auf seine Frage nach Loki. „Er ist mein Stiefbruder und hat mich auf diesen kleinen Raubzügen begleitet und auf mich aufgepasst. Man weiß schließlich nie, so als Frau…“, sicher verstand Lucien, was sie meinte. Vermutlich hatte sie erneut Lokis Leben zerstört, in das er sich gerade erst eingelebt hatte. Auch ein Gedanke, der sie quälte, obwohl sie es nicht nach außen trug. „Man kannte ihn also auch und deswegen musste er mitkommen.“ Irgendwie gezwungenermaßen. Soula wusste immer noch nicht, ob er es ihr übel nahm, ob er sauer war, ob er sie hasste oder ob er damit gut umgehen konnte.


Ein sachtes, vielsagendes Lächeln huschte über seine Lippen, als Soula mit den Schultern zuckte und versicherte, sich vorerst von jedwedem Kartentisch fernzuhalten. „Wohl wahr. Besser, du hältst noch eine Weile den Kopf unten, bis wir die Insel hinter uns gelassen haben.“ Noch während er das sagte, beugte Lucien sich vor und nahm sich seinerseits ein Stück Käse. Im Stillen jedoch beschloss er, ihre Fähigkeiten beim Kartenspiel bei Gelegenheit zu testen. Vielleicht – wenn sie gut war – konnte sie ihm und Ceallagh zuarbeiten, wenn sie sich das nächste Mal auf einen krummen Handel einließen. Nicht selten gehörten Schmuggler zu den ambitionierteren Spielern an solchen Tischen. Und noch häufiger legte eine gute Runde Karten oder Würfel den Grundstein für fruchtbare Geschäftsbeziehungen.
Zunächst jedoch widmete er sich wieder Soulas Erzählung, konzentrierte sich darauf und nickte verstehend, bevor er sich das Stückchen Käse in den Mund steckte. „Hm..“, machte er nachdenklich, kaute und schluckte, bevor er fortfuhr: „Hört sich nicht wirklich so an, als gefiele ihm, wie die Ereignisse sich entwickelt haben.“ Eine unausgesprochene Frage schwang in seiner Stimme mit und in den tiefgrünen Augen blitzte Neugier auf. Wie stand ihr Begleiter dazu, sich mit Piraten einzulassen? Soula hatte damit wenig Probleme, das hatte sie längst bewiesen. Doch Loki? Fügte der sich ähnlich gut in ihre Reihen ein oder würde der ihnen Schwierigkeiten bereiten?



Anscheinend verstand Lucien sehr gut, worauf Soula hinauswollte und sie nickte. Loki und sie hatten zwar einige Vorkehrungen getroffen, Händler bestochen zum Beispiel, aber in Sicherheit durften sie sich nicht wiegen. Eine bessere und frühere Mitfahrgelegenheit hatte Soula bisher allerdings nicht gefunden und sich auf ein Schiff schleichen… ja, das hatte sie mit Loki schon alles durchgesprochen. Also still halten, abwarten, vorsichtig bleiben. Dass Lucien bereits Pläne schmiedete, wie Soula ihre Fähigkeiten am besten einsetzen konnte, wusste sie nicht. Sie glaubte sowieso, dass sie an Land am ehesten zu gebrauchen war. Diebstähle und Kartentricks brachten einem an Deck eines Schiffes nicht sehr viel. Aber sie war sich sicher, dass sie ihre Fähigkeiten noch früh genug unter Beweis stellen konnte. Dann erzählte sie ein wenig über Loki und ihre Beziehung zu ihm. Sie sah in ihm einen Stiefbruder und engen Vertrauten. Was Soula gerade für ihn war, war fraglich. „Er… ist sehr verschwiegen“, meinte sie und zuckte erneut mit den Schultern. Diese Entfremdung zwischen den beiden hatte aber nicht erst mit der Flucht begonnen, sondern schon viel früher. „Davon abgesehen gefällt es mir auch nicht, aber es ist auch nicht mehr zu ändern.“ Soula gab sich ihrem Schicksal hin und versuchte irgendwie zu überleben. „Und ihr so? Was seid ihr so für Menschen?“ Bisher hatte sie nur Shanaya ein bisschen kennengelernt und die schien ein bisschen schräg zu sein.


Wieder entlockten Soulas Worte dem jungen Captain ein leichtes Schmunzeln. Eine ausweichendere Antwort hatte Lucien bisher selten zu hören bekommen. Doch er hakte nicht weiter nach. Dass ihr Begleiter sich lieber in Schweigen hüllte, was seine Meinung zu den Umständen anging, konnte er sogar verstehen. Was hätte es ihm auch genutzt? Wie die Brünette schon richtig erkannt hatte: Ihnen beiden blieb ja ohnehin nichts anderes übrig, als sich in ihr Schicksal zu fügen. Umso neugieriger auf diesen noch Fremden war dafür der Dunkelhaarige.
Mit einem verstehenden Nicken nahm er sich noch ein Stück Käse und widmete sich schließlich Soulas Gegenfrage. „Hm...“, machte er nachdenklich. Stellte dabei überrascht fest, dass die Antwort darauf gar nicht so einfach war. „Du wirst wahrscheinlich schnell feststellen, dass wir nicht die klassische Art von Piraten sind. Die meisten von uns sind einfache Freigeister auf der Suche nach einem Abenteuer, auf der Jagd nach Mythen und Legenden. Überwiegend friedlebend – manche mehr, manche weniger.“ In der kleinen Ergänzung schwang ein Lachen mit und in den grünen Augen leuchtete der Schalk auf. Er überließ es ihr, herauszufinden, wer von ihnen wozu zählte. „Insgesamt ein ziemlich bunt durcheinander gewürfelter Haufen – aber sehr loyal.“ Er steckte sich das Stück Käse in den Mund, kaute auch das auf, bevor er seine Fragerunde fortsetzte. „Und wie lange genau habt ihr vor, euch uns anzuschließen? Nur bis zur nächsten Insel, oder... bis jetzt noch ohne Ziel?



Diese ausweichende Antwort war von Soula nicht beabsichtigt gewesen. Tatsächlich wusste sie es selber im Moment nicht besser. Vielleicht eskalierte die Situation zwischen Loki und Soula irgendwann? Sie konnte es sich vorstellen, auch wenn sie es sich nicht wünschte. Die ruhige Art ihres Begleiters ging ihr im Moment so sehr auf die Nerven, wie noch niemals zuvor. Klassische Art von Piraten. Soula glaubte sowieso nicht dran, dass es das gab. Es gab auch keine klassische Art von Menschen. Jeder war anders, hinterlistig, toxisch, oder eben auch nicht. Eine Norm gab es da nicht, warum sollte es die für Piraten geben? Ihre Meinung dazu behielt sie aber für sich und hörte dem Captain lieber weiter zu, denn seine Erzählung klang vielversprechend für Soula und sie verstand nun auch ein bisschen besser, was er mit ‚keine klassische Art‘ meinte. Das war gut, vielleicht gab es doch irgendwo die Möglichkeit dort Menschen zu finden, die gut waren? Sie musste sich auf das Experiment einlassen. Sie lächelte: „Ich bin gespannt sie alle kennenzulernen.“ Lucien war mit Fragen noch nicht fertig und stellte die nächste. Soula zuckte mit den Schultern. „So lange, bis ihr uns auf einer einsamen Insel aussetzt“, meinte sie und schmunzelte, bevor sie dann mit ernsten Worten weitersprach: „Ein richtiges Ziel haben wir nicht. Erstmal einfach weg.


Von den eher unerfreulichen Gedanken über ihren unbekannten Begleiter bekam Lucien in diesem Augenblick nichts mit. Er ging anhand ihrer Informationen lediglich davon aus, dass Loki von der Tatsache, sich Piraten anschließen zu müssen, nicht ganz so begeistert war. Aber vielleicht vermochte es seine Crew, diese Vorbehalte auszuräumen. Seine ebenso wie die Soulas. Zumindest, wenn sie sich gerade zu Anfang an die richtigen Personen hielten. „Eine von ihnen hast du ja schon kennengelernt“, spielte er mit sanftem Spott in der Stimme auf ihre Begegnung mit Shanaya an, ließ das Thema dann jedoch fallen, als er mit einem wärmeren Lächeln den Kopf neigte. „Also schön, Soula, dann sind wir uns einig. Ihr könnt so lange mit uns segeln, wie ihr wollt. Sofern ihr unsere Carta unterschreibt und euch damit unserer Crew anschließt. Damit gelten für euch die gleichen Regeln und Pflichten, wie für jeden anderen aus der Mannschaft. Und wann immer einer von euch beschließt, uns verlassen zu wollen, steht es euch jederzeit frei, zu gehen. Aber solange ihr auf der Sphinx seid, genießt ihr unseren uneingeschränkten Schutz und unsere Loyalität – auch dann, wenn deine Vergangenheit vielleicht beschließt, dich einzuholen.“ Er zwinkerte ihr kurz zu und streckte ihr dann die Hand entgegen, um den Handel zu besiegeln. „Kommen wir also ins Geschäft?


Spott schwang in seiner Stimme mit, als er von der dunkelhaarigen Schönheit sprach, die Soula damals in die Werft geführt hatte. Sie war unerträglich gewesen und einzig und allein Soulas Höflichkeit hatte dafür gesorgt, dass sie nicht ausfallend wurde. Manche sollten vielleicht denken, dass sie diese Höflichkeit ablegen musste, aber noch hatte sie dieses Stadium nicht erreicht und deswegen war es weiterhin ein Teil von ihr. „Richtig“, meinte sie nickend und hoffte eher, dass in der Crew nicht alle so drauf waren, wie Shanaya. Dann hielt der Captain eine kurze Rede mit Dingen, auf die sie sich einließ, wenn sie der Crew beitrat. Das klang alles ziemlich gut. Schutz konnte sie gebrauchen, ebenso wie die Zusage, dass sie bleiben durften und dass sie überhaupt mitgenommen wurden. Das war das Wichtigste an der ganzen Geschichte. Wieder nickte sie und lächelte für einen kurzen Moment freudlos, als er auf die Verfolger zu sprechen kam. „Wir kommen ins Geschäft“, Soula zögerte nicht. Sie wusste, warum sie hier war und was sie tun wollte, da gab es nichts mehr zu überlegen. Soula hatte lange genug darüber nachgedacht. Ihre Hand war ebenso schnell ausgestreckt, um in Luciens einzuschlagen. „Wo kann ich unterschreiben?“, war die nächste fordernde Frage, damit sie ihren Plan endlich besiegeln konnte.
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